Die vier überlieferten Maya-Codices
Von den vier heute noch existenten Maya-Handschriften befindet sich nur noch eine in Mexiko, die übrigen drei in Europa. Sie werden als Códice de México (in Mexiko-Stadt), Codex Dresdensis (in Dresden), Codex Tro-Cortesianus (in Madrid) und Codex Peresianus (in Paris) bezeichnet. Ihnen allen gemeinsam ist die Leporelloform (ziehharmonikaartige Faltung), der Beschreibstoff Rindenbastpapier, die yukatekische Sprache, die Form der Hieroglyphen sowie die kalendarische, astronomische, mythologische und rituelle Thematik.
Codex Dresdensis (Mscr.Dresd.R.310)
Die Dresdner Handschrift ist die älteste und aufgrund der feinen Linienführung, der eindrucksvollen Kolorierung und der sorgsamen Ausführung von Schrift und Bildern als die qualitativ beste anzusehen. Sie dürfte gegen Ende der postklassischen Periode (10. bis 16. Jahrhundert) entstanden sein. Der Codex umfasst 39 doppelseitig beschriebene Blätter, von denen vier Seiten leer sind. Die einzelnen Seiten haben eine durchschnittliche Größe von 20,5 x 9 cm. Der Codex liegt in zwei Streifen mit einer Gesamtlänge von 3,56 m vor, die zwischen Glasplatten eingeschlossen der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Codex Peresianus
Die Pariser Handschrift soll im Jahr 1859 der Ethnologe Léon de Rosny (1837–1914) in einem mit Papier vollgestopften Korb der Französischen Nationalbibliothek wiederentdeckt haben. Der die Handschrift umgebende Umschlag war mit „Perez“ beschriftet, weshalb sie auch „Codex Peresianus“ genannt wird. Sie besteht aus elf doppelseitig beschriebenen Blättern mit einer durchschnittlichen Größe von 23,5 x 12,5 cm und ist damit die kürzeste der drei Handschriften (1,45 m). Der Erhaltungszustand ist vergleichsweise schlecht zu nennen, da zwei Blätter komplett abgeschabt und die Beschriftung und Bemalung nur im mittleren Bereich der Seiten zu erkennen sind. Die Entstehungszeit des Codex wird zwischen 1400 und 1550 angesetzt.
Codex Tro-Cortesianus
Die Madrider Handschrift lag ursprünglich in zwei getrennten Teilen vor, dem „Codex Troano“ und dem „Codex Cortesianus“, die jeweils nach ihren Vorbesitzern benannt wurden. Nachdem festgestellt wurde, dass beide Codices zusammengehören, vereinigte man beide Manuskripte im Jahr 1888 zum „Codex Tro-Cortesianus“. Die Handschrift wird heute im Museo de América in Madrid verwahrt. Der Maya-Codex in Madrid umfasst 56 doppelseitig beschriebene Blätter mit einer durchschnittlichen Größe von 22,6 x 12,4 cm und ist die längste der drei überlieferten Maya-Handschriften (6,82 m). Als Entstehungszeit wird ebenfalls zwischen 1400 und 1550 angenommen.
Códice de México
Die lange Zeit als Fälschung angesehene Handschrift besteht aus 10 sehr fragmentarisch erhaltenen, einseitig beschriebenen Blättern mit einem ursprünglichen Format von 18 x 12,5 cm. Das Fragment wurde angeblich in den 1960er Jahren in einer Höhle im Hochland von Chiapas gefunden, 1971 von dem Sammler Josué Saenz gekauft und 1974 dem mexikanischen Staat überlassen. Jüngste Untersuchungen und Forschungen ergaben eine Datierung um 1150 n. Chr. Heute wird die Handschrift als "Códice Maya de México" in der Biblioteca Nacional de Antropología e Historia (BNAH) in Mexiko-Stadt aufbewahrt.