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Das Polytechnikum und die Entstehung der Technischen Hochschule

 

Anfang des 19. Jahrhunderts gewannen neben der Landwirtschaft das Gewerbe und die neuen Techniken zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung. Um die Ausbildung in diesen Bereichen zu verbessern, gründete Großherzog Ludwig I. (1763–1830) 1825 die Polytechnische Schule in Karlsruhe. Die Lehranstalt, welche die Bauschule Friedrich Weinbrenners (1766–1826) und die Ingenieurschule Johann Gottfried Tullas (1770–1828) unter einem Dach zusammenfasste, kann als die erste technische Hochschule auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland angesehen werden.

 

 

Sie war zunächst in einem Flügel des markgräflichen Lyzeums am Marktplatz untergebracht ehe sie 1836 in ein eigenes Gebäude in der östlichen Langen Straße ziehen konnte, das ihre inzwischen stark gewachsene Bedeutung deutlich machte. So hatte die 1832 im Rahmen einer von Karl Friedrich Nebenius (1784–1857) eingeleiteten Umstrukturierung vorgenommene Aufteilung in Fachschulen eine entscheidende Neuerung gebracht, welche die Basis für die zukünftige internationale Vorreiterrolle des Polytechnikums legen sollte. Denn im Zusammenhang mit der sich beschleunigenden wissenschaftlichen Differenzierung entstanden hier schon früh neue technische Lehrfächer. Ausschlaggebende Impulse kamen dabei von Ferdinand Redtenbacher (1809–1863) und Carl Weltzien (1813–1870). Sie etablierten in den 1840er-Jahren die Fächer Maschinenbau und Chemie als eigenständige wissenschaftliche Disziplinen des Polytechnikums und setzten die Gründung entsprechender Fachschulen durch. Die damit einhergehende Neustrukturierung der Fachschulen mündete so in eine Organisationsstruktur, die auf andere polytechnische Schulen ausstrahlte und die Entwicklung zur Technischen Hochschule anstieß. Beispielsweise wurde die Technische Hochschule Zürich nach dem Karlsruher Vorbild aufgebaut und die Polytechnika in Prag und Wien reformierten ihre Lehranstalten entsprechend.

 

 

 

 

 

Die Tatsache, dass selbst der Gründungsdirektor des Massachusetts Institute of Technologie (MIT) für seine Institution die Vorbildrolle des Karlsruher Polytechnikums betonte, zeigt, dass deren Einfluss auch über Europa hinausreichte. Ein entscheidender Schritt auf dem Weg des Polytechnikums zur Technischen Hochschule war die Abkehr von schulischen Vorbildern und die Orientierung an den Universitäten. Dies fand in der Abschaffung des dem Fachstudium vorausgehenden allgemeinen schulischen Unterrichts und der damit einhergehenden Anhebung des Eintrittsalters seinen Ausdruck. Mit der angestrebten Annäherung an den Universitätsstatus war auch die Einrichtung dreier geisteswissenschaftlicher Lehrstühle 1865 verbunden, die zugleich eine möglichst breite Bildung der Techniker ermöglichen sollte. In diesem Jahr hatte das Polytechnikum zudem offiziell den Hochschulstatus verliehen bekommen, die Bezeichnung „Technische Hochschule“ durfte aber erst seit 1885 geführt werden. In der Zwischenzeit war das Diplom als Abschluss der Ingenieurstudiengänge eingeführt und auch das Habilitationsrecht gewährt worden.

 

 

 

 

Auf das Promotionsrecht musste die Technische Hochschule Karlsruhe allerdings noch bis 1900 warten. Die erste Ehrendoktorwürde erhielt noch im selben Jahr Großherzog Friedrich I. (1826–1907), zu dessen Ehren sich die Einrichtung seit 1902 „Fridericiana“ nennen durfte. Heute bildet sie gemeinsam mit dem Forschungszentrum Karlsruhe das Karlsruher Institut für Technologie.

 

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