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Der Donauraum – Zentren und Peripherien

Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde

Vorwort

Die Ausstellung entstand im Rahmen einer Sommerakademie unter Anleitung von Edit Király und Olivia Spiridon. Die unterschiedlichen fachlichen Hintergründe der Teilnehmenden führten zu der hohen Diversität der unterschiedlichen Beiträge. So reihen sich entlang des Donauverlaufs kreative Beiträge an visuell aufgearbeitete und inhaltlich pointierte Auseinandersetzungen. Grundlage für die einzelnen Ausstellungsfolien waren Fragmente aus Gedichten, Erzählungen, autobiografische Erinnerungen und Reiseberichte. Ziel war es nicht, eine bloße Aneinanderreihung von Fakten herzustellen, sondern, angeleitet durch die literarischen „Schnipsel“, der Bedeutung der Orte nachzuspüren.
Wir laden Sie ein, eine gemeinsame Donauschifffahrt zu machen. Sie werden immer wieder die Gelegenheit haben, das Schiff zu verlassen und sich die Orte anzuschauen. In Ulm können sie beim Versuch dabei sein, das Fliegen zu lernen. In Wien erleben Sie ein besonderes Schwimmbad, in Budapest Brücken, die die Stadt verbinden, und eine verschwundene Insel birgt zahlreiche Mythen. Am Ende werden Sie ins Schwarze Meer entlassen.  Wir wünschen Ihnen viel Spaß!


01

Einleitung



Johann Strauss (Sohn): An der schönen blauen Donau

Aus der Sammlung von

Wikipedia

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Kurzbeschreibung
Zitat
[1] = Franz Grillparzer: König Ottokars Glück und Ende. In: Ders.: Dramen 1817-1828. Frankfurt a. M.: Deutscher Klassiker Verlag 1986, S. 458.


Der Fluss

Die Donau ist lebensstiftend. Sie verbindet Orte, die vermeintlich nichts gemeinsam haben. Der Fluss überwindet kulturelle, zeitliche und geographische Grenzen. Franz Grillparzer (1791–1872) spricht vom „Silberband“ [1], das die multiethnische Habsburger Monarchie zusammenhält. Und wenn die Verständigung manchmal schwer war, schienen Musik und Tanz – etwa „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss (1825–1899) – weiterzuhelfen.  Der Fluss schafft einen geografischen Raum, der sich über 14.630 Quadratkilometer erstreckt. Nachfolgend kann er auf unterschiedlichen Karten betrachtet werden.



Donaukarte mit Zuflüssen

Aus der Sammlung von

IKT, IdGL, www.diedonaulesen.com

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Quelle

Gerhard Spring für die Webseite des Projekts "Die Donau lesen. (Trans-)Nationale Narrative im 20. und 21. Jahrhundert", D-A-CH Projekt (FWF und DFG).

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Donaukarte mit Zuflüssen_Gerhard Spring.JPG


Donaukarten

Um die Donau als ganzen Raum zu begreifen, bieten sich Karten an. Auffällig ist, dass nicht politische Grenzen, sondern die Verästelung der Nebenarme in den Vordergrund treten.



Ferdinando Luigi Marsigli: La Hongrie et le Danube. La Haye 1741, genordete Donaukarte

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL

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Kurzbeschreibung
Zitat: Franz Tummler, Sätze von der Donau: München: Piper 1972, S. 15.
Marsigli Donaukarte genordet.JPG


Lyrisch verarbeitet Franz Tumler den kartographischen Blick auf die Donau wie folgt:

sah nun auch ihre Mündungsarme
wie Verzweigung von
Wurzeln eines zweiten
Spiegelbildbaumes für den größeren
aus Flüssen eingesogenen Baum

Baum der mit feinen Wipfelzweigen
heraufrauschte durch Trockenheit und gelbe Luft
in ein Stockwerk grüner Gebirge auf das der
Großvater zeigte und sagte
da hier da sind wir [1]



Globus Video

Matthias Laufhütte, amCharts (2024), Animation, 2024

Aus der Sammlung von

Matthias Laufhütte

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Quelle

visitedplaces.com

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] Franz Tummler, Sätze von der Donau: München: Piper 1972, S. 15.
Donau aktualisiert – Mit Clipchamp erstellt.gif


Und sah Japan auf dem Globus
auf seiner tiefblauen Seite
und sah auf seiner anderen mit
Namen bedeckten Seite
die Donau als kleinen Faden
winzigen Baum
mit Verzweigungen ihrer

Nebenflüsse [1]

In der Unterschiedlichkeit haben die Donauländer eines gemeinsam: den Fluss.



Insel Schütt, entworfen von Johann Mathias Korabinszky (1740-1811)

Aus der Sammlung von

Leibniz Institute für East and Southeast European Studies

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Quelle

Leibniz Institute für East and Southeast European Studies (IOS) Accession number BV043434224, via Wikimedia Commons

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Kurzbeschreibung
Zitat: David Albahari, Tagelanger Schneefall. Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann. München: DTV 2012, S. 74.
Slowakei_BV043434224 Insel Schütt Wikimedia geschnitten.jpg


Die Große Schüttinsel ist eine Art Festlanddelta an der Grenze der heutigen Slowakei und Ungarn. Die Donau verändert hier nach jedem Hochwasser ihren Lauf.  Eine solche Gegend zu kartographieren ist fast unmöglich. Doch David Albaharis Urteil gilt für den gesamten Fluss: „Keine Karte [...] war übrigens [...] verständlich. Keine war beständig.“ [1]

Postkarten

Reisen werden seit 1869 von Postkarten begleitet. Sie werden oft von der Peripherie ins Zentrum versendet, um dem Zentrum zu zeigen, wie es in der Peripherie ist.

Welche Postkarten hätten wohl Franz Grillparzer und György Dalos von ihren Donaureisen geschrieben?





Montage Theben, Lithografie und Grillparzer

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL

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Kurzbeschreibung
Zitat:
Franz Grillparzer: Tagebuch auf der Reise nach Konstantinopel und Griechenland. In: Ders.: Tagebücher und Reiseberichte. Berlin: Verlag der Nation 1980, S. 364.
Montage Theben u Grillparzer.JPG


Ansichtskarte Bratislava, Burg - Montage

Aus der Sammlung von

IdGL

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IdGL, Sammlungen

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Kurzbeschreibung
Zitat: György Dalos: Für, gegen und ohne Kommunismus. Erinnerungen. München: C.H. Beck 2019, S. 236.
Montage 2 Dalos u Bratislava.JPG

02

Ulm



Ulm, Ansichtskarte

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL, Sammlungen

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Ernst Trost. Die Donau - Lebenslauf eines Stromes. Wien - München - Zürich: Fritz Molden 1968, S. 47.
Ulm_Münster mit Brücke.jpg


Unser erster Halt an der Donau

Ulm war schon seit der Stauferzeit ein Handelsknotenpunkt. Die Donauschifffahrt entwickelte sich zur tragenden Säule der Stadt. Durch den florierenden Handel konnten Großprojekte, wie das Ulmer Münster, über Jahrhunderte finanziert werden.
Auch heutzutage ist die Donau zentral, allerdings als Promenade und „große Zuschauertribüne“.[1] Die Donaubrücken verbinden hier zwei Bundesländer, sie überqueren die Grenze zwischen Ulm und Neu-Ulm.



Die letzte "Ulmer Schachtel"

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL, Sammlungen

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Marie-Kristin Hauke: Die Entstehung eines Mythos: Ulm als Auswandererort. In: Mathias Beer (Hg.): Migration und Mythen. Geschichte und Gegenwart – lokal und global. Ulm: Jan Thorbecke 2014, S. 46.
#6_Ulm.jpg


Ulmer Schachteln

Die an den ikonischen schwarz-weißen Streifen erkennbaren Ulmer Schachteln sind ein Wahrzeichen der Stadt. Auf den aus Tannenholz gezimmerten „Einwegschiffen“ fuhren im 17. und 18. Jahrhundert viele Auswanderer aus dem Deutschen Reich Donau abwärts. Sie machten sich auf den Weg in ein unbekanntes Land, von dem es hieß, dass dort „gebratene Tauben fliegen“.[1] Auf der wochenlangen, kräftezehrenden Reise bildete sich eine Schicksalsgemeinschaft.



Koffer donauschwäbischer Auswanderer, Exponat aus der Dauerausstellung „Donauschwaben. Aufbruch und Begegnung“ des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm

Aus der Sammlung von

Donauschwäbisches Zentralmuseum (DZM), Ulm

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Quelle

Donauschwäbisches Zentralmuseum (DZM)

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] Richard Wagner: Banater Elegie. In: Spiegelungen. Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas. Jg. 8 (68), H. 3 (2013), S. 262-263.

„Alptraumfähren des Fortkommens“

waren die Ulmer Schachteln für die Donauschwaben.[1]



Ansichtskarte Ulm und Textmontage

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL, Sammlungen

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] = Karl-Markus Gauß: Die Donau hinab. Mit Zeichnungen von Christian Thanhäuser. Innsbruck-Wien: Haymon 2009, S. 11-13.
grafik donauschwaben 1.png


Kirchweih mit Textmontage

Aus der Sammlung von

Janericloebe via Wikimedia Commons
Landsmannschaft der Banater Schwaben Kreisverband Fürth

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Marie-Kristin Hauke: Die Entstehung eines Mythos: Ulm als Auswanderungsort. In: Mathias Beer (Hg.): Migration und Mythen. Geschichte und Gegenwart – lokal und global. Ulm: Jan Thorbecke 2014, S. 62-63.
Folie Donauschwaben gefunden.png


Ulm - Schwörmontagsfestzug - Nabada - auf der Donau

Aus der Sammlung von

Wikimedia commons

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Quelle

Franzfoto

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Wolf-Henning Petershagen: Ulm und Neu-Ulm - Eine kleine Stadtgeschichte. Regensburg: Friedrich Pustet 2019, S. 66.
Ulm_-_Schwörmontagsfestzug_-Nabada-_auf_der_Donau_06.jpg


Montag: Schwören, Schwimmen, Nabada

Letzter Montag im Juli. Ulm. Weinhof.
„Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein in allen gleichen, gemeinsamen und redlichen Dingen ohne allen Vorbehalt.“ [1]
Seit 1345 lässt die Ulmer Bürgerschaft diesen Schwur jährlich aus dem Mund des Bürgermeisters erklingen, um danach stolz und ungezwungen in einem karnevalesken Schlauchbootvergnügen zur Feier ihrer Unabhängigkeit die Donau hinabzufahren – auf schwäbisch wortwörtlich Nabada.



Schneider von Ulm, Flugmaschine

Aus der Sammlung von

Wikimedia Commons

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] = Bertolt Brecht: Der Schneider von Ulm (Ulm 1592). In: Ders.: Gedichte. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1967, S. 23f. (zuerst erschienen 1939 unter dem Titel Ulm 1592).
[2] = Max Eyth: Der Schneider von Ulm. Roman. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1906.
Schneider_von_Ulm_Flugmaschine.png


Der Flieger von Ulm

„Bischof, ich kann fliegen“, sagte der Schneider von Ulm Bertolt Brecht zufolge.[1] „Narr, Narr, Narr“, erwiderten die Ulmer in Max Eyths Roman.[2] Der Versuch war tollkühn. Der Schneider wollte, was der Mensch nicht kann: Fliegen.

An Skepsis mangelte es nicht. Ganz Ulm fand sich am 31. Mai 1811 an der Donau ein, um den Flug von der Adlerbastei über die Donau zu sehen. Doch ein Adler wurde der Schneider nicht - wie ein Stein stürzte er in die Donau. „Schneider, bleib bei deinen Scheren“, haben die Ulmer damals gesagt.

Heute verehrt ihn die Stadt.



Ulm, Baden-Württemberg, Germany: Eagles Bastion and Memorial stone for Albrecht Ludwig Berblinger

Aus der Sammlung von

Uwe Aranas via Wikimedia Commons

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Quelle

Photo by CEphoto, Uwe Aranas via Wikimedia commons

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Kurzbeschreibung
Text des Ausstellungs-Teams
Ulm_Germany_Eagles-Bastion-and-Memorialstone-to-Albrecht-Ludwig-Berblinger-01_01.jpg


Eilmeldung

Der Schneider von Ulm hat's fliega
probiert - no hot'n der Deifel
en d'Donau nei g'führt.

Schande vor der Adlerbastei –
„Schneider von Ulm“ Albrecht Ludwig Ber-
blinger gedachte zu fliegen,
stürzte vor versammelter Masse in die Donau.

Wir sagen:
Schuster, bleib bei deinem Leisten
und scher dich zum Teufel!

03

Wien



Ansichtskarte: Unsere Donaustraße

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL, Sammlungen

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Johann Georg Kohl: Hundert Tage auf Reisen durch die österreichischen Staaten.Dresden und Leipzig: Arnold 1842, S. 156.
Wien_untere Donaustraße.jpg


Wien, das Scharnier der Region

Die Donaumetropole Wien war Hauptstadt eines Vielvölkerstaates und Begegnungsort verschiedenster Kulturen, ein wichtiges Handelszentrum und eine Schnittstelle zwischen Orient und Okzident. Über den gewaltigen Strom „spannen sich von jeher alle die Fäden aus, welche Deutschland mit dem Oriente verbanden".[1]



Ansichtskarte Wien, Donaukanal

Aus der Sammlung von

IdGL

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Quelle

IdGL, Sammlungen

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] = Peter Henisch: Schwarzer Peter. Salzburg: Residenz 2000, S. 7.
[2] = Hans Lang, Josef Petrak: A schräge Wies'n am Donaukanal.
https://www.youtube.com/watch?v=bGW1NuUf55Q
[3] = Heimito von Doderer: Die Dämonen. Nach der Chronik des Sektionsrates Geyrenhoff. München: dtv 2008, S. 530.
13Wien.jpg


Wien und die Donau

Vom Herzen der Stadt aus gesehen ist die Donau überraschenderweise Peripherie, während der Donaukanal ihren „kleineren ordinären Bruder“ [1] darstellt, welcher jedoch Hauptstrom der städtischen Alltags ist. Der Kanal gräbt sich tief in die umliegenden Arbeiter- und Bürgerviertel ein und nimmt dabei eine duale Persönlichkeit an – eine „Riviera“ [2] der Lohnarbeit einerseits und ein Fließband der produktiven Wertschöpfung andererseits: „Langsam, mit mahlenden Maschinen und qualmenden Schloten kam das Zugschiff stromauf …“ [3]. Arbeiter kämpfen gegen den Strom, doch während das Bürgertum sich an der italienischen Küste erholt, genießen sie in ihrer Freizeit die heimische „Riviera“.



Gänsehäufel, Karikatur aus: Die Muskete. Humoristische Wochenzeitschrift. 12.08.1909

Illustrierte, 12.8. 1909., Wien

Aus der Sammlung von

ÖNB, ANNO

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Quelle

Die Muskete. Humoristische Wochenzeitschrift. 12 8. 1909, S. 2. ÖNB, ANNO

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] = Gedicht
Kiek. Kiek. Moralische Eingangsbetrachtung. Zweiter Vers des Gedichts. In: Die Muskete. Humoristische Wochenzeitschrift. 12.08.1909.

[2] = Vgl. La Hire. Ein Mädchenbrief. In: Die Muskete. Humoristische Wochenzeitschrift. 12.08. 1909, S. 154.
Karikatur (2).PNG


Ein besonderer Ort an der Donau: das Bad Gänsehäufel

Szene Vor dem Eingang des Gänsehäufel
Erzähler: „Dank der perversen Weltanschauung/ des löblichen Gemeindesrats/ bedarf es eigentlich der Trauung/ Zum Schlürfen des Familienbads“ [1]
Herr Meier (Blondi): Darf ich fragen, gnäd’ges Fräulein, ob wir für heut‘ verheirat‘ sein möchten? Wegen dem Gänsehäufl… da lassen’s doch nur Ehepaare rein.
Elsi: Es war schon lang‘ meine Sehnsucht zum Gänsehäufel zu fahren. Ja, wir sin‘ verheirat‘! Ist’s doch ein herrlich moderner Jungbrunn‘.
Szene  Bei der Kasse
Pförtner: Fräulein, Sie haben aber sehr jung geheirat‘!
Sie erröten und treten ein.

Szene  Im Familienbad
Elsi
:
Oh, schau, da ist auch der Papa im Trikot mit zwei jung‘ Damen! …. Und da die Mutti, sie hat uns bestimmt erwischt...[2]



Bild: Google Earth Donauauen bei Wien, Übersicht

Hergestellt 11.05.2015-26.04.2024

Aus der Sammlung von

Google Earth, Airbus

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Quelle

Google Earth, Airbus, Zuletzt abgerufen am 27.08.2024

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild, Bd. IV. Wien: Druck und Verlag der Kaiserlich-Königlichen Hof- und Staatsdruckerei 1888, S. 98.
Foto Ayla Julie Balzter.png


Die Donauauen bei Wien

Menschlicher Ausbreitungsdrang strebt gegen eine „noch recht einsame und ganz für sich allein charakteristische Wildniß“ [1], tröstlich und gespenstisch zugleich.



Donauauen bei Wien: Naturschutzgebiet

Hergestellt am 30.07.2023

Aus der Sammlung von

Ayla Julie Balzter

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Quelle

Fotografin: Ayla Julie Balzter

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Naturschutz?

Die Donauauen werfen die Frage auf: Wie umgehen mit der Natur? Entstanden ist der Nationalpark Donauauen:
Ein Konservierungskompromiss?


Grabkreuz auf dem Friedhof der Namenlosen

Aus der Sammlung von

Adobe

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Quelle

Adobe

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Der Friedhof der Namenlosen

Die Donau spiegelt in Wien nicht nur den Prunk und Glanz einer Stadt wider, in der sogar den meisten Friedhöfen etwas Edles anhaftet. Am Albernen Hafen fließt die Donau mit der Wiener Morbidität zusammen. Hier werden Ertrunkene ans Ufer gespült, von wo sie in den Friedhof der Namenlosen überführt werden.
Der schlichte Friedhof wurde lange vom Totengräber Josef Fuchs betreut, der bis zu seinem Tod im Alter von 90 Jahren (1996) darum bemüht war, die Donautoten zu identifizieren und ihnen ein gebührendes Andenken zu schaffen. Seine Tätigkeit wurde u.a. in Nikolaus Geyrhalters Filmerstling Angeschwemmt (1994) festgehalten. Für seine aufopferungsvolle Tätigkeit wurde Josef Fuchs mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien geehrt.



04

Budapest



Ansichtskarte Budapest, Kettenbrücke

Aus der Sammlung von

Sammlung Anton Holzer

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Anton Holzer

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = János Arany: Brückenweihe. Aus dem Ungarischen von Wilhelm Droste.
https://www.visegradliterature.net/works/hu/Arany_J%C3%A1nos-1817/H%C3%ADd-avat%C3%A1s/de/1840-Br%C3%BCckenweihe
50Budapest.jpg


Brückenschlag

Budapest würde ohne Brücken nicht existieren. Sie verbinden die ehemaligen Städte Buda, Óbuda und Pest, die vor 1873 unabhängig voneinander existiert haben. Symbolträchtig ist der Bau der Kettenbrücke: Zu groß für einen Einzelnen brauchte es eine kollektive Anstrengung beider Flussseiten, Arm und Reich schlossen sich zusammen. Die Brücke war Teil des jungen Nationalgefühls und Beweis nationaler Stärke. Die eigentliche Bedeutung bekommt sie nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen - in den alltäglichen Momenten, den neuen Beziehungen (vielleicht auch der Liebe?) und der Verzweiflung bis hin zum Sprung in den Tod. Die Donau ist Quell des Lebens und Ort des Sterbens: „die Donau gibt, die Donau nimmt“.[1]



Shoes on the Danube Promenade - Holocaust Memorial

Aus der Sammlung von

Wikimedia commons

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Quelle

Nikodem Nijaki, via Wikimedia Commons

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1944/45: Der ungarische Holocaust...

Als die Rote Armee sich auf ihrem Vormarsch 1944 Ungarn näherte, wollte der ungarische Reichsverweser Miklós Horthy sich auf die Seite der Alliierten schlagen. Dies wussten die Deutschen zu verhindern, indem sie die faschistischen Pfeilkreuzler an die Macht putschten. Dies bedeutete für Hunderttausende ungarische Juden den Tod. Gleich nach ihrer Machtübernahme im Oktober 1944 erschossen die Pfeilkreuzler Tausende Juden am Ufer der Donau. Daran erinnert das 2005 errichtete Denkmal „Schuhe am Donauufer“. Es greift die Tatsache auf, dass sich die Juden vor ihrer Erschießung entkleiden mussten.



Foto: Zerstörtes Budapest 1944/45

Aus der Sammlung von

Fortepan / Tivadar Lissák

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Quelle

Fortepan / Lissák Tivadar

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Sándor Márai: Land, Land. München: Piper, S. 83, 85.
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...und die sowjetische Belagerung

Zugleich beschreibt Sándor Márai, ein bedeutender ungarischer Schriftsteller, Budapest bei seiner Rückkehr in die vom Zweiten Weltkrieg zerstörte Stadt:

„In der Tiefe, zwischen den Trümmern […] fault und schimmelt der >>Bürger<<, der ich war. In den Kellern unter den Ruinen und unter den löchrigen Dächern ächzten Menschen.“ „Es gab viele, […] für die die Ankunft der Sowjetarmee gleichbedeutend mit der Befreiung war. [...] Die überwiegende Mehrheit der ungarischen Bevölkerung, empfand das, was eintrat, nicht als Befreiung, [sondern] als Belagerung." [1]



Abbildung: Die 1949 eingeführte ungarische Flagge mit ausgeschnittenem kommunistischen Wappen
II. János Pál pápa (Köztársaság) tér a Vay Ádám utca felől a Népszínház utca felé nézve. Fortepan

Aus der Sammlung von

Fortepan

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FOTO:FORTEPAN / Pesti Srác2

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Péter Nádas: Parallelgeschichten. Berlin: Rowohlt 2005, S. 166.
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Elf Tage frei atmen

„Das Vibrieren übertrug sich auf die Häuser, auf die Fahrbahn, auf den Gehsteig, ich spürte, wie das vielfache Zittern in meinen Gliedern zusammentraf. Nicht ich zitterte. [1]

Aus einem friedlichen Studentenprotest entwickelte sich innerhalb weniger Tage ein Aufstand gegen das kommunistische Regime. Trotz anfänglicher Erfolge wurde der Aufstand nach elf Tagen, am 4. November 1956, von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen. Die Flagge erhielt anstelle des Leerraumes ein neues Wappen, doch die alte Ordnung wurde wiederhergestellt.



Imaginiertes Budapest mit ausgetrocknetem Flussbett

Aus der Sammlung von

Open AI Foundation

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https://chatgpt.com/

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = István Kemény: Liebe Unbekannte. Aus dem Ungarischen von Timea Tankó, Wien: Braumüller 2013, S . 38.
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Es gab immer wieder Gerüchte!

Der selbsternannte beste Schüler Stalins, Mátyás Rákosi, weckte in seiner Zeit als Diktator (1947–1956) das Misstrauen der Bevölkerung. Aus dem Amoklauf gegen Umwelt und Gesellschaft folgten Furcht vor Willkür und Verlustangst, die in Horrorvorstellungen mündeten. So mutmaßen die Figuren eines Romans von István Kemény über einen diktatorischen Plan, „die vor uns verlaufende Strecke des Flussbetts ebenfalls trocken[zu]legen“.[1] Geblieben wären nur die Brücken und Kaie. Die damals schwelende Furcht kann heute durch das Feuern künstlicher Neuronen erfahren werden, wie in diesem KI-generierten Bild.



Industrieruine

Aus der Sammlung von

Flickr/ URBEX Hungary

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URBEX Hungary

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Industrieruinen

Abseits der schillernden Wahrzeichen der Budapester Metropole mit ihren märchenhaften Prunkbauten des 19. Jahrhunderts führt die Donau uns auch an abgelegene, sogar verlorene Orte. Ein Exempel für einen solchen Ort ist die Háros-Insel – ein ehemaliger Militärstützpunkt und Standort längst zerfallener Industrie, den sich die Natur langsam zurückerobert.

05

Belgrad



Aussicht von Semlin nach Belgrad

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IdGL, Bibliothek

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IdGL

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Kurzbeschreibung
Litographie: Adolph Kunike (Hg.): Zweyhundert vier und sechzig Donau-Ansichten nach dem Laufe des Donaustromes von seinem Ursprunge bis zu seinem Ausflusse in das schwarze Meer. Gezeichnet v. Jacob Alt und Ludwig Ermini. Vorrede v. Dr. Georg Karl Borromäus Rumy. Wien: Grund 1826.

Zitat:
[1] = Milo Dor: Alle meine Städte (Belgrad-Budapest-Wien). In: Ders.: Mitteleuropa. Mythos oder Wirklichkeit. Auf der Suche nach der größeren Heimat. Salzburg-Wien: Otto Müller 1996, S. 160-161.
Stadt und Festung Belgrad.jpg

Grenze zwischen den Imperien

Belgrad und Semlin standen häufig im Zentrum großer Konflikte, sei es zwischen West und Ost, Christentum und Islam oder nationaler und imperialer Ambitionen. An die Überwindung dieser Ambivalenzen erinnert der Verlauf der Donau wie eine Naht in der zusammengewachsenen Stadt. Heutzutage verbinden Brücken das alte Belgrad mit dem neuen Viertel am anderen Donauufer. Sie sind Wahrzeichen der Donaumetropole mit ihrer bewegten Geschichte. „Ganz Alt-Belgrad fährt nach Neu-Belgrad. Ganz Neu-Belgrad fährt nach Alt-Belgrad. Die Brücken sind voller Autos. Die einen und die anderen glauben, auf der anderen Seite sei es besser.“ [1]





Türkische Belagerung von Belgrad, 1456
Kriechisch Weyssenburg wird belagert. Holzschnitt in der Basler Cosmographia von Sebastian Münster.

Aus der Sammlung von

Wikimedia Commons

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Kurzbeschreibung
Zitat: Milo Dor: Alle meine Städte (Belgrad-Budapest-Wien). In: Ders.: Mitteleuropa. Mythos oder Wirklichkeit. Auf der Suche nach der größeren Heimat. Salzburg-Wien: Otto Müller 1996, S. 165.
Burg Belgrad groß.png


Geschichte Belgrads

Wie ein Phönix aus der Asche stieg Belgrad in seiner Geschichte nach jeder Zerstörung in neuem Glanz empor. Die Stadt, an der Mündung von Save und Donau gelegen, blieb stets eine Festung, ein „dunum“, wie sie bereits die Kelten im 4. Jh. v. Chr. nannten . „Auf den Mauern der Festung Kalemegdan hat man das Gefühl, auf dem Bug eines Schiffs zu sein...“[1] Gesteuert wurde es von Römern, Byzantinern, Slawen, Türken, Serben, im Ersten Weltkrieg von Österreichern und im Zweiten von Deutschen. Schließlich wurde Belgrad Hauptstadt Jugoslawiens und scheiterte erneut. Wie ein Schiff navigiert die Stadt auf den Wellen zwischen Zentrum und Peripherie.




Belgrad - Zemun

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IdGL, Sammlungen

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IdGL

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Milo Dor: Alle meine Städte (Belgrad-Budapest-Wien). In: Ders.: Mitteleuropa. Mythos oder Wirklichkeit. Auf der Suche nach der größeren Heimat. Salzburg-Wien: Otto Müller 1996, S. 159-160.
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Leben in der Stadt der Gegensätze

„Ein Großteil der Menschen, die heute Belgrad bevölkern, sind Zugereiste. Sie kamen aus allen Gegenden Jugoslawiens [...]“ und finden bis heute eine überfüllte Stadt voller Gegensätze vor: zwischen dem alten und neuen Teil der Stadt, zwischen Wehrhaftigkeit und Verletzlichkeit, zwischen Stadt und Land, aber vor allem zwischen Menschen. Für die Zugereisten, wie der Schriftsteller Milo Dor einer war, ist die Stadt „ein hartes Pflaster, wie in einer amerikanischen Großstadt“. Nur die Kinder, die hier geboren sind, verstehen diese Stadt, denn sie sind „echte Belgrader“ geworden.[1]



Foto: Verlassenschaften, Belgrad

Aus der Sammlung von

Antti T. Nissinen via flickr

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Antti T. Nissinen

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Kurzbeschreibung
Quellen:
Dokumentarfilm von Idro Seferi im Auftrag der Deutschen Welle:
https://www.dw.com/de/serbisch-j%C3%BCdischer-chor-momente-der-freude-in-krisenzeiten/video-68931274
https://louis-lewandowski-festival.de/the-baruch-brothers-choir/
https://www.tabletmag.com/sections/community/articles/serbian-choir
https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/geschichte-und-ende-der-juden-in-serbien/

Jüdisches Leben in Belgrad

Die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichende jüdische Tradition in Belgrad wurde durch die Gräueltaten der Nationalsozialisten fast vollständig ausgelöscht. Zurückgeblieben sind Sachen in Antiquariaten. Doch die jüdische Gemeinde formierte sich trotz aller Schwierigkeiten neu und führt das Erbe des jüdischen Lebens in Belgrad fort. Ein Beispiel ist der Chor „Baruch Brothers“, ein Zeugnis des interkulturellen Dialogs. Unter dem Titel „Serbisch-Jüdischer Chor: Momente der Freude in Krisenzeiten“ hat der Journalist Idro Seferi eine Reportage realisiert, die auf der Webseite der Deutschen Welle zu sehen ist.



Umsturz Slobodan Miloševićs
Waging Non Violence / Viktor Sekularac

Aus der Sammlung von

Wikimedia commons/ WagingNonViolence/Viktor Sekularac

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Quelle

WagingNonViolence/Viktor Sekularac

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] = Mihajlo Pantić, Briefe aus dem Jahre 1999. In: Ders.: Wenn es Liebe ist. Kurzgeschichten. Aus dem Serbischen von Margit Jugo, hg. v. Nellie und Roumen Evert. Berlin: Dittrich 2013, S. 24–36, hier: S.28.
[2] = Mihajlo Pantić, Der Tatar im Metro. In: Ders.: Wenn es Liebe ist. Kurzgeschichten. Aus dem Serbischen von Margit Jugo, hg. v. Nellie und Roumen Evert. Berlin: Dittrich 2013, S. 149–153, hier: S. 149.
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Jugoslawienkrieg und politische Wende

Im Jahr 2000 hatte das serbische Volk bereits ein Jahrzehnt Krieg hinter sich. Doch am 5. Oktober 2000 gelang es einem Volksaufstand, den Präsidenten Slobodan Milošević zu stürzen. Wie bedrückend die Stimmung in Belgrad war und wie die Hoffnung im Zuge der Proteste aufkeimte, veranschaulichen die Texte des Schriftstellers Mihajlo Pantić:

„Das Leben befand sich in Depression, in einem endlosen hypnotischen, komatösen, lethargischen Winterschlaf [...].“ [1]
"Nach langer Zeit, nach einem Jahrzehnt der Verzweiflung, fiel die Selbstmordrate rasant. Allem zum Trotz hatten die Leute sich für das Überleben entschieden."[2]

06

Ada Kaleh



Kolorierte Ansichtskarte: Die Insel Ada Kaleh im Jahre 1909

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Wikimedia Commons

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Kurzbeschreibung
Vgl. Insel, versunkene. In: Edit Király / Olivia Spiridon: Der Fluss. Eine Donau-Anthologie der anderen Art. Salzburg: Jung und Jung 2018, S. 251-255.
Adakaleh1909.jpg


Geschichte von Ada Kaleh

Ada Kaleh (türk. „Festungsinsel“) war eine literarisch vielfach thematisierte Donauinsel. Ursprünglich hatte sie eine strategische Schlüsselstellung inne, weshalb die Habsburger hier 1689 eine Festung errichteten. Im 19. Jahrhundert wurde die Insel zu einem von den Großmächten vergessenen Niemandsland zwischen der Habsburger Monarchie und dem Osmanischen Reich. In der Folge wurde sie zu einem steuerfreien Schmugglerparadies und aufgrund ihres orientalischen Flairs zu einer Projektionsfläche für europäische Orientsehnsüchte. Die rumänischen Kommunisten bereiteten 1948 dem behaglichen Treiben ein Ende, bevor sie die Insel 1971 durch den Bau des Wasserkraftwerks „Eisernes Tor I“ in der Donau endgültig versinken ließen. 



Ansichtskarte Ada-Kaleh, Moschee

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Egon Erwin Kisch: Ada Kaleh, Insel des Islam. In: Ders.: Der rasende Reporter. Hetzjagd durch die Zeit. Wagnisse in aller Welt. Kriminalistisches Reisebuch. Berlin und Weimar: Aufbau 1972, S. 81.
Ada Kaleh mosé.jpg

Grenzraum Ada Kaleh

Die Donau bildet seit jeher Grenzen. Die Insel Ada Kaleh war am „Schnittpunkt der Grenzen“ [1], hier überlagerten sich Sprachen, Kulturen und Schicksale. Als osmanische Exklave blieb sie vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu ihrem Untergang eine Reiseinsel. So gewährte sie als Heterotopie einen Zugang zu orientalischer Ästhetik. Sie erschien als vergessenes Land und als sedimentierter Raum kultureller Überlappungen. Offensichtlich wird dieser Charakter zum Beispiel durch die Moschee, die einst eine Franziskanerkirche beherbergte. 





Ansichtskarte Ada Kaleh, Basar

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Kurzbeschreibung
Zitate
[1] = Egon Erwin Kisch, Ada Kaleh, Insel des Islam, S. 264.
[2] = Moltke, Besuch beim Pascha von Neu-Orsowa – Reise durch die Walachei – Bukarest.
https://www.projekt-gutenberg.org/moltke/halbmond/halbmo01.html
[3] = Stefan Hirschhauer, 2021, Menschen unterscheiden. Grundlienien einer Theorie der Humandifferenzierung. Zeitschrift für Soziologie 50: S. 155-174.
7AdaKaleh.jpg


Exotisierung

Ada Kaleh wurde zur „türkischsten Türkei“ [1] exotisiert. Zum vermeintlich Typischen wurden Basar, bunte Gewänder, Cafés, Minarett und Teppiche. Das ehemalige osmanische Großreich wurde im Niedergang beschrieben: So gleicht der „Palast [des Paschas] einem Bretterschuppen“ [2] und selbst die Natur wurde zur Darstellung der eigenen Überlegenheit vereinnahmt: Die Tiere seien kleiner und das Wetter schlechter im Vergleich zum 'Europäischen'. Diese Exotisierung wirkt als „kulturelle Verrätselung“ [3], die die Türken ab- und die vermeintlich modernen Europäer aufwertete.



Ansichtskarte Ada Kaleh

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Patrick Leigh Fermor: Zwischen Wäldern und Wasser. Zu Fuß nach Konstantinopel. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Hamburg: Dörlemann 2006, S. 337 und 335.
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Ein historischer Besuch

„Es war, als sei die Zeit stehengeblieben“, schrieb der englische Aristokrat Patrick Leigh Fermor im 20. Jahrhundert über Ada Kaleh, die „Inselfestung“, die er viele Jahre vor ihrem wortwörtlichen Untergang besucht hatte.[1] Fasziniert durchstreifte er, wie viele andere Touristen seiner Zeit, die Insel, deren Bewohner ihre türkische Kultur in einer turbulenten Grenzregion über Jahrhunderte erhalten hatten. Die Besucher wurden von den weiterhin sichtbaren Spuren einer als exotisch empfundenen osmanischen Vergangenheit in Europa angezogen.



Montage Ansichtskarten Ada Kaleh

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] und [2] = Patrick Leigh Fermor, Zwischen Wäldern und Wasser. Zu Fuß nach Konstantinopel: Von der mittleren Donau bis zum Eisernen Tor. Der Reise zweiter Teil. Übersetzung ins Deutsche von Mannfred Allié und Gabriele Kampf Allié. Zürich: Dörlemann 2006, S 354.
Collage Ada Kaleh.jpg


Versunkene Erinnerungen

Die Selbstinszenierung der rumänischen kommunistischen Regierung in Großprojekten gleicht einer Zerstörungswut. Der „Mord an der Insel Ada Kaleh“ nach dem Bau des Staudamms am Eisernen Tor hatte zur Folge, dass „viele tausend Einwohner […] entwurzelt und […] an andere Orte verpflanzt wurden“. [1]
Patrick Leigh Fermor denkt bei seiner Reise zum Eisernen Tor in den 1970er Jahren über den Verlust nach: „Vielleicht werden die Menschen im Laufe der Zeit, wenn die Erinnerungen nach und nach verblassen, vergessen, was sie verloren haben.“ [2]

07

Donaudelta



Ansichtskarte Sulina, Hafen, um 1920

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2_Postkarte Sulina, Hafen, um 1920.jpeg


Sulina - gelebtes Europa

Unsere Flussfahrt Donau abwärts geht in der Hafenstadt Sulina an der Mündung ins Schwarze Meer zu Ende. Um die Wende zum 20. Jahrundert zählt die kleine, 5.000 Einwohner umfassende Stadt 150 Läden und 70 kleine Unternehmen. Grund dafür ist der Hafen am Schnittpunkt der Verkehrswege und die Europäische Donaukomission. Sie sollte die Schifffahrt auf der Wasserstraße regeln und ihre Monopolisierung verhindern. Die Blüte von Sulina endete mit den Weltkriegen und der nachfolgenden Isolation im Kalten Krieg als Grenzgebiet zwischen Rumänien und der Sowjetunion. Heute erinnert die Stadt als verblasstes Symbol der europäischen Vielfalt daran, dass Flüsse politische Grenzen überwinden und unterschiedliche Menschen zusammenführen können.



Foto: Lipowaner mit Kind von Willy Pragher

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Landesarchiv Baden-Württemberg/Staatsarchiv Freiburg i.Br., Bestand Willy Pragher

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Oscar Walter Cisek: Der Strom ohne Ende. Roman. Frankfurt am Main:
Suhrkamp 1953 (zuerst erschienen 1937), S. 312-315.
3_Willy Pragher_Lipowaner mit Kind.jpg


Zwischen Land und Wasser

Die russische Minderheit der Lipowaner ist eine kleine Gruppe orthodoxer Christen, die sich in die entlegene Region des Deltas zurückgezogen haben. Der Schriftsteller Oscar Walter Cisek (1897-1966) bezeichnet sie als „Störjäger“ und „Lebewesen dieser Gewässer“, die ihrer Beute häufig menschliche Züge zuschreiben. Sie sehen in die „vorwurfsvollen Menschenaugen“ [1] eines gerade gefangenen jungen Fisches und bannen diesen Zauber, indem sie ihm ein Stück vom Maul abbeißen und ihn ins Wasser zurückwerfen. Das isolierte Donaudelta lässt einen Raum entstehen, in dem tradierte Grenzen zwischen Land und Wasser, Mensch und Tier, Jäger und Beute zeitweilig verschwimmen.



Zweisprachiges Schild im Donaudelta: Altrussisch und Rumänisch

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Kurzbeschreibung
Zitate:
[1] = Franz Hodjak: fischerdorf "2. mai". In: Ders.: flieder im ohr. Gedichte. Bukarest: Kriterion 1983, S. 25.
[2] = Richard Wagner: Sulina. Sommer. In: Gegenlicht. Gedichte. Temeswar: Facla 1983, S. 26.
Zweisprachiges Schild im Delta_Altrussisch und Rumänisch sarichioi.jpg


Isolation in der sozialistischen Ära

Im rumänischen Sozialismus waren Auslandsreisen nahezu unmöglich. Das Donaudelta stellte eine der wenigen Erholungsmöglichkeiten dar – auch für Dichter, die über die Monotonie und Lethargie dieser Landschaft schrieben: Das Delta ist „ein durchfahrtsort für fremde / und der wind pfeift das immergleiche lied.“[1] Die Trostlosigkeit weckte den Wunsch nach Landesflucht, wie Richard Wagner sie in seinem Gedicht „SULINA. SOMMER“ in nur sechs Wörtern zum Ausdruck brachte: „unerreichbar / die Schiffe / auf dem Wasser. [2]



Foto: Donaudelta

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Andrzej Stasiuk: Das Delta. In: Unterwegs nach Babadag. Aus dem Polnischen von Renate Schmidgall. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2005, S. 192-193.

Es gibt Orte, da findet man nichts als das Potentielle

Abseits der kulturellen Zentren entstehen im Donaudelta merkwürdige Räume. „Nicht ausgeschlosen, dass meine Vorliebe für die Peripherie [...], meine perverse Liebe zu allem, was verschwindet, zerfällt und zugrunde geht, in Sfîntu Gheorghe ihre Erfüllung fanden.“ Das Potentielle fasziniert den Schriftsteller Andrzej Stasiuk.[1] Im Stillstand der Peripherie wird die Donau ein Ausgangspunkt zur Reflektion des Lebens. Denn wo nichts ist, kann alles sein.



Foto: Braila und Donaudelta von Willy Pragher

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Landesarchiv Baden-Württemberg/Staatsarchiv Freiburg, Bestand Willy Pragher

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Kurzbeschreibung
Zitat:
[1] = Claudio Magris: Donau. Biographie eines Flusses. Aus dem Italienischen von Heinz-Georg Held. Wien: Paul Zsolnay Verlag 1988, S. 478.
Das also wäre alles? Nach einem dreitausendkilometerlangen Film erhebt man sich und verläßt für einen Moment den Saal, sucht nach dem Popcorn-Verkäufer und nimmt zerstreut den Hinterausgang. Es sind wenige Leute da, alle haben Eile, der Hafen leert sich. Doch der Kanal fließt leicht und ruhig und sicher ins Meer, ist nicht mehr Kanal, Grenze, Regulation, sondern ein Fließen, das sich öffnet und sich den Wassern und den Ozeanen dieses Erdballs hingibt und den Geschöpfen ihrer Tiefen.[1]

Eine virtuelle Ausstellung von

Ayla Julie Balzter, Jan Hendrik Bergmann, Daniel Blume, Julia Isabel Damrath, Hagen Eberle, Serafin Eilmes, Nora Fotini El-Awdan, Simon Mauro Heß, Janis Hofmann, Peter Joschko, Matthias Benedikt Laufhütte, Max von Münster, Emma Punsmann, Julia Schmalzbauer, Alexander Surigin, Karl Frithjof Thöns, Hangzhi Yu und die Dozentinnen Dr. habil. Edit Király und Dr. Olivia Spiridon.

Team

Bildnachweise zu den Titelseiten:

Titelbild: Donauverlauf mit heutigen Anrainerstaaten, Karte von Daniel Blume

01 Ausschnitt Donauverlauf, Google Earth, Map data ©2024 Google

02 Ulm, Google Earth, Map data ©2024 Google

03 Wien, Google Earth, Map data ©2024 Google

04 Budapest, Google Earth, Map data ©2024 Google

05 Belgrad, Google Earth, Map data ©2024 Google

06 Orșova (Ada Kaleh), Google Earth, Map data ©2024 Google

07 Donaudelta, Google Earth, Map data ©2024 Google

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Diese Ausstellung wurde am 17.12.2024 veröffentlicht.



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Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde


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72074 Tübingen


gesetzlich vertreten durch Prof. Dr. Reinhard Johler

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Telefon: 07071/9992-500


Fax:
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Inhaltlich verantwortlich:

Dr. habil. Edit Király und Dr. Olivia Spiridon

Kurator*innen:

Dozentinnen: Dr. habil. Edit Király und Dr. Olivia Spiridon 
Bearbeitet von Ayla Julie Balzter, Jan Hendrik Bergmann, Daniel Blume, Julia Isabel Damrath, Hagen Eberle, Serafin Eilmes, Nora Fotini El-Awdan, Simon Mauro Heß, Janis Hofmann, Peter Joschko, Matthias Benedikt Laufhütte, Max von Münster, Emma Punsmann, Julia Schmalzbauer, Alexander Surigin, Karl Frithjof Thöns, Hangzhi Yu.

 

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