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Donaugeschichten

Leben an der Donau in historischen Fotografien

Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa

Die langen Ufer der Donau können als Symbol der kulturellen Vielfalt gelten. Entlang des Stroms lebte schon immer eine Vielzahl von Völkern und Volksgruppen, es wurden unterschiedliche Sprachen gesprochen, unterschiedliche Religionen ausgeübt. Im 18. Jahrhundert wanderten deutsche Aussiedler den Fluss abwärts und besiedelten die Pannonische Tiefebene, später auch Gebiete in Rumänien und Jugoslawien. Bis zum Zweiten Weltkrieg lebten ihre Nachfahren, die Donauschwaben, in Nachbarschaft mit anderen Nationalitäten teils in unmittelbarer Nähe der Donau, teils weiter entfernt. Der Fluss spielte in ihrem Leben nicht nur eine historische Rolle, sondern begleitete sie durch den Alltag und wurde vielfach zur Lebensgrundlage.

Die ausgestellten historischen Fotografien zeigen die Donau als wirtschaftliche Ressource, als Ort des alltäglichen Arbeitens sowie als Voraussetzung und Hindernis von Mobilität. Dabei stellt sich stets die Frage nach Authentizität und Inszenierung volkskundlicher Fotografie.

Bei den Aufnahmen handelt es sich um Bild-Dokumente aus dem Archiv des Instituts für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa (IVDE), Freiburg.



01

Die Donau - ein fotogener Fluss?

Ästhetisierte Bild-Dokumente oder dokumentarische Bild-Ästhetik?

Die präsentierten Aufnahmen zeigen (vermeintlich) alltägliche Szenen an den Ufern der Donau. Doch welchen dokumentarischen Anspruch können diese Bild-Dokumente wirklich erheben? Inwiefern eröffnen sie Einblicke in historische Lebenswelten und historische Zusammenhänge? Erst bei genauerer Betrachtung wird deutlich, wie gekonnt die Fotografen Personen, Gegenstände, Gebäude oder Transportmittel in Szene gesetzt haben. Ästhetik und dokumentarischer Anspruch stehen hier in einem Wechselverhältnis: Einerseits erfolgt eine Ästhetisierung auf Grundlage von Motiven, mit denen ein dokumentarischer Anspruch verbunden wird. Andererseits soll dieser dokumentarische Anspruch durch Ästhetisierung plausibilisiert werden.



Volkskundlich-ethnografische Fotografie im Kontext der Fachgeschichte

Die Fotografie stellte für die akademische Volkskunde wie auch für viele Laienvolkskundler:innen lange Zeit ein zentrales Medium dar. Insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg wurde das fotografische Dokumentieren für Erkenntnisinteressen nutzbar gemacht. Die Methoden und Ziele dieser Art von Volkskunde waren vom Glauben an die Existenz eines imaginären zeitlosen „Volksgeistes“ bestimmt und insofern einem Programm verpflichtet, das sich gegenüber der gesellschaftlichen Moderne und aufklärerisch-demokratischen Traditionen vielfach kritisch, wenn nicht gar ablehnend verhielt.
Das „Retten und Bewahren“ vermeintlich authentischer „Volkskultur“ stand im Mittelpunkt zahlreicher volkskundlicher Forschungs-, Dokumentations- und Sammlungsvorhaben. Dabei geriet die Historizität jener „Volkskultur“ genauso aus
dem Blick wie deren Einbettung in soziale, ökonomische oder auch politische Zusammenhänge. Ebenso erwies sich die Disziplin in ihrem spezifischen Fokus auf das „Volk“ als anschlussfähig an völkische, rassistische bzw. nationalsozialistische Ideologien und Institutionen. Zahlreiche Vertreter:innen der Volkskunde spielten eine aktive Rolle im NS-Staat. Teile der volkskundlich-ethnografischen Fotografie der 1930er- und 1940er-Jahre wurden zu einem wichtigen Instrument der nationalsozialistischen Propaganda.



Volkskundliches Interesse am östlichen Europa

Insbesondere nach der politischen Neuordnung des östlichen Europa nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich ein volkskundliches Interesse für die dort anzutreffenden deutschsprachigen Minderheiten. In den deutschen „Sprachinseln“ und den Siedlungsgebieten der „Auslandsdeutschen“ sah man eine vermeintlich authentische „Volkskultur“ in besonders unberührter Form erhalten.
Fachvertreter:innen der Volkskunde, aber auch volkskundlich interessierte Laien wirkten an der ethnopolitischen Mobilisierung „deutscher“ Minderheiten im östlichen Europa bis 1944/45 mit. Die Konstruktionen einer idealisierten „deutschen“ Volkskultur im östlichen Europa stehen auf jeweils unterschiedliche Weise in Beziehung zu politischen, territorialen bzw. revanchistischen Ansprüchen, die u.a. in der „Volkstumspolitik“ des Nationalsozialismus gipfelten. Nicht alle jedoch, die in der Zwischenkriegszeit die Begeisterung für die deutschsprachigen Minderheiten im östlichen Europa geteilt hatten, waren am Nationalsozialismus beteiligt. Auch hier ist eine differenzierte Beurteilung geboten.



02

Die Donau als Lebensgrundlage



Wäscherinnen am Donauufer

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Mohatsch/Mohács
Ungarn
1936
Nachlass Rudolf Hartmann
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Wäscherinnen am Donauufer, Ungarn


Das Wasser war als Ort der Begegnung und Arbeit auch ein Frauenort. Hier trafen sich Frauen, ob zum Wasserholen am Brunnen oder zum Waschen der Wäsche im Fluss, und gestalteten so soziale Orte.

Mit flachen Hölzern wurde die Wäsche zunächst geklopft, um groben Schmutz zu entfernen. Danach machte man die Wäsche nass und rieb sie mit Seife ein. Im Fluss spülte man sie daraufhin mehrmals und legte sie dann zum Trocknen und Bleichen aus. Waschen war Frauensache und stellte die kraft- und zeitaufwändigste Hausarbeit dar. Sie wurde bis ins 20. Jahrhundert öffentlich verrichtet. Auch nach der Entwicklung der Waschmaschine zu Beginn des letzten Jahrhunderts wusch ein Großteil der Frauen die Wäsche noch per Hand.

Die Ufer der Donau stellten Orte dar, an denen sich unter anderem Ungarn, Rumänen, Serben, Kroaten, Schokatzen, Bunjewatzen, Juden und Deutsche begegneten.



Schokatzische Mädchen

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Mohatsch/Mohács
Ungarn
1934
Nachlass Rudolf Hartmann
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Schokatzische Mädchen trocknen Wäsche am Donauufer, Ungarn


Schiffsmühlen auf der unteren Donau

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Ungarn
1934
Nachlass Rudolf Hartmann

Die Pannonische Tiefebene entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zur „Kornkammer der Donaumonarchie“. Die fruchtbaren Donauufer boten eine ideale Grundlage für die Landwirtschaft. Außerdem brachten die deutschsprachigen „Kolonisten“ die nötige Erfahrung und erprobte Kenntnisse moderner Methoden des Landbaus mit. Das geerntete Korn wurde häufig in Schiffsmühlen gemahlen, die als schwimmende Wassermühlen zahlreich auf der Donau vertreten waren und die Kraft des Flusses nutzten. Neben Getreide wurden hier auch Tabak und Gewürze, wie etwa Paprika, gemahlen.



Fischer in Jurilovca

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Rumänien
2. Hälfte der 1930er-Jahre
Fotograf: G. A. Küppers-Sonnenberg
Nachlass: Otto Klett/Johannes Niermann
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Fischer in Jurilovca, Rumänien


Der Fluss und sein Delta mit den vielen Seen sind trotz den vorgenommenen Hochwasserschutz- und Regulierungsarbeiten noch heute ein Naturparadies mit reichem Fischbestand. Neben Wildkarpfen, Zander, Donauheringen, Schleien, Hechten und Welsen lebt hier auch der größte Süßwasserfisch Europas, der Hausen. Er kann bis zu 100 Jahre alt werden, eine Länge von sechs Metern und ein Gewicht von über einer Tonne erreichen.

Jede Fischergemeinde entlang der Donau verfügte früher über einen eigenen Fischmarkt, den „Fišplac“, auf dem die Frauen der Fischer täglich die fangfrische Ware verkauften. Die Fischer der Donau und der größeren Teiche lebten meist auf Einzelhöfen in den Hochwassergebieten. Sie arbeiteten in Gruppen und schlossen sich Fischerzünften, Vereinen und Genossenschaften an.

03

Die Donau als Transportweg



Marktfrauen drängen auf ein Donauschiff

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Mohatsch/Mohács
Ungarn
1936
Nachlass Rudolf Hartmann
Fk05705.jpg
Marktfrauen drängen auf ein Donauschiff, Ungarn


Der multiethnische Marktflecken Mohács am rechten Ufer der Donau war mit seinen Märkten und Geschäften der wichtigste Absatzmarkt für die Bauern aus der Umgebung diesseits und jenseits des Flusses.

Häufig stellten Fähren oder Flöße die einzige Verbindung zwischen den beiden Ufern dar. Ursprünglich wurden die Fähren mit Pferdekraft stromabwärts gezogen und dann vom Fährmann an das andere Ufer gerudert. Mit einem zunehmenden Personen- und Güterverkehr löste im Laufe des 19. Jahrhunderts die Gierseilfähre die Ruderfähre ab. Sie war mit einem langen Drahtseil an einer Ankerboje befestigt und ähnelte einer Plattform, auf der auch Fuhrwerke und Tiere Platz hatten. Eine Weiterentwicklung der Fähre stellte die Hochseilrollfähre dar, bei der das Führungsseil zwischen zwei hohen Masten über dem Strom befestigt wurde. Heute sind die meisten Ruder- und Hochseilfähren durch freifahrende, von einem Motor angetriebene Schiffe ersetzt.



Hafen an der Donau

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Tulcea/Tultscha
Rumänien
1930er-/1940er- Jahre
Fotograf: Anton Grubauer
Nachlass Otto Klett / Johannes Niermann
Fk00522.jpg
Hafen an der Donau, Rumänien


Zum Umsiedlungsschiff umgenutzter Dampfer "Johann Strauß"

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Brăila
Rumänien
1940
Fotograf:in: unbekannt
Nachlass Otto Klett / Johannes Niermann
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Zum Umsiedlungsschiff umgenutzter Dampfer "Johann Strauß", Rumänien


„Mit 24 Transportzügen, einem Treckzug aus Fachria, einem Schiff mit Jakobsonstalern, mit Lastkraftwagen aus den Streusiedlungen und dem Krankentransport sind die Dobrudschadeutschen zur Leit- und Verschiffungsstelle Cernavoda gebracht worden. Zwei Wochen lang dauerte die Verschiffung. Von Cernavoda ging es ausschließlich mit Schnelldampfern in 25 Transporten bis zum Lager Semlin in Belgrad. Man hatte alle Schnelldampfer der DDSG eingesetzt…“ *

So berichtet Otto Klett über die Umsiedlung der Dobrudschadeutschen aus Rumänien im Jahr 1940. Im Rahmen der nationalsozialistischen Volkstums- und Umsiedlungspolitik wurde ein Großteil von ihnen in den Jahren 1940–1943 in den neu gegründeten „Reichsgau Wartheland“ und ins „Protektorat Böhmen und Mähren“ umgesiedelt. Mit dem Versprechen einer besseren Zukunft und dem Glauben, dem „Vaterland“ einen Dienst zu erweisen, machten sich ca. 15.000 Menschen aus der Dobrudscha auf den Weg. 

* Otto Klett: Die Umsiedlung der Dobrudschadeutschen im Jahr 1940, in: Jahrbuch der Dobrudschadeutschen 1 (1956), S. 27.



Aufgang zum Umsiedlungsschiff

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Cernavodă
Rumänien
1940
Fotograf:in: unbekannt
Nachlass Otto Klett / Johannes Niermann
Fk00698.jpg
Aufgang zum Umsiedlungsschiff, Rumänien

04

Die Donau trennt und verbindet



"Eisernes Tor"

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Rumänien
1940
Fotograf:in: unbekannt
Nachlass Otto Klett / Johannes Niermann
Fk00702.jpg
"Eisernes Tor", Rumänien


Das „Eiserne Tor“ galt lange als der gefährlichste Flussabschnitt der Donau. Das Durchbruchstal bildet die Grenze zwischen Serbien und Rumänien – auf der einen Seite liegen die Serbischen Karpaten, auf der anderen die Banater Gebirge. Der einzige Wasserzugang zum Schwarzen Meer findet sich dahinter. Weil die Strömung zwischen den steilen Felsen zu stark und zu unberechenbar war, konnte die Schlucht, die lange als Grenze zwischen Okzident und Orient aufgefasst wurde, nicht ohne ortskundige Lotsen passiert werden. Erst die zunächst von den Habsburgern initiierten Regulierungsarbeiten im 19. Jahrhundert und dann später in den 1970er-Jahren der Bau der Wasserkraftwerke und Stauanlagen zähmten die wilden Gewässer.



Brücke Karol I in Cernavodă

Fotografie

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Rumänien
1940/41
Fotograf:in: unbekannt
Nachlass Otto Klett / Johannes Niermann

Die König-Karl-I.-Brücke, die jetzige Anghel-Saligny-Brücke, überquert die Donau bei Cernavodă in Rumänien. Die heute stillgelegte Eisenbahnbrücke galt zu ihrer Fertigstellung im Jahre 1895 mit ihren 4.087,95 Metern Länge als die längste Brücke Europas.

Mehr als 130 Verkehrsbrücken überqueren heute die Donau von der Quelle bis zur Mündung. Daneben existieren unzählige Fußgängerbrücken und Stege. Je näher die Donau ihrer Mündung kommt, desto weniger Brücken gibt es.

05

Die Fotografen: Forscher, Sammler, Reisende und...

Welche „Donaugeschichten“ erzählt die Ausstellung?

Die in der Ausstellung präsentierten Aufnahmen stammen aus den Nachlässen von Rudolf Hartmann (1902–2001) und Otto Klett (1910–1976). Sie haben eine jeweils spezifische Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte, die wesentlichen Einfluss darauf hat, was diese Bilder über ihre Motive hinaus den heutigen Betrachtenden zu „erzählen“ vermögen.

Unsere Bestände hätten noch viele weitere Donaugeschichten erzählen können. Wir haben eine Auswahl getroffen.
Manche Donaugeschichten fehlen hier, weil sie von unseren Nachlassgeber:innen nicht gesammelt wurden – so etwa die Donaugeschichten der jüdischen Bevölkerung





Mädchen mit Fotoapparat

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Mösch / Mözs
Ungarn
1936
Nachlass Rudolf Hartmann
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Mädchen mit Fotoapparat, Ungarn

Rudolf Hartmann (1902-2001)

Der in Leipzig geborene Rudolf Hartmann besaß ein ausgeprägtes volkskundliches Interesse, wirkte aber nicht als universitärer Forscher im engeren Sinne. Er hielt auf Reisen insbesondere durch donauschwäbische Regionen unterschiedliche Aspekte des alltäglichen Lebens fotografisch fest. Die Aufnahmen stellen den Hauptertrag seiner volkskundlichen Aktivitäten dar. Bereits während seines Studiums der Germanistik, Geschichte, Geographie und Volkskunde an der Universität Leipzig unternahm Hartmann Reisen ins südöstliche Europa und entwickelte Interesse an der bäuerlichen Kultur der deutschsprachigen Minderheiten vor allem in Ungarn. Zwischen 1928 und 1941 war er als Lektor für deutsche Sprache an den Universitäten in Szeged, Debrecen und Budapest tätig. Trotz zahlreicher beruflicher Verpflichtungen hatte er die Gelegenheit, mit seiner Kamera deutschsprachige Orte in Ungarn zu bereisen. Dabei galt sein Interesse nicht allein den Ungarndeutschen. In seinen Fotografien zeigt er auch das Zusammenleben mit anderen ethnischen Gruppen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Hartmann in Wernigerode nieder, wo er als Religionslehrer arbeitete. Im Jahr 1955 trat er im hessischen Laubach die Stelle eines Studienrates an einem Gymnasium an. Bald danach wurde er Mitglied der damaligen Kommission für ostdeutsche Volkskunde, in deren Jahrbüchern und Schriftenreihe er regelmäßig publizierte. Er verstarb 2001 im Alter von 99 Jahren.

Obwohl vor allem die bis zum Jahr 1938 veröffentlichten Ergebnisse seiner volkskundlichen Feldforschungen in Ungarn zum Thema Tracht, Volksschauspiel und ländliche Architektur großes Interesse in wissenschaftlichen Kreisen etwa der sogenannten Sprachinselvolkskunde weckten, waren es doch seine Fotografien, die das Bild der Ungarndeutschen prägten. Kein anderer Volkskundler benutzte die Kamera so intensiv und systematisch wie Hartmann.
Mit seiner Rolleiflex dokumentierte er den Alltag der Menschen, begleitete sie bei der Arbeit und bei ihren Feierlichkeiten.
In mehr als 10.000 Fotografien hielt er den soziokulturellen Wandel der Dörfer fest und zeigt uns so eine Welt, die schon längst der Vergangenheit angehört. Neben zahlreichen Manuskripten, Korrespondenzen und wissenschaftlichen Arbeiten befinden sich im Bildarchiv des IVDE über 2.000 Fotografien Hartmanns.





Fähranlegestelle bei Tulcea

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Tulcea / Tultscha
Rumänien
1930er-/1940er-Jahre
Nachlass: Otto Klett/Johannes Niermann
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Fähranlegestelle bei Tulcea, Rumänien


Otto Klett (1910-1976)

Otto Klett stammte aus der Dobrudscha. Er wurde in dem Dorf Kobadin/Cobadin geboren. Nach dem Studium in Bukarest arbeitete er als Lehrer. Sein Interesse an Geschichte und Kultur der dortigen deutschsprachigen Bevölkerung besaß
– im Gegensatz zu dem Hartmanns – eine stark politisch ausgeprägte Dimension. So war Klett als Mitglied der SS und als stellvertretender Leiter der Kulturabteilung des „Kommando Dobrudscha“ Protagonist der nationalsozialistischen Umsiedlungspolitik. Seine Aufgabe war es, als bewahrenswert eingestuftes Kulturgut sicherzustellen und nach Deutschland zu bringen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Klett, bevor er wieder als Lehrer angestellt wurde, im Hilfskomitee für die evangelisch-lutherischen Deutschen aus Bessarabien und der Dobrudscha. Von 1950 bis 1976 bekleidete er führende Positionen in der Landsmannschaft der Dobrudschadeutschen. Zudem war er von 1956 bis zu seinem Tod Herausgeber des Jahrbuchs der Dobrudschadeutschen.


Die in unserer Ausstellung präsentierten Bilder hat Klett nicht selbst aufgenommen. Sie stammen von Personen, deren Lebenswege mit der Dobrudscha verbunden waren. Vielfach wurden diese Fotos für Abdrucke im „Jahrbuch“ sowie in weiteren landsmannschaftlichen Publikationen genutzt. Die Bilder verweisen somit nicht nur auf ihre Entstehungszusammenhänge in den 1930er- und 1940er-Jahren. Sie dokumentieren auch, welche Zeugnisse Krieg, Umsiedlung und ggf.
auch Flucht und Vertreibung überdauerten und für die landsmannschaftlich organisierte Erinnerung genutzt wurden. Der
in vielen Fällen hochgradig politisierte Entstehungskontext der Bilder und der erinnerungspolitische Kontext ihrer Weiterverwendung müssen bei der Betrachtung der Aufnahmen in Rechnung gestellt werden.


Über Johannes Niermann (1940–1998), der an der Universität Köln zu den Deutschen aus der Dobrudscha forschte, gelangte der Nachlass Kletts 2008 ins IVDE. Die Archivalien und Fotografien stammen größtenteils aus Kletts Tätigkeit als Herausgeber des Jahrbuchs der Dobrudschadeutschen. Trotz seiner früheren Begeisterung für den Nationalsozialismus spricht aus vielen der von ihm zusammengetragenen Materialien das Bewusstsein des multiethnischen Charakters seiner Heimatregion und der Respekt vor dem Mit- und Nebeneinander unterschiedlicher Ethnien in der Dobrudscha.



Fischer in Jurilovca + Karte

Fotografie

Aus der Sammlung von

IVDE Freiburg

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IVDE Freiburg

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Kurzbeschreibung
Rumänien
2. Hälfte der 1930er-Jahre
Fotograf: G. A. Küppers-Sonnenberg
Nachlass: Otto Klett/Johannes Niermann
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*** Fischer in Jurilovca und das Cover des Jahrbuches der Dobrudschadeutschen 1960.


Ein Bild ist mehr als ein Bild

Zum Beispiel: die Aufnahmen Gustav Adolf Küppersʼ (1894-1978)

Im Nachlass Otto Kletts finden sich einige Gustav Adolf Küppers (auch Küppers-Sonnenberg) zugeschriebene Fotografien. Sie wurden auf mehreren Balkanreisen in den 1930er-Jahren aufgenommen und zeigen Landschaften, Porträts und Alltagsszenen, wie etwa einen hinter einer Reuse stehenden Fischer. Wer war dieser Fotograf und wie sind die Fotografien entstanden?

Der in Krefeld geborene Gustav Adolf Küppers studierte in Göttingen zunächst Germanistik, Theologie und Landwirtschaft. In verschiedenen Phasen seines Lebens erprobte er alternative Möglichkeiten einer autarken
Lebensweise. So gründete er 1915 die Körperkultursiedlung Sonnenberg bei Müden a. d. Örtze in Niedersachsen. Nach dem Ersten Weltkrieg war Küppers in großem Maße publizistisch tätig. In seinen Schriften vereinen sich lebensreformerische Zivilisationskritik und völkisches Kulturverständnis. 1927 zog er mit seiner Familie nach Berlin, arbeitete als Fotoreporter und studierte Staats- und Zeitungswissenschaften. 1933 wurde er mit der Arbeit „Deutsche Siedlung. Idee und Wirklichkeit. Gesamtdarstellung des deutschen Siedlungswesens in allen Formen und Spielarten“ promoviert.

Küppersʼ völkischer Ansatz stand den Vorstellungen der Nationalsozialisten nahe. Seinen Aussagen zufolge wurde er in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre vom Museum für Völkerkunde in Berlin, dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin-Dahlem und vom dortigen Phonogrammarchiv beauftragt, „die vom Kulturzusammenstoß bedrohte untergehende Welt alter, bodenständiger Volkskultur noch einzufangen mit den Mitteln der Foto- und Phonographie, mit Daktyloskopie und durch Feldforschung sowie Sammlung von Geräten der materiellen Kultur“*. Von 1939 bis 1945 war er als Balkanreferent im Wehrwirtschaftsstab, Abteilung Ausland tätig, der dem Oberkommando der Wehrmacht unterstand. Nach der Entlassung aus britischer Internierung 1946 widmete er sich unter anderem dem Topinambur-Anbau in Niedersachsen. Seine volkskundlichen Studien zur völkisch orientierten
Symbolforschung sowie seine publizistische Tätigkeit führte er weiter. Die Beobachtungen seiner Forschungsreisen publizierte Küppers unter anderem in der NS-Zeitschrift Volk und Rasse. Sie verdeutlichen seine volks-/völkerkundlichen, historischen und vor allem rassekundlichen Erkenntnisinteressen – und nicht zuletzt die Rolle, die die Fotografie dabei spielte. In den 1950er- und 1960er-Jahren hat Küppers seine
Balkanfahrten und die dabei entstandenen Fotografien in mehreren Lebensbeschreibungen erneut kommentiert. Dabei bezeichnete er sie unter anderem als „eine gute Ablenkung von den politischen Gewaltsamkeiten der Zeit, die ich als alter Wandervogel nicht vollauf bejahen (allerdings ebensowenig vollauf verneinen) konnte“*. Entsprechend zeigen sich auch die Kontinuitäten seines Denkens in diesen Texten. So schreibt er etwa über die von ihm Aufgenommenen: „Man hat es im Südosten mit Menschen einer weit gegen die unsrige zurückgebliebenen Entwicklungsstufe zu tun, noch stark im Naturhaften verbunden und von magischen uns vollkommen fremden Vorstellungen beherrscht.“**

Äußerungen wie diese verdeutlichen seine völkische, rassistische Einstellung und stellen als harmlose Porträtfotografien
daherkommende Aufnahmen – wie die des Fischers aus Jurilovca – in ein anderes Licht. Sie machen deutlich, welch unterschiedliche Bedeutungen Bilder abhängig von ihren Verwendungszusammenhängen haben können, wie vorsichtig man mit Fotografien umgehen und wie viel Sorgfalt man für ihre Kontextualisierung aufbringen muss.

* Beide Zitate G. A. Küppers-Sonnenberg: Mit versiegelter Kamera durch das Eiserne Tor, in: Jahrbuch der Dobrudschadeutschen 1959, S. 183–211, hier S. 183.
** Gustav Adolf Küppers: Völkerkundliche Bilder von fünf Balkanreisen, in: Die Völker und Rassen Südosteuropas, Prag 1943, S. 98.
*** Gustav Adolf Küppers-Sonnenberg: Durch die Dobrudscha, in: Jahrbuch der Dobrudschadeutschen 1960, S. 213–239, hier S. 223. Foto

Eine virtuelle Ausstellung von

Finanziert aus Mitteln des Ministeriums des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, die der Landtag Baden-Württemberg bereitgestellt hat

Team

Realisierung: Veronika Králová B.A.

Erstellt mit :
DDB Studio
Ein Service von:
DDB Studio

Diese Ausstellung wurde am 09.04.2024 veröffentlicht.



Impressum

Die virtuelle Ausstellung Donaugeschichten wird veröffentlicht von:

Institut für Volkskunde
der Deutschen des östlichen Europa


Goethestraße 63
79100 Freiburg


gesetzlich vertreten durch

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Telefon:

0049 - (0)761 - 70 443 - 0


Fax:
E-Mail:  

poststelle@ivde.bwl.de

Inhaltlich verantwortlich:

Dr. Tilman Kasten

IVDE, Goethestraße 63, 79100 Freiburg                                 

Kurator*innen:

Dr. Elisabeth Fendl, Dr. Tilman Kasten, Veronika Králová B.A.

 

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