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Stefan George Archiv in der Württembergischen Landesbibliothek


Rosen und Disteln. Illustrierte Zeitschrift

Aus der Sammlung von

Stefan George Archiv

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Stefan George Archiv

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Am 12. Juli 2018 wiederholte sich Stefan Georges Geburtstag zum 150. Mal. Die Ausstellung des Stefan George Archivs, die aus diesem Anlass vom 28. Juni bis 10. August 2018 in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart zu sehen war und seit 2020 in erweiterter Fassung digital erscheint, zeigt an den Dichter gerichtete Geburtstagsbriefe aus den Jahren 1896 bis 1933.

Der Titel der Ausstellung ist von George selbst entlehnt: »Rosen und Disteln« hieß die Schülerzeitschrift, die der Gymnasiast gemeinsam mit Schulfreunden 1887 in wohl nur einer Nummer herausgebracht hatte. Erhalten hat sich von ihr ein einziges Exemplar.

Die Ausstellung nutzt die Spannung dieses ersten George-Titels: Sie zeigt die George immer zugewandten, zumeist tief verehrungsvollen und mitunter überbordenden Geburtstagsbriefe und rekonstruiert zugleich das mitunter dornige Gelände der bewegten Kontexte.



Stefan George

Fotograf: Jacob Hilsdorf, Fotografie, ca. 1903, Bingen (?)

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Stefan George Archiv

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Wer war Stefan George?



Stefan George

Fotograf: Wilhelm Pöllot, Fotografie, vor Ostern 1888, Darmstadt

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1868 geboren, beginnt der sprachbegeisterte Jugendliche schon zu Schulzeiten, Gedichte zu schreiben und aus verschiedenen europäischen Literaturen zu übersetzen.

Unmittelbar nach dem Abitur begibt er sich 1888 auf Reisen und knüpft in mehreren europäischen Hauptstädten künstlerische Kontakte.

»Hymnen«, Stefan Georges erstes Gedichtbuch, das literarischen Austausch mit den wichtigsten ästhetischen Strömungen seiner Zeit wagt, erscheint 1890 als Privatdruck. Es spricht der Einsamkeit und  homoerotischen Sehnsucht das Wort. Und es hat den vollen Anspruch, die deutsche Lyrik zu erneuern.





Stefan George

Fotograf: Reinhold Lepsius, Fotografie, ca. 1897/1898, Berlin

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Stefan George Archiv

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Zwei Jahre später, 1892, begründet der Lyriker die Zeitschrift »Blätter für die Kunst« als Organ seines sich ausweitenden, am Symbolismus orientierten Künstlernetzwerks.

Von 1897 an wird George, bald dreißigjährig, einer breiteren literarischen Öffentlichkeit mit »Das Jahr der Seele« bekannt, seinem fünften Gedichtbuch. Aus dieser Zeit sind auch die ersten Geburtstagsbriefe  überliefert.

Schon den Glückwünschen der frühen Künstlerfreunde ist abzulesen, wie sehr sie George zur kulturellen Erneuerungsfigur stilisieren. Die folgenden drei Dekaden spiegeln den Erfolg dieser Idee.



Stefan George

Fotograf: Ludwig Thormaehlen; Abzug aus dem Besitz Stefan Georges, Fotografie, 1914

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Stefan George Archiv

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Um 1900 bereits fest im literarischen Markt etabliert, steht George bald nach dem Erscheinen des »Teppich des Lebens ...« für den Willen zu einer fundamentalen und  modernekritischen Lebensreform in Dichtung, Wissenschaft und Kultur.

Ab dieser Zeit versammelt der frühere ›Dichter der Einsamkeit‹ dichtungsbegeisterte junge Männer, zumeist Studenten und junge Wissenschaftler, aber auch Adoleszente um sich. Aus dem frühen Künstlerbund um George wird zunehmend eine Form der Lebensgemeinschaft.



George-Kreis, Heidelberg, Pfingsten 1919

Percy Gothein, Stefan George, Erich Boehringer, Ernst Gundolf, Ernst Glöckner, Berthold Vallentin, Woldemar von Uxkull-Gyllenband, Ludwig Thormaehlen, Friedrich Gundolf (von links nach rechts) , Fotografie, 1919, Heidelberg

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Im Zentrum dieser von der Öffentlichkeit als »George-Kreis« wahrgenommenen Gruppierungen wird der Autor des »Siebenten Rings« (1907), des »Stern des Bundes« (1914) und des »Neuen Reichs« (1928) zum Idol einer elitär-antimodernen, auf ein vermeintlich besseres ›geistiges‹ Deutschland ausgerichteten Gegenkultur, die eine ›neue deutsche Jugend‹ prägen will.





Stefan George

Fotograf: Theodor Hilsdorf, 1928, München

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Während die persönlichen Verhältnisse um George in der Öffentlichkeit ein Rätsel bleiben, sind es die Linien von Jugendemphase, Zeitkritik, bündischem Elitismus und nationalkulturellem Aufschwung, für die der Dichter breit gefeiert wird: 1918 zu seinem 50. Geburtstag kurz vor Ende des Weltkriegs und Zusammenbruchs des Deutschen Kaiserreichs ebenso wie 1928 zu seinem 60. Geburtstag in der ihm verhassten ersten deutschen Demokratie.





Stefan George

Fotograf: Walter Kempner, Fotografie, 12.07.1933, Berlin-Dahlem

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Dass dieselben Linien ihn schließlich für die Nationalsozialisten anschlussfähig erscheinen lassen, wird um 1933 zum Lagerstreit unter seinen Anhängern.

George selbst, auf Distanz, aber zugleich ohne nachhaltige Abwehr gegen die Vereinnahmungsversuche der Nazis, stirbt ein halbes Jahr nach seinem 65. Geburtstag, am 4.12.1933 in der Schweiz.



Karl Wolfskehl an Stefan George, 11.7.1898

Karl Wolfskehl, Brief mit Umschlag, 11.07.1898, Heidelberg

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Stefan George Archiv

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Auf seinem Lebensweg durch das endende 19. und das beginnende 20. Jahrhundert bekam George vielerlei Glückwunschpost: Familienmitglieder, frühe Künstlergenossen, dann Freunde aus dem ›Kreis‹, mit zunehmender Berühmtheit offizielle Repräsentanten staatlicher Institutionen, aber auch lyrik-begeisterte Fans, die an seinem Ruhm teilhaben wollten, gratulierten ihm zum Geburtstag.

Ausstellungsübersicht

Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von zwanzig Geburtstagsbriefen an George:

  • Anna Ottilie George (1896)
  • Melchior Lechter (1897)
  • Karl Wolfskehl (1898)
  • Willem de Haan (1900)
  • Berthold Vallentin (1904)
  • Friedrich Gundolf (1911)
  • Wilhelm Walther (1911)
  • Karl Bauer (1918)
  • Adalbert Cohrs (1918)
  • Ernst Morwitz (1918)
  • Unbekannte junge Mutter (1918)
  • Walter Elze (1926)
  • Reichspräsident Paul von Hindenburg (1928)
  • Preußische Akademie der Künste (1928)
  • Kultusminister Carl Heinrich Becker (1928)
  • Edith Landmann (1928)
  • Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1931)
  • Ernst Gundolf (1933)
  • Propagandaminister Joseph Goebbels (1933)
  • Ernst H. Kantorowicz (1933)




Anna George, ca. 1890

Fotograf: W. H. Esser, Fotografie, ca. 1890, Mainz

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Anna Ottilie George an Stefan George, 16.7.1896



Anna George, ca. 1890

Fotograf: W. H. Esser, Fotografie, ca. 1890, Mainz

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Zu seiner zwei Jahre älteren Schwester Anna Maria Ottilie (1866‒1938) hatte George lebenslang eine enge Bindung. Nach dem Tod der Eltern führte sie das Binger Haus, gelegentlich verreisten sie gemein­sam, mitunter auch mit weiteren Freunden Georges wie Friedrich Gundolf oder Ernst Morwitz. Sein Gedichtbuch »Das Jahr der Seele« von 1897 widmete George ab der zweiten Auflage von 1899 rückwirkend ihr:

Anna Maria Ottilie
Der tröstenden Beschirmerin
auf manchem meiner Pfade.




Anna George an Stefan George, 16.7.1896

Anna George, Brief mit Umschlag, 16.07.1896, Bingen

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Stefan George Archiv

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Bingen – Freitag 
Lieber Etienne!
Nun dauerte es doch länger als wir geglaubt haben, bis wir uns wiedersehen, aber wir wollen deßhalb nicht klagen sondern recht geduldig sein und auch unseren lieben Bruder Fritz eindringlich zur Geduld ermahnen. Bezüglich des Reisens ist es doch am besten auf den Rat des Arztes zu hören, ehe dieser es ausdrücklich gestattet, darf es nicht geschehen.
Wir haben dieser Tage ein liebenswürdiges Schreiben des Herrn Verwey erhalten, ich schicke es Dir, damit Du ihm in unserem Namen einige herzliche Worte erwiederst [!]. Deine getreue Frau Ebermann in Berlin hat auch an Deinen Geburtstag gedacht und Dir eine Glückwunsch-Depesche geschickt. Wir haben leider erst zu spät an die Bedeutung dieses Tages gedacht, allein ich denke Du wirst uns darüber nicht gram sein.
Bezüglich der Geldsendung bitte ich Dich, mir einen bestimmten Betrag anzugeben, damit ich es besorgen kann ich habe schon mit Vater darüber verhandelt.
Herzlichen Gruß von Mutter und mir
Anna.
Stellenerläuterung

Bei der Anrede »Etienne« handelt es sich um Georges Rufnamen aus Kinder- und Jugendtagen, der in der Familie noch lange verwendet wurde. Auch vor der Herausgabe seiner ersten Gedichte als Privatdruck im Jahr 1890 hatte George überlegt, unter dem Namen »Etienne George« zu publizieren, sich dann aber doch für seinen Taufnamen Stephan in der modernisierten Schreibung »Stefan« ent­schieden.



Anna George an Stefan George, 16.7.1896

Anna George, Brief mit Umschlag, 16.07.1896, Bingen

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Der Brief Anna Georges aus dem Jahr 1896 zeugt auch vom guten Verhältnis Georges zur restlichen Familie. So wird etwa die finanzielle Unterstützung erwähnt, die George lange durch den Vater erfuhr, oder die Sorge um den in Brüssel lebenden, erkrankten Bruder Fritz (1870‒1925). Zu ihm war George aufgebrochen, obwohl in Bingen gerade sein niederländischer Dichterfreund Albert Verwey zu Besuch war. Dass Mutter und Schwester darüber Georges Geburtstag vergaßen und erst durch den eingehenden Glückwunsch von Georges Berliner Vermieterin Emma Ebermann daran erinnert wurden, ist nicht so ungewöhnlich, wie es zunächst scheint.

Geburtstage spielten in der Familie George wie in vielen katholischen Familien der Zeit (häufiger noch feierte man den mit dem Taufritus verbundenen Namenstag) offenbar keine große Rolle. So sind denn auch keinerlei weitere Glückwunsch­schreiben von Familienmitgliedern an George überliefert. Auch George selbst versandte offenbar nie Geburtstags­wünsche. Ein erstaunliches Ungleichgewicht angesichts der im Nachlass erhaltenen Anzahl von Glückwünschen, die George mit zunehmender Berühmtheit dann erhielt.



Melchior Lechter, ca. 1895

Abzug aus dem Besitz Stefan Georges, Fotografie, ca. 1895

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Melchior Lechter an Stefan George, 12.7.1897



Inspiration

Melchior Lechter, Gemälde, 1893, Berlin

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Der Entwurf des Glasmalers und Buchgestalters Melchior Lechter (1865‒1937) zu einem dann nicht ausgeführten Wandgemälde mit dem Titel »Inspiration« entstand bereits 1893 und damit wohl unmittelbar nach dem Erstkontakt mit Werken Georges. (Das Parallelstück zu »Inspiration« mit dem Titel »Musenhain« ist im Museum für Kunst und Kultur in Münster erhalten.)

Lechter war im Herbst 1893 über Hugo von Hofmannsthal auf Georges Zeitschrift »Blätter für die Kunst« aufmerksam geworden und kam so in Berührung mit Gedichten Georges. In ihnen sieht er seine eigenen ästhetischen Auffassungen gleichsam mitausgesprochen und sucht daraufhin den Kontakt zu ihrem Autor.


Inspiration

Melchior Lechter, Gemälde, 1893, Berlin

Aus der Sammlung von

Stefan George Archiv

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»Inspiration«, ein Jugendstilszenario, das die Abwendung eines antikisierten, eine Lyra als Dichtersymbol tragenden nackten Jünglings von den weiblichen Musen und ihrem Gesang bebildert – ein Motiv, das schwebend in Georges früher Lyrik anwesend ist –, schenkt Lechter George zum 29. Geburtstag und verneigt sich in seiner beigefügten Widmung vermittels eines Hofmannsthal-Zitats vor ihm.


Melchior Lechter an Stefan George, zum 12.07.1897

Melchior Lechter, Widmung, um den 12.07.1897 , Berlin

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Stefan George Archiv

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an staean george zum xii juli 1897 "einige wenige aber meinen nun mehr um den wert des daseins zu wissen als vorher." berlin den 12. Juli 1897 melchior lechter
Stellenerläuterung
Ob es sich bei der eigenwilligen Form des Vornamens um unkorrigierte Verschreibung oder unaufgelöste Anspielung handelt, ist offen.  Das Zitat entstammt Hugo von Hofmannsthals sehr positiver Rezension »Gedichte von Stefan George«, die am 21.3.1896 in »Die Zeit« in Wien erschien und Georges vierten Gedichtband »Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte …« von 1895 behandelt.


Stefan George: Das Jahr der Seele

1897

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Im November 1897 erscheint mit »Das Jahr der Seele« dann das erste Buch Georges in Gestaltung von Melchior Lechter. Aus Georges bereits durchgestalteter Satzvorlage entwickelt Lechter den beinahe ikonisch gewordenen Band.  Die professionelle Zusammenarbeit der Künstlerfreunde wird gut zehn Jahre andauern.

Der sakralisierende, das Gesamt­kunstwerk anstrebende, später auch esoterisch durchwirkte Jugendstil Lechters, den George in Abkehr von der strengen Gestaltung seiner ersten Privatdrucke wählt, hat die Wahrnehmung seiner Werke deutlich mitgeprägt.



Karl Wolfskehl

Fotograf: Wilhelm Weimer, Fotografie, Darmstadt

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Karl Wolfskehl an Stefan George, 11.7.1898



Karl Wolfskehl an Stefan George, 11.7.1898

Karl Wolfskehl, Brief mit Umschlag, 11.07.1898, Heidelberg

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Karl Wolfskehl (1869‒1948), Altgermanist, Privatgelehrter, Dichter und Büchersammler, kannte und verehrte George seit 1892. Beeindruckt bereits von den ersten publizierten Gedichten, entwirft Wolfskehl den beinahe Gleichaltrigen bald als persönliche Heilsgestalt.

Die Briefe des vielfältig begabten, mit Kunstschaffenden aller Strömungen vernetzten Wolfskehl an George belegen generell eine hochtonige Verehrungswilligkeit. In seinen jährlichen Geburtstags­glück­wünschen kommt sie besonders stark zum Ausdruck.

Wolfskehl, der noch für viele Jahre zu den engsten Weggefährten Georges zählte, arbeitete ab den ersten Tagen ihrer Bekanntschaft auch an der öffentlichen Wahrnehmung Georges als Ausnahmeerscheinung seiner Zeit. Die Idee, George als Vertreter eines geheimen, erhofft: besseren ästhetischen Deutschlands zu sehen, stammt von ihm.


Karl Wolfskehl an Stefan George, 11.7.1898

Karl Wolfskehl, Brief mit Umschlag, 11.07.1898, Heidelberg

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H[eidelberg] 11. VI[I]:
Wertester Freund:
Es soll Ihnen gemeldet werden dass ich zu morgen mir und allen Dienern der Schoenheit Glück wünsche. Dass Sie nun 30 Jahre eines überreich gesegneten Lebens eines Schaffens dem kein zeitgenössisches gleichkommt verbracht haben erscheint wie ein Glücksgeschenk dessen unsere Tage fast zu unwürdig sind. Es möge den Gewaltigen die Sie gesendet, Ihnen selber dennoch nicht verborgen bleiben, wie an vielen Orten und täglich reifer die Erkenntnis und damit die Bewunderung für Ihr Wirken ersteht. Für Ihr Wirken! Dass Sie den Deutschen eine neue Schönheit gaben, dass die tiefe Glut jenes feierliche unbändige Priesterweihegefühl des Wollens die der Spähenden Auge selbst an Goethen nicht finden konnte, dass diese auch nun der deutschen Dichtung Dom wie mit durchleuchteten Glasfenstern tief und farbig erklingen lässt: wie wollten wir des nicht gedenken! Mehr als all Ihre Gnadengaben, die der Verschmelzung von Bild und Bildung der technischen Strenge im Wählen von Klängen, der rytmischen Funde und Erleuchtungen und Ihres überreichen Reimvermögen[s]: mehr als alles dies ist für unsre Tage vielleicht anzuschlagen dass Sie in allen Ihren Werken dies Tempelhafte, dem ja nie der Lorbeer mangeln kann, aufzeigen. Denn damit treten Sie in die Reihen der Lebengebenden, der grossen Umschaffer. Sie wollen nichts wie Ihren Klangträumen die Heiligung verleihen die aus der Stimmung, dem „Naturlaute“ das Kunstwerk verklärt und als unausbleibliche Folge Ihres reinen verehrungswerten Thuns erkennen wir heute schon was wir vor kurzer Frist über die Wandlungen der deutschen Seele an der Jahrhundertwende lesen durften. Dass Sie uns unser Leben verehren lehrten, uns selber lieben wie der Schaffende das werdende Bild, mit Strenge und unerbittlicher Einsicht und alles ihr opfernd, der Idee aus der es erstand dafür sei Ihnen der Dank der Erhöheten gebracht. Und mit ihm mit diesem Liebesgefühl das wir Ihm weihen mag sich der Mensch, Ihre Persönlichkeit genug sein lassen. In ihm können Sie ausruhen. Der Schöpferische wird nimmer das Glück dieses Ruhens empfinden, so gewiss in ihm etwas über die irdische Form hinaus nach Offenbarung ringendes, was Göttliches sich der Kunstform bedient um Gestalt zu gewinnen, so gewiss die grossen Werke nicht in den Bann der Zeit sich zwängen, so gewiss muss der Trieb zum Göttlichen von jedem erklommnen Ziele weitertreiben. Anders Ihr Ich, das hohe Menschliche im Künstler, das im Finden der Gleichgesinnten, in ihrem Erheben den Erdengewinn empfängt, der das äusserste aller zeitlichen Güter scheint. Dass wir diesen Gewinn Ihnen Meister in stets reicheren, reineren Dankeskränzen spenden dürfen so lange uns die Oberen auf diese Erde lassen, das ist mein Flehn an Sie.
In freudiger Verehrung
Ihr K. Wolfskehl
Ich freue mich der bitte meiner Braut entsprechend ihre „Grüsse und Wünsche an den verehrten Meister“ vor Ihnen niederlegen zu dürfen.

Stellenerläuterung
Der Hinweis »was wir vor kurzer Frist über die Wandlungen der deutschen Seele an der Jahrhundertwende lesen durften« bezieht sich auf Georg Simmels »Kunstphilosophische Betrachtung«, die am 26. Februar 1898 in »Die Zukunft« erschienen war.



Le opere volgari di Messer Francesco Petrarcha, 1511 / 1897

Soardi (Drucker), Melchior Lechter (Einband); Larissa Arlt (Fotografie), Frühdruck in Pergamenteinband mit Messingschließen des späten 19. Jahrhunderts, 1511 / 1897, Venedig / Berlin

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Ein schönes Belegstück für die frühe Künstlergemeinschaft um George ist das Geburtstagsgeschenk, das Wolfskehl dem Freund im Vorjahr zum 29. Geburtstag gemacht hatte. Georges fünftes Gedichtbuch, »Das Jahr der Seele«, und Wolfskehls Debüt als Lyriker, der Gedichtband »Ulais«, waren gerade beide in Georges Verlag der Blätter für die Kunst erschienen. 

Wolfskehl hatte den gemeinsamen Freund Melchior Lechter gebeten, ein besonders schönes Stück seiner bibliophilen Sammelleidenschaft, einen Druck von Francesco Petrarcas volkssprachlichen, also italienischen Werken von 1511 mit einem Künstlereinband zu versehen. Im Vorsatz ließ er eine lateinische Widmung für George eintragen.



Karl Wolfskehl an Stefan George, zum 12.7.1897

Text: Karl Wolfskehl; Kalligrafie: Melchior Lechter, zum 12.07.1897

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Dieses Buch des unsterblichen, lorbeerbekrönten Dichters Francesco, durch die Einwirkung der Jahrhunderte sozusagen gemartert, habe ich mit bereitwilliger Hilfe des Malers Melchior wiederhergestellt und unserem göttlichen Stefan, dem Ersten aller Dichter dieses Zeitalters, hingebungsvoll geschenkt, als Freund dem Freund, als Schüler dem Lehrer, um mit ihm seinen Geburtstag feierlich zu begehen. Karl, den sie den ulaischen Dichter nennen, im Jahr des Herrn 1897.


Stefan George, ca. 1899

Fotograf: Jacob Hilsdorf, Fotografie, ca. 1899, Bingen

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Um 1899 ließ sich George mit dem unikalen Stück vom Binger Fotografen und Porträt­spezialisten Jacob Hilsdorf fotografieren.



Willem de Haan

Fotograf: Jacob Hilsdorf, Fotografie, ca. 1907-1911, Bingen

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Willem de Haan an Stefan George, 12.7.1900



Willem de Haan an Stefan George, 12.7.1900

Brief mit Umschlag, 12.07.1900, Darmstadt

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Hochgeehrter Herr George!
Gestatten Sie, daß auch wir aus der Ferne unsere herzlichsten Glückwünsche zu Ihrem heutigen Geburtstag schicken. Unsere Wünsche kommen nun leider wohl etwas zu spät, doch wollte ich dieselben nicht zurückhalten, da wir gerade in diesen Tagen unter dem Eindruck Ihrer herrlichen Dichtungen leben, da Karl uns vorgestern Abend, in einem kleinen Kreise bei uns, Einiges aus dem Teppich des Lebens zu Aller Entzücken vortrug. Haben Sie tausend Dank für das viele Herrliche, welches Sie uns und der Menschheit geschenkt haben, und möge ein gütiges Geschick Ihnen Kraft und Begeisterung erhalten noch manches Kunstwerk zu schaffen!
Mit den herzlichsten Grüßen von den Meinigen, und mit der Bitte, mich unbekannterweise Herrn Verwey empfehlen zu wollen, zeichne ich in treuer Verehrung
Darmstadt, 12/7 1900.             Ihr ergebenster

                                                       W. de Haan



Willem de Haan an Stefan George, 12.7.1900

Brief mit Umschlag, 12.07.1900, Darmstadt

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Der Niederländer Willem de Haan (1849‒1930), seit 1881 Hofkapellmeister in Darmstadt und über Jahrzehnte die zentrale Figur im dortigen Musikleben, war der Schwiegervater von Georges frühem Künstlergenossen Karl Wolfskehl. Auch wenn George in Darmstadt zur Schule gegangen war, fand die erste Begegnung mit de Haan wohl erst Ende 1898 bei der Hochzeit von dessen Tochter Hanna mit Wolfskehl statt. Im darauffolgenden Jahr bereits vertonte Willem de Haan einige Gedichte Georges und besuchte ihn zusammen mit seiner Frau in Bingen.

»Der Teppich des Lebens« war Georges sechstes Gedichtbuch. Symbolträchtig mit der Jahreszahl 1900 versehen, erschien der großformatige, in grünes Leinen gebundene, messbuchhafte Prachtband Ende 1899 in 300 nummerierten Exemplaren in Ausstattung Melchior Lechters. Mit dem auf die Marktmacht der Exklusivität ausgerichteten, pseudosakralen »Wunderwerk« (Wolfskehl) inszenierte George seine Gedichte als Ereignis der Jahrhundertwende. Lesungen aus seinen Gedichten, später festes Ritual bei Zusammen­treffen seiner Anhänger, dienten in diesen frühen Jahren oft auch als Mittel der Werbung.



Willem de Haan an Stefan George, 12.7.1900

Brief mit Umschlag, 12.07.1900, Darmstadt

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Willem de Haans abschließender Gruß an den niederländischen Dichter Albert Verwey, bei dem sich George gerade aufhielt und an dessen Adresse in Noordwyk der Brief adressiert ist, verweist auf die engen Verbindungen zu anderen europäischen Symbolisten, die George von 1889 an aufgebaut hatte und unterhielt. Zu denken ist etwa an die Franzosen Stéphane Mallarmé und Albert Saint-Paul, den Polen Wacław Rolicz-Lieder, den Belgier Albert Mockel oder eben den Niederländer Verwey.


Berthold Vallentin, 1910

Fotograf: Jacob Hilsdorf, Fotografie, 1910, Bingen

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Berthold Vallentin an Stefan George, 12.7.1904



Berthold Vallentin an Stefan George, 12.7.1904

Brief mit Umschlag, 12.07.1904, Berlin

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Berthold Vallentin an Stefan George, 12.7.1904

Brief mit Umschlag, 12.07.1904, Berlin

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                                         an · unseren teueren ·
                                         meister: stefan · george ·
              Ich knieete am hohen dome ·
              Ich tauchte mein herz in seine kuehle ·
              Ich hob mein herz aus seiner kuehle:
             Nun lobsingt es den preis der fruehen
                     meister 
Aber nur soviel von der seligkeit der frueheren kuenstler – stille · die laecheln kann · des Stefan Lochner / zarteste neigung · die nimmt · des meister Wilhelm / beschwoerende reine der meister · deren name und ganzer ruhm ihr werk ist – in unserer seele bewahrt ist. soviel klingt heute in ihrem preise.
Voelliger ton schwingt sich auf · geruendeter preis-klang: wo die neue seele den tieferen hauch der schwesterlichen fuehlt: wo das erwecktere leben dieser zeiten · das aber sein blut festete in den dunkel-tiefen brunnen der vor-welt · sich ergiesst: Der preis des neuen meisters · des unseren · der unter den [!] sanften woelbung den saal des schoenen tiefsinns aufschmeckte / festen · die noch ungeboren erst aus brauenden unter-welten raunende vor-klaenge ausschickten · ihre statt schenkte / und das geheimnis der weihe im ergluehten sinn-bilde aufrichtete: sein preis ist der reichen fahrt haltender aus-klang. Und noch heute traegt die erfuellte seele dieser starke klang: „MELCHIOR · LECHTER“ ueber den laermenden welten. Dass sie in ihrer heiligung Euch · dem kuender all unserer schoene · dem sie ihre sehnsucht und ihrer erfuellung reichen teil dankt · nahen kann · ist ein glueck · das sie ihrer erhebungen sicher · neuer auf-schwuenge gewaertig macht: solches gut trug der tag von bingen in seinen vollen schalen. Teuerer Meister · fuehlet in diesen kargen zeilen den reichen dank den ich Euch um diesen tag trage · und lasset Euch gefallen · dass ich wenig verse · die · eben vor jenem tage geboren · nun seinen schein ueber sich tragen · vor Euch breite · - Ich bin mit allem danke der Euere · immer ergebene: 
Bertold Vallentin.
Zu Berlin – Altonaerstrasse 3 – am 12 Juli 1904




Berthold Vallentin an Stefan George, 12.7.1904

Brief mit Umschlag, 12.07.1904, Berlin

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Berthold Vallentin (1877‒1933), Jurist und Historiker aus Leidenschaft, hatte Stefan George Ende 1902 über seinen akademischen Lehrer, den Berliner Geschichtsprofessor Kurt Breysig kennengelernt.

Er und andere Breysig-Schüler, unter ihnen auch Friedrich Wolters, der spätere Auftragsbiograph Georges, schlossen sich zunächst zum Niederschönhausener »Kreis bauender Forscher« bzw. später dem Lichterfelder Kreis um Stefan George zusammen.

Bei ihren Treffen wurde nicht nur aus Werken Georges gelesen, sondern auch Selbstverfasstes vorgetragen. Wo eigenes dichterisches Talent fehlte, erzeugte  die Nachahmung von Georges Stil als gemeinsame Übungstechnik zumindest Zusammenhalt und konnte Anerkennung bringen.



Berthold Vallentin an Stefan George, 12.7.1904

Brief mit Umschlag, 12.07.1904, Berlin

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Diese Hoffnung veranschaulicht auch der vorliegende Geburtstagsbrief, der noch ganz unter dem Eindruck des Kölner Doms steht, den Vallentin zwei Tage zuvor besucht hatte. Durch die Spiegelung zwischen dem Meister der gotischen Malerschule und den neuen Meistern George und Lechter überhöht Vallentin seine Verehrung für George ins Religiöse und folgt zugleich dessen Selbststilisierung als Dichter-Prophet.


Berthold Vallentin an Stefan George, 12.7.1904

Brief mit Umschlag, 12.07.1904, Berlin

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Der gesamte Duktus des Briefes – sein Pathos, die Dunkelheit der Formulierungen, die eingeschlossenen Verse – zeugt von Vallentins Verehrungswilligkeit. Gleiches galt für viele andere junge Männer aus dem Kreis, die mit ihren Gedichten Georges Achtung finden wollten.

Bei Vallentin, der später in Georges Blätterverlag eine mythisierende Gestaltbiographie über Napoleon publizierte, kritisierte George allerdings immer wieder die mangelnde Klarheit seiner Poeme. Doch ließ dieser es sich nicht nehmen, George jährlich eines seiner Werke zum Geburtstag zu schicken.


Friedrich Gundolf, 1911

Fotograf: Jacob Hilsdorf, Fotografie, 1911

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Stefan George Archiv

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Friedrich Gundolf an Stefan George, 11.7.1911



C. A. Klein, Friedrich Gundolf, Stefan George

Fotograf: Melchior Lechter, Fotografie, um 1900 (?), Berlin

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C. A. Klein, Friedrich Gundolf, Stefan George, Berlin, um 1900 (?)


Auf den hochtalentierten Germanistikstudenten Friedrich Gundolf (1880‒1931) wurde Stefan George im März 1899 durch Karl Wolfskehl aufmerksam gemacht. Bald wurde er zum Mitarbeiter der »Blätter für die Kunst« und für viele Jahre dann zu Georges engstem Vertrauten, zu seinem »geliebtesten Gundel«.

In der Öffentlichkeit wurde Gundolf als erster »Jünger« Georges wahrgenommen, der »seinen Meister« akademisch verkündete. Er habilitierte sich 1911 in Heidelberg für Neuere deutsche Literatur­geschichte und bewegte sich, wie auch George selbst, viel im Heidelberger Professoren­umfeld.

Engeren Kontakt hatte Gundolf in Heidelberg so etwa zum National­ökonomen Eberhard Gothein und dessen Frau Marie Luise, den Eltern des im Geburtstagsbrief 1911 als »SS« erwähnten Percy Gothein (1896‒1944).



Friedrich Gundolf an Stefan George, 11.7.1911

Brief, 11.07.1911

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Teuerster: Gestern war ich bei SS. Die Mater bittet du mögest selbst mir oder Ihnen mitteilen wann du ihn brauchen könntest. Von Anfang August ab habe er Zeit. Ich las gestern dort aus dem VII. Ring. / Unbeschreiblich schöne Stunden habe ich in Maulbronn gehabt und ich werde dir keine Ruhe lassen bis du mit mir dort warst womöglich an einem stillen sommertag um die Tagsgeisterstunde – es ist eine stätte gesammelter urdeutscher, romantischer traumsubstanz, einer Tafel im VII. Ring wert wie nur irgend ein deutsches Mal. Auch war ich in dem nahen Knittlingen, wo man das Geburtshaus des doktor Faust zeigt. Du weisst das [sic!] Hölderlin und Kerner jugendjahre in der maulbronner Klosterschule zugebracht haben. / Ernst der lange schreibt mir heute dass er Militär untauglich befunden wurde: der Blätterstern! / Hellingrath schickt mir, für Dich, beiliegende wissen- und gewissenhafte Hölderlin schrift, manchmal wohl etwas zäh und schrullig, aber im Ganzen höchst erfreulich. / Und nun Teuerster Meister, nur ein Wort zu deinem Geburtstag: dass ich alle tage weiss und fühle was dieser tag uns bedeutet und auferlegt! Mehr als dies immer neue bekenntnis zu dir und gelöbnis an dich, dich zu lieben und deiner liebe wert zu sein, Meister und Mittler, können wir dir nicht bringen. Nimm es hin mit deiner Güte und Nachsicht und fühl ein wenig von deinem eigenen sehnen und sehen erfüllt und bewährt in deinen getreuen, in der ehrfurcht und liebe deines Gundolf.




Percy Gothein

Fotograf: Jacob Hilfsdorf, Fotografie, 1910

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George hatte den 14jährigen Percy Gothein im September 1910 auf der Straße in Heidelberg angesprochen, mit Ein­verständnis der Eltern durch den Fotografen Jacob Hilsdorf dann Portraits von ihm aufnehmen lassen. Im Mai und September 1911 ist Gothein für je ein Wochenende nach Bingen eingeladen.

Gundolfs im Brief benutzte Abkürzung »SS«, Sehr Süßer, spiegelt die erotische Aufladung, die die als potentielle Zöglinge angesehenen Jugendlichen im Umfeld Georges ab dieser Zeit erfuhren. Unabhängig von der Frage nach potentiellen sexuellen Handlungen ist das Machtgefälle dieser erotisierten Beziehungen zu problematisieren.


Maximin. Ein Gedenkbuch.

George, Stefan [Hrsg.], Lechter, Melchior [Ill.], Kronberger, Maximilian [GefeierteR], 1907, Berlin

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Universitätsbibliothek Heidelberg

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Frontispiz des Maximin-Gedenkbuchs. Es zeigt einen Ausschnitt eines von George persönlich aufgenommenen Rückenakts Maximilian Kronbergers von 1903.

Auch Georges Gedichtband »Der Siebente Ring«, aus dem Gundolf beim Besuch Gotheins las, ist in dieser Hinsicht sprechend: Er enthält in seinem Zentrum einen Gedichtzyklus, »Maximin«, der bereits kurz zuvor in einem vom Kreis um George mitgestalteten Privatdruck erschienen war.

»Maximin. Ein Gedenkbuch« war der Erinnerung an den Münchner Schüler Maximilian Kronberger (1888–1904) gewidmet. George hatte Kronberger mit vierzehn Jahren kennengelernt und war von dessen Attraktivität und dichterischem Potential fasziniert. Vor dem Hintergrund von Kronbergers frühem Tod stilisierte George die Begegnung mit ihm im »Maximin«-Zyklus zum privatreligiösen, sinnstiftenden Gotteserlebnis.





Friedrich Gundolf an Stefan George, 11.7.1911

Brief, 11.07.1911

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Ebenfalls auf den Kontext des »Siebenten Rings« spielt Gundolf mit dem Hinweis auf Maulbronn an. In dem Band hatte George Orten wie Kolmar, Worms, Aachen, München oder den »Gräbern in Speier« Gedichte gewidmet, die einen mythisch nationalkulturell aufgeladenen Raum deutscher Geschichte beschworen. Solche Bedeutung, legt Gundolf nahe, habe auch das ehemalige Zister­zienserkloster Maulbronn, dessen evangelische Klosterschule u. a. die Dichter Friedrich Hölderlin und Justinus Kerner besucht hatten.


Friedrich Gundolf an Stefan George, 11.7.1911

Brief, 11.07.1911

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Hölderlin, dessen Hymne »Wie wenn am Feiertage…« durch das Verdienst Norbert von Hellingraths in der zweiten Auflage von Georges Anthologie »Deutsche Dichtung III: Das Jahrhundert Goethes« 1910 erstveröffentlicht wurde, erhielt im Kreis um George die Aura des »grossen Seher[s] für sein volk«.

In diesem Kontext ist die Nach­richt Gundolfs zu sehen, dass Hellingraths Dissertation »Pindar­übertragungen von Hölderlin« erschienen sei: »manchmal wohl etwas zäh und schrullig, aber im Ganzen höchst erfreulich.«

Im letzten Absatz feiert Gundolf dann Georges Geburtstag und kultiviert diesen zum großen Sinnereignis.



Wilhelm Walther an Stefan George, zum 12.7.1911

Widmungsblatt mit montierter Fotografie, 12.07.1911

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Wilhelm Walther an Stefan George, zum 12.7.1911

Wilhelm Walther (1889‒1940) zählt zu den vielen Begeisterten, von denen George mit zunehmender Bekanntheit Zuschriften erhielt. Dennoch ist sein Fall ungewöhnlich.

Künstlerisch vielseitig begabt (er zeichnete, schrieb Romane und Lyrik und vertonte u.a. George-Gedichte), studierte Walther erst evangelische, dann katholische Theologie. Während seiner Münchner Studienzeit suchte er die Nähe zu Karl Wolfskehl, den er möglicherweise bereits aus Darmstadt kannte. Am 15. April 1909 dann war es, vermittelt über Friedrich Gundolf, sogar zu einem persönlichen Treffen zwischen Walther und George gekommen. Es blieb jedoch bei dieser einen Begegnung. 



Aus den Jahren zwischen 1910 und 1924 sind insgesamt 16 Briefe Walthers überliefert. Auf keines der Schreiben antwortete George. Bereits 1910 hatte Walther um eine Widmung in Georges »Jahr der Seele« gebeten. Als er das eingesandte Buch nicht zurückerhielt, forderte er es drei Monate später unter Androhung rechtlicher Konse­quen­zen ein. Ende Juli 1910 folgte ein Schmähgedicht auf George mit den Versen

Wach auf, blutloser, trunkner Seher,
Den höchste Liebe nie gespeist.

Damit hätte die Geschichte zu Ende sein können. Doch schon im April 1911 wiederholte sich das Geschehen in beinahe gleichem Ablauf. Für Gundolf war Walther bald der »verückt gewordne Theologiekandidat«. 

Immerzu auf nervöser Gottsuche, litt Walther zeitlebens unter psychischer Instabilität. Wie sehr ihm George als Projektionsfläche bei seiner emotionalen Haltsuche diente, verdeutlichen die aus Georges Gedichtband »Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte...« zitierten Verse, mit denen er sein vom Marburger Fotografen Willy Maas aufgenommenes Porträt versah.





Wilhelm Walther an Stefan George, zum 12.7.1911

Widmungsblatt mit montierter Fotografie, 12.07.1911

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Wilhelm Walther –
­
Für Stefan George zum 12. Juli 1911

"So ich traurig bin
Weiss ich nur ein ding: 
Ich denke mich bei dir
Und singe dir ein lied.

Fast vernehm ich dann
Deiner stimme klang
Ferne singt sie noch
Und minder wird mein gram."
Walther, der zwischen 1920 und 1924 nochmals eine Kontaktaufnahme zu George versuchte, endete tragisch: Nach einem Psychiatrie-Aufenthalt verlässt er das nationalsozialistische Deutschland zunächst in die Schweiz, wird bei einer Wiedereinreise aber gefasst und ins Konzentrationslager Dachau, 1939 dann weiter ins KZ Mauthausen verschleppt. Dort kommt er 1940 um.


Karl Bauer

Fotografie

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Karl Bauer an Stefan George, 11.7.1918



Karl Bauer an Stefan George, 11.7.1918

Brief mit Umschlag, 11.07.1918, München

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George lernte den gleichaltrigen, an der Kunstakademie in Stuttgart ausgebildeten Maler und Zeichner Karl Bauer (1868‒1942) bereits 1891 in München kennen. Bauer, der ab Mitte der 1890er Jahre begonnen hatte, sich auf Porträtlithographien berühmter Persönlichkeiten zu spezialisieren, war von Georges Physiognomie fasziniert.

Bis 1903 schuf Bauer rund 30 Porträts von George, denen meist ein herrscherlicher Gestus eignet. Auch andere Schriftsteller wie Goethe, Schiller, Hauptmann oder Wedekind malte oder zeichnete Bauer in heroisierendem Stil. Im nationalsozialistischen Deutschland wurde er später für seine Darstellungen von Hitler und Goebbels ausgezeichnet.


Karl Bauer an Stefan George, 11.7.1918

Brief mit Umschlag, 11.07.1918, München

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Zu dem bevorstehenden Tage in herzlichem Gedenken und in dankbarer Erinnerung an freundschaftliche Stunden der Jugend verehrungsvollst grüssend
                        Karl Bauer.
München Juli 1918.


Karl Bauer an Stefan George, 11.7.1918

Brief mit Umschlag, 11.07.1918, München

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Nach 1900 stand Bauer nur mehr sporadisch in Kontakt mit George. Ihm erging es hier wie fast allen Künstlerfreunden aus Georges Anfangsjahren, von denen er sich nach der Jahrhundertwende entfremdete.

Mit der zum 50. Geburtstag verschickten Dantezeichnung, deren Mund- und Kinnpartie frappierend an Georges Profil erinnert, schlägt Bauer einen Bogen zurück zu den Jahren um 1900. George hatte damals an seinen Umdichtungen aus der »Divina Comedia« gearbeitet. 1909 erschien »Stellen aus der Goettlichen Komoedie«, 1912 dann »Dante: Göttliche Komödie«.

Dante präfigurierte für ihn idealtypisch die Gestalt des die eigene Zeit kritisierenden, mit großer Strahlkraft ausgestatteten, über Jahrhunderte hinweg wirkmächtigen Dichter-Propheten. So stark war die Faszination, dass George im Fasching 1904 in der Kostümierung des Dante auftrat. Auf diese Selbstinszenierung als Dichter-Seher spielt die Dante-Zeichnung positiv an.



Adalbert Cohrs

Fotografie, Berlin

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Adalbert Cohrs an Stefan George, 9.7.1918



Bernhard Graf von Uxkull-Gyllenband

Fotografie, ca. 1916/17, Berlin

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Bernhard Graf von Uxkull-Gyllenband, ca. 1917


Adalbert Cohrs (1897‒1918) war durch seine Mitschüler Bernhard Graf von Uxkull-Gyllenband (1899‒1918) und dessen Bruder Woldemar (1898‒1939) am Internat Ilfeld im Harz ins Umfeld Georges gekommen. Die beiden Brüder Uxkull waren George bereits 1907 noch als Kinder durch ihren Privaterzieher Ernst Morwitz vorgestellt worden.

Ein erster Brief Bernhard Uxkulls an George existiert aus dem Jahr 1912, am 22.10.1914 schickt der Schüler George dann ein »Sonnett an A.C.« auf seinen Freund Cohrs. Cohrs macht 1915 Abitur und meldet sich sofort freiwillig für den Kriegsdienst. Ab Oktober 1916 ist er vor Verdun, an der Somme, schließlich wieder vor Verdun in schwersten Frontkämpfen eingesetzt. Im November 1917 erleidet er einen Nervenzusammenbruch. Danach zurück im Einsatz quält ihn das Kriegsgrauen weiter.

Im April 1918 treffen Cohrs und Bernhard Uxkull, der 1917 nach dem Abitur eine Laufbahn als Berufsoffizier angetreten hatte und dann auch im Kriegsdienst war, im Lazarett Schierke im Harz zusammen.

Bereits im Februar 1917, noch vor seinem Zusammenbruch, hatte Cohrs George gegenüber am 26.2.1917 brieflich bekannt, er denke an

eine Flucht aus diesem Staat in die Schweiz oder sonst ein freies Land[, um seine] menschlichen Kräfte ungebrochen und ganz vollkommen dem Leben zu erhalten und zu retten.

George hatte am wohl 2.3.1917 geantwortet, seine Zeilen enthielten

etwas fast ordnungsloses und einen getrübten blick. Ein entrinnen giebt es jezt nicht - für keinen · am wenigsten eins auf das Du anspielst. Es giebt keine 'stillen inseln' mehr und selbst wenn man hinflüchten könnte so ist keine bürgschaft ob das lange so bleibt. Allmählich wird alles in das gewirr hineingerissen und es muss so sein. Ich weiss das genau.

Den Zwang seiner Durch­halteparole, die für die schier unerträglichen Erfahrungen des Grabenkriegs blind ist, steigert George später noch mit dem von Cohrs zitierten Spruchgedicht, das das gefährliche Leben heroi­siert. Beides wirkt nur für den Moment. Im Mai 1918 erbaten Cohrs und Uxkull Georges Besuch im Lazarett, der dann auch stattfand. Der Brief vom 9. Juli 1918 schaut darauf zurück und ist zugleich das letzte Schreiben Cohrs’ an George.





Adalbert Cohrs an Stefan George, 9.7.1918

Brief mit Umschlag, 09.07.1918

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Schierke · 9. juli 1918
Geliebter Meister: diese zeilen sollen dich meines steten herzlichen gedenkens versichern und dir zu deinem 50. geburtstag meine innigsten wünsche bringen. Nach deinem besuch hier hab ich kaum wieder von dir gehört und war um so froher · als Gundolf mir gestern sagte · du schienest recht munter zu sein. Ich habe es nach Bernhards weggang nicht leicht gehabt · die depressionen waren sehr stark und die haltung zu bewahren sehr schwer. Bernhard ist gleich für frontdienstfähig befunden und es ist möglich dass er noch ende dieses monats hinausgeht. Er hat zurzeit ungeheuer viel dienst und kommt deshalb zu nichts anderem · nicht einmal zum briefeschreiben · was aber weiter kein schlechtes zeichen ist · denn es geht ihm bei dem allen innerlich ganz unverändert und seine haltung ist bewundernswert und zeigt ganz den wundervollen Bernhard. So geht er auch ganz ruhig und sicher dem bevorstehenden entgegen und ich bin ebenfalls ruhig und unbesorgt um ihn und glaube fest daran · dass er uns ganz erhalten bleibt · denn er ist ein glückskind.
Da ich auch in den nächsten tagen (etwa 15.) Schierke verlassen werde und in Minden nicht lange · vielleicht nur kaum zwei wochen · station zu machen gedenke · um auch an die front wieder zu gehen · habe ich Bernhard noch einmal besucht (heute abend bin ich grade zurückgekehrt) und von ihm dies feste vertrauen und neue kraft mitgenommen. Ich konnte ihn nur ganz kurz wegen des vielen dienstes sehen · doch ist der zweck meiner reise voll und ganz erfüllt und wir können nun beide · im vertrauen auf das schicksal · der kommenden schlimmen zeit entgegen gehn. – Mir ist jezt erst ganz die bedeutung der verse aufgegangen · die du mir bald nach unseren tagen in München nach Minden sandtest · die mich damals aufs unheimlichste berührten · doch schenkte ich ihnen nicht sofort glauben:
du hast des lebens götter-teil genossen
von glück und traum und schauern wunderbar
du darfst nicht murren · ward dir nun beschlossen
des wahren lebens andrer teil: gefahr.
Ich verstehe sie jezt ganz und muss mich für die nächste zeit ganz dem schicksal übergeben .. wollte ich hier mich heute einer gefahr zu entziehen suchen so würde sie mir morgen von dort nur um so schlimmer drohen .. doch nehme ich getrost diesen für mich in der künftigen epoche unvermeidlichen kampf auf und lebe weiter im festen vertrauen auf das schicksal · dass es mir · wenn ich ihn bestanden · weit höheres zugedacht. – Ewig dankbar bin ich für alles bisherige · bis zu den lezten grossen tagen in diesen bergen. – Ich musste · geliebter Meister · dir dies alles sagen · damit du siehst · wie ganz anders ich jezt sehe und denke als bei unserem lezten zusammensein.
Mit Gundolf hatte ich einen sehr reichen und glücklichen abend in Berlin · und ich bin froh ihn noch einmal gesehen und sogesehen zu haben.
Mit Woldemar war ich hier noch einige tage zusammen · er war sehr viel anders als vor seiner frontzeit · viel dünner · fast verständnislos zuweilen · auch zuweilen sich selbst aufgebend in einer art verzweiflung und hoffnungslosigkeit · ein ander mal bewundernd · doch nie voll glut · und ich sehe ihm traurig nach. doch hab ich noch an ihn gewandt was ich vermochte.
Meine adresse in Minden i.W. ist · solange ich noch dort bin · wieder die selbe: Stiftstr 56p.

Immer in herzlicher liebe
Dein Adalbert.



Adalbert Cohrs

Fotografie, Berlin

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Vor einem erneuten Fronteinsatz versuchten Cohrs und Uxkull Ende Juli 1918 über die Grenze in die neutralen Niederlande zu fliehen, wurden denunziert und gefasst.

Während des Verhörs erschoss sich Bernhard Uxkull. Adalbert Cohrs brachte sich unmittelbar danach einen Kopfschuss bei. Am folgenden Tag starb er an dessen Folgen.


Ernst Morwitz

Abzug aus dem Besitz von Stefan George, Fotografie

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Ernst Morwitz an Stefan George, 11.7.1918



Ernst Morwitz

Abzug aus dem Besitz von Stefan George, Fotografie

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Ernst Morwitz (1887‒1971), späterer Berliner Kammergerichtsrat, hatte bereits 1905 als Gymnasiast den Kontakt zu George gesucht: Er schickte ihm Gedichte von sich. Aus der Verehrung des Schülers wurde bald eine enge, über viele Jahre andauernde emotionale und wohl auch sexuelle Beziehung. Für George war Morwitz lange der »Nächste Liebste«.


Ernst Morwitz an Stefan George, 11.7.1918

Brief ohne Umschlag, 11.07.1918

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Diese Nähe spiegelt sich in Morwitz’ Geburtstagsbrief aus dem Jahr 1918. Etwa im Verweis auf die ständige Präsenz Georges in seinem Leben, auch in Phasen ohne äußere Verbindung, formal im Duzen Georges und in der Übernahme des von George während seiner gesamten Schaffens­zeit häufig verwendeten Begriffs »Schar«.

Die sich einstellende Assoziation von George inmitten von Jüngern entspricht Georges Selbst­stilisierung, ist zugleich von Morwitz aber wohl gewollt: Er entwirft George als heilsam wirkende Gestalt, deren Lehre über den Kreis seiner unmittelbaren Anhänger hinaus ein gesamt­gesell­schaftliches Er­neuerungs­potential inne­wohne.



11. Juli 1918
Lieber: Ich habe nun seit 2 Monaten nichts von Dir gehört, dennoch hat mich der Contakt, der heimlich besteht, in vielen Schwankungen bewahrt. Für den morgenden Tag will ich versichern, wie fest ich an den Erfolg Deiner Taten für das ganze Volk glaube. Die Schar, die heute bei Dir ist, kann nur ein Anfang sein – jedes weitere Jahr, das Du erleben darfst, wird neue Früchte im menschlichen bringen. Lassen wir uns durch die äusseren Ereignisse nicht beirren, selbst wenn wir selbst durch sie dem Untergang nahe kommen, hier erfüllt sich Platons Satz, den Du mir einmal zeigtest: nämlich dass wichtige Ereignisse in der Kunst nie ohne wichtige politische Ereignisse vor sich gehen. Dieser Krieg hat nur Sinn, wenn er solange dauert dass auch im inneren der Völker das morsche vernichtet, die Klassen verwechselt werden und die Kraft des einzelnen über die maschinelle Organisation triumphiert. Das wird immer klarer. Dich wird man brauchen in Deutschland – Geliebter! Dir wünsch ich für das neue schwere Jahr die rechte Kraft.
Dein Ernst.




Ernst Morwitz an Stefan George, 11.7.1918

Brief ohne Umschlag, 11.07.1918

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Tatsächlich konturierte George zunehmend und insbesondere seit Aus­bruch des Ersten Weltkriegs die gesell­schaftspolitische Relevanz seines Werks. So hatte George dem Romanisten Ernst Robert Curtius gegenüber schon 1911 unter Berufung auf eben jenes Platon-Zitat »die musischen Ordnungen ändern sich nur mit den staatlichen« die revolutionär-politische Dimension seines zweiten Gedicht­bandes »Algabal« (1891) entworfen.

Die Radikalität dieser Vorstellung zeigt sich in Morwitz’ Schlusshoffnung, dass die Fortsetzung der Verwüstungen des Krieges am Ende alles Falsche auslösche, sich darin der Sinn des Weltenbrands zeige und George den Aufbau Deutschlands mit seinen Gedichten als »Taten für das ganze Volk« gestalten könne.



Unbekannt: Glaubensbekenntnis zu Stefan Georges 50. Geburtstag, 12.7.1918

12.07.1918 / 16.07.1918, Heidelberg

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Unbekannte junge Mutter, 12.7.1918



Unbekannt: Glaubensbekenntnis zu Stefan Georges 50. Geburtstag, 12.7.1918

12.07.1918 / 16.07.1918, Heidelberg

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12. Juli 1918
Mein Glaubens-Bekenntnis zu Stefan George’s 50. Geburtstag.
In mir, die ich sonst lebhaftem Empfinden nachgebend meiner Verehrung u. Dankbarkeit gerne irgendwie Ausdruck verleihe, stieg bezeichnenderweise noch nie der Wunsch auf, den Versuch gerade diesem Einen gegenüber zu wagen, dessen geistige Gaben ich doch seit einigen Monaten in einer aussergewöhnlichen Ergriffenheit und mit wahrhaft frommer Scheu geniesse. Ich denke, dass Jenem, der so reine Töne ins weite All entsendet, auch das „Ohr“ gegeben, jedes, auch das bescheidenste Echo zu vernehmen, welches sie da u. dort in noch so unbekanntem u. unauffälligen Seelengelände erwecken! Ich sage mir, dass George keiner von denen, die sich durch herkömmliche Huldigungen erreichen lassen. Gratulationen, Blumensendungen ‒ ‒, wie nichtig erscheint einem dies alles diesem Meister gegenüber; wennschon in den meisten Fällen es ehrliche Gemüter sein werden, die darnach ringen, durch diese Zeichen ihre warmen u. bewegten Gefühle zu bekunden. Ich für mein Teil möchte dieselben hier, fern von dem Jubilar, zusammenfassen in ein erst nach u. nach u. nicht ohne innerliche Kämpfe reif gewordenes Geständnis. Die durch alle Zeitungen gehende Nachricht vom 50. Geburtstag George’s erzeugte in mir zunächst keine andern Gedanken als stille innige Wünsche für des herrlichen Dichters weiteres Sein und Wirken. Nun ist mir aber heute, als müsste ich durch eine Art Bekenntnis, das ich der augenblicklichen Stimmung folgend, niederschreibe diesen 12. Juli besonders feierlich begehen. (Ich würde es einem Tagebuch anvertrauen, wenn ich eins führte; jedoch all meine Versuche zu einem solchen sind jedesmal kläglich gescheitert; es erschien mir stets zu kindisch zu backfischhaft, zu abstrakt; dann riss ich es unmutig in Fetzen. All mein Fühlen u. Denken strömt, sich in Briefen aus: der Begriff eines existierenden Empfängers leitet unwillkürlich alles in ein Geleise u. gibt die Richtung.) Dies Bekenntnis, das ich – ohne Überhebung – doch als eine nicht alltägliche Geburtstags-Gabe betrachte, die ich darzubringen mich getraue, lautet: Ich glaube an Stefan George den Dichter, und im Dichter u. seinem Werk an den Menschen und im Menschen an das Göttliche, das in den schwersten Zeiten sich uns bedrückten u. verwirrten Sterblichen in unsterblichen Formen u. Klängen offenbart.
Ich bin weder aus Neugier noch aus Mode-Rücksicht, noch aus Opposition, noch irgendwelcher kritiklosen Nachbeterei dazugelangt, diesen Glauben zu erleben. Es war wohl eine wunderbare Fügung, deren Sinn zu erfassen ich im Lauf dieses Jahres fähig geworden. [...] Dass diesem Glauben gelegentlich Gefahren drohten u. noch drohen, wird mich in ihm nicht irre machen, sondern erst recht befestigen. Und zwar Gefahren in Gestalt von einfältig abschätzigen Redensarten [...]. Dem meist gehörten Vorwurf „unverständlich und dunkel“ wusste ich nur dies zu entgegnen: „Es ist mir bei solchen angeblich schwer erklärbaren Gedichten zu Mute wie bei einem Gang über Morgenwiesen, auf denen zarte Nebel lagern. Ich ahne u. spüre die Sonne, die darüber leuchtet u. sie bald aufgesogen haben wird!“ […]
Die oben angedeuteten Bildungs-Erlebnisse vollzogen sich in so stetiger Folge, dass sie sich mir, als sollte der 12. Juli ungefähr einen Ruhe- und Höhepunkt bedeuten, ganz zwanglos in die begeisterten Worte zusammendrängen:
                                   Jetzt glaube ich an Ihn!

Mehr kann ich dem unbekannten u. meiner Seele doch so vertrauten Dichter nicht zu seinem Festtag weihen als diese schlichte Versicherung, die aber heissen Dank und ein demütiges Gelübde einschliesst! [...] Würde ich dem Meister eines Tages persönlich begegnen, dann brächte ich wahrscheinlich nichts weiter über die Lippen, als den Jubelruf: „Schon weil du bist sei dir in dank genaht.“ Weiter wollt‘ ich ihn gar nicht behelligen. −



Unbekannt: Glaubensbekenntnis zu Stefan Georges 50. Geburtstag, 12.7.1918

12.07.1918 / 16.07.1918, Heidelberg

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Das »Glaubens-Bekenntnis« einer jungen Mutter aus Heidelberg ist wohl eines der ausgefallensten Stücke in der Ausstellung. Es richtet sich nicht direkt an George, sondern adressiert einen nicht weiter benannten »Professor« aus Georges Umfeld (anzunehmen ist, dass es sich um Friedrich Gundolf handelte, der seit 1917 als außerordentlicher Professor in Heidelberg lehrte). Statt einer Unterschrift ist am Ende des fünfseitigen Schreibens (von dem zuvor nur der Teil an George transkribiert ist) ein Kleeblatt eingeklebt. Der gesamte Text ist getragen von flirrender Begeisterung wie zugleich auch einem kritischen Gestus gegenüber den zahlreichen Zeitungsartikeln zu Georges 50. Geburtstag, die der Schreiberin deutlich zu wenig positiv scheinen.

Zumindest ein Zeitungsartikel allerdings, auf den die Schreiberin freilich nicht eingeht, lässt den Kontext für die übergroße Verehrung auch dieser jungen Frau aufscheinen. So beendet der Germanistikprofessor Oskar Walzel am 11. Juli 1918 im »Fränkischen Kurier« seine Würdigung zum 50. Geburtstag mit dem Absatz:

In Franz Werfel, in Albert Ehrenstein, in Johannes R. Becher herrscht ein grundverschiedenes Lebensgefühl. Allein George zählt zu den wenigen Fünfzigern unserer Tage, die nicht völlig wie Fremdlinge in der Welt jüngsten Dichtens stehen. Er ist weiter geschritten im Sinne der unmittelbaren Gegenwart.

Als »mahnender Redner« habe George nicht zuletzt in seinem Gedicht »Der Krieg«, das als Flugschrift im Juli 1917 in großer Auflage gedruckt wurde und bereits im November 1917 in die zweite Auflage ging, der »Forderung einer echteren und höheren deutschen Kultur« Ausdruck gegeben.

Das Glaubensbekenntnis der jungen Frau illustriert, wie sehr der ›George-Hype‹ der Zeit längst kein auf einen abgezirkelten Kreis von Bewunderern beschränktes Phänomen mehr war.





Walter Elze

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Walter Elze an Stefan George, 10.7.1926

Der preußische Leutnant Walter Elze (1891‒1979) war gegen Ende des Ersten Weltkriegs mit dem knapp vor Kriegsbeginn habilitierten Historiker Friedrich Wolters (1876‒1930) in Berührung gekommen. Nach seinem Abschied vom Militär 1919 studierte Elze Geschichte und schloss 1924 mit einer militärhistorischen Promotion (»Der Streit um Tauroggen«) beim frisch nach Kiel berufenen Wolters ab. 1926 versuchte Elze sich dann mit einer Schrift über »Tannenberg. Das deutsche Heer von 1914« in Dresden zu habilitieren.

Seine historiographische Methode war dabei - wie diejenige seines Lehrers Friedrich Wolters, dessen Lehrer Kurt Breysig (1866‒1940) und weiterer Wissenschaftler aus dem Umfeld Georges - geprägt von der gegen den Historismus gewendeten Überzeugung, dass eine lebensphilosophisch-heroische Wissenschaftserneuerung notwendig sei. Ausgehend von dem Glauben an die geschichtswendende Kraft vermeintlich genialischer Einzelner sollte wissenschaftliche Erkenntnis nationalmythisches und antikritisch ›bauendes Forschen‹ sein.

Elzes Geburtstagsschreiben belegt die inneruniversitären Kämpfe gegen dies Wissenschafts­verständnis und den Einfluss von George geprägter Wissenschaftler. Um einer Ablehnung seines Habilitationsgesuchs aus dem Weg zu gehen, zog Elze seinen Dresdner Antrag zurück. 1928 gelang die Habilitation schließlich in Berlin. 1932 wurde Elze zum Direktor der Kriegsgeschichtlichen Abteilung im Historischen Seminar der Universität Berlin. Im November 1933 ‒ am 1. Mai war er in die NSDAP eingetreten ‒ wurde er dann zum Professor ernannt.





Walter Elze an George, 10.7.1926

Brief mit Beilagen, Umschlag, 10.07.1926

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Meister: Zum zwölften juli bringe ich meine ehrfürchtigen grüsse und wünsche dar. Wo.[Wolters] bestätigte meine hoffnung neu · d.M. [den Meister] im herbst wieder sehen zu dürfen.
Bei solcher aussicht tritt jede bitte früheren besuches zurück. Wo. schrieb mir auch· dass d.M. meiner in güte gedacht hätte. Ich habe einige gedichte ausgewählt · um sie d.M. heut vorzulegen. - Vielleicht wird den beiden bildern des Si. [Siegfried] ein blick gegönnt. Ich warte seine rückkehr aus Bonn ab· um zu sehen wie er sich dort hielt. Seine nachrichten sind gut. Ich weiss · dass er zu Wo. gehen möchte. Ehe ich ihm rate · will ich dies d.M. vortragen · weil ich nicht weiss · ob Si's winteraufenthalt in K.[Kiel] genehm wäre. Ich möchte es bei seiner artung verhüten · dass von vornherein die meisterliche entscheidung ihn ganz abseits hielte · wenn d.M. etwa in K. wäre. Im oktober braucht Si. noch nicht dort zu sein · da er bei beginn der vorlesungen rechtzeitig einträfe. Wo. war bereit· ihn einmal als schüler zu haben. Danach mag er dann anderwärts seine lehre fortsetzen. Ich hoffe mit dieser anfrage recht zu tun · will den Si. nicht zu weich schützen· aber doch vorsichtig mit ihm sein und vor allem eine d.M. nicht genehme anwesenheit des knaben in K. vermeiden.
Nach dem bisherigen gang meiner dinge in Dresden durfte ich günstiges berichten. Meine arbeit war vom dortigen historiker angenommen und alle einzelheiten waren in den üblichen formen so verabredet · dass die habilitation gesichert erschien. Vor einigen tagen sagte mir derselbe mann mit grosser verlegenheit· dass plötzlich wiederstände [sic!] aufgetreten seien: Denken Sie ja nicht· dass wir hier nicht bescheid wüssten. Einige sehr kluge herren haben gegen Ihre herkunft von Wolters grösste bedenken. Wir halten diese ganze richtung für eine vorübergehende erscheinung und es wäre doch sehr unangenehm· wenn einer der privatdocenten etwas täte · was wir nicht billigen könnten. Dieser grund wurde durch einige aussetzungen an meiner doctorarbeit (nicht der neuen) und durch den hinweis verschleiert · dass ich noch nichts veröffentlicht hätte. Dabei wurde zugegeben· dass in meiner arbeit nichts zu finden sei von dem verfehmten unwissenschaftlichen geist und den allzuhohen worten.
Ich war zufällig so rechtzeitig in Dresden · dass ich mein gesuch noch zurückziehen konnte. Ich will d.M. nicht mit einzelheiten noch mehr dörren · wollte nur mitteilen · dass hier wohl erstmals der Kreis unmittelbar als grund für eine ablehnung · eine verletzung aller formen und des anstandes angeführt wurde.
Ich stehe nun vor einer neuen lage · will meine arbeiten fortführen und dann entscheiden · was zu tun ist. Wäre ich nicht nach D.[Dresden] gekommen · dann wäre eine amtliche ablehnung erfolgt · die mir bei jedem anderen versuch grosse schwierigkeiten bereitet hätte. Ich will vorerst rein sachliche kriegsgeschichtliche dinge bearbeiten· um mehr vorrat gegen dreiste bürger zu haben.
Seit dem frühjahr sehe ich mich auf den spielplätzen um und finde bei gemeinsamem lauf · wurf und sprung eine leichtigkeit und schlichtheit des umgangs · die diesen menschen sonst fehlt. Vielleicht darf ich im herbst d.M. einiges davon erzählen und zeigen.
D.M. wolle mir huld und güte bewahren und meine gedenkenden wünsche für ihn heut gnädig aufnehmen:
H[Halle]: Wettinerstr: 6.                                                         W.E.
10. Juli 1926



Siegfried Lütgert

Fotografie

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Kurzbeschreibung
rekonstruierte Beilage zu Walter Elze an George, 10.7.1926
StGA-Foto-0975-76.png


Beim im Brief erwähnten »Si.«, den Elze George bei dessen nächstem Besuch an der Ostsee gerne vorstellen will, handelte es sich um Siegfried Lütgert (1904‒1943). Er studierte ab 1926 in Kiel. Briefe von ihm an Elze haben sich aus den Jahren 1923‒1943 (StaBi, Berlin) sowie an Friedrich Wolters aus den Jahren 1924‒1926 (StGA) erhalten. Ob ein Treffen mit George stattfand, ist noch unerschlossen.

Die dem Brief beigelegten Fotos von Lütgert sowie der Hinweis auf die Beobachtung von Sportplätzen belegen die heikle Vorstellung um George, dass sich geistige und familiäre Anlagen vor allem in körperlicher Attraktivität bewiesen. So konnte sich die Suche nach geeigneten Kandidaten für den ›Kreis‹ zunächst auf rein körperliche Kriterien richten. Die Gefahr der Reduktion zum bloßen Objekt im Blick des Betrachters zeigt sich auch in Elzes abschätziger Formulierung: »diesen menschen«.



Reichspräsident Paul von Hindenburg an Stephan George, 11.7.1928

Brief, 11.07.1928, Berlin

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Reichspräsident Paul von Hindenburg an Stephan George, 11.7.1928

Berlin, den 11. Juli 1928
Sehr geehrter Herr Stephan George!
Zu Ihrem morgigen 60. Geburtstage spreche ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche aus. Mögen Ihnen noch lange Jahre dichterischen Schaffens und persönlichen Wohlergehens beschieden sein.
Mit freundlichen Grüssen!
von Hindenburg.


Reichspräsident Paul von Hindenburg an Stephan George, 11.7.1928

Brief, 11.07.1928, Berlin

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Paul von Hindenburg (1847‒1934) hatte George 1917 in seinem Langgedicht »Der Krieg« im positiven Sinne als »schmucklosen Greis« bezeichnet, der das »reich« gerettet habe. George schrieb damit die von Hindenburg selbst mitbetriebene Mythologisierung seiner Person als vermeintlicher »Retter von Tannenberg« in einer Schlacht des Ersten Weltkriegs fort.

Seit 1919 als Militär im Ruhestand, wurde Hindenburg im April 1925 als Nachfolger Friedrich Eberts 81-jährig zum zweiten Reichspräsidenten der ersten deutschen Republik gewählt. In dieser Funktion als Staatsoberhaupt gratulierte er George.

Während die ebenfalls 1928 eingegangenen Glückwunschschreiben anderer hoher politischer und kultureller Repräsentanten unbeantwortet blieben, reagierte George auf den Brief des Reichspräsidenten schon am 15.7. mit einem Dankschreiben. Darin lobt er Hindenburg als »einzige sinnbildliche gestalt«, die aus »den ungeheuren welt-wirren« der Zeit hervorrage.



Preußische Akademie der Künste an Stephan George, 12.7.1928

Telegramm, 12.07.1928, Berlin

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Preußische Akademie der Künste an Stephan George, 12.7.1928

die preussische akademie der kuenste sektion fuer dichtkunst entbietet stephan george an seinem 60. geburtstage aus tiefer verehrung dank und wunsch fuer sein groszes werk und leben.


Preußische Akademie der Künste an Stephan George, 12.7.1928

Telegramm, 12.07.1928, Berlin

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StGA-George III,10051.png


Die Preußische Akademie der Künste zu Berlin hatte die Gründung einer Sektion für Dichtkunst bereits 1904, dann noch einmal 1919 verhandelt. Als Gründungsmitglieder wurden Gerhart Hauptmann, Richard Dehmel, Ludwig Fulda, Arno Holz, George und Hermann Sudermann in Betracht gezogen.

Eingerichtet werden konnte die Sektion für Dichtkunst mit ministerialer Genehmigung schließlich erst im Jahr 1926 unter dem Akademie-Präsidium Max Liebermanns (1847‒1935). Als Gründungsmitglieder schlug Liebermann zunächst Hauptmann, Holz, Thomas Mann, Fulda und George vor. Nach einigen Absagen wurden Fulda, Holz, Mann und Hermann Stehr ernannt.

Die durch eigenständige Zuwahl dann erweiterte Sektion machte Wilhelm von Scholz (1874‒1969) zu ihrem Sektionsvorsitzenden, der dies bis zum Verzicht auf eine erneute Kandidatur im September 1928 blieb. Hintergründe zum Zustandekommen des Glückwunschtelegramms an George haben sich nicht erhalten.



Kultusminister Carl Heinrich Becker an Stefan George, 12.7.1928

Telegramm, 12.07.1928, Berlin

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Kultusminister Carl Heinrich Becker an Stefan George, 12.7.1928

Dem schöpferischen Sprachgestalter und Dichter, dem Meister und Führer einer werdenden geistigen Jugend, dem Mahner zu neuem Menschentum in Strenge und Zucht Gruss, Glückwunsch und Dank!
Kultusminister Dr. Becker


Kultusminister Carl Heinrich Becker an Stefan George, 12.7.1928

Telegramm, 12.07.1928, Berlin

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StGA-George.III,00601.png


Während die Schreiben des Staatspräsidenten Hindenburg und der Preußischen Akademie der Künste als Vornamen Georges offiziellen Tauf- und Passnamen »Stephan« wählen, schreibt der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Carl Heinrich Becker (1876‒1933) George unter Verwendung der als Autorennamen gewählten Schreibung »Stefan« an.

Für den akademisch profilierten Orientalisten Becker war George nationalpädagogisches Vorbild. Aus seinem Werk leitete er einen kulturpolitisch produktiven Impuls zum Umbau der Bildungsanstalten ab, wie auch im Glückwunschtelegramm anklingt. So hatte sich Becker mehrmals unmittelbar um die Berufung von Georgeanern auf Lehrstühle eingesetzt, so etwa für die Berufung Kurt Breysigs nach Berlin oder Friedrich Wolters' nach Kiel.



Edith Landmann

Fotograf: E. Förster, Wien, Fotografie, 1927, Wien

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Edith Landmann an Stefan George, 12.7.1928



Edith Landmann an Stefan George, 12.7.1928

Brief, 12.07.1928

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Von den wenigen Frauen, die Zugang zu George fanden (neben Anna George sind etwa früh Ida Coblenz, dann Sabine Lepsius und Hanna Wolfskehl, später Erika Wolters oder dann Clotilde Schlayer zu nennen), war die Philosophin Edith Landmann (1877‒1951) sicherlich diejenige, die George am glühendsten verehrte und sich mit der Gedankenwelt seiner Gedichte bis zur Anverwandlung auseinandersetzte.
O Meister der heut der ganzen welt gehört – was er aber seinen freunden ist: allbeseligen­der quell hort und inbegriff des schönen lebens ­–­ all der stumme unsägliche dank so vieler jahre bedrängt an diesem 12 juli ganz das herz. / ›Das wahrhaft schöne erscheint umso schöner je mehr es erscheint, und an den vortrefflichen menschen ist nichts so bewundernswert für die welt wie ihr tägliches leben für die ist mit denen sie leben.‹ / und wie soll die danken die überall dies hinaus – und noch in diesen letzten jahren da die macht des dunkels lähmend ihr am leben sog – von dem geliebten Meister vertrauen menschliche treue milde und teilnehmende geduld erfahren wie kaum sonst von einem freunde, deren haus er erhöht und geweiht und deren kinder er in einer zeit da keine eltern ihre kinder mehr besitzen – bewahrt und geadelt hat? / wenn ich noch etwas vom leben hoffe so dies, dass mir gelänge, einen noch so schwachen widerschein der gaben die ich von dem Meister empfing ins leben und tun festzuhalten. o ehrfürchtig demütig und nur immer tiefer geliebter Meister! möge doch das neue jahrzehnt von den schweren schatten des letzten frei bleiben und nur schöne ersehnte ernte darbringen. / Ln [Julius Landmann] meint, auch ohne worte werde der Meister wissen in welcher gesinnung und mit welchen wünschen er heut an ihn denke. es geht ihm jetzt trotz des Kieler ›sommers‹ – ich stelle mir die regenzeit in den tropen etwa so vor – etwas besser und er freut sich auf das nächste wiedersehn in der hoffnung dem Meister dann wieder freier begegnen zu können.     Edith –

Stellenerläuterungen
»der heut der ganzen welt gehört«: Anspielung auf die Flut von Zeitungsartikeln anlässlich des 60. Geburtstags Georges.





Edith Landmann, Julius Landmann, Michael Landmann, Ernst Gundolf zur See

Fotografie, ca. 1928, vor Kiel

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Ab etwa 1913 standen Landmann und ihr Ehepartner, der Nationalökonom Julius Landmann (1877‒1931), in engem Kontakt mit George. Bis zum Tod Julius Landmanns 1931 lebte George jedes Jahr für einige Wochen bei und mit der Familie.

In mehreren Publikationen trat Edith Landmann, die 1901 in Zürich promoviert wurde, als Anwältin von Georges ästhetischem und gesellschaftlichem Erneuerungs­anspruch auf. Sie verstand sich selbst als seine ›Evangelistin‹.

Nach ihrer 1920 noch bei Weiss in Heidelberg publizierten Schrift »Georgika«, die Georges »Wesen« gewidmet ist und einen »Umriss seiner Wirkung« zu zeichnen versucht, erschien ihr nächstes Buch, »Die Transcendenz des Erkennens«, 1923 mit Georges Signet der »Blätter für die Kunst« bei Bondi in Berlin. Es ist das einzige Werk einer Frau, das in die Reihe aufgenommen wurde. Die erkenntnistheoretische Arbeit postuliert Glauben als Bedingung und Folge von Erkenntnis.



Edith Landmann an Stefan George, 12.7.1928

Brief, 12.07.1928

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Landmanns hochtoniger Geburtstagsglückwunsch ist in Georgescher Stilschrift geschrieben, die sie in vielen ihrer Briefe verwendete. Unter dem Begriff des ›schönen Lebens‹, den sie aus dem Eingangsgedicht von Georges »Teppich des Lebens« aufnimmt, versteht Landmann die sich in George für sie vollziehende »Wiederholung des griechischen Wunders auf deutschem Boden«. 

In Landmanns Auslegung befreit Georges Existenz das Leben von den vermeintlichen Zumutungen der Moderne und des Individualismus. Darin erscheint er ihr als ›bewahrendes‹ und ›adelndes‹ Vorbild für ihre Söhne Georg Peter (1905‒1994) und Michael (1913‒1984) wie auch als ihr persönlich  heilsamer Gegenpol zur lebensbedrohlichen Depression, unter der sie nach der langjährigen Krankheit und dem Tod ihrer Tochter Eva im Jahr 1925 litt.



Claus Schenk Graf von Stauffenberg

Fotografie, ca. 1929, Berlin

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Claus Schenk Graf von Stauffenberg an Stefan George, 11.7.1931



Claus Schenk Graf von Stauffenberg an Stefan George, 11.7.1931

Brief, 11.07.1931, Bad Kolberg

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Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907‒1944) war 15-jährig gemeinsam mit seinen älteren Zwillings­brüdern Berthold und Alexander durch Maria Fehling, eine Freundin der Familie, und deren damali­gen Lebensgefährten Albrecht von Blumenthal bei George eingeführt worden.

Der Zuwachs um die vermeintlichen Staufer-Nachfahren wurde im Umfeld Georges begeistert aufgenommen. (Ernst Kantorowicz arbeitete damals bereits an seinem Buch über Friedrich II. und bald bezeichnete sich Stauffen­berg selbst in einem im November 1923 entstandenen Gedicht als »Erben« der Staufer.)

Nach dem Abitur schlug Stauffenberg im April 1926 die Offiziers­laufbahn ein und trat dem 17. Reiterregiment in Bamberg bei. Diesem gehörte er auch im Sommer 1931 noch an, als er für einen Monat zur Behandlung allgemeiner Schwäche und eines Magenleidens im Ostseebad Kolberg war und an George schreibt.

Bad Kolberg, 11.7.31 / Mein geliebter Meister! / Die innigsten wünsche und alles schöne zu Deinem geburtstag! / Die hiesige kur hat glaube ich ganz gut getan. Inwieweit der chronischen sache abgeholfen ist · kann sich natürlich erst im lauf der Zeit herausstellen. An meinem Magen ist nichts positives gefunden worden. Allerdings war die Untersuchung auch recht wenig überzeugend. Dass die Sache nervös sei ist die übliche und billige ausrede. Jedenfalls hat aber das sehr regelmässige und ruhige Leben hier auch dem Magen gut getan ausserdem habe ich das rauchen stark eingeschränkt; denn es ist kein wunder dass der handelsübliche misttabak für einen empfindlichen magen schädlich ist. Wetter war bis vor kurzem gut. Im übrigen war es hier aber unbeschreiblich langweilig. Durch die kur war man auch so behindert, dass man nichts vernünftiges anfangen konnte um die zeit tot zu schlagen. Ich habe jetzt für längere zeit ziemlich genug von der See und kann mir gut denken wie satt der Meister die Kieler landschaft nach einiger Zeit hatte. Mitte nächster woche fahre ich zurück nach Bbg[Bamberg]. wie sich der Sommer weiterhin für mich entwickeln wird wird sich erst dort heraus­stellen. / Hier kommen ständig wilde gerüchte über Berlin an. bisher war es ja immer unsinn. Trotzdem kann man sich des gefühls schwer erwehren · dass es dies jahr im Herbst oder Winter doch noch Ernst werden würde. Aber in solcher weise heute vorauszudenken ist ebenso undankbar als zwecklos. Das unvermeidliche wird doch kommen und dass es auf einige Jahre und einige menschenleben und schicksale mehr oder minder nicht ankommt glaube ich inzwischen gelernt zu haben. Küsse sehr den Frank. / Es umarmt und küsst Dich / Dein Claus.




Claus Schenk Graf von Stauffenberg an Stefan George, 11.7.1931

Brief, 11.07.1931, Bad Kolberg

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Sein Geburtstagbrief nach Königstein, wo George sich gerade zusammen mit Frank Mehnert, einem ehemaligen Schulkollegen Stauffenbergs aus Stuttgart, bei seiner Schwester Anna aufhielt, thema­tisiert in erster Linie die Ereignis­losigkeit der Kur. Stauf­fen­berg schlägt dabei aber vielfach Brücken zu George.

Die Erwähnung des örtlichen »Misttabaks« knüpft an die gemeinsame Leidenschaft des Rauchens an. Die Gleich­förmigkeit der Seelandschaft erinnert an Georges Aufent­halte in Kiel bei Friedrich Wolters und im Hause der Familie Landmann.

Im letzten Absatz, in dem Stauffenberg auf die Gefahr der Verschärfung der Wirtschaftskrise durch Reparationszahlungen, einen drohenden Bankenkrach sowie außenpolitische Spannungen mit Frank­reich anspielt, greift er (wie zuvor Adalbert Cohrs oder später Ernst H. Kantorowicz) einen der zwiespältigen Grundgedanken Georges auf: die Unter­werfung des Einzelschicksals unter die Idee des Ganzen.



Ernst Gundolf

Fotografie

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Ernst Gundolf an Stefan George, 10.7.1933



Ernst Gundolf an Stefan George, 10.7.1933

Brief mit Umschlag, 10.07.1933, Darmstadt

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Der Glückwunsch Ernst Gundolfs (1881–1945) spricht die tiefe Überschattung seines Lebens durch die Macht­übernahme der Nationalsozialisten aus und die für ihn als Juden damit verbundene existenzielle Bedrohung.
Darmstadt, 10. Juli 33     Teuerster Meister     Dies Jahr gibt mehr Anlass noch, Ihnen zum 12. Juli meine Wünsche und das gewohnte Treue­bekenntnis darzubringen. Da meine äussere Stelle in der Welt auf niemals geahnte Weise fragwürdig geworden ist so bleibt doch immer nur eine Stelle von der ich im Innern ausgehen kann  mag der Weg nun führen  wohin das Schiksal [sic!] will. Ich selbst sehe noch Keinen den ich von mir aus wählen könnte und keinen Ort wo ich zur Zeit eingreifen könnte. So warte ich bis der mehr gefürchtete als gehoffte Zwang vielleicht zu Entscheidungen nötigt und versuche mein gewöhnliches Leben weiterzuführen, was kaum ohne tägliche Vergesslichkeit möglich ist. Äussere Hindernisse haben meine Person bisher nicht betroffen – es sei denn die Einziehung des Passes den ich wahrscheinlich ohne besondere Schwierigkeit wiederbekäme. Versucht habe ich es noch nicht und die gewohnte Schweizerreise ist bisher nicht in Aussicht genommen – es müssten denn noch neue Anlässe sich einstellen. Ich bin also voraussichtlich den ganzen Sommer hier vielleicht mit kleineren Lücken die in die Zeit von Mitte Juli bis Mitte August fallen könnten. Besteht irgend eine Möglichkeit Sie zu sehen, sei es hier oder sonstwo, so würde das natürlich alle meine Reise- oder Nichtreisepläne bestimmen können. Auch brauche ich kaum auszusprechen wie wichtig mir jedes Wort von Ihnen gegenwärtig sein müsste. Zu berichten habe ich nichts was Sie nicht aller Vermutung nach auch aus anderer Quelle wüssten und bin so ohne Verbindungen wie ich es wohl noch nie war. Gegenwärtig lese ich noch an dem Platobuch von Hildebrandt das trotz der gewohnten Ungleichheiten und mancher teils vermeidlichen teils unvermeidlichen Verengungen und Vergewaltigungen doch eine sehr erfreuliche Darstellung bleibt.     Mit allen guten Wünschen für Ihr Ergehen     Treulich Ihr Ernst
Stellenerläuterung
Weshalb Gundolf zu diesem frühen Zeitpunkt vorübergehend keinen Pass mehr besaß, ist nicht erschlossen. Die systematischen NS-Eingriffe ins Passrecht begannen 1937 und verschärften sich grundlegend ab Ende 1938.




Ernst Gundolf an Stefan George, 10.7.1933

Brief mit Umschlag, 10.07.1933, Darmstadt

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Der um ein Jahr jüngere Bruder von Friedrich Gundolf, der George wohl ebenfalls in München kennenlernte, hatte sein Jurastudium infolge einer Tuberkulose-Erkrankung nie ab­geschlossen, sondern lebte als Privatier. 

Eng im Umfeld Georges vernetzt, arbeitete Gundolf an der Drucklegung von Georges Werken mit, beteiligte sich mit Aufsätzen am »Jahrbuch für die geistige Bewegung«, das sein Bruder gemeinsam mit Friedrich Wolters von 1910 bis 1912 für George herausgab, und begutachtete wissenschaftliche Werke anderer Anhänger Georges. Seine Einschätzung zählte viel und auch seine Landschafts­zeichnungen und Aquarelle, die er zeitlebens als tagtägliche Kunstübung herstellte, wurden geschätzt. 1905 brachte Georges »Verlag der Blätter für die Kunst« eine Mappe mit »Zwölf Zeichnungen« Gundolfs heraus.

Nach 1933 konnte sich Gundolf lange nicht zur Emigration entscheiden. Erst nachdem er 1938 für einige Wochen im KZ Buchenwald interniert worden war, rang er sich zur Flucht durch. Sie gelang 1939 nach England, wo er 1945 kurz nach Kriegsende starb.



Ernst Gundolf an Stefan George, 10.7.1933

Brief mit Umschlag, 10.07.1933, Darmstadt

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Gundolfs Brief veranschaulicht mit dem abschließenden Lob von Kurt Hildebrandts »Platobuch« zugleich den Zwiespalt der Verstricktheit des George-Umfelds: Der promovierte Mediziner Hildebrandt (1881–1966) hatte 1922 seine zweite, philosophische Dissertation »Nietzsches Wettkampf mit Sokrates und Platon« Ernst Gundolf gewidmet und gemeinsam mit diesem 1923 eine weitere Nietzsche-Publikation verfasst. Der Eugeniker, Rassetheoretiker und -hygieniker Hildebrandt war bereits zum 1.5.1933 in die NSDAP eingetreten, was seine Berufung auf einen Philosophie­lehrstuhl in Kiel im Folgejahr wohl deutlich förderte. Das Buch »Platon. Der Kampf des Geistes um die Macht«, das Gundolf erwähnt und mit zwiespältigen Gefühlen liest, war 1933 in Georges Reihe »Werke der Wissenschaft aus dem Kreise der Blätter für die Kunst« erschienen.



Propagandaminister Joseph Goebbels an Stephan George, 12.7.1933

Telegramm, 12.07.1933, Berlin

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Propagandaminister Joseph Goebbels an Stephan George, 12.7.1933

Dem Dichter und Seher, dem Meister des Wortes, dem guten Deutschen zum 65. Geburtstag ergebenste Grüsse und herzliche Glückwünsche
Reichspropagandaminister
Dr. Goebbels.


Propagandaminister Joseph Goebbels an Stephan George, 12.7.1933

Telegramm, 12.07.1933, Berlin

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StGA-George.III,04241_001.png


Das offizielle Glückwunschschreiben des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels (1897-1945), der seine Aufgabe in der »geistigen Mobilmachung« Deutschlands sah, ruft nicht nur die im Kreis häufig benutzte Bezeichnung Georges als »Meister« auf und rubriziert ihn aus national­sozialistischer Perspektive als »guten Deutschen«, sondern lobt ihn bezeichnenderweise auch als »Seher«.


o.N.: Unsere Meinung, 12.7.1933

13.07.1933

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Der Text von Goebbels Telegramm ging auch an die Presse. So gab die Deutsche Allgemeine Zeitung etwa bereits am Folgetag den Wortlaut wieder und malte mit Goebbels' Formulierungen die Verbindungslinie zwischen George und dem NS-Staat rückwärtig vereinnahmend aus: George erscheint als »einer der entscheidenden Führer der Nation und zu der Nation«.


George/Mehnert an Morwitz, 10.5.1933 (Entwurf)

Stefan George (Autor), Frank Mehnert (Schreiber), Briefentwurf, 10.05.1933

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Stefan George an Ernst Morwitz, Entwurf, 10.5.1933


Dem Versuch der offiziellen Einbindung in die NS-Kulturarbeit war George auf uneindeutige Weise aus dem Weg gegangen. Eine Anfrage aus dem Mai 1933, die Präsidentschaft der Preußischen Akademie der Künste zu übernehmen oder einen Ehrensold des Staates zu empfangen, ließ er mit den Worten beantworten:

irgendwelchen posten · auch ehrenhalber · der sogenannten akademie kann ich nicht annehmen ebensowenig einen sold. dass diese akademie jezt unter nationalem zeichen steht ist nur zu begrüssen und kann vielleicht später zu günstigen ergebnissen führen – ich habe seit fast einem halben jahrhundert deutsche dichtung und deutschen geist verwaltet ohne akademie · ja hätte es eine gegeben wahrscheinlich gegen sie. 
Anders verhält es sich mit dem positiven […]: die ahnherrnschaft der neuen nationalen bewegung leugne ich durchaus nicht ab und schiebe auch meine geistige mitwirkung nicht beiseite.  Was ich dafür tun konnte habe ich getan · die jugend die sich heut um mich schart ist mit mir gleicher meinung  . .


Ernst Kantorowicz

Fotograf: Franz Grainer, ca. 1921, München

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Ernst Kantorowicz an Stefan George, 10.7.1933



Ernst Kantorowicz an Stefan George, 10.7.1933

Brief mit Umschlag, 10.07.1933, Frankfurt

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Ernst H. Kantorowicz (1895–1963) gibt im Glückwunschschreiben der paradoxen Hoffnung Ausdruck, dass der NS-Staat entgegen seiner eigenen Überzeugung der Beginn der Realisierung von Georges Phantasie eines neuen und besseren Deutschen Reichs sein möge. Falls dies so komme, werde er seinen als Jude bedingten ›schicksalhaften‹ Ausschluss aus diesem Reich akzeptieren.
Geliebter Meister · meine zeilen werden · so fürchte ich · nicht ganz pünktlich eintreffen · um meine glückwünsche am geburtstag selbst zu übermitteln ‒ wünsche · die sich jedoch an jedem tage in den einen wunsch zusammenfassen lassen: ›es möge Deutschland so werden · wie es sich der Meister erträumt hat!‹ Und wenn das heutige geschehen nicht bloss die grimasse jenes wunschbildes ist · sondern tatsächlich der wahre weg zu dessen erfüllung · so möge das alles zum guten ausschlagen – und dann ist es gleichgültig · ob der einzelne auf diesem weg mitschreiten kann – vielmehr: darf – oder statt zu jubeln beiseite tritt. ›Imperium transscendat hominem‹ erklärte Friedrich II. und ich wäre der letzte · der hier widerspräche. Verstellen einem die faten den zugang zum ›reich‹ – und als ›jude oder farbiger‹ ·wie die neue wortkoppel lautet · ist man von dem allein rassisch fundierten staat notwendig ausgeschlossen – so wird man den amor fati aufbringen müssen und ihm gemäss die entschlüsse fassen. –  Indessen erhielt ich den beiligenden brief von C.A.K. [...] Für den m’lichen brief danke ich vielmals und gebe die hoffnung nicht auf · d.M. im laufe des sommers noch sehen zu dürfen. Ich bleibe mit den allerbesten wünschen wie stets in treuer liebe und herzlichstem gedenken:
                             Ernst.
Stellenerläuterung
Die in der Transkription gekürzte Passage handelt von einem auch beigelegten Bittschreiben Carl August Kleins (1867‒1952). Von 1892 an und nominell bis zum Einstellen der Zeitschrift 1919 hatte Klein für George die Redaktion der  »Blätter für die Kunst« geführt. Schon vor 1900 in finanziellen Schwierigkeiten und bald kaum noch mit George verbunden, richtete Klein immer wieder finanzielle Bittgesuche an George und sein Umfeld.




Ernst Kantorowicz an Stefan George, 10.7.1933

Brief mit Umschlag, 10.07.1933, Frankfurt

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1922 promoviert, verfasste der Historiker Kantorowicz in den Folgejahren in engem Austausch mit George seine Studie über den Staufer »Kaiser Friedrich der Zweite«. 1927 in Georges Buchreihe »Werke der Wissenschaft aus dem Kreise der Blätter für die Kunst« veröffentlicht, nahm das Buch historiographisch Teil an der Kultivierung der vormodernen Reichs­idee, der sich George in seinen Gedichten nach 1900 immer stärker verschrieben hatte.

Der zitierte Staufer-Satz, dass das ideelle ›Reich den einzelnen Menschen überschreitet‹, markiert dabei den ungeheuerlichen Zwiespalt Kantorowicz' im Umgang mit George wie mit den neuen politischen Bedingungen nach dem Ende der Weimarer Republik: Der nationalkonservative Jude Kantorowicz war nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, die von einigen George­anern und nicht zuletzt seinem eigenen vormaligen Lebensgefährten Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband als Staats­werdung von Georges Ideen begrüßt wurde, unmittelbar bedroht. 

Anders als die Schicksalsergebenheit vermuten lässt, für die im Brief noch der nietzscheanische Hinweis auf den »amor fati« spricht, entschied sich Kantorowicz im November 1933 dann für die Konfrontation mit dem NS-Gedankengut. Seine an der Universität Frankfurt am 14. November 1933 gehaltene Vorlesung über »Das Geheime Deutschland« trat gegen eine Verwechslung von Georges elitistischem Geistesreich mit dem völkischen NS-Staat an.

Bald darauf setzten Schikanen der NS-Studentenschaft ein, und Kantorowicz gab seine Lehrtätigkeit an der Universität Frankfurt auf. Knapp vor einer drohenden Verhaftung emigrierte er 1938 über England in die USA.



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Ausstellung 2018
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Fotografie: Larissa Arlt
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Digitale Fassung 2020

Kuratierung und Leitung: Dr. Maik Bozza
Digitale Einrichtung: Dr. Maik Bozza
Fotonachbearbeitung: Rafael Glatzel
Titelgrafik: Daniel Helbig
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Diese Ausstellung wurde am 17.12.2020 veröffentlicht.



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