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Hochmittelalterliches Kruzifix

Beschreibung

Kruzifix mit vollplastischem, hochmittelalterlichem Corpus und 1689 neu hinzugefügten Kreuzbalken. Der Corpus steht auf einem mit der Figur verbundenen, recht großen Fußkeil in fast aufrechter Haltung. Der Oberkörper aufrecht und nicht hängend, die Schultern daher auf einer Achse mit den waagerecht nach außen gerichteten Armen, diese angesetzt. Der Kopf leicht nach vorne rechts geneigt. Auffallend lange Zehen und Finger. Der Körper schlank, die Hüfte stärker. Bis auf eine angedeutete Brustmuskulatur keine anatomische Durcharbeitung der Figur. Um die Hüften ein bis zu den Knien reichender Lendenschurz. Oben durch ein kräftiges Band abgeschlossen, links und rechts der Schurz überlappend. Das Band vor dem Bauch geknotet und ein Ende in der Mitte nach unten hängend, womit ein Kreuz angedeutet wird. Die Faltung des Schurzes fast starr. In den Füßen die beiden Nägel plastisch aus Holz, in den Handflächen aufgemalt, vielleicht aber ehemals ebenfalls plastisch. Der Kopf mit langem Haupthaar und Vollbart, beide modisch geflochten. Das Gesicht flach gestaltet, die Augen weit geöffnet. Diese Fassung ist nicht original. Sie stammt vielleicht von 1689, denn sie zeigt eine im Barock beliebte Darstellung als leidenden Christus, mit Wundmalen und geschlossenen Augen. Die ursprüngliche Fassung hatte sicher ein anderes Erscheinungsbild zur Folge.

ÜBERLEGUNGEN ZUR HERKUNFT
Herkunft und Alter des Kreuzes sind durchaus spannend, da noch nicht endgültig geklärt. Sicher ist, dass das Kreuz 1909 vom Hanschenbauer Josef Werndl aus Holzolling vom Miesbacher Museum käuflich erworben wurde. Zuvor sei es am Holzollinger Mesnerhaus gewesen, von wo es vermutlich aus der dortigen Kirche gekommen sei. Diese Kirche wird bereits 795 erstmals urkundlich genannt und ist damit eine der ältesten der Gegend. Das Kreuz könnte aber auch aus dem nahen Kloster Weyarn stammen, das bis zur Säkularisation Einfluss in Holzolling hatte. Dafür spricht die feine Qualität der Skultpur. Außerdem fällt an den Füßen des Corpus die Fettablagerung auf, welche durch häufige Berührung entstanden ist. Eine Berührung wie sie beispielsweise im monastischen Zusammenhang denkbar wäre. Demnach ergäbe sich folgende Hypothese: Der stilistisch auf das 11. Jahrhundert verweisende Corpus Christi könnte aus dem Besitz der Falkensteiner stammen. Diese mächtige Adelsfamilie wandelte 1133 ihre Burg in Weyarn in ein Kloster um. Die Burgkapelle St. Jakob diente dabei als erste Klosterkirche, hier befand sich bis 1343 die Ruhestätte der Klostergründer Siboto II. und seiner Gemahlin. Möglich also, dass das Kruzifix als Erbstück der Falkensteiner 1133 in den Besitz des Klosters Weyarn überging. Demnach wäre eine Bezeichnung als Falkensteiner Kruzifix möglich.

Kurzbeschreibung

Der Corpus Christi des Kruzifixes ist einer der ganz wenigen erhaltenen aus ottonischer oder frühromanischer Zeit in dieser Größe. Sehr viel häufiger sind Großkreuze, wie etwa das Schaftlacher Kreuz. Das Miesbacher Kreuz zeigt den Typus eines Viernägelchristus in Herrscherpose (Christus triumphans), typisch für die Darstellungsweise dieser Zeit. Die Datierung könnte durch eine dendrochronologische Untersuchung genauer geklärt werden.

Institution

Rechtsstatus

Typ

Kruzfix

Beteiligte Personen und Organisationen

1909 gekauft

Zeit

Vermutlich 11. Jahrhundert (Corpus) und 1689 (Kreuzbalken)

Maße/Umfang

76 x 62,5 x 14 cm

Material/Technik

Holz, gefasst

Identifikator

Inv.-Nr. 01071

Dateien

Hochmittelalterliches Kruzifix
48 FB_MB_01071 - Kopie.jpg
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Quellenangabe

„Hochmittelalterliches Kruzifix,” Schätze aus dem Heimatmuseum Miesbach, zuletzt aufgerufen am 28. September 2024, https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/heimatmuseum-miesbach/items/show/3.