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Drucksteine erzählen

Die Geschichte der Brüder Gerson und ihrer Steindruckerei Paul Pittius

Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin

Drucksteine erzählen

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Das Deutsche Technikmuseum in Berlin erwarb 2017 eine historische Steindruckwerkstatt mit einer Druckpresse, verschiedensten Arbeitsmaterialien und fast hundert Lithografiesteinen. Einige dieser Steine haben eine besondere Geschichte. Sie gehörten einst der Steindruckerei und Luxuskartenfabrik Paul Pittius in Berlin, deren Eigentümer Martin und Julius Gerson als Juden im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Die Ausstellung folgt dem Weg der Steine zurück in die Zeit, erzählt die Geschichte der Druckerei und erinnert an das Schicksal der beiden Brüder. Sie ist das Ergebnis der Provenienzforschung am Deutschen Technikmuseum und entstand gemeinsam mit den Familien der ehemaligen Eigentümer.



01

Provenienzforschung im Deutschen Technikmuseum

Was ist Provenienzforschung?



Provenienzforschung beschäftigt sich mit der Herkunft der Objekte im Museum und der Geschichte ihrer früheren Eigentümer*innen. Ziel ist es, im Nationalsozialismus geraubte Kulturgüter zu identifizieren und gemeinsam mit den Erb*innen eine faire und gerechte Lösung zu finden.

Im Zentrum der Provenienzforschung standen in der Vergangenheit hauptsächlich Gemälde und Kunstsammlungen. Doch es waren nicht nur Kunstwerke, die das NS-Regime den meist jüdischen Verfolgten raubte oder auf andere Weise entzog, sondern ebenso auch Radios, Schreibmaschinen, Fahrräder und Fotoapparate sowie ganze Unternehmen samt Maschinen. Diese digitale Ausstellung möchte zeigen, dass sich auch solche Gegenstände heute in Museen befinden und die Erforschung ihrer Herkunft möglich und notwendig ist.

Was sind Provenienzmerkmale?

Provenienzmerkmale sind Spuren, die Vorbesitzer*innen am Objekt hinterlassen haben und über die sich herausfinden lässt, wem es gehört hat, bevor es ins Museum kam. Auch auf den Objekten in der Sammlung des Deutschen Technikmuseums, die zumeist seriell hergestellt wurden, finden sich Spuren. Klassische Provenienzhinweise sind Stempel, alte Signaturen oder Exlibris - also in Bücher eingeklebte Zettel, die angeben, wem das Buch gehört. Bei technischen Objekten kommen Seriennummern dazu, die man mit alten Lieferbüchern abgleichen kann, um den ersten Käufer in Erfahrung zu bringen. Bei den Drucksteinen des Museums fand sich der entscheidende Hinweis im Druckmotiv.





Proportionalzirkel

Voigtländer & Sohn/Brüder Voigtländer (1756 - 1898) [Hersteller]
Joseph Peter von Zallinger (1730-1805) [Provenienz], um 1780, Wien

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Kurzbeschreibung
Proportionalzirkel, mit Etikett der Sammlung des Tiroler Naturforschers Joseph Peter von Zallinger (1730-1805) auf dem Etui

Sammlungsnummer

Auf dem Etui, in dem sich der Proportionalzirkel aus dem 18. Jahrhundert befindet, klebt ein altes Etikett, dass es als "Eigenthum des Jos. v. Zallinger" ausweist. Die darauf handschriftlich eingetragenen Zahlen lassen auf eine alte Nummerierung der Sammlung schließen. Der Zirkel gehörte ursprünglich dem Tiroler Naturforscher Joseph Peter von Zallinger (1730-1805). 1986 wurde die Sammlung durch das Auktionshaus Christie's versteigert. 1993 kaufte das Deutsche Technikmuseum dieses Objekt als Teil einer privaten Sammlung von Meßinstrumenten. Wem der Zirkel vor seiner Versteigerung gehörte, muss weitere Forschung klären.



Gästebuch des ehemaligen AEG-Direktors Heinrich Hirschberg

Heinrich Hirschberg [Provenienz]
Hermann Struck [Künstler], Gästebuch, 1916-1923, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

Stiftung Deutsches Technikmuseum /Clemens Kirchner

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Kurzbeschreibung
Heinrich Hirschbergs Exlibris wurde von dessen Freund, dem Berliner Künstler Hermann Struck (1876-1944) entworfen. Es zeigt im Vordergrund ein aufgeschlagenes Buch, im Hintergrund ist die Silhouette des AEG Kabelwerks Oberspree zu erkennen. Hermann Struck zeichnete auch den hier ausgestellten Gästebucheintrag, der seine Eindrücke von der Ostfront während des Ersten Weltkriegs festhält.

Exlibris

Das ausgestellte Gästebuch, das heute im Archiv des Technikmuseums aufbewahrt wird, gehörte Heinrich Hirschberg. Ein Aufkleber auf der Innenseite des Deckels macht dies deutlich. Solche Exlibris sind oft künstlerisch aufwendig gestaltet und zeigen den Besitz eines Buches an. Heinrich Hirschberg, 1876 in Berlin geboren, war Direktor und bis 1933 im Aufsichtsrat der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG). Er und seine Frau Rosa wurden nach 1933 als Juden verfolgt und mussten 1938 aus Deutschland fliehen. Über Nizza und Lissabon gelangten sie schließlich nach New York, wo Heinrich Hirschberg 1946 starb.



Titelseite des Buchs „Le fond de la mer“ von Louis Joubin, gedruckt 1920

Louis Joubin [Autor]
Hachette [Verlag], 1920, Paris

Aus der Sammlung von

Collège le Prieuré & Lycée Catholique de Pontlevoy

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Quelle

Stiftung Deutsches Technikmuseum/Clemens Kirchner

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Kurzbeschreibung
Unten rechts der Stempel der französischen Mädchenschule.

Stempel

Das 1920 erschienene Buch „Le fond de la mer (Der Meeresboden)“ des französischen Meereszoologen Louis Joubin beschreibt die Meere, ihre Bewohner und ihre Nutzung. Die Stempel auf dem Titelblatt geben Auskunft über die Geschichte des Buches. Der rote Abdruck mit zwei Hakenkreuzen wurde ab 1936 vom Institut und Museum für Meereskunde in Berlin verwendet. Der blaue Stempel verweist auf die ursprüngliche Eigentümerin des Buches, eine Mädchenschule in Frankreich. Dort wurde es 1941 von Deutschen Besatzungstruppen geraubt und nach Berlin gebracht. 2021 gab das Deutsche Technikmuseum das Buch an die Schule, das heutige Collège le Prieuré & Lycée Catholique de Pontlevoy, zurück. 

02

Drei Drucksteine mit Botschaft



Lithographiestein mit Werbemotiv der Firma Paul Pittius

Paul Pittius [Herstellung], Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

Stiftung Deutsches Technikmuseum / Clemens Kirchner.

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Kurzbeschreibung
Der Text lautet: "Zum Glückwunsch und als Festtagsgruß Wähl' Karten von Paul Pittius"

"...wähl Karten von Paul Pittius"

In der Dauerausstellung Drucktechnik des Deutschen Technikmuseums ist dieser Druckstein ausgestellt, auf dem ein Werbespruch der Berliner Steindruckerei Paul Pittius zu erkennen ist. Das ineinander verschlungene „PP“ ist das Logo der Firma. Zwei weitere Drucksteine mit ähnlichen Spuren befinden sich heute im Depot des Museums.



Lithographiestein mit Werbemotiv der Firma Paul Pittius.

Paul Pittius [Herstellung], Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

Stiftung Deutsches Technikmuseum / Clemens Kirchner

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Kurzbeschreibung
Der Text lautet: "Wer Freunde will zum Fest beglücken, muss 'Pittius'-Glückwunschkarten schicken!"

"Wer Freunde will zum Fest beglücken, muss 'Pittius'-Glückwunschkarten schicken!“, Lithografiestein im Depot des Museums.



Lithographiestein mit Werbemotiv der Firma Paul Pittius.

Paul Pittius [Herstellung], Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

Stiftung Deutsches Technikmuseum/Clemens Kirchner

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Auf diesem Lithografiestein aus dem Depot des Museums ist deutlich „Pittius“ zu lesen. Was ursprünglich darauf stand, ist nicht mehr zu rekonstruieren.



Ausschnitt aus dem Interview mit dem Berliner Lithographen und Offset-Drucker Dietmar Liebsch.

Film, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

SDTB/SMIDAK Filmproduktion

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Ausschnitt aus dem Interview mit dem Lithografen und Offset-Drucker Dietmar Liebsch, Minute 33:23-34:27


"Nicht sehr viel Zeit mehr, um noch was zu retten..."

Die Drucksteine kamen mit der 2017 von Dietmar Liebsch übernommenen Lithografiewerkstatt ins Museum. Er hatte diese unter großen Mühen in der DDR aufgebaut und sie seit 1972 gemeinsam mit seiner Frau, der Lithografin Helga Liebsch betrieben. Vor dem ehemaligen Standort der Firma Paul Pittius in der Köpenicker Straße 110 in Berlin-Mitte erzählt er, wie er an den Grundstock seiner Werkstatt gelangte. 1964 sollte die Druckerei Pittius geschlossen und das Gebäude abgerissen werden. Helga Liebsch war bei Pittius beschäftigt und erfuhr, dass auch die Maschinen, Arbeitsmaterialien und Steine entsorgt werden sollten. Dietmar Liebsch erwarb daraufhin Teile der Ausstattung für 50 Ostmark beim Konkursverwalter und lagerte alles ein. So begann die Geschichte seiner Werkstatt und endete die Geschichte der einst bedeutenden Steindruckerei Paul Pittius.

03

Die Steindruckerei und Luxuskartenfabrik Paul Pittius



Die Fassade des 1907 neu errichteten Fabrikgebäudes der Steindruckerei "Paul Pittius"

Zeitschrift, 1908, Berlin

Aus der Sammlung von

Zentral- und Landesbibliothek

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BAW_1908_11.pdf_00000035_Zuschnitt.png
Die Fassade des 1907 neu errichteten Fabrikgebäudes entwarfen der Architekt A. F. M. Lange und der Baumeister Kurt Berndt, beide Berlin.


In der Steindruckerei

Die Steindruckerei und Luxuskartenfabrik Paul Pittius wurde im Jahr 1899 in Berlin gegründet. Seit 1907 hatte sie ihren Sitz in der Köpenicker Straße 110 in Berlin-Mitte in einem eigens hierfür errichteten Fabrikgebäude. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie zu den führenden Berliner Steindruckereien. Rund 500 Mitarbeiter*innen waren hier beschäftigt.
Wie der Alltag in der Firma Ende der 1930er-Jahre aussah, zeigt ein Album zu einem vierzigjährigen Dienstjubiläum. Es enthält Fotos der Beschäftigten und wurde 1997 vom Deutschen Technikmuseum unabhängig von den Drucksteinen angekauft. Eine weitere Mappe mit Fotos der Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten aus dem gleichen Zeitraum hat sich in Privatbesitz erhalten. Die Familie des letzten Eigentümers hatte sie zusammen mit anderen Andenken bei ihrer Auswanderung Anfang der 1950er-Jahren mit in die USA genommen.



Aus dem Arbeitsalltag

Paul Pittius [Herstellung], Fotos, 1939, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum (für das Foto Nr. 9)
Privatsammlung, Familie Philipp Kühnlein (alle anderen)

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Kurzbeschreibung
Die Fotos zeigen die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten und stammen aus zwei Erinnerungsalben für Erich Wolberg von 1939. Eines der Alben befindet sich im Deutschen Technikmuseum, das andere in Privatbesitz der Familie von Philipp Kühnlein.

Links ist einer der vielen Grafiker zu sehen, die für das Unternehmen arbeiteten und die Motive entwarfen. Das mittlere Bild zeigt, wie der Stein  geschliffen und für den Lithografen vorbereitet wurde. Dieser übertrug dann das Motiv spiegelverkehrt. Bei mehrfarbigen Motiven musste für jede Farbe ein eigener Stein vorbereitet werden, da bei jedem Druckvorgang nur eine Farbe verwendet werden konnte.



Aus dem Arbeitsalltag

Paul Pittius [Herstellung], Fotos, 1939, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum (für das Foto Nr. 9)
Privatsammlung, Familie Philipp Kühnlein (alle anderen)

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Kurzbeschreibung
Die Fotos zeigen die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten und stammen aus zwei Erinnerungsalben für Erich Wolberg von 1939. Eines der Alben befindet sich im Deutschen Technikmuseum, das andere in Privatbesitz der Familie von Philipp Kühnlein.

Der Steindruck, auch Lithografie genannt, ist das älteste Flachdruckverfahren. Druckende und nichtdruckende Stellen liegen hier auf einer Ebene. Vor dem Druckvorgang wird der Stein mit Wasser benetzt, damit die Farbe nur auf dem Druckmotiv haften bleibt. Die Farbe wird gemischt (links) und mit der Walze gleichmäßig aufgebracht. Für hohe Auflagen wurde eine Schicht Baumharz, Kolophonium, aufgetragen, die das Motiv vor schneller Abnutzung schützt.



Aus dem Arbeitsalltag

Paul Pittius [Herstellung], Fotos, 1939, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum (für das Foto Nr. 9)
Privatsammlung, Familie Philipp Kühnlein (alle anderen)

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Kurzbeschreibung
Die Fotos zeigen die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten und stammen aus zwei Erinnerungsalben für Erich Wolberg von 1939. Eines der Alben befindet sich im Deutschen Technikmuseum, das andere in Privatbesitz der Familie von Philipp Kühnlein.

Der Drucker stellte zunächst die Druckpresse ein (links). Vom Druckvorgang selbst ist kein Foto in der Sammlung enthalten.  Nach dem Druck wird der Bogen abgenommen. Rechts ein Saal mit Druckpressen bei Paul Pittius. Soweit erkennbar, handelt es sich um Steindruckpressen, die von der Firma Erasmus Sutter aus Berlin hergestellt wurden. Eine Druckpresse gleichen Typs befindet sich in der Ausstellung im Deutschen Technikmuseum.



Aus dem Arbeitsalltag

Paul Pittius [Herstellung], Fotos, 1939, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum (für das Foto Nr. 9)
Privatsammlung, Familie Philipp Kühnlein (alle anderen)

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Kurzbeschreibung
Die Fotos zeigen die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten und stammen aus zwei Erinnerungsalben für Erich Wolberg von 1939. Eines der Alben befindet sich im Deutschen Technikmuseum, das andere in Privatbesitz der Familie von Philipp Kühnlein.

Mit großen Steinen konnten gleichzeitig mehrere Reihen von Postkarten hergestellt werden. Dabei müssen zusätzlich Bogenanlegerinnen und Bogenfängerinnen an der Maschine arbeiten. Diese Arbeit wurde oft von Frauen übernommen. Auf dem rechten Bild werden die fertigen Bögen zum Trocknen gelagert.



Aus dem Arbeitsalltag

Paul Pittius [Herstellung], Fotos, 1939, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum (für das Foto Nr. 9)
Privatsammlung, Familie Philipp Kühnlein (alle anderen)

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Kurzbeschreibung
Die Fotos zeigen die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten und stammen aus zwei Erinnerungsalben für Erich Wolberg von 1939. Eines der Alben befindet sich im Deutschen Technikmuseum, das andere in Privatbesitz der Familie von Philipp Kühnlein.

Die Bögen wurden geschnitten bis die einzelnen Postkarten vorlagen (links). In der Prägewerkstatt wurden Post- und Visitenkarten mit Verzierungen versehen - auf Wunsch auch in Goldprägung. Die dafür nötigen Stempel fertigte das Unternehmen Paul Pittius selbst an, wie im Bild rechts zu sehen ist.



Aus dem Arbeitsalltag

Paul Pittius [Herstellung], Fotos, 1939, Berlin

Aus der Sammlung von

Stiftung Deutsches Technikmuseum (für das Foto Nr. 9)
Privatsammlung, Familie Philipp Kühnlein (alle anderen)

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Kurzbeschreibung
Die Fotos zeigen die verschiedenen Arbeitsschritte bei der Herstellung von Postkarten und stammen aus zwei Erinnerungsalben für Erich Wolberg von 1939. Eines der Alben befindet sich im Deutschen Technikmuseum, das andere in Privatbesitz der Familie von Philipp Kühnlein.

Die Post-, Visiten- und Glückwunschkarten wurden oft noch gefaltet, verziert und in Umschläge gesteckt. Danach gingen die Produkte in den Versand, wo zumeist Frauen an langen Tischreihen arbeiteten.



Postkarte "Glückliches Neues-Jahr!"

Paul Pittius [Hersteller, Verlag], Postkarte, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Angelika Lemke

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Neues Jahr.png


Die Produktpalette von Paul Pittius

Die Firma produzierte vor allem Post- und Glückwunschkarten. Aber auch andere Papierwaren, wie Visiten- und Einladungskarten, Adventskalender, Exlibris oder Glanzbilder -dazu später mehr - wurden im Steindruckverfahren hergestellt.



Muster von Visitenkarten und Einladungen

Paul Pittius [Hersteller, Verlag], Musterbuch, um 1928, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Angelika Lemke

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Kurzbeschreibung
2 Seiten aus dem Musterbuch "Besuchskarten und Familien-Anzeigen" der Firma Paul Pittius
Musterbuch montiert.png
Visitenkarten und Einladungskarten aus dem Musterbuch "Besuchskarten und Familien-Anzeigen", um 1928.


Exlibris aus einem Musterbuch der Firma Paul Pittius

Paul Pittius [Hersteller, Verlag], Exlibris, um 1928, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Angelika Lemke

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Muster Exlibris.png
Exlibris aus dem Musterbuch "Besuchskarten und Familien-Anzeigen", um 1928.


Glanzbild

Paul Pittius [Hersteller], Glanzbild, 1920er-Jahre, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Familie von Philipp Kühnlein

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Püppchen montiert.png
Das Püppchen ist ein sogenanntes Glanzbild, das aufwändig mit mehreren Farben gedruckt wurde.


Adventskalender

Paul Pittius [Hersteller, Verlag]
Conrad Scherzer [Künstler], Adventskalender, 1938, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Angelika Lemke

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Kurzbeschreibung
Der Adventskalender zeigt den Nürnberger Christkindelsmarkt und wurde von Conrad Scherzer gestaltet.
Advent.png
Der Adventskalender von 1938 zeigt den Nürnberger Christkindlesmarkt.


3 Postkarten

Paul Pittius [Hersteller, Verlag], Postkarten, 1920er, 1930er-Jahre, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Angelika Lemke

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Komposition 3 Karten.png

04

Die Eigentümer der Firma Paul Pittius: Julius und Martin Gerson



Bildausschnitt aus dem Gesellschaftervertrag

Paul Pittius, Handelsregisterakte, 1899-1971, Berlin

Aus der Sammlung von

Landesarchiv Berlin

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Quelle

Landesarchiv Berlin

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Kurzbeschreibung
Gesellschaftervertrag vom 2. Januar 1919 aus der Handelsregisterakte der Firma Paul Pittius

Paul Otto Hermann Pittius und Albert Wolff gründeten 1899 die Firma Paul Pittius. 1904 schied der Gründer Paul Pittius aus, das Unternehmen behielt allerdings seinen Namen. Zur gleichen Zeit stiegen die Brüder Julius und Martin Gerson in das Geschäft ein und führten es seit 1919 als offene Handelsgesellschaft – Julius als kaufmännischer, Martin als technischer Leiter. Julius Gerson wurde 1868 in Frankfurt/Oder als Sohn eines Getreidehändlers geboren, sein jüngerer Bruder Martin kam dort 1871 zur Welt. Gemeinsam zogen sie um 1900 nach Berlin und gründeten hier zunächst mit ihrem Bruder Georg einen Getreidegroßhandel, bevor sie die Firma Paul Pittius übernahmen.



Wohnhaus von Julius Gerson in Berlin-Dahlem

Zeitschrift, 1915

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Heidelberg

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Quelle

Universitätsbibliothek Heidelberg

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Kurzbeschreibung
Erbaut durch den Architekten Paul Renner, abgebildet 1915 in der Zeitschrift "Moderne Bauformen". Das Haus, das vor 1933 Treffpunkt vieler Intellektueller war, musste 1938 zwangsverkauft werden.

Julius und Martin Gerson waren beide politisch aktiv. Julius war seit 1898 SPD-Mitglied, ab 1917 dann in der USPD und im Spartakusbund. Beide gehörten dem „Bund Neues Vaterland“ an, der bedeutendsten pazifistischen Vereinigung während des Ersten Weltkriegs, die 1914 gegründet und 1916 verboten wurde. Während dieser Zeit wurden ihre beiden Wohnhäuser in Berlin-Dahlem zu einem Treffpunkt des sozialdemokratischen und sozialistischen Berlins: Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Franz Mehring oder Hugo Haase gehörten zum Freundeskreis. Sie dürften zudem den Druck von pazifistischen Flugschriften finanziert und wahrscheinlich auch organisiert haben und gerieten darum in das Visier der politischen Polizei. 1918 wurde Julius wurde deswegen angeklagt, letztendlich aber freigesprochen.
Als Mitglieder des mittlerweile in „Deutsche Liga für Menschenrechte“ umbenannten pazifistischen Bundes, blieben die beiden Brüder auch nach dem Ersten Weltkrieg ihren Überzeugungen treu. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 waren sie als Juden und politische Gegner des Nationalsozialismus besonderer Gefahr ausgesetzt.

05

Das Schicksal der Gersons und ihres Unternehmens nach 1933



Aktendeckel der Handelsregisterakte der Paul Pittius AG

Paul Pittius AG, Handelsregisterakte, 1933 bis 1936, Berlin

Aus der Sammlung von

Landesarchiv Berlin

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Quelle

Landesarchiv Berlin

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Kurzbeschreibung
Über die im Landesarchiv Berlin überlieferten Handelsregisterakten konnten die früheren Eigentümer der Firma Paul Pittius ermittelt werden.

Die "Arisierung" der Steindruckerei Paul Pittius

Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft waren Julius und Martin Gerson je zur Hälfte Eigentümer der Steindruckerei und damit auch der Drucksteine, die sich heute im Deutschen Technikmuseum befinden. Um das Unternehmen zu schützen, führten sie dieses bereits im Juli 1933 in eine Aktiengesellschaft über. Sie übergaben die Geschäfte ihren langjährigen Mitarbeitern und Vertrauten, Erich Wolberg und Philipp Kühnlein, die die Firma in ihrem Sinne fortsetzten, und traten von der Leitung zurück. Doch damit verloren sie ihre Haupteinkommensquelle. Bis 1936 verkauften die Gersons sämtliche Aktienanteile an ihre beiden Vertrauten. Nicht mehr die Rettung der Firma war ihr Ziel, sondern die Auswanderung aus Deutschland. Mit dem Verkauf der Aktienanteile unter dem Druck der NS-Verfolgung waren Julius und Martin nicht mehr an der Druckerei Paul Pittius beteiligt. Die Firma war „arisiert“ worden.

„Die Gebrüder Gerson haben mir ausdrücklich gesagt, daß sie nur im Wege der Judenverfolgung verkaufen. Ich war mit den Gebrüdern Gerson gut befreundet. Wir haben oft über die ganze Situation gesprochen. Man hat nur den einen Ausweg gesehen: Verkaufen und Deutschland verlassen.“

Zeugenaussage von Mary Gerold-Tucholsky, langjährige Prokuristin der Firma Paul Pittius und später Herausgeberin der Werke von Kurt Tucholsky, ihres zeitweiligen Ehemanns, in einem Entschädigungsverfahren nach Martin und Julius Gerson 1959.



Nachgeschichte des Unternehmens



1943 zerstörte ein Bombentreffer den Großteil der Steindruckerei Paul Pittius, darunter wohl mehr als zwei Drittel der Steine und fast alle Druckpressen. Mit den aus dem Schutt geborgenen Maschinen lief die Produktion in viel kleinerem Maßstab weiter. Von 1953 an stand die Firma, die zu diesem Zeitpunkt nur noch über zwei Steindruckpressen verfügte, unter DDR-Zwangsverwaltung, weil die Eigentümerin, die Witwe des 1951 verstorbenen Philipp Kühnlein, in West-Berlin lebte. Zehn Jahre später wurde die Druckerei geschlossen und die Steine nahmen über den Lithografen und Offset-Drucker Dietmar Liebsch ihren Weg ins Deutsche Technikmuseum.



Vermögenserklärung von Martin Gerson

Oberfinanzpräsident Berlin Brandenburg [Provenienz], Archivalie, 1942, Berlin-Brandenburg

Aus der Sammlung von

Brandenburgisches Landeshauptarchiv

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Quelle

Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA)

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Kurzbeschreibung
Vermögenserklärung von Martin Gerson aus den Bestand der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg vom 23. September 1942

Martin Gerson

Für Julius und Martin Gerson gab es keine Zukunft mehr in Deutschland. Ende 1938 floh Julius Gerson über Brüssel nach Nizza, zusammen mit Rosa, der Ehefrau seines Bruders. Martin blieb in Berlin zurück, vermutlich um verbliebenes Eigentum zu verkaufen. Die beiden Wohnhäuser der Gersons mussten unter dem Druck der Verfolgung veräußert werden. Martin zog im Oktober 1938 in eine Einzimmerwohnung am Hohenzollerndamm 35a in Berlin-Wilmersdorf. Am 25. September 1942 wurde er mit dem 67. Alterstransport ins Ghetto Theresienstadt verschleppt, wo er am 04. April 1943 ermordet wurde. Vorher musste er eine Vermögenserklärung ausfüllen, in der er jeden Gegenstand seines Zimmers auflisten musste. Alles wurde nach seiner Deportation zu Gunsten des Reichs eingezogen und verkauft oder an staatliche Stellen weitergegeben.



Foto von Martin Gerson

Martin Gerson [abgebildet], Fotografie, Ende der 1920er-Jahre

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Angelika Lemke

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Quelle

Familie von Julius Gerson

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Martin freigestellt2.png

Martin Gerson

Geboren am 30. Januar 1871 in Frankfurt/Oder.
Am 25. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 04. April 1943 ermordet.





Karteikarte zu Julius Gerson aus der Untersuchungshaftanstalt Karlsruhe

Karteikarte, 1944, Karlsruhe

Aus der Sammlung von

Generallandesarchiv Karlsruhe

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Quelle

Generallandesarchiv Karlsruhe

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Kurzbeschreibung
Julius Gerson wurde am 15. März 1944 als Schutzhäftling in die Untersuchungshaftanstalt Karlsruhe eingeliefert und verstarb hier laut handschriftlicher Ergänzung auf der Karteikarte nur eine Woche später, am 22. März 1944.

Julius Gerson

Julius Gerson lebte nach seiner Flucht in Nizza, im zunächst unbesetzten Teil Frankreichs. Nach der Besetzung des Gebiets durch deutsche Truppen wurde er im Dezember 1943 verhaftet und nach Deutschland verschleppt. Eine Sterbeurkunde mit der Adresse des Untersuchungsgefängnisses Karlsruhe gibt seinen Tod mit dem 22. März 1944 an. Vermutlich wurde er Opfer der sogenannten Nacht-und-Nebel-Aktion, die sich gegen politische Gegner in den besetzten Gebieten richtete und ohne Spuren zu hinterlassen durchgeführt werden sollte. Auf dem jüdischen Friedhof Karlsruhe befindet sich sein Grabstein – wer ihn errichten ließ, konnte bislang nicht in Erfahrung gebracht werden.

Julius Gerson

Julius Gerson, geboren am 28. Juli 1868 in Frankfurt/Oder.
Am 16. Dezember 1943 in Nizza verhaftet und verschleppt.
Am 22. März 1944 im Gefängnis Karlsruhe ermordet.

Von Julius Gerson hat sich kein Foto erhalten.



06

NS-Raubgut im Museum



Glanzbild

Paul Pittius [Hersteller], Glanzbild, 1920er-Jahre, Berlin

Aus der Sammlung von

Privatsammlung, Familie von Philipp Kühnlein

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Quelle

Firma Paul Pittius, Familie von Philipp Kühnlein

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Püppchen montiert.png


Mehr Drucksteine mit Vergangenheit

Am Anfang ging das Deutsche Technikmuseum von drei Drucksteinen aus, die der Steindruckerei Paul Pittius gehört hatten. Hier waren es die aufgebrachten Werbesprüche, die die Zuordnung eindeutig machten. Als weitere Recherchen bisher unbekannte Produkte des Unternehmens ausfindig machten, waren es Glanzbilder und Glückwunschkarten, die beim Identifizieren weiterer Steine von Paul Pittius im Depot des Deutschen Technikmuseums halfen. Wie das möglich war, zeigen die nächsten Unterseiten.



Glanzbild, Motiv Kind mit Sonnenschirm und Hut, und entsprechender Lithographiestein

Paul Pittius [Hersteller], 1920er-Jahre, Berlin

Aus der Sammlung von

Glanzbild: Privatsammlung, Familie Kochman
Lithografiestein: Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

Glanzbild: Privatsammlung, Familie Kochman Lithografiestein: Stiftung Deutsches Technikmuseum / Clemens Kirchner

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Das Glanzbild links wurde von der Steindruckerei Paul Pittius hergestellt und vertrieben. Es hat sich in Privatbesitz erhalten. Der zugehörige Druckstein befindet sich heute im Deutschen Technikmuseum. Zur besseren Vergleichbarkeit ist er hier gespiegelt abgebildet. Bei dem Stein handelt sich um einen sogenannten Umdruckstein. Von ihm wurden die einzelnen Farben auf andere Steine übertragen.



Glanzbild, Kind mit blauem Kleid und Hutschleife, und entsprechender Lithografiestein

Paul Pittius [Hersteller], 1920er-Jahre, Berlin

Aus der Sammlung von

Glanzbild: Privatsammlung, Familie von Philipp Kühnlein
Lithografiestein: Stiftung Deutsches Technikmuseum

Wie darf ich das Objekt nutzen?

Quelle

Glanzbild: Privatsammlung, Familie von Philipp Kühnlein Lithografiestein: Stiftung Deutsches Technikmuseum /Clemens Kirchner

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Um mehrfarbige Motive drucken zu können, mussten diese in ihre einzelnen Farben zerlegt und je mit einem separaten Stein gedruckt werden. Der Stein rechts im Bild druckte nur die blauen Stellen, also nur Rock und Schleife des Motivs. Ohne das dazu passende Glanzbild hätte er nicht der Firma Paul Pittius zugeordnet werden können. Zur besseren Vergleichbarkeit ist er spiegelverkehrt abgebildet.



Postkarte von Paul Pittius und dazugehöriger Lithografiestein

Paul Pittius [Hersteller], Lithografie, 1920er-Jahre, Berlin

Aus der Sammlung von

Postkarte: Saarländisches Schulmuseum
Lithografiestein: Stiftung Deutsches Technikmuseum

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Quelle

Postkarte: Saarländisches Schulmuseum, Lithografiestein: Stiftung Deutsches Technikmuseum / Clemens Kirchner

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Dieser Umdruckstein aus dem Eigentum der Firma Paul Pittius konnte durch eine im Saarländischen Schulmuseum erhaltene Postkarte zugeordnet werden.

Faire und gerechte Lösung

Julius und Martin Gerson wurden nach 1933 als Juden und politische Gegner des Nationalsozialismus verfolgt und mussten ihr Unternehmen unter Zwang veräußern. Daher sind die Drucksteine, die sich heute im Deutschen Technikmuseum befinden, als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut - kurz NS-Raubgut - zu betrachten. Nach Maßgabe der 1998 formulierten Washingtoner Prinzipien soll NS-Raubgut an die Beraubten oder deren Erb*innen zurückgegeben oder mit diesen gemeinsam eine andere faire und gerechte Lösung gefunden werden.

Nachdem das Deutsche Technikmuseum den Fund der Drucksteine publizierte, traten Angehörige der Gersons mit dem Museum in Kontakt - zunächst um sich über die völlig vergessene Geschichte der Firma Paul Pittius zu erkundigen. Durch gemeinsame Recherchen konnte mehr zu dem Unternehmen und insbesondere zum Schicksal der Brüder Gerson in Erfahrung gebracht werden. Mit der Erbin, der Enkelin von Julius Gerson, wurde anschließend die Frage nach dem weiteren Umgang mit den Drucksteinen erörtert. Sie entschied, dass diese im Deutschen Technikmuseum verbleiben dürfen und eine Ausstellungstafel an Martin und Julius Gerson und die Steindruckerei Paul Pittius erinnern soll.

Am 23. März 2023 wurde auf Initiative der Familie ein Stolperstein für Julius Gerson vor dem Haus Im Dol 23 in Berlin-Dahlem verlegt. An Martin Gerson erinnert seit 2016 ein Stolperstein vor dem Haus Hohenzollerndamm 35 a.



Epilog oder was diese Ausstellung nicht erzählt

Diese Ausstellung hat sich darauf beschränkt, der Herkunft der Drucksteine zu folgen und an die Geschichte ihrer Eigentümer, der Brüder Julius und Martin Gerson zu erinnern. Sie erzählt aber viele weitere Geschichten nicht. So ließ sie die acht Geschwister der Gersons unerwähnt, von denen zwei im Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden und ein Bruder im Untergrund überlebte.

Sie erzählt auch nicht die Geschichte ihrer Familien. Die Kinder der Gersons verließen Deutschland unmittelbar nach Machtantritt der Nationalsozialisten. Martins Tochter Susi und seine Ehefrau Rosa wurde 1940 ins französische Internierungslager Gurs verschleppt. Nach ihrer Freilassung wenige Monate später heiratete Susi den Künstler Alberto Magnelli, einen bedeutenden Vertreter der abstrakten Malerei. Als das Departement 1943 von Deutschen Truppen besetzt wurde, wurden Susi und Rosa von Bekannten versteckt, bevor sie dann mit falschen Pässen in Paris untertauchten, wo sie 1944 befreit wurden. Julius Sohn Heinz wanderte zunächst nach Palästina aus und trat dann der britischen Armee bei. Im November 1945 kam er als Soldat nach Berlin und machte sich hier auf die Suche nach überlebenden Familienmitgliedern. Julius Tochter Eva, die nach dem Krieg als Philologin arbeitete, ihr Mann, der Schriftsteller und Historiker Valeriu Marcu und die gemeinsame Tochter flohen mit Hilfe des Rettungsnetzwerks des US-Amerikaners Varian Fry in die USA.

Die Ausstellung ging auch nicht auf die Rolle der beiden langjährigen Mitarbeiter der Steindruckerei Paul Pittius ein, die das Unternehmen ab 1936 übernahmen und dabei halfen, Vermögenswerte der Gersons vor dem Zugriff des Staates in Sicherheit zu bringen. Nach 1945 unterstützte Philipp Kühnlein nicht nur die überlebenden Familienmitglieder der Gersons finanziell, sondern vertrat auch ihre Angelegenheiten vor verschiedenen Wiedergutmachungsämtern.

Die Ausstellungsmacher*innen hoffen, dass andere diese bisher unerzählten Geschichten aufgreifen und weitererzählen.  



Danksagungen

An erster Stelle danken wir Miki Marcu, der Enkelin von Julius Gerson. Ihre Bereitschaft, die Lithografiesteine im Museum zu belassen, gibt uns die Möglichkeit mit den originalen Steinen an Julius und Martin Gerson zu erinnern.

Unser besonderer Dank gilt Angelika Lemke, die mit uns gemeinsam die Geschichte von Julius und Martin Gerson erforschte und die Erstellung dieser Ausstellung begleitete. Sie hat nicht nur den Kontakt zur Erbin vermittelt, sondern ihre eigenen Recherchen und umfangreiches Material aus Familienbesitz beigesteuert.

Danke an Norbert Nicking und Familie für die Gespräche über die Familiengeschichte und die Zustimmung, davon in dieser Ausstellung berichten zu dürfen.

Danke an Philip Kochman und die Familie von Philipp Kühnlein für die Materialen zur Firma Paul Pittius, mit denen der Arbeitsalltag bei Paul Pittius gezeigt und mit deren Hilfe weitere Steine identifiziert werden konnten.

Diese Ausstellung enstand im Rahmen des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekts "Identifizierung von NS-Raubgut in den zwischen 1982 und 1989 inventarisierten Beständen des Deutschen Technikmuseums".



Eine virtuelle Ausstellung von

Team

Peter Prölß und Elisabeth Weber, Provenienzforschung am Deutschen Technikmuseum

Erstellt mit :
DDB Studio
Ein Service von:
DDB Studio

Diese Ausstellung wurde am 13.03.2023 veröffentlicht.



Impressum

Die virtuelle Ausstellung Drucksteine erzählen wird veröffentlicht von:

Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin
Trebbiner Straße 9
10963 Berlin
gesetzlich vertreten durch Direktor Joachim Breuninger

Telefon: +49 (0)30 / 90254-0
Fax: +49 (0)30 / 90254-175
E-Mail:  info@technikmuseum.berlin

Inhaltlich verantwortlich:
Joachim Breuninger

Kurator*innen:
Peter Prölß, Elisabeth Weber

 

Rechtliche Hinweise:
Die Deutsche Digitale Bibliothek verlinkt die virtuelle Ausstellung auf ihrer Internetseite https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/virtuelle-ausstellungen. Dabei wurde auf die Vertrauenswürdigkeit der Institution, welche die Ausstellung veröffentlich hat sowie die Fehlerfreiheit und Rechtmäßigkeit der virtuellen Ausstellung besonders geachtet. Der auf dieser Internetseite vorhandene Link vermittelt lediglich den Zugang zur virtuellen Ausstellung. Die Deutsche Digitale Bibliothek übernimmt keine Verantwortung für die Inhalte der virtuellen Ausstellung und distanziert sich ausdrücklich von allen Inhalten der virtuellen Ausstellung, die möglicherweise straf- oder haftungsrechtlich relevant sind oder gegen die guten Sitten verstoßen. 

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Inhaltlich verantwortlich: 
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Deutsche Digitale Bibliothek
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Konzeption:
Nicole Lücking, Deutsche Digitale Bibliothek
Stephan Bartholmei, Deutsche Digitale Bibliothek
Dr. Michael Müller, Culture to Go GbR

Design: 
Andrea Mikuljan, FIZ Karlsruhe - Leibniz Institut für Informationsinfrastruktur GmbH

Technische Umsetzung:
Culture to Go GbR mit Grandgeorg Websolutions

Hosting und Betrieb:  
FIZ Karlsruhe - Leibniz Institut für Informationsinfrastruktur GmbH



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