Neujahrsgruß
Klemm versuchte sich auch als Lyriker – wie mit diesem amüsanten, etwas holprigen Neujahrsgruß aus dem Jahr 1848.
Wie Alles muß dem Wechsel unterliegen,
Gleich wie der Mode, sonder Rast und Ruh,
So fällt auch, kaum zur Höh’ emporgestiegen,
Der Erde Schönstes selbst dem Lethe zu.
Traun, unser ganzes Leben gleicht der Mode;
Des Schicksals Lauf, – er schwankt ohn’ Unterlaß, –
Ja, stände drob die Wahl uns zu Gebote,
Fürwahr, wir kührten selbst bald dies, bald das!
Und fröhnt nicht gar der Himmel solchem Wandel?
Schaut! Welchen grellen Wechsel er stets bringt:
Am Tage blau, des Nachts im Sternenmantel
Und purpurn, wenn die Sonne scheidend sinkt.
Doch mag die Mode selbst sich neu gestalten
Sie ändert nichts an Kunst und Wissenschaft,
Kann nur durch sie stets frischen Reiz entfalten,
Schöpft aus der Beiden Quell die Meisterschaft.
Der Praxis Schönheitssinn eng zu verbinden,
Muß fort und fort des Künstlers Streben sein,
Mag drum, was heute schön, auch morgen schwinden,
Es tritt dann leicht das Schön’re dafür ein.
So zeig’ uns jeder Wechsel, jedes Schwanken
In höherer Potenz, was gut und schön!
Nur Zweierlei: – o möcht’ es nimmer wanken:
Der werthen Leser Gunst, Ihr Wohlergehn!!