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Altarblatt „Freundschaft Christi“

Beschreibung

Der linke Seitenaltar wurde früher als Freundschaft-Christi-Altar bezeichnet. Seine Titulatur verweist auf die ältere Bedeutung des Begriffs Freundschaft. Es war früher ein Synonym für Verwandtschaft, wie uns der Sprachforscher Schmeller berichtet. Demgemäß sind auf dem Gemälde Angehörige Jesu dargestellt. Dieses Genre ist recht ungewöhnlich, denn normalerweise kennt man in der christlichen Ikonographie das Motiv der Heiligen Sippe. Dort sind neben aus der Familie Jesu oft bist zu 26 Personen abgebildet. Auf unserem Bild sind es dagegen lediglich sieben.
Das Gemälde ist durch die Anordnung der Figuren optisch zweigeteilt. In der oberen Hälfte des Gemäldes Maria auf einer Erdkugel, um die sich eine Schlange windet und die unter dem linken Fuß der Gottesmutter liegt und die Feuer ausspeit. Unter dem rechten Fuß Mariens liegt ein umgekehrter Halbmond. Beides Symbole für die durch das Christentum überwundenen Andersgläubigen. Maria hält in ihren Armen das Jesuskind, das nur notdürftig von einem Ende des Kopftuchs der Gottesmutter bedeckt ist. Das Jesuskind hält ein Kreuz mit einem sehr langen Stab in Händen. Es drückt den Stab auf die Schlange. Maria und Kind in einer Gloriole, darin mehrere Putti. Außerhalb der Gloriole weitere Putti, davon auf der rechten Seite die oberen zwei von der Übermalung teilweise freigelegt. Unter der Erdkugel vor einer braunen Wolke zwei Putti. Sie erinnern entfernt an die bekannten Putten auf der „Sixtinischen Madonna“ Raffaels.
In der unteren Hälfte des Gemäldes Angehörige der Familie Jesu. Von links nach rechts der Hl. Joachim, der Vater Mariens, die Hl. Anna, dessen Gemahlin, der Hl. Johannes der Täufer als Kind, vor ihm ein Lamm, das als Symbol für Jesu verstanden werden kann. Hinter Johannes steht sein Vater, der Hl. Zacharias und ganz rechts dessen Gemahlin, die Hl. Elisabeth
Am unteren Bildrand in der Mitte das Zunftzeichen der Weißgerber, darin „I. G. G.“ Zu beiden Seiten: „Ao: 1787. Zu Ehre Gottes und Maria hat der Ehrngeachte besheidene Herr Johann georg gerstl Burgg-Weisgerber alhier die zwey seiten Altär, und Kanzl als ein angedenckhen von den Seinigen beygeschaft.“
Das Altargemälde war 1787 als Stiftung des Weißgerbers Johann Georg Gerstl (um 1723-1797) und seiner zweiten Frau Eva (um 1739-1817) in die Stadtpfarrkirche gekommen. Da die verarmte Bevölkerung ansonsten wenig für eine Neuausstattung beitragen konnte, war es eine der wenigen Ausnahmen. Die folgenden Jahrzehnte blieben wirtschaftlich schwierig, zudem trat fast gleichzeitig ein Stilwandel zum Klassizismus bzw. Empirestil ein. Bei einer der beiden Kirchenrenovierungen 1833 oder 1854 dürfte das Gemälde dann verändert worden sein: der Hintergrund wurde braun übermalt, wodurch es seine spätbarocke Pracht verlor.
Spätestens anlässlich der historisierenden Umgestaltung der Jahre 1863/66 wurde das Gemälde schließlich entfernt. Es fand sich dann erst wieder um 1970 auf dem Dachboden des Rathauses. Anlässlich einer Restaurierung 1998 wurde das Bild schließlich geröngt. Dabei wurde die originale Gestalt des Bildes erkennbar gemacht: Statt des braunen Hintergrundes um die Personen, eröffnete sich ein Blick in einen herrschaftlichen Garten. Links eine große, bauchige und gedrehte Säule, teilweise von einem Vorhang umweht. Rechts öffnete sich der Blick in einen von Zypressen gesäumten Garten mit Springbrunnen. Die sechs begleitenden Puttiköpfe (mit Ausnahme der beiden unterhalb Mariens) sind eigentlich Köpfe ganzfiguriger Engel, die teils stark bewegt sind und in ihren Händen Mariensymbole tragen. Um dies zu veranschaulichen, wurde die rechte obere Ecke freigelegt.

Kurzbeschreibung

Beim großen Brand von 1783 war auch die Pfarrkirche ein Raub der Flammen geworden. Bis auf wenige mobile Stücke – etwa die Gnadenfigur der Mater dolorosa – war die kostbare Ausstattung verloren gegangen. Aus der ersten Phase der notwendigen Neuausstattung hat sich dabei mit dem Altarblatt „Freundschaft Christi“ ein in zweifacher Hinsicht ungewöhnliches Werk erhalten. Zum einen zeigt es ein recht ungewöhnliches Sujet, zum anderen hat gewährt es einen Einblick in die Umbrüche in der Kunstgeschichte.

Institution

Rechtsstatus

Typ

Ölgemälde

Beteiligte Personen und Organisationen

Joseph Franz Xaver Graß (1737-1789)
Altbestand

Zeit

1787, mit späterer Veränderung

Maße/Umfang

249 x 155 cm

Material/Technik

Öl auf Leinwand

Sprache

Deutsch

Identifikator

Inv.-Nr. 01041

Dateien

136 01041 - geröngt.JPG
135 FB_MB_01041.jpg
137 FB_MB_02033.jpg

Quellenangabe

„Altarblatt „Freundschaft Christi“,” Schätze aus dem Heimatmuseum Miesbach, zuletzt aufgerufen am 28. Juni 2024, https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/heimatmuseum-miesbach/items/show/75.