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Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten

Handschriftliche Widmungen als Spuren der Geschichte

Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Klassik Stiftung Weimar


Animation einer Widmung von Rudolf Hagelmoser, Vorlage entnommen aus: Rudolf Hagelmoser: Die Finanzen der Stadt Altenburg-Thür. vor und nach dem Weltkriege unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Reichsfinanzstatistik. Weida: Thomas & Hubert, 1933.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Aa 6 : 130 [t])

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Was erzählen Widmungen in Büchern über die Menschen, die sie hineingeschrieben haben? Was erfahren wir über diejenigen, für die sie gedacht waren?

Wer eine Widmung in ein Buch schreibt, handelt absichtsvoll und zweckbestimmt. Autorinnen und Autoren, die ihren gedruckten Texten handschriftliche Zeilen voranstellen, erhoffen sich Aufmerksamkeit für ihre Werke. Bücher, die nicht selbst verfasst wurden, werden zu den verschiedensten Anlässen mit Widmungen versehen und verschenkt. Die Grußworte verweisen sowohl auf die sozialen Beziehungen zwischen Schenkenden und Beschenkten als auch auf die Zeit, in der sie leben.



Animation der Durchleuchtung einer überklebten Widmung von Rudolf Hagelmoser.
Vorlage entnommen aus: Rudolf Hagelmoser: Die Finanzen der Stadt Altenburg-Thür. vor und nach dem Weltkriege unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Reichsfinanzstatistik. Weida: Thomas & Hubert, 1933.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Aa 6 : 130 [t])

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Klassik Stiftung Weimar

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Kommen Sie mit auf eine Spurensuche in Büchern, die handschriftliche Widmungen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts enthalten. Die Widmungsgeber und die Widmungsempfänger gehörten den unterschiedlichsten politischen Lagern an – sie waren Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten. In unserer Ausstellung fragen wir nach den personellen und historischen Kontexten der inhaltlich zunächst oft unspektakulär wirkenden Eintragungen. Und wir folgen den Wegen, auf denen die ausgewählten Widmungsexemplare in unsere Bibliothek gelangten. Schauen Sie mit uns in die Bücher und zugleich in eine Zeit voller sozialer, kultureller und politischer Auf-, Um- und Abbrüche!

01

Ein erstaunliches Verhältnis?





Der Wandel der Staatsaufgaben in der letzten Geschichtsperiode. Jena: Gustav Fischer, 1913, Widmung auf dem Einband.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: C gr 7100)

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Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Klassik Stiftung Weimar

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Klassik Stiftung Weimar

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»Frau Elisabeth Förster-Nietzsche
in herzlicher Verehrung
E.R.«

Eduard Rosenthal: Der Wandel der Staatsaufgaben in der letzten Geschichtsperiode. Jena: Gustav Fischer, 1913.

Einband mit der Widmung von Eduard Rosenthal



Porträts von Eduard Rosenthal (1853–1926), um 1910, und Elisabeth Förster-Nietzsche (1846–1935), um 1912

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Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universitätsarchiv (Porträt E. Rosenthal);
Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv (Porträt E. Förster-Nietzsche)

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Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universitätsarchiv (Porträt E. Rosenthal); Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv (Porträt E. Förster-Nietzsche)

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Eduard Rosenthal (1853–1926), um 1910 (links); Elisabeth Förster-Nietzsche (1846–1935), um 1912 (rechts)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Weimarer Nietzsche-Archiv ein Ort geselliger Begegnungen.
Elisabeth Förster-Nietzsche, Schwester und Nachlassverwalterin Friedrich Nietzsches, veranstaltete Lesungen, Vorträge, Konzerte und Gedenkveranstaltungen. Zu den von ihr eingeladenen kulturinteressierten Gästen gehörten Clara und Eduard Rosenthal.





Richard Starcke: Friedrich Nietzsche´s Sterbehaus und Nietzsche-Archiv
zu Weimar, nach 1905. Entwurf für eine Postkarte
(Klassik Stiftung Weimar, Direktion Museen, Inventarnummer: Gr-2021/148)

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Klassik Stiftung Weimar, Museen

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Richard Starcke

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Dieser Entwurf für eine Postkarte von 1905 zeigt das Nietzsche-Archiv als Ort der kultischen Verehrung des Philosophen.

Der Jenaer Rechtswissenschaftler beriet Förster-Nietzsche bei der Gründung einer Stiftung, die das Nietzsche‑Archiv als ein Zentrum der Forschung und Ort der Huldigung für den Philosophen dauerhaft sichern sollte. Die »herzliche Verehrung« Rosenthals für Förster-Nietzsche, von der die Widmung spricht, hielt bis zu seinem Lebensende an.





Alfred Ahner: Eduard Rosenthal als Redner im Thüringer Landtag, Skizze, 1924

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Alfred Ahner Stiftung

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Alfred Ahner Stiftung

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Aus heutiger Perspektive erstaunt das liebenswürdige Verhältnis. Der sozial und kulturell engagierte liberale Universitätsprofessor Rosenthal und seine ebenso aktive Frau waren jüdischer Herkunft. Seit 1909 war Rosenthal politisch als Landtagsabgeordneter tätig. Nach der Revolution 1918 trat er der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei. 1920 wurde sein Entwurf für eine demokratische Verfassung des neuen Freistaats Thüringen angenommen. Eduard Rosenthal starb hochgeehrt im Jahr 1926.

Alfred Ahner: Eduard Rosenthal als Redner im Thüringer Landtag, Skizze, 1924



Stolperstein zum Gedenken an Clara Rosenthal, 2010 in Jena, Mälzerstraße 11 gesetzt

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Wikimedia Commons

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indeedous/Wikimedia Commons

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Stolperstein zum Gedenken an Clara Rosenthal, 2010 in Jena vor der Villa Rosenthal gesetzt


Clara Rosenthal gehörte ab 1933 zu denen, die aufgrund ihrer Herkunft durch das NS-Regime entrechtet wurden. Unter dem Druck der Verfolgung nahm sie sich 1941 das Leben.



Elisabeth Förster-Nietzsche empfängt Adolf Hitler vor dem Nietzsche-Archiv, 1934
(Goethe- und Schiller-Archiv, Akte: GSA 101/239)

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Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv,

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Klassik Stiftung Weimar

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Elisabeth Förster-Nietzsche empfängt Adolf Hitler vor dem Nietzsche-Archiv, 1934


Elisabeth Förster-Nietzsche wurde nach dem Ersten Weltkrieg Mitglied der antisemitischen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Sie begeisterte sich für den italienischen Faschismus und stellte das Werk ihres Bruders schließlich in den Dienst der Nationalsozialisten. Mehrfach empfing sie zwischen 1932 und ihrem Tod 1935 Adolf Hitler als Gast.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Nietzsche-Archiv von der Sowjetischen Militäradministration geschlossen. Die Bibliothek des Hauses wurde zusammen mit den sonstigen Beständen in das Goethe- und Schiller-Archiv überführt. Von dort kamen die Bücher in die 1954 neugegründete Zentralbibliothek der deutschen Klassik. So gelangte die Broschüre mit der für Förster-Nietzsche privat gedachten Widmung Rosenthals in einen öffentlichen Bibliotheksbestand.

02

Geraubte Erinnerung





Willem Mengelberg. Gedenkboek 1895 – 1920. 's Gravenhage: Nijhoff, 1920, Titelblatt mit Widmung.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 16, 9 : 2894 [a])

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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»An Frau Emma Rosé. Zur Erinnerung
an das erste Mahlerfest im Mai 1920
in Amsterdam und an ihren ergebenen
Willem Mengelberg«

Willem Mengelberg. Gedenkboek 1895 – 1920.
's Gravenhage: Nijhoff, 1920.

Titelblatt mit der Widmung von Willem Mengelberg



Karte zur Erinnerung an das Mahler-Fest im Concertgebouw Amsterdam im Mai 1920

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Mahler Foundation

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Mahler Foundation

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Karte zur Erinnerung an das Mahler-Fest im Concertgebouw Amsterdam im Mai 1920

Im Mai 1920 leitete der Dirigent Willem Mengelberg in Amsterdam ein internationales Musikfest zu Ehren des Komponisten Gustav Mahler (1860–1911). Zugleich feierte Mengelberg sein 25jähriges Dienstjubiläum als Chefdirigent des berühmten Amsterdamer Concertgebouw Orchesters. Aus diesem Anlass wurde sein Wirken mit einem »Gedenkboek« gewürdigt. Ein Exemplar dieser Festschrift widmete er Emma Rosé, der jüngsten Schwester Gustav Mahlers. 





Porträts von Emma Rosé, geb. Emma Marie Eleanor Mahler (1875–1933), als junge Frau und Eduard Rosé (1859–1943), um 1925

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Mahler Foundation (Porträt Emma Rosé); Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek (Porträt Eduard Rosé)

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Mahler Foundation (Porträt Emma Rosé); Helene u. Susanne Hüttich-Oemler (Porträt Eduard Rosé)

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Emma Rosé, geb. Emma Marie Eleanor Mahler (1875–1933), als junge Frau (links); Eduard Rosé (1859–1943), um 1925 (rechts)


Emma Mahler hatte 1898 den Cellisten Eduard Rosé geheiratet, einen Studienfreund ihres Bruders. Seit dem Jahr 1900 lebten sie in Weimar. Hier hatte Eduard Rosé auf Vermittlung Mahlers eine Stelle in der Hofkapelle erhalten. Nach der Revolution 1918 blieb er Mitglied des 1919 in Weimarische Staatskapelle umbenannten Orchesters. 1926 ging er in Pension.



Stolperstein zum Gedenken an Eduard Rosé, 2007 in Weimar, Marienstraße 16, gesetzt

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Klassik Stiftung Weimar, Fotothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Stolperstein zum Gedenken an Eduard Rosé, 2007 in Weimar in der Marienstraße 16 gesetzt


Ab 1933 wurden Emma und Eduard Rosé sowie ihre beiden Söhne Ernst und Wolfgang aufgrund ihrer jüdischen Herkunft durch das NS-Regime verfolgt. Emma Rosé starb im Mai 1933. Die Söhne emigrierten 1939 bzw. 1941 in die USA. Eduard Rosé war den zunehmenden Verfolgungsmaßnahmen ausgeliefert. Im Alter von 83 Jahren wurde er im September 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Wie alle Deportierten wurde er gezwungen, sein Eigentum zum allergrößten Teil zurückzulassen. Er starb unter den unsäglichen Bedingungen in Theresienstadt im Januar 1943.



Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek, Eintrag vom 3. Juli 1944 zum Exemplar »Willem Mengelberg. Gedenkboek 1895 – 1920. 's Gravenhage: Nijhoff, 1920.«
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Loc A : 200. 1942)

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek, Eintrag vom 3. Juli 1944, das »A« steht für »Antiquarische Erwerbung«


Die Thüringische Landesbibliothek hat das Emma Rosé gewidmete »Gedenkboek« im Juli 1944 von den Gebrüdern Knabe angekauft, einer Weimarer Verlagsbuchhandlung mit angeschlossenem Antiquariat. Der Firmeninhaber Wolfgang Knabe war als Sachverständiger zum »Schutz des deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (Mitnahme von Umzugsgut bei der Auswanderung von Juden)« für die NS-Finanzbehörden in Thüringen tätig. Er war damit direkt an der NS-verfolgungsbedingten Verwertung des Eigentums von Deportierten beteiligt.
Die zeitliche Abfolge der gegen Eduard Rosé gerichteten Verfolgungsmaßnahmen und der Erwerbung des Exemplars durch die Landesbibliothek über diesen Händler begründet die Annahme, dass es sich bei dem Gedenkboek um NS-Raubgut handelt.

03

»Ergebenst überreicht« und ausgesondert





Linke Poot [Alfred Döblin]: Der deutsche Maskenball. Berlin: S. Fischer 1921, Vorsatzblatt mit der Widmung von Alfred Döblin.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 16, 6 : 658)

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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»Herrn Jakob Schaffner!
Ergebenst überreicht von
A. Döblin
15.XI.21«


Linke Poot [Alfred Döblin]: Der deutsche Maskenball. Berlin: S. Fischer 1921.

Vorsatzblatt mit der Widmung von Alfred Döblin



Linke Poot [Alfred Döblin]: Der deutsche Maskenball. Berlin: S. Fischer 1921, Titelblatt des Widmungsexemplars.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 16, 6 : 658)

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Linke Poot [Alfred Döblin]: Der deutsche Maskenball, Titelblatt des Widmungsexemplars


»Der deutsche Maskenball« ist eine Sammlung von Artikeln, die Alfred Döblin unter dem Pseudonym Linke Poot veröffentlicht hat. Die Texte erschienen zwischen 1919 und 1921 zuerst in der »Neuen Rundschau«, einer Kulturzeitschrift des S. Fischer Verlags.
Döblins Artikel sind satirisch-spöttische und polemisch-kritische Kommentare zum Zeitgeschehen – zum verlorenen Weltkrieg, zur gesellschaftlich-politischen Entwicklung in der Weimarer Republik, zu kulturellen Themen.



Porträts von Jakob Schaffner (1875–1944) und Alfred Döblin (1878–1957)

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Goethe- und Schiller-Archiv (Porträt Johannes Schaffner); Deutsches Literaturarchiv Marbach (Porträt Alfred Döblin)

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Goethe- und Schiller-Archiv (Porträt Johannes Schaffner); Deutsches Literaturarchiv Marbach (Porträt Alfred Döblin)

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Jakob Schaffner (1875–1944), Autogrammkarte mit eigenhändiger Unterschrift (links); Alfred Döblin (1878–1957) (rechts)


Das Widmungsexemplar wurde »ergebenst überreicht« . Die Formulierung entsprach den zeittypischen Konventionen. Sie zeigt zugleich die Wertschätzung des Schenkenden für den Beschenkten. Widmungsempfänger war der in Berlin lebende schweizerische Schriftsteller Jakob Schaffner. Von 1905 bis 1920 veröffentlichte Schaffner ebenfalls im S. Fischer Verlag. Mit Döblin verbanden ihn nicht nur Wohnort und Verlag. Sie waren auch beide Mitglieder im Schutzverband Deutscher Schriftsteller und leiteten dort gemeinsam eine Fachgruppe.



Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz, 10. Mai 1933

Aus der Sammlung von

Bundesarchiv

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Georg Pahl / Bundesarchiv

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Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz, 10. Mai 1933


Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Alfred Döblin zu einem Verteidiger der Republik. Mit Werken wie dem Roman »Berlin Alexanderplatz« (1929) erlangte er literarischen Ruhm. Von den Nationalsozialisten wurde er dafür als »Asphaltliterat« diffamiert. Nach deren Machtübernahme war Döblin auch aufgrund seiner jüdischen Herkunft bedroht. Fluchtartig verließ er Deutschland. Seine Werke wurden durch das NS-Regime verboten und bei den Bücherverbrennungen 1933 ins Feuer geworfen.



Aufruf der Studentenschaft der Universität Würzburg vom April 1933,
die privaten Bibliotheken von »undeutschem Schrifttum« zu reinigen

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gemeinfrei

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gemeinfrei

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Aufruf der Studentenschaft der Universität Würzburg vom April 1933, die privaten Bibliotheken von »undeutschem Schrifttum« zu reinigen


Einwohnerbuch der Stadt Weimar. Weimar: Dietsch & Brückner, 1929, Titelblatt und Auszug.
(Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Signatur: 8 Sax.V,35/10)

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Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek

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Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek

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Jakob Schaffner vertrat zunehmend antidemokratische und völkische Ideen. Ab 1924 lebte er in Weimar. Zu seinen Förderern und Freunden zählte Werner Deetjen, der Direktor der Thüringischen Landesbibliothek. Spätestens ab 1933 stand Schaffner fest an der Seite der Nationalsozialisten.



Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek, Eintrag vom 14. Januar 1934 zum Exemplar »Linke Poot [Alfred Döblin]: Der deutsche Maskenball. Berlin: S. Fischer, 1921.«
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Loc A : 200. 1933)

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek, Eintrag vom 14. Januar 1934, das »D« in der rechten Spalte steht für lateinisch »donum« = Geschenk


Als er im Herbst 1934 wieder nach Berlin zog, sonderte er Bücher aus seinem privaten Besitz aus und schenkte sie der Landesbibliothek. Dabei trennte er sich von zahlreichen Werken, die durch das NS-Regime verboten worden waren. Zu dieser ›Schenkung‹ gehörte auch das ihm gewidmete Exemplar von Döblins »Maskenball«. Es wurde im Januar 1935 im Zugangsbuch verzeichnet.

04

Kaiserliche Geschenke





Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Erster Band: Die übersprungene Generation. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1929, Widmung von Wilhelm II. und Hermine.

Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Zweiter Band: Deutschlands Weg in die Einkreisung. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1931, Widmung von Wilhelm II. und Hermine.

(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 4108 – A (1) und (2))

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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»Gesegnete Weihnacht
Doorn 1929
Wilhelm
I.R.
Hermine«

Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Erster Band: Die übersprungene Generation. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1929. 

Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Zweiter Band: Deutschlands Weg in die Einkreisung. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1931.

Widmungen von Wilhelm II. und seiner zweiten Ehefrau Hermine



Wilhelm II. (1859 – 1941) und seine zweite Ehefrau Hermine, geb. Prinzessin Reuß ä. L. (1887 – 1947), im Haus Doorn, Wilhelms Exil in den Niederlanden, 1922

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Museum Huis Doorn

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Museum Huis Doorn

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An der Niederschrift dieser Widmungen waren drei Schreibende beteiligt. Die frommen Wünsche sowie die Orts- und die Jahresangaben stammen von unbekannter Hand. Darunter hat der ehemalige deutsche Kaiser Wilhelm II. schwungvoll seinen Namen gesetzt. Nach ihm unterzeichnete seine zweite Ehefrau Hermine. Die beschriebenen Blätter wurden nachträglich in die Bücher eingeklebt. Das spricht dafür, dass eine größere Anzahl solcher Widmungsexemplare ›produziert‹ wurde.

Wilhelm II. (1859 – 1941) und seine zweite Ehefrau Hermine, geb. Prinzessin Reuß ä. L. (1887 – 1947), im Haus Doorn, Wilhelms Exil in den Niederlanden, 1922





Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Erster Band: Die übersprungene Generation. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1929, Buchdeckel.

Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Zweiter Band: Deutschlands Weg in die Einkreisung. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1931, Buchdeckel.

(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 4108 – A (1) und (2))

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich, Buchdeckel


Infolge der Novemberrevolution lebte Wilhelm seit 1918 im Exil in den Niederlanden, zunächst in Amerongen, ab 1920 in Doorn. Seitdem beschäftigte er sich mit der Frage, wie er auf den Kaiserthron zurückkehren könnte. In diesem Zusammenhang beauftragte er 1927 den Autor und Verleger Karl Friedrich Nowak mit einer positiven dreibändigen Darstellung seiner Regierungszeit unter dem Titel »Das Dritte Deutsche Kaiserreich«. Insbesondere sollte darin Wilhelms Verantwortung für den Weltkrieg und die deutsche Niederlage bestritten werden. Die ersten beiden Bände entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Exil-Kaiser. Der dritte Band kam nicht mehr zustande, Nowak starb 1932.



Porträt Agathe von Preußen, geb. zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1888 – 1960)

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Süddeutsche Zeitung Photo

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Scherl / Süddeutsche Zeitung Photo

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Die Widmungsexemplare gehörten zu einer Bibliothek, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im sowjetisch besetzten Thüringen beschlagnahmt und dann in die Landesbibliothek nach Weimar überstellt wurde.
Zuvor standen die Bücher im sogenannten Prinzessinnen-Palais in Tabarz. Dort hatte bis 1945 Agathe von Preußen mit ihren Töchtern gelebt. Sie war die Witwe des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen. Diesen Verwandten hatte Wilhelm die Rechtfertigungsschriften als Weihnachtsgeschenke zugedacht.
Auch in den Widmungen markierte er seinen Anspruch auf den Thron: Er setzte »I. R.« unter seinen Namen. Die Abkürzung steht für »Imperator Rex«, deutsch: »Kaiser und König«. Seit der Reichsgründung 1871 war das ein Namenszusatz der deutschen Kaiser, die zugleich Könige von Preußen waren.

Agathe von Preußen, geb. zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1888 – 1960), um 1933



Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Erster Band: Die übersprungene Generation. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1929, Buchrücken.

Karl Friedrich Nowak: Das Dritte Deutsche Kaiserreich. Zweiter Band: Deutschlands Weg in die Einkreisung. Berlin: Verlag für Kulturpolitik, 1931, Buchrücken.

(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 4108 – A (1) und (2))

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Bei der Einarbeitung in den Bestand der Landesbibliothek erhielten die Bücher 1950 einen runden roten Aufkleber mit der Aufschrift »I. G.« (»Interner Gebrauch«). So gekennzeichnete Titel durften in der DDR-Zeit nur für wissenschaftliche Zwecke benutzt werden. Wer damit arbeiten wollte, benötigte die Zustimmung des Bibliotheksdirektors.

Buchrücken der beiden Bände mit den roten Aufklebern

05

»Alter Bestand«





Hugo Preuß: Das deutsche Volk und die Politik. 9. bis 13. Tausend. Jena: Diederichs, 1919, Vorsatzblatt mit Widmung.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 4336 - A)

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»Mit bester Empfehlung, der Verfasser
Weimar 4. Juli 1919
Hugo Preuß«

Hugo Preuß: Das deutsche Volk und die Politik. 9. bis 13. Tausend. Jena: Diederichs, 1919.

Vorsatzblatt mit der Widmung von Hugo Preuss



Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919. Berlin: Heymann, 1919, S. 1.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 28131 - A)

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Nach der Revolution, der Abdankung des Kaisers und der Ausrufung der Republik im November 1918 benötigte Deutschland eine neue Verfassung. Eine demokratisch gewählte Nationalversammlung sollte darüber beraten. Sie tagte erstmals am 6. Februar 1919 im Deutschen Nationaltheater in Weimar. Am 31. Juli 1919 wurde die Verfassung der nach dem Tagungsort benannten Weimarer Republik dort verabschiedet und am 11. August von Reichspräsident Friedrich Ebert im thüringischen Schwarzburg unterzeichnet.

Erste Seite einer Ausgabe der »Weimarer Verfassung« von 1919





Erste Kabinettssitzung der neuen Reichsregierung am 13. Februar 1919 im ehemaligen Empfangszimmer des Großherzogs im Weimarer Residenzschloss, 2. von rechts: Reichsinnenminister Hugo Preuß

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Bundesarchiv

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Scherl / Bundesarchiv

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Die Verfassung geht maßgeblich zurück auf den Berliner Staatsrechtler Hugo Preuß. Er war während der Novemberrevolution zum Staatssekretär im Reichsamt des Innern berufen und mit dem Entwurf beauftragt worden. Von Februar bis Juni 1919 gehörte er als Innenminister der Reichsregierung an, die ihren Sitz zu dieser Zeit im Weimarer Residenzschloss hatte.

Erste Kabinettssitzung der neuen Reichsregierung am 13. Februar 1919 im ehemaligen Empfangszimmer des Großherzogs im Weimarer Residenzschloss, 2. von rechts: Reichsinnenminister Hugo Preuß



Porträt Hugo Preuß (1860–1925), 1919

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Bundesarchiv

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Scherl / Bundesarchiv

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Preuß wurde so zu einem der wichtigsten Akteure der Demokratisierung Deutschlands. Bis zu seinem Tod im Jahr 1925 blieb er als Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) politisch aktiv. Seine jüdische Herkunft nahmen die Nationalsozialisten zum Anlass, die Verfassung der Weimarer Republik als »undeutsch« zu verleumden.

Hugo Preuß (1860–1925), 1919



Hugo Preuß: Das deutsche Volk und die Politik. 9. bis 13. Tausend. Jena: Diederichs, 1919, Titelblatt.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: 4336 - A)

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Hugo Preuß: Das deutsche Volk und die Politik, Ausgabe von 1919, Titelblatt


Während des Krieges hatte Preuß im Jahr 1915 das Buch »Das deutsche Volk und die Politik« veröffentlicht. Die kritische Auseinandersetzung mit dem deutschen »Obrigkeitsstaat« wurde seine erfolgreichste politische Schrift. Ein druckfrisches Exemplar einer Nachauflage hat Preuß am 4. Juli 1919 in Weimar mit einer Widmung versehen. Der Widmungsempfänger ist nicht genannt.



Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek, Eintrag vom 15. Januar 1951 zum Exemplar »Hugo Preuß: Das deutsche Volk und die Politik. Jena: Diederichs, 1919«
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Loc A : 200. 1947)

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Eintrag des Exemplars im Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek als »Alter Bestand« am 15. Januar 1951


Das Exemplar wurde im Januar 1951 im Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek als »Alter Bestand« verzeichnet. Unter der Bezeichnung »Alter Bestand« wurden Bücher erfasst, die sich schon länger in der Bibliothek befanden, aber noch nicht bibliothekarisch bearbeitet und damit auch nicht ausleihbar waren. Es gibt keine Hinweise auf etwaige weitere Vorbesitzer. Es ist daher davon auszugehen, dass Preuß das gewidmete Exemplar 1919 der Landesbibliothek geschenkt hat und es mehr als 30 Jahre lang nicht in deren Bestand eingearbeitet wurde.

06

Geschenkte Propaganda





Adolf Bartels: Der letzte Obervollmacht. Ein Roman aus der Bismarckzeit.
Weimar: Borkmann, 1931, Vorsatzblatt mit Widmung.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Dd 3 : 1123 [i])

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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»Der Thüringer Landesbibliothek
November 1931.      Der Verfasser.«

Adolf Bartels: Der letzte Obervollmacht. Ein Roman aus der Bismarckzeit. Weimar: Borkmann, 1931.

Vorsatzblatt mit der Widmung von Adolf Bartels. Darüber ist die Nummer »1931.624« eingetragen, unter der die Schenkung im Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek verzeichnet wurde. »Dd 3 : 1123 [i]« ist die Bibliothekssignatur.



Porträt Adolf Bartels (1862–1945)

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SUB Hamburg

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SUB Hamburg

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In öffentlichen Bibliotheken stehen Bücher einer größeren Leserschaft auf Dauer zur Verfügung. Es liegt deshalb im Interesse von Autorinnen und Autoren, dass ihre Werke dorthin gelangen. Der seit 1896 in Weimar lebende Schriftsteller und Literaturhistoriker Adolf Bartels hat der Thüringischen Landesbibliothek zahlreiche Ausgaben seiner Schriften geschenkt. Ein Exemplar seines 1931 veröffentlichten Romans »Der letzte Obervollmacht« versah er zu diesem Zweck mit einer knappen Widmung.

Adolf Bartels (1862–1945), um 1922





Adolf Bartels: Der letzte Obervollmacht. Ein Roman aus der Bismarckzeit.
Weimar: Borkmann, 1931, vorderer Buchdeckel.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Dd 3 : 1123 [i])

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Bartels war ein literarischer und kulturpolitischer Wegbereiter des Nationalsozialismus. Das zeigt sich auch in diesem Roman. Die Handlung spielt in den 1880er Jahren. Schauplatz ist Dithmarschen, die schleswig-holsteinische  Heimatregion von Bartels. Dort trugen die ehrenamtlichen Vorsteher ländlicher Gemeindeverbände den Titel »Obervollmacht«. Der Roman thematisiert, wie sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierung im deutschen Kaiserreich auf verschiedene Personen im Umfeld eines solchen einflussreichen Bauern auswirkte. Die literarisch schlichte, oft gezwungen wirkende Erzählung ist von zivilisations- und kulturkritischer, antiliberaler, völkischer und vor allem antisemitischer Agitation durchsetzt. Im Schlusskapitel erfolgt ein Zeitsprung in das Jahr 1923. Er dient dazu, Adolf Hitler im Buch auftreten zu lassen. Der Rest des Textes ist Propaganda für den Nationalsozialismus.

Adolf Bartels: Der letzte Obervollmacht, Buchdeckel



Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek, Eintrag vom 21. November 1931 zum Exemplar »Adolf Bartels: Der letzte Obervollmacht. Ein Roman aus der Bismarckzeit. Weimar: Borkmann, 1931.«
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Loc A : 200. 1920)

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Eintrag des Exemplars im Zugangsbuch der Thüringischen Landesbibliothek am 21. November 1931.


Die Widmung an die Landesbibliothek hat Adolf Bartels mit »November 1931« datiert. Laut Zugangsbuch der Bibliothek wurde »Der letzte Obervollmacht« am 21. November 1931 in den Bestand aufgenommen. Die Bibliothek stellte das Buch ihren Leserinnen und Lesern somit ohne Verzögerung zur Verfügung.



Programm der öffentlichen Ehrung zum 80. Geburtstag des »völkischen Vorkämpfers« Adolf Bartels 1942 im Deutschen Nationaltheater in Weimar (links)

Der thüringische NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel (links) im Gespräch mit Adolf Bartels (rechts) bei der Ehrung im Deutschen Nationaltheater 1942, Fotografie (rechts)

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv

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R. Borkmann (Abbildung links); Braemer u. Güll (Fotografie rechts)

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Bartels stand am rechten Rand des Literaturbetriebs, aber er war kein Außenseiter. Schon 1905 hatte ihn der Weimarer Großherzog Wilhelm Ernst zum Professor ernannt. Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik war Bartels eine Schlüsselfigur in antimodernen kulturellen Netzwerken. Nach 1933 feierten ihn die Nationalsozialisten als »deutschen Vorkämpfer für völkische Kulturerneuerung«. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterlagen seine Bücher in der Bibliothek bis zum Ende der DDR deshalb strengen Nutzungsbeschränkungen.

Programm der öffentlichen Ehrung zum 80. Geburtstag des »völkischen Vorkämpfers« Adolf Bartels 1942 im Deutschen Nationaltheater in Weimar (links); Fritz Sauckel, der thüringische NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter (links), im Gespräch mit Adolf Bartels bei der Ehrung im Deutschen Nationaltheater 1942 (rechts)

07

Überklebte Geschichte





Rudolf Hagelmoser: Die Finanzen der Stadt Altenburg-Thür. vor und nach dem Weltkriege unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Reichsfinanzstatistik. Weida: Thomas & Hubert, 1933, Vorsatzblatt mit überklebter Widmung, durchleuchtet.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Aa 6 : 130 [t])

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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»Herrn Reichsstatthalter Sauckel
ergebenst gewidmet
Der Verfasser«

Rudolf Hagelmoser: Die Finanzen der Stadt Altenburg-Thür. vor und nach dem Weltkriege unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Reichsfinanzstatistik. Weida: Thomas & Hubert, 1933.

Vorsatzblatt mit überklebter Widmung, durchleuchtet



Rudolf Hagelmoser: Die Finanzen der Stadt Altenburg-Thür. vor und nach dem Weltkriege unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Reichsfinanzstatistik. Weida: Thomas & Hubert, 1933, vorderer Buchdeckel mit Signatur-Etikett der Thüringischen Landesbibliothek.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Aa 6 : 130 [t])

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Klassik Stiftung Weimar

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Der Volkswirtschaftler Rudolf Hagelmoser widmete ein Exemplar seiner Dissertation dem thüringischen NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel. Warum er dies tat und in welcher Beziehung er zu Sauckel stand, ist nicht bekannt. Hagelmoser war nie Mitglied der NSDAP oder einer anderen nationalsozialistischen Gliederung. Bis 1943 arbeitete er ausschließlich in privaten Unternehmen. Danach war er als Sachbearbeiter beim Werberat der deutschen Wirtschaft in Berlin tätig. Der Werberat war dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt und für die staatliche Kontrolle jeder Art von Wirtschaftswerbung
zuständig.

Vorderer Buchdeckel des Widmungsexemplars mit Signatur-Etikett der Thüringischen Landesbibliothek





Porträt Rudolf Hagelmoser (1898 – ?), um 1945

Aus der Sammlung von

Stadtarchiv Gotha

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Stadtarchiv Gotha

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Nach dem Ende des NS-Regimes kehrte Hagelmoser in seine Heimatstadt Altenburg zurück, die nun in der Sowjetischen Besatzungszone lag. Im September 1945 trat er in die neugegründete Liberal-Demokratische Partei (LDP) ein. Im November 1945 wurde er Stadtkämmerer in Gotha. Ab 1949 geriet er dort aufgrund seiner bürgerlich-akademischen Prägung unter ideologischen Druck. Ihm wurde »versteckte Hetze gegen die Sowjetunion« vorgeworfen. 1950 ging Hagelmoser zunächst nach Ost-Berlin. 1951 verließ er die DDR. Der Leiter des West-Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz Werner Otto, zuvor Landgerichtsrat in Gotha und ebenfalls LDP-Mitglied, verschaffte ihm eine Stelle in seiner Behörde.

Rudolf Hagelmoser (1898 – ?), um 1945



Porträt Fritz Sauckel (1894 – 1946), um 1934

Aus der Sammlung von

Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

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Quelle

Walter Hege

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Fritz Sauckel übernahm im Zweiten Weltkrieg die Funktion des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz. Als solcher war er für die Verschleppung von Millionen ausländischer Zwangsarbeiter in das Deutsche Reich verantwortlich. Nach der Kapitulation im Mai 1945 wurde er verhaftet, als einer der Hauptkriegsverbrecher angeklagt, zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet.

Fritz Sauckel (1894 – 1946), um 1934



Ansichten des Fürstenplatzes in Weimar, um 1933 (heute: Platz der Demokratie)

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek (oben); Foto Held Weimar (unten)

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Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek (oben); Foto Held Weimar (unten)

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Ansichten des Fürstenplatzes in Weimar, um 1933 (heute: Platz der Demokratie)


Hagelmosers Dissertation mit der Widmung für Sauckel befand sich im ehemaligen Büro des thüringischen Reichsstatthalters in der Landeshauptstadt Weimar. Zusammen mit zahlreichen weiteren Büchern wurde das Exemplar im Sommer 1945 in die Thüringische Landesbibliothek übernommen. Hier wurde die Widmung überklebt. Die Geschichte des Buches sollte den Nutzern der Bibliothek verborgen bleiben. Eine Durchleuchtung des Papiers brachte sie wieder zum Vorschein.

Das sogenannte Fürstenhaus (rechts) war in der Zeit der Weimarer Republik der Sitz des Thüringer Landtags. Ab 1939 befand sich dort bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs das Büro des Reichsstatthalters in Thüringen. In unmittelbarer Nähe: Die Thüringische Landesbibliothek (links).

Der Fürstenplatz wurde in der NS-Zeit für Propaganda-Veranstaltungen genutzt: Gautagung des nationalsozialistischen Reichsbunds der Deutschen Beamten, Kundgebung am 24. September 1933.



Animation der Durchleuchtung einer überklebten Widmung von Rudolf Hagelmoser.
Vorlage entnommen aus: Rudolf Hagelmoser: Die Finanzen der Stadt Altenburg-Thür. vor und nach dem Weltkriege unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Reichsfinanzstatistik. Weida: Thomas & Hubert, 1933.
(Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Aa 6 : 130 [t])

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Klassik Stiftung Weimar

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Vorsatzblatt mit der überklebten Widmung von Rudolf Hagelmoser für Fritz Sauckel, durchleuchtet

Eine virtuelle Ausstellung von

Team

Kurator: Rüdiger Haufe, Projektleitung, Redaktion Digitale Präsentation: Robert Sorg, Textredaktion: Rüdiger Haufe, Paul Kahl, Bildredaktion: Hannes Bertram, Rüdiger Haufe, Gestaltung Animationen: Andreas Wolter

Erstellt mit :
DDB Studio
Ein Service von:
DDB Studio

Diese Ausstellung wurde am 23.05.2024 veröffentlicht.



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Die virtuelle Ausstellung Monarchisten, Demokraten, Nationalsozialisten wird veröffentlicht von:

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Burgplatz 4
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gesetzlich vertreten durch

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Inhaltlich verantwortlich:

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Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Klassik Stiftung Weimar
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Kurator*innen:

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