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Die Apokalypse, die nicht stattfand (2012)

Das einzige ganzseitige Bild des Codex zeigt eine immer wieder mit dem Weltende verbundene Flutszene. Auf ihr sieht man den mit Speeren bewaffneten schwarzen Gott der Unterwelt und das Himmelskrokodil, aus dessen Maul sich ein großer Schwall Wasser ergießt. Aus den Hieroglyphen für Sonnen- und Mondfinsternis am Unterleib des Krokodils strömen weitere Wassermassen. Die Göttin Chak Chel (Wassergöttin) schüttet aus einem Krug einen weiteren Wasserstrahl. In diesem Strahl befinden sich die Maya-Zahl 5.1.0, die für 1.820 Tage steht, und das Schriftzeichen für den Tag Eb. Diese Angaben beziehen sich auf die vorhergehenden Regentafeln, deren Abschluss die Illustration bildet.

Am 21.12.2012 wiederholte sich tatsächlich das Datum 13.0.0.0.0, das Schöpfungsdatum der modernen Welt der Maya. Dies ist aber keineswegs mit dem Weltende gleichzusetzen, tatsächlich rechneten die Maya mit Daten, die weit über diese Grenze hinaus reichten. Am 21.12.2012 fand lediglich eine mit unserer Jahrtausendwende vergleichbare Zeitenwende statt. Ein vierhundertjähriger Baktun-Zyklus fand sein Ende und ein 14. Baktun-Zyklus begann. Zudem war der Tag der erwarteten Apokalypse nicht einmal ein „regenreicher“ Tag Eb.

 

Die Vorstellung, das Weltende stünde am 21.12.2012 bevor, entstammt vor allem der New-Age-Bewegung der 1970er und 1980er Jahre in Verbindung mit den christlichen Vorstellungen einer Apokalypse. Hier spielen die neutestamentarische Offenbarung des Johannes, in der das Jüngste Gericht nach dem Zerfall der Welt zu einer neuen besseren Weltordnung führt, sowie die auch außerhalb der Religion starke Sehnsucht nach einer neuen reinen Welt große Rollen. Zudem verwies man auf durch die christliche Missionierung beeinflusste apokalyptische Prophezeiungen der Maya zur Zeit der spanischen Besatzung aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Verkannt wurde dabei, dass man damit Vorstellungen der indianischen Bevölkerung aus der kolonialen Zeit, die den Maya in der postklassischen Zeit völlig fremd waren, auf das viel ältere Dokument projizierte. So gesehen kann das ausgebliebene Ende aller Tage durch eine große Flut am 21.12.2012 nicht überraschen.

Eine virtuelle Ausstellung der Deutschen Digitalen Bibliothek

kuratiert von der
Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

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Die Apokalypse, die nicht stattfand (2012)