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Religionsfreiheit

 

Mit der in den Ansiedlungsprivilegien von 1715 erstmals für eine Residenzstadt gewährten Religionsfreiheit war Karlsruhe bereits bei seiner Gründung Schauplatz einer zukunftsweisenden Entwicklung auf rechtlichem Gebiet. Denn neben der lutherischen Landeskonfession sollten danach auch die beiden anderen im Reich anerkannten christlichen Konfessionen, die katholische und die reformierte, sowie das Judentum hier frei ihre Religion ausüben dürfen. Dass dem Stadtgründer Karl Wilhelm (1679–1738) an einem einträchtigen Nebeneinander der Religionen gelegen war, zeigt u. a. die Benennung der lutherischen Hauptkirche, die nach dem lateinischen Wort für Eintracht den Namen Konkordienkirche erhielt. 

 

Während die reformierten Gläubigen mit der Kleinen Kirche 1722 auch eine eigene Gemeinde in der Stadt bekommen hatten, verhinderten bei den Katholiken politische Erwägungen die konsequente Umsetzung der angestrebten Religionsfreiheit. Denn mit der Gründung einer katholischen Gemeinde hätte der Markgraf dem zuständigen Fürstbischof Weisungsrechte innerhalb seines Hoheitsgebiets eingeräumt, und damit einer Einschränkung seiner landesherrlichen Souveränität zugestimmt. Die Katholiken hatten sich daher nach den Stadtprivilegien von 1722 auf eine „ruhige, stille Ausübung ihrer Religion“ zu beschränken und mussten Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen offiziell vom lutherischen Stadtpfarrer vornehmen lassen.

 

 

Ihre Gottesdienste feierten sie zunächst in einem am Schlossplatz gelegenen Bethaus. Sein generelles Wohlwollen gegenüber den Katholiken drückte der Markgraf dadurch aus, dass er sie unter seinen persönlichen Schutz stellte und auch stets ein offenes Ohr für ihre Anliegen hatte. Erst mit den organisatorischen Veränderungen im Zuge der Entstehung des Großherzogtums Baden erhielten die Katholiken dann 1804 mit St. Stephan eine eigene Pfarrei.

 

Eher wirtschaftlichen Überlegungen als religiöser Toleranz war wohl die Zulassung der Juden zum Bürgerrecht geschuldet, das diesen damals in den meisten anderen Städten verwehrt blieb. Die jüdische Gemeinde wuchs denn auch in den ersten Jahren rasant und 1740 erreichte ihr Anteil an der Stadtbevölkerung mit 12 % seinen Höchststand. Durch die wiederholte Anhebung des von jüdischen Neubürgern geforderten Vermögensnachweises und die 1752 erfolgte Zuweisung des Schutzbürgerstatus erreichte der Markgraf dann eine anhaltende Reduktion des jüdischen Bevölkerungsanteils. Die restriktive Aufnahmepolitik lag dabei auch im Interesse der bereits etablierten Judenschaft, verhinderte sie doch den weiteren Zuzug armer Juden, von denen bereits viele in der Stadt lebten.

 

 

Sie mussten im Notfall von der jüdischen Gemeindekasse versorgt werden, die sich aus verschiedenen Steuern und Gebühren speiste. Die für das Funktionieren einer Gemeinde notwendigen Institutionen wurden den Juden nach und nach genehmigt. Mit dem 1809 durch Großherzog Karl Friedrich (1728–1811) erlassenen „Edikt über die Juden“ wurde deren Rechtstellung in Baden in wesentlichen Punkten verbessert, insbesondere fielen die bis dahin geltenden Berufsbeschränkungen weg. Obgleich die gesellschaftliche Integration der Juden damit entscheidend vorangetrieben wurde, blieben auch in Baden antijüdische Ausschreitungen im Verlauf des 19. Jahrhunderts nicht aus.

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