Vorwort
1988 unternimmt Leonard E. Jones als Mitglied des Alvin Queen Sextetts eine fünfwöchige Reise in verschiedene Länder West- und Südafrikas, begleitet von einem Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft. Dabei fotografiert Jones nicht nur Musiker, sondern nutzt zwischen den Auftritten die Zeit, um Momente im Alltagsleben (Schulen, Märkte, Straßenszenen) der besuchten Länder festzuhalten. Diese Fotos geben einen authentischen, alltagsnahen Einblick in das öffentliche Leben und die Lebensbedingungen der besuchten Orte. Sie zeigen eine persönlich geprägte Sicht auf Menschen in Afrika, die von Sympathie geprägt ist und soziale Klischees zu vermeiden versucht.
Seit 1950 organisiert die amerikanische Botschaft vielfältige Programme mit Auslandsbesuchen afroamerikanischer Künstler. Für Jazzmusiker besteht erstmals die Möglichkeit, mit Begleitung und Hilfe der amerikanischen Botschaft nach Afrika zu reisen und neue Kulturen auf dem Kontinent der Vorfahren der Afroamerikaner kennenzulernen, Eindrücke zu gewinnen und musikalisch aktiv zu sein. Diese staatlich geförderte US-amerikanische Perspektive, Afroamerikaner mit ihrer Herkunft zu verbinden, stellt ein Novum und eine Besonderheit in der Kulturpolitik der USA dar. Denn damals bestand noch eine strikte Rassentrennung in den Vereinigten Staaten, die erst 1964 durch den Civil Rights Act offiziell abgeschafft wurde.
Jones, der seit Jahrzehnten in Deutschland wohnt, hat sich bereit erklärt, uns seine Fotografien für diese Ausstellung zur Verfügung zu stellen, wofür wir uns herzlich bei ihm bedanken. Mit der Veröffentlichung dieser Fotoausstellung verfolgen wir insbesondere das Ziel, eine der vielen Schnittstellen zwischen Jazz, Kunst, Politik und Geschichte zu präsentieren und damit zum gesellschaftlichen Diskurs gegen Rassismus und für kulturelle Vielfalt beizutragen.
Yao Xiao und Seyma Bayrak