Bauingenieure im Krieg
Zeiten des Krieges sind Zeiten der (Selbst-)mobilisierung von Wissenschaft und Technik, denen sich oftmals ungeahnte Handlungsoptionen eröffnen. Dies gilt für die kriegerischen Auseinandersetzungen im „Zeitalter der Weltkriege“ ebenso wie für die im Zeichen der Blockkonfrontation auch auf diesen Gebieten geführte Systemauseinandersetzung im Kalten Krieg. Veränderte Rahmenbedingungen, eine standardisierte Massennachfrage des Militärs und Ressourcenknappheit können zuweilen dazu führen, dass kriegerische Auseinandersetzungen die technische Entwicklung beeinflussen und Innovationen hervorbringen.
Doch galt dies auch für das in weiten Teilen traditionell agierende Bauwesen, das bis in das frühe 20. Jahrhundert den größten Teil der Ingenieure stellte? Unsere Ausstellung nähert sich einer Beantwortung dieser Frage, indem sie Schlaglichter auf ausgewählte Bauingenieure und ihre (militärischen) Projekte seit der Frühen Neuzeit wirft. Experten, die Straßen, Kanäle und Befestigungsanlagen planten, die Städte und Bauten errichteten, gab es bereits in den frühen Hochkulturen. Sie wurden immer gebraucht. Aber seit dem 16. Jahrhundert begann sich im militärischen Umfeld im Zuge eines Professionalisierungsprozesses das spezifische Berufsbild des Ingenieurs herauszubilden. In der Industrialisierung der beginnenden Moderne schienen sich die Bauingenieure weiter von den Architekten wie auch von ihrer militärischen Herkunft zu emanzipieren. Die kriegerische Anwendung ziviler Innovationen erforderte dennoch ihre Expertise. Dies galt umso mehr für die industrialisierten Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Kalten Krieg galten Ingenieursleistungen schließlich als wichtiges Element im Systemwettstreit.
Die Ausstellung "Konstruktion - Dekonstruktion." ist im Rahmen der Forschungen des DFG-Projekts Willy Gehler (1876–1953): Spitzenforschung, politische Selbstmobilisierung und historische Rezeption eines bedeutenden Bauingenieurs und Hochschullehrers im "Jahrhundert der Extreme" an der Seniorprofessur für Technik- und Technikwissenschaftsgeschichte der TU Dresden entstanden.