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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz


Eingangsbereich der Ausstellung in Bamberg

Fotografie, 2022, Bamberg

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Foto: Gerald Raab

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Kurzbeschreibung
Reflexion des Flures der Staatsbibliothek Bamberg auf Spiegelfolie

Intro

E.T.A. Hoffmann ist heute vor allem für seine unheimlichen und fantastischen Erzählungen bekannt. Werke wie Der Sandmann und Der Goldne Topf begeistern weltweit immer neue Generationen. Doch Hoffmann war nicht nur Autor. Als Musikkritiker und Komponist prägte er die Romantische Oper, als Zeichner schuf er schonungslose Karikaturen und als Richter setzte er sich für eine unabhängige Rechtsprechung ein.

Unheimlich fantastisch ist auch die Art, mit der E.T.A. Hoffmann durchs Leben ging. Bei seinen Zeitgenossen galt er als scharfer Beobachter und Grenzgänger. Die Tage und Nächte konnten nicht lang genug sein für seine vielfältigen Aktivitäten und Interessen. Inspiration zog er aus Kunst und Musik ebenso wie aus seinen juristischen Fällen.

Sein Werk spiegelt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Menschsein und den Wissenschaften. Insbesondere die aufkommende Psychologie interessierte Hoffmann. Nicht nur darin erweist sich Hoffmann als bemerkenswert aktuell: In seiner Beschäftigung mit Automaten berührt er heute drängende Fragen zu Robotik und Künstlicher Intelligenz.



Analoge Ausstellungsorte

Fotografie, 2022

Aus der Sammlung von

E.T.A. Hoffmann Portal

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E.T.A. Hoffmann Portal

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Ausstellungsorte

Die Ausstellung Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022 präsentierte Leben und Werk des vielbegabten Künstlers an drei Standorten: der Staatsbibliothek Bamberg, der Staatsbibliothek zu Berlin und dem Deutschen Romantik-Museum in Frankfurt am Main.

Staatsbibliothek Bamberg
25.07.–22.10.2022



Analoge Ausstellungsorte

Fotografie, 2022

Aus der Sammlung von

E.T.A. Hoffmann Portal

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E.T.A. Hoffmann Portal

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Stabi Kulturwerk – Staatsbibliothek zu Berlin
17.08.–02.11.2022



Analoge Ausstellungsorte

Fotografie, 2022

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E.T.A. Hoffmann Portal

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E.T.A. Hoffmann Portal

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Deutsches Romantik-Museum, Frankfurt am Main
24.11.2022–12.02.2023



Biografische Karte

2022, Berlin

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TheGreenEyl

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TheGreenEyl

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Kurzbeschreibung
Ortswechsel, berufliche Neuorientierungen, wechselvolle Liebesbeziehungen, Selbst-Neu-Erfindungen, aber auch zunehmender politischer Druck, materielle Sorgen und gesundheitliche Probleme: Der Lebensweg E.T.A. Hoffmanns ist uns auch nach 200 Jahren nah - in seinen Unwägbarkeiten, Brüchen und plötzlichen Wendungen. Die Karte zeigt einige der wichtigsten Stationen Hoffmanns.
Gestaltung: TheGreenEyl

E.T.A. Hoffmanns Lebensstationen
24.01.1776–25.06.1822

01

Multitalent und Grenzgänger



Bodenprojektion im Ausstellungsraum Berlin 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2022, Berlin

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alexandermeyer.org

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alexandermeyer.org

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Kurzbeschreibung
Ausstellungsansicht; Gestaltung: TheGreenEyl

Workaholic

Heute würde man E.T.A. Hoffmann vielleicht als Workaholic bezeichnen. Er war ein Meister des Multitasking und arbeitete in der Regel an mehreren Projekten gleichzeitig. Dabei entwickelte er eine starke Persönlichkeit, die ihn manchmal an die gesellschaftlichen Grenzen führte.

Seine Beobachtungsgabe wurde zu einem besonderen Markenzeichen – für seine juristische Arbeit ebenso wie für sein literarisches Schaffen oder seine Abende im Weinhaus, bei denen er nicht selten andere Gäste karikierte.



Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni. Notenausgabe mit Besitzvermerk E.T.A. Hoffmanns

1795, Königsberg

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Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Mus.85-a. Foto: Gerald Raab

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Entwicklung der eigenen Identität

Hoffmanns große Leidenschaft war die Musik. Ganz besonders verehrte er Wolfgang Amadeus Mozart. Eine Notenausgabe des Don Giovanni aus Hoffmanns Besitz ist erhalten. Um seiner Begeisterung für Mozart und dessen Musik Ausdruck zu verleihen, änderte Hoffmann seinen dritten Vornamen: Aus Ernst Theodor WILHELM, dem Preußen, wurde ... 

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E.T.A. Hoffmann: Vertrag mit Carl Friedrich Kunz über die "Fantasiestücke"

Vertrag, 1813, Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, OFS.Autogr. H 1(1. Foto: Gerald Raab

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... der Musiker Ernst Theodor AMADEUS – seither ist er als E.T.A. Hoffmann bekannt. Mit diesem Namen unterschrieb er auch den Vertrag mit dem Verleger Carl Friedrich Kunz über die Fantasiestücke in Callots Manier



E.T.A. Hoffmann: Selbstbildnis. Der Kapellmeister Kreisler in Haustracht

Zeichnung, 1815, Berlin

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Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, I R 65. Foto: Gerald Raab

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Alter Ego: Der Kapellmeister Johannes Kreisler

Zudem schuf Hoffmann zum Ausdruck seiner musikalischen Seite die Kunstfigur des Kapellmeisters Johannes Kreisler. Als Alter Ego oder Avatar taucht Kreisler immer wieder in Texten und Zeichnungen auf.

In einem Selbstbildnis zeichnet Hoffmann sich so, wie er sich als Kapellmeister Johannes Kreisler vorstellt. Auf dem dargestellten Notenpult liegt die fertige Partitur seiner Oper Undine.



E.T.A. Hoffmann: Lebens-Ansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern

1820, Berlin

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Murr und Kreisler

Auch an anderen Stellen des Werks taucht der Kapellmeister Kreisler immer wieder auf. So sind die Kreisleriana, eine Sammlung musikalischer Texte aus den Fantasiestücken, nach Kreisler benannt und der Roman Lebens-Ansichten des Katers Murr ist zugleich auch eine Biographie Johannes Kreislers: Nicht ohne Grund lautet Untertitel ...nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern. Robert Schumann bezog sich mit seinem 1838 komponierten Klavierzyklus Kreisleriana (op. 16) auf Hoffmanns Kunstfigur.

Berühmt ist auch die 1822 entstandene Zeichnung Kreisler im Wahnsinn (nächste Seite).



E.T.A. Hoffmann: Der Kapellmeister Kreisler im Wahnsinn

1822

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Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, ETA.K, Art.f.23-ga. Foto: Gerald Raab

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Kurzbeschreibung
Als Entwurf für den Umschlag des Dritten Bands des "Kater Murr" zeichnete Hoffmann "Den Kapellmeister Johannes Kreisler im Wahnsinn"
Kreisler_im_Wahnsinn_Abb.192 Kat.236_Art.f.23ga_10_Zuschnitt5_komprimiert.jpg

E.T.A. Hoffmann: Lebens-Ansichten des Katers Murr (1819/21)

Textausschnitt (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)

Eine Menge Irrlichter tanzten und hüpften im ganzen Park umher, aber es waren die Bedienten mit Laternen, welche die auf der schnellen Flucht verlornen Hüte, Perücken, Haarbeutel, Degen, Schuhe, Shawls, zusammensuchten. Ich machte mich davon. Mitten auf der großen Brücke vor unserer Stadt blieb ich stehen, und schaute noch einmal zurück nach dem Park, der vom magischem Schimmer des Mondes umflossen da stand, wie ein Zaubergarten, in dem das lustige Spiel flinker Elfen begonnen. Da fiel mir ein feines Piepen in die Ohren, ein Quäcken, das beinahe dem eines neugebornen Kindes glich. Ich vermutete eine Untat, bückte mich tief über das Geländer, und entdeckte im hellen Mondschein ein Kätzchen, das sich mühsam an den Pfosten angeklammert, um dem Tod zu entgehen. Wahrscheinlich hatte man eine Katzenbrut ersäufen wollen, und das Tierchen war wieder hinaufgekrochen. Nun, dacht ich, ist’s auch kein Kind, so ist es doch ein armes Tier, das dich um Rettung anquäckt und das du retten mußt.

O du empfindsamer Just, rief Kreisler lachend, sage, wo ist dein Tellheim?

Erlaube, fuhr Meister Abraham fort, erlaube mein Johannes, mit dem Just magst du mich kaum vergleichen. Ich habe den Just überjustet. Er rettete einen Pudel, ein Tier das jeder gern um sich duldet, von dem sogar angenehme Dienstleistungen zu erwarten, mittelst Apportieren, Handschuhe, Tabaksbeutel und Pfeife nachtragen u. s. w. aber ich rettete einen Kater, ein Tier vor dem sich viele entsetzen, das allgemein als perfid, keiner sanften, wohlwollenden Gesinnung, keiner offenherzigen Freundschaft fähig, ausgeschrieen wird, das niemals ganz und gar die feindliche Stellung gegen den Menschen aufgibt, ja, einen Kater rettete ich aus purer uneigennütziger Menschenliebe. — Ich kletterte über das Geländer, griff, nicht ohne Gefahr, herab, faßte das wimmernde Kätzchen, zog es hinauf und steckte es in die Tasche. Nach Hause gekommen, zog ich mich schnell aus, und warf mich ermüdet und erschöpft wie ich war, aufs Bett. Kaum war ich aber eingeschlafen, als mich ein klägliches Piepen und Winseln weckte, das aus meinem Kleiderschrank herzukommen schien. — Ich hatte das Kätzchen vergessen und es in der Rocktasche gelassen. Ich befreite das Tier aus dem Gefängnis, wofür es mich dermaßen kratzte, daß mir alle fünf Finger bluteten. Schon war ich im Begriff den Kater durchs Fenster zu werfen, ich besann mich aber und schämte mich meiner kleinlichen Torheit, meiner Rachsucht, die nicht einmal bei Menschen angebracht ist, vielweniger bei der unvernünftigen Kreatur. — Genug, ich zog mit aller Mühe und Sorgfalt den Kater groß. Es ist das gescheuteste, artigste, ja witzigste Tier der Art, das man sehen kann, dem es nur noch an der höhern Bildung fehlt, die du mein lieber Johannes, ihm mit leichter Mühe beibringen wirst, weshalb ich denn gesonnen bin, dir den Kater Murr, so habe ich ihn benannt, fernerhin zu überlassen. Obschon Murr zur Zeit, wie die Juristen sich ausdrücken, noch kein homo sui juris ist, so habe ich ihn doch um seine Einwilligung gefragt, ob er in deine Dienste treten wolle. Er ist durchaus damit zufrieden. 

Du faselst, sprach Kreisler, du faselst Meister Abraham! du weißt, daß ich Katzen nicht sonderlich leiden mag, daß ich dem Geschlecht der Hunde bei weitem den Vorzug gebe. —

Ich bitte, erwiderte Meister Abraham, ich bitte dich lieber Johannes, recht von Herzen, nimm meinen hoffnungsvollen Kater Murr wenigstens so lange zu dir, bis ich heimkehre von meiner Reise. Ich habe ihn schon deshalb mitgebracht, er ist draußen und wartet auf gütigen Bescheid. Sieh ihn wenigstens an. Damit öffnete Meister Abraham die Türe und auf der Strohmatte zusammengekrümmt, schlafend, lag ein Kater, der wirklich in seiner Art ein Wunder von Schönheit zu nennen. Die grauen und schwarzen Streifen des Rückens liefen zusammen auf dem Scheitel zwischen den Ohren und bildeten auf der Stirne die zierlichste Hieroglyphenschrift. Eben so gestreift und von ganz ungewöhnlicher Länge und Stärke war der stattliche Schweif. Dabei glänzte des Katers buntes Kleid und schimmerte von der Sonne beleuchtet, so daß man zwischen dem Schwarz und Grau noch schmale goldgelbe Streifen wahrnahm. Murr! Murr! rief Meister Abraham, Krrr — krrr, erwiderte der Kater sehr vernehmlich, dehnte — erhob sich, machte den außerordentlichsten Katzenpuckel und öffnete ein paar grasgrüne Augen aus denen Geist und Verstand in funkelndem Feuer hervorblitzten. Das behauptete wenigstens Meister Abraham, und auch Kreisler mußte so viel einräumen, daß der Kater etwas besonderes, ungewöhnliches im Antlitz trage, daß sein Kopf hinlänglich dick um die Wissenschaften zu fassen sein Bart aber schon jetzt in der Jugend weiß und lang genug sei, um dem Kater gelegentlich die Autorität eines griechischen Weltweisen zu verschaffen.

Wie kann man aber auch überall gleich schlafen, sprach Meister Abraham zum Kater, du verlierst alle Heiterkeit darüber, und wirst vor der Zeit ein grämliches Tier. Putz dich fein Murr!

Sogleich setzte sich der Kater auf die Hinterfüße, fuhr mit den Samtpfötchen sich zierlich über Stirn und Wangen, und stieß dann ein klares freudiges Miau aus.

Dies ist, fuhr Meister Abraham fort, dies ist der Herr Kapellmeister Johannes Kreisler, bei dem du in Dienste treten wirst. Der Kater glotzte den Kapellmeister mit seinen großen funkelnden Augen an, begann zu knurren, sprang auf den Tisch, der neben Kreislern stand und, von da ohne weiteres auf seine Schulter, als wolle er ihm etwas ins Ohr sagen. Dann setzte er wieder herab zur Erde und umkreiste schwänzelnd, und knurrend den neuen Herrn, als wolle er recht Bekanntschaft mit ihm machen. Gott verzeih mir, rief Kreisler, ich glaube gar, der kleine graue Kerl hat Verstand und stammt aus der illustren Familie des gestiefelten Katers her!

So viel ist gewiß, erwiderte Meister Abraham, daß der Kater Murr das possierlichste Tier von der Welt ist, ein wahrer Pulcinell und dabei artig und sittsam, nicht zudringlich, und unbescheiden, wie zuweilen Hunde die uns mit ungeschickten Liebkosungen beschwerlich fallen. — 

Indem ich, sprach Kreisler, diesen klugen Kater betrachte, fällt es mir wieder schwer aufs Herz, in welchen engen Kreis unsere Erkenntnis gebannt ist. — Wer kann es sagen, wer nur ahnen, wie weit das Geistesvermögen der Tiere geht! — Wenn uns etwas, oder vielmehr alles, in der Natur unerforschlich bleibt, so sind wir gleich mit Namen bei der Hand, und brüsten uns mit unserer albernen Schulweisheit, die eben nicht viel weiter reicht als unsere Nase. So haben wir denn auch das ganze geistige Vermögen der Tiere, das sich oft auf die wunderbarste Art äußert, mit der Bezeichnung Instinkt abgefertigt. Ich möchte aber nur die einzige Frage beantwortet haben, ob mit der Idee des Instinkts, des blinden willkürlosen Triebes, die Fähigkeit zu träumen vereinbar sei. Daß aber z. B. Hunde mit der größtenLebhaftigkeit träumen, weiß jeder, der einen schlafenden Jagdhund beobachtet hat, dem im Traum die ganze Jagd aufgegangen. Er sucht, er schnuppert, er bewegt die Füße, als sei er im vollem Rennen, er keucht, er schwitzt. — Von träumenden Katern weiß ich zur Zeit nichts. — 

Der Kater Murr, unterbrach Meister Abraham den Freund, träumt nicht allein sehr lebendig, sondern er gerät auch, wie deutlich zu bemerken, häufig in jene sanfte Reverien, in das träumerische Hinbrüten, in das somnambule Delirieren, kurz in jenen seltsamen Zustand zwischen Schlafen und Wachen, der poetischen Gemütern für die Zeit des eigentlichen Empfanges genialer Gedanken gilt. In diesem Zustande stöhnt und ächzt er seit kurzer Zeit ganz ungemein, so, daß ich glauben muß, daß er entweder in Liebe ist, oder an einer Tragödie arbeitet. Kreisler lachte hell auf, indem er rief: Nun so komm denn du kluger, artiger, witziger, poetischer Kater Murr, laß uns —

 



Wilhelm Hensel: E.T.A. Hoffmann,

1910, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Literaturempfehlungen

Althaus, Thomas: Strategien enger Lebensführung. Das endliche Subjekt und seine Möglichkeiten im Roman des 19. Jahrhunderts. Hildesheim, Zurück, New York 2003. Link zum K10plus

Hörmann, Yvonne: Die Musikerfiguren E.T.A. Hoffmanns. Ein mosaikartiges Konglomerat des romantischen Künstlerideals. Würzburg 2008. Link zum K10plus

Ich denke mir mein Ich durch ein VervielfältigungsGlas – alle Gestalten die sich um mich herum bewegen sind Ichs und ich ärgere mich über ihr tun und lassen.

E.T.A. Hoffmann: Tagebuch, 6. November 1809





Ausstellungsraum Frankfurt am Main, Vitrine 'Jurist', 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Am Gericht

E.T.A. Hoffmann hatte in Königsberg Jura studiert, wo er auch seine erste Stelle als Auskultator am Königsberger Obergericht antrat. Nach Stationen in Glogau, Posen, Płock und Warschau und einer Unterbrechung seiner juristischen Tätigkeit nach dem Einmarsch Napoleons in Warschau, wurde Hoffmann 1816 als Richter Mitglied des Kriminalsenats am Berliner Kammergericht.



Schnupftabakdose mit Abbildung der Ermordung August von Kotzebues

Um 1820

Aus der Sammlung von

Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

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© Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Foto: Maria Schumann

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Schnupftabakdose_E8333_MS_Zuschnitt3_komprimiert.jpg


Die Gedanken sind frei

Als Richter am Berliner Kammergericht wurde E.T.A. Hoffmann 1819 Mitglied der Königlichen Immediat-Untersuchungskommission. Sie sollte im Rahmen der Karlsbader Beschlüsse die liberalen und nationalistischen Burschenschaftler verfolgen. Anlass war die Ermordung des Politikers und Schriftstellers August von Kotzebue durch den Studenten Karl Ludwig Sand. Kotzebue hatte als Verleger auch eine Erzählung Hoffmanns veröffentlicht. Hoffmann war also sicherlich emotional betroffen von diesem Vorfall.  

Unter anderem ermittelte Hoffmann gegen Friedrich Ludwig Jahn, bekannt als »Turnvater Jahn«. Allerdings stellte er sich gegen die Regierung: Er urteilte, Jahn sei aus der Haft zu entlassen. Man könne ihm keine strafbaren Handlungen nachweisen und Gesinnungen seien nicht strafbar. Dies führte zu Konflikten, vor allem mit dem Polizeipräsidenten Karl Albert von Kamptz.



Kleiner Taschendolch. Mordwaffe von Karl Ludwig Sand

Um 1819

Aus der Sammlung von

Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

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© Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Foto: Rebecca Kind

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Kleiner Taschendolch. Mordwaffe von Karl Ludwig Sand



Untersuchung gegen Professor Friedrich Ludwig Jahn. Akte der Immediatuntersuchungskommission : 5. Oktober 1819 - 15. Februar 1820

1819/20, Berlin

Aus der Sammlung von

Geheimes Staatsarchiv - Preußischer Kulturbesitz

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Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 77 Ministerium des Innern, Tit. 23 Spez. Lit. J Nr. 2 Bd. 1.

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Transkription: Akte der Immediatuntersuchungskommission

[...] Ich bin daher der Meinung: daß der p Jahn seines Arrestes zu entlassen der deshalb gefaßte Beschluß vor der Ausführung aber Sr Exzellenz dem Hrn. J. M. v. Kircheisen anzuzeigen sein würde um die bei der Entlassung von der StaatsPolizei zu treffenden Maßregeln bewirken lassen zu können.
Berlin d. 15 t Februar 1820, S.m. Hoffmann


E.T.A. Hoffmann: Karikatur: Die Warschauer Regierungsräte Johann Christoph Marggraff und v. Klöber als Hunde

1804-1805, Warschau

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Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, ETA.K, Art.f.23-ga. Foto: Gerald Raab

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Grenzüberschreitende Zeichnungen

Auch während seiner Tätigkeit als Jurist überschritt Hoffmann immer wieder Grenzen. In Zeichnungen macht er sich wiederholt über Kollegen und die Spitzen der preußischen Gesellschaft lustig. Bereits in Posen (1800-1802) hatte er anlässlich eines Maskenballs zu Karneval Karikaturen bekannter preußischer Persönlichkeiten des Orts angefertigt. Die Zeichnungen führten zum Skandal und zu Hoffmanns Versetzung nach Płock.

Brief an Theodor Gottlieb von Hippel vom 30. August 1816

Bei dem Kammergericht fällt mir natürlich mein Geschäftsleben ein, das ich wie den Klotz des Baugefangenen hinter mir herschleppe und glaube, es sei nun einmal die Strafe meiner vielen Sünden, daß ich in der freien Luft nicht ausdauern konnte und in den Kerker zurück mußte, so wie der verwöhnte Stubenvogel, dem das Futter so lange zugereicht wurde, daß er im Freien seine Atzung selbst zu suchen nicht mehr vermag. Alles Unangenehme haben sie mir bisher aufgebürdet — KassenKuratel — DepositalAbnahme — Untersuchungen u. s. w. Dazu kam, daß der KriminalSenat von 8 Mitgliedern bis auf drei herabgeschmolzen war durch Reisen, Krankheit pp, so daß ich meinte, wir wollten unsere Pforten schließen und mit 5 Fuß 6 Zoll hohen Buchstaben darauf schreiben: Wir sind nach dem Bade verreiset, wornach sich jeder Rücksichts der Prozesse und der begangenen und noch zu begehenden Verbrechen zu achten!

Der Präsident Woldermann war auch fort, der Vizepräsident mußte im InstruktionsSenat präsidieren, und Dein gehorsamer Diener führte im KriminalSenat als ältester Rat mit Würde und Energie den Rotstift. Kam noch zu selbiger Zeit hinzu, daß mich meine Nichte aus Posen, die ich erzog, besuchte, und mir ein wahrhaft lebendiges Kind, das sie mit ihrem Mann, dem TribunalsAssessor v. Lekszycki erzielt, vorzeigte, so daß ich an meiner Großonkelschaft gar nicht zweifeln konnte, so magst Du es Dir denken, wie über schwenglich groß und erhaben ich mich fühlte. Nach Niederlegung meines Postens (als Direktor nämlich, nicht als Großonkel) wurde mir als gerechtes Anerkenntnis meiner hohen Verdienste von meinen Freunden in einer außerordentlichen SeraphinenVersammlung ein mit bunten Bändern geschmückter EhrenRotstift überreicht, den ich an festlichen Tagen im dritten Knopfloch meiner rechten Rockklappe trage, so daß er beim Überknöpfen auf meinem Herzen ruht!!

(zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann-Portals)



Stempel und Siegelstempel aus dem "Königlich preußischen Kammergericht"

1. Hälfte 19. Jahrhundert

Aus der Sammlung von

Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz

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Foto: Anka Bardeleben-Zennström/ Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Stempel und Siegelstempel des Berliner Kammergerichts aus der Zeit, zu der Hoffmann dort Richter war

Literaturempfehlungen

E.T.A. Hoffmanns Briefwechsel, gesammelt und erläutert von Hans von Müller und Friedrich Schnapp. Hg. von Friedrich Schnapp, Bd. 2: Berlin 1814–1822. München 1969. Link zum K10plus

E.T.A. Hoffmanns Briefwechsel, gesammelt und erläutert von Hans von Müller und Friedrich Schnapp. Hg. von Friedrich Schnapp, Bd. 3: Nachträgliches. Urkunden. Anzeigen. Offene Briefe. Amtliche Briefe. Die Affäre des „Meisters Floh“. Testament. Tod und Begräbnis. Der Nachlaß und die Hinterbliebenen. München 1969. Link zum K10plus

Hoffmann, E.T.A.: Juristische Arbeiten. Hg. und erläutert von Friedrich Schnapp. München 1973. Link zum K10plus

Zimmermann, Harro: Ein deutscher Gotteskrieger? Der Attentäter Carl Ludwig Sand: Die Geschichte einer Radikalisierung. Paderborn 2020. Link zum K10plus



E.T.A. Hoffmann: Karikierende Darstellung: Eine Gruppe von acht Männern vom "BürgerMilitair" in Bamberg

1809, Bamberg

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, I R 63. Foto: Gerald Raab

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Scharfer Beobachter

Besonders eindrücklich wird Hoffmanns durchdringender Blick beschrieben, mit dem er »hinter die Fassade« schauen konnte. Seine Beobachtungen hielt er in zahlreichen Zeichnungen und Karikaturen fest. Einige thematisieren politische Themen, andere bringen Eindrücke aus seinem gesellschaftlichen Umfeld zur Darstellung. Hoffmann bediente sich dazu verschiedener künstlerischer Verfahren. So arbeitete er teilweise mit Verfremdungen und Übertreibungen. 



E.T.A. Hoffmann: Klein Zaches genannt Zinnober. Umschlag Frontdeckel

1819, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Umschlag mit der Aquatinta-Radierung von Carl Friedrich Thiele nach Vorlagen Hoffmanns

Literarische Karikaturen

Für seine Werke Klein Zaches genannt Zinnober (1819) und Meister Floh (1822) entwarf Hoffmann selbst die Umschlagzeichnungen. Beide Erzählungen können als literarische Karikatur gelesen werden.



E.T.A. Hoffmann: Karikierende Bildnis-Darstellung: Der stutzerhaft gekleidete verwachsene Student Friederici, auf einer Bank sitzend

1818, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, EvS.G. H 3. Foto: Gerald Raab

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Der Student Friederici

Eine der zahlreichen Karikaturen, die Hoffmann während der Sitzungen im Gericht zeichnete, ist die des Stutzerhaft gekleideten verwachsenen Studenten Friederici. Mit der Verbindung von nach außen getragenem Hochmut und der körperlichen Entstelltheit ist er das Vorbild für die literarische Figur Klein Zaches aus der gleichnamigen Erzählung. 



E.T.A. Hoffmann: Karikierende Darstellung: Eine märkische Bauerngesellschaft

1818, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, I T 80b. Foto: Gerald Raab

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'Eine märkische Bauerngesellschaft'

E.T.A. Hoffmann zeichnete die Karikatur Eine märkische Bauerngesellschaft während einer Sitzung im Kammergericht in Berlin. Die fünf dargestellten Bauern stehen und sitzen um einen Tisch herum, auf dem wohl ein Spiel stattfindet. Einer der Bauern scheint mit dem Verlauf des Spieles zufriedener als die übrigen. Diese Karikatur ist ein Beispiel für die in realistischem Stil gehaltenen Karikaturen Hoffmanns. Hier wird seine genaue Beobachtungsgabe für Charaktere und Situationen besonders deutlich.



E.T.A. Hoffmann: Ein Sommernachtstraum

1815-1821, Berlin

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar

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Klassik Stiftung Weimar, Bestand Museen KK 1481. Foto: Olaf Mokansky

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Französischer Stil

Die Karikatur Ein Sommernachtstraum (Berlin, ca. 1815-1821) ist ein Beispiel dafür, dass Hoffmann sich bei seinen Zeichnungen auch an der französischen Tradition der Karikatur orientierte: Die Köpfe sind im Verhältnis zum Körper unnatürlich groß dargestellt. Während dies an sich schon lächerlich wirkt, kommt mit den beiden Figuren am linken und rechten Bildrand noch ein fäkalhumoristisches Moment hinzu.
Es ist nicht geklärt, ob sich die Zeichnung eindeutig auf das gleichnamige Stück Shakespeares oder sogar eine spezifische Aufführung am Theater bezieht. 



E.T.A. Hoffmann: Drei skurrile Gestalten

1818, Berlin

Aus der Sammlung von

Stadsbiblioteket Linköping

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Stadsbiblioteket Linköping

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Kritzeleien im Gerichtssaal

Auch die Karikatur Drei skurrile Gestalten, die 1818 in Berlin entstanden ist, bezieht sich auf den französischen Karikaturenstil. Die Anordnung der Figuren lässt an eine Bühnensituation denken. So ist es gut vorstellbar, dass Hoffmann eine von ihm besuchte Aufführung im Theater zeichnerisch festgehalten hat. Wie bei vielen anderen Zeichnungen ist auch in diesem Fall überliefert, dass Hoffmann die Karikatur während einer Sitzung des Gerichts angefertigt hat. Eine Beschriftung gibt sogar das „Sessions-Zimmer des Criminal-Senats des Kammergerichts“ als genauen Entstehungsort an.



E.T.A. Hoffmann: Die Exorcisten. Der Teufel, welcher die Dame Gallia lange besessen, wird durch verbündete Kraft endlich ausgetrieben, und fährt in die Gergesener Heerden

1814 , Leipzig

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, OFS.G H 2. Foto: Gerald Raab

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Exorcisten_Abb.96Kat.147_OFS.GH2.jpg


Antinapoleonische Karikaturen

Bereits 1806 hatte Hoffmann als preußischer Beamter in Warschau den Treueeid auf Napoleon verweigert, was zu seiner Entlassung aus dem Staatsdienst führte. Nach Napoleons Niederlage fertigte Hoffmann 1814 die drei Karikaturen der Dame-Gallia-Reihe an. In der ersten Karikatur, den Exorcisten, sind die Alliierten zu sehen, die der Dame Gallia den Teufel Napoleon austreiben. Die Bildunterschrift erläutert, dass er gleich in die im Hintergrund zu sehende Schweineherde fahren wird. In der zweiten Karikatur bezahlt die Dame Gallia ihre Ärzte, in der dritten wird die napoleonische Monarchie zu Grabe getragen. Napoleon ist Teil des Trauerzugs und wird ohnmächtig.



E.T.A. Hoffmann: Die Dame Gallia bezahlt, nachdem sie wieder genesen, ihren Aerzten die Rechnung

1814, Leipzig

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, OFS.G H 1. Foto: Gerald Raab

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Gallia_Abb.97 Kat.148_OFS.GH1.jpg


E.T.A. Hoffmann: Feyerliche Leichenbestattung der Universal Monarchie

1814, Leipzig

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, OFS.G H 3. Foto: Gerald Raab

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Leichenbestattung_Abb.98Kat.149_OFS.GH3.jpg

E.T.A. Hoffmann: Klein Zaches genannt Zinnober (1819)

Textausschnitt (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)

Fabian hatte indessen seinen Freund Balthasar wieder beim Arme gefaßt und war mit ihm rasch weiter geschritten. Eben jetzt traten sie heraus aus dem Dickigt auf den breiten Weg, der mitten durch den Wald führte. Da gewahrte Fabian, wie aus der Ferne ein Pferd ohne Reiter in eine Staubwolke gehüllt herantrabte. — Hei hei! — rief er, sich in seiner Rede unterbrechend, hei hei, da ist eine verfluchte Schindmähre durchgegangen und hat ihren Reiter abgesetzt — die müssen wir fangen und nachher den Reiter suchen im Walde. Damit stellte er sich mitten in den Weg. 

Näher und näher kam das Pferd, da war es, als wenn von beiden Seiten ein Paar Reitstiefel in der Luft auf und nieder baumelten und auf dem Sattel etwas Schwarzes sich rege und bewege. Dicht vor Fabian erschallte ein langes gellendes Prrr — Prrr — und in demselben Augenblick flogen ihm auch ein Paar Reitstiefel um den Kopf und ein kleines seltsames schwarzes Ding kugelte hin, ihm zwischen die Beine. Mauerstill stand das große Pferd und beschnüffelte mit lang vorgestrecktem Halse sein winziges Herrlein, das sich im Sande wälzte und endlich mühsam auf die Beine richtete. Dem kleinen Knirps steckte der Kopf tief zwischen den hohen Schultern, er war mit seinem Auswuchs auf Brust und Rücken, mit seinem kurzen Leibe und seinen hohen Spinnenbeinchen anzusehen wie ein auf eine Gabel gespießter Apfel, dem man ein Fratzengesicht eingeschnitten. Als nun Fabian dies seltsame kleine Ungetüm vor sich stehen sah, brach er in ein lautes Gelächter aus. Aber der Kleine drückte sich das Barettlein, das er vom Boden aufgerafft, trotzig in die Augen und fragte, indem er Fabian mit wilden Blicken durchbohrte, in rauhem tief heiserem Ton: Ist dies der rechte Weg nach Kerepes? Ja, mein Herr! antwortete Balthasar mild und ernst, und reichte dem Kleinen die Stiefel hin, die er zusammengesucht hatte. Alles Mühen des Kleinen, die Stiefel anzuziehen, blieb vergebens, er stülpte einmal übers andere um und wälzte sich stöhnend im Sande. Balthasar stellte beide Stiefel aufrecht zusammen, hob den Kleinen sanft in die Höhe und steckte, ihn eben so niederlassend, beide Füßchen in die zu schwere und weite Futterale. Mit stolzem Wesen, die eine Hand in die Seite gestemmt, die andere ans Barett gelegt, rief der Kleine: Gratias, mein Herr! und schritt nach dem Pferde hin, dessen Zügel er faßte. Alle Versuche, den Steigbügel zu erreichen oder hinauf zu klimmen auf das große Tier, blieben indessen vergebens. Balthasar, immer ernst und mild, trat hinzu und hob den Kleinen in den Steigbügel. Er mochte sich wohl einen zu starken Schwung gegeben haben, denn in demselben Augenblick, als er oben saß, lag er auf der andern Seite auch wieder unten. »Nicht so hitzig, allerliebster Mosje!« rief Fabian, indem er aufs neue in ein schallendes Gelächter ausbrach. »Der Teufel ist Ihr allerliebster Mosje, schrie der Kleine ganz erbost, indem er sich den Sand von den Kleidern klopfte, ich bin Studiosus, und wenn Sie desgleichen sind, so ist es Tusch, daß Sie mir wie ein Hasenfuß ins Gesicht lachen, und Sie müssen sich morgen in Kerepes mit mir schlagen!« »Donner, rief Fabian immer fort lachend, Donner, das ist mal ein tüchtiger Bursche, ein Allerweltskerl, was Courage betrifft und echten Comment.« Und damit hob er den Kleinen, alles Zappelns und Sträubens ungeachtet, in die Höhe und setzte ihn aufs Pferd, das sofort mit seinem Herrlein lustig wiehernd davon trabte! — Fabian hielt sich beide Seiten, er wollte vor Lachen ersticken. — 



Ausstellungsraum Frankfurt am Main, Vitrine 'Scharfer Beobachter', 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Literaturempfehlungen

Schmidt, Ricarda: Wenn mehrere Künste im Spiel sind. Intermedialität bei E.T.A. Hoffmann. Göttingen 2006. Link zum K10plus

Telsnig-Langer, Elisabeth: E.T.A. Hoffmanns antinapoleonische Karikaturen. In: Alte und moderne Kunst, 26 (1981), H. 176, S. 18–24. Link zum Digitalisat



E.T.A. Hoffmann (links) und Ludwig Devrient im Weinkeller von Lutter & Wegner in Berlin nach einem Gemälde von Karl Themann von 1815

um 1900

Aus der Sammlung von

bpk-Bildagentur

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bpk

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Geselligkeit

Hoffmann umgab sich gern mit Gleichgesinnten und schrieb viele Briefe an Freunde und Bekannte. Regelmäßig traf er sich mit Freunden in Gaststätten und Weinlokalen. Nur wenige Häuser von seiner Wohnung am Gendarmenmarkt entfernt lag sein Stammlokal Lutter & Wegner. Hier trank er gerne Wein mit dem befreundeten Schauspieler Ludwig Devrient. Die beiden waren Berliner Berühmtheiten und ihre Unterhaltungen zogen oft ein interessiertes Publikum an. Verabredungen zu solchen Abenden traf Hoffmann oft per Brief.



E.T.A. Hoffmann: Brief an Ludwig Devrient

Frühjahr 1817

Aus der Sammlung von

Privatbesitz Basel

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Privatbesitz Basel. Digitalisat: Universität Basel/ Heidi Zimmermann

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Transkription: Brief an Ludwig Devrient, Frühjahr 1817

1. Da es jetzt beinahe 11 Uhr ist vermute ich mit Recht, daß die Katzenjammerschwangere Morgennebel sich verzogen haben werden, so daß ich Dir mit meinen Worten und Bitten deutlich erscheine. —

2. Da sehr heitres Wetter ist, vor dem keine böse Laune aufkommt, glaube ich mit Recht, daß wir beide, die wir seit zweitausend dreihundert und fünf und sechszig Jahren kein gescheutes Wort unter vier Augen geredet haben, heute mit Nutzen zusammen frühstücken könnten.

3. Da Pücklerscher Salat ein gutes Essen und Portwein ein gutes Getränk für Magenschwache Menschen als wir beide sind (ich kacke seit gestern beträchtlich und kann nicht ausgehen) ist, so hoffe ich mit Recht, daß wir nebst geistiger Nahrung auch mit körperlicher uns leidlich stärken könnten. 
Also!

Ziehe o Bester! Stiefeln an und eile
zu Deinem treuen
Geheimen Archivarius
Lindhorst

(zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann-Portals)



E.T.A. Hoffmann: Brief an Ludwig Devrient vom 9. Januar 1821

9 Januar 1821, [Berlin]

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Autogr. H 66. Foto: Gerald Raab

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Kurzbeschreibung
Bildnachweis: Staatsbibliothek Bamberg, Autogr. H 66. Foto: Gerald Raab

Transkription: Brief an Ludwig Devrient, 9. Januar 1821

Gar erfreulich würd' es mir sein, wenn Du heute Abend, nachdem Du bei L[utter] & W[egner] gegessen bei mir ein Gläschen Punsch einnehmen wolltest den meine Frau sehr amön bereitet. Du findest d'Elpons und Lüttwitz nicht bei mir, wohl aber bitte ich die gemütlichen Männer Vomsee und Meier mitzubringen sie in meinem Namen höflichst einladend. Schlag' mir ja meine Bitte nicht ab ärgre Dich nicht und bring ein heitres Gemüt mit.

D. 9 Jan: 1821
Dein ergebenster Hoffm

(zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann-Portals)



E.T.A. Hoffmann Chat

2022, Berlin

Aus der Sammlung von

TheGreenEyl

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TheGreenEyl

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Kurzbeschreibung
Ausgewählte Briefe an Freund:innen und Geschäftspartner, übertragen in Chat-Nachrichten - entstanden im Rahmen eines Seminars an der Freien Universität Berlin.
Seminarleiterin: Prof. Dr. Anne Fleig
Studierende der FU: Lisa-Marie Hempel, Corinna Katharina Herrmann, Muhan Li, Jorunn Ines Müller, Nena Sidiropoulou, Ann Sophie Sperlich, Lena Laura Swoboda
Gestaltung: TheGreenEyl

E.T.A. Hoffmanns Chat

Telefon, E-Mail, Chat – so tauschen wir heute in der Regel Nachrichten aus. Vor 200 Jahren nutzte man dazu Briefe und Billets, die oft ganz ähnlich funktionierten wie heutige Chatnachrichten: Sie wurden zum Teil mehrfach am Tag versendet, kamen oft ohne Anrede aus und unterschieden sich je nach Gesprächspartner:in in Ton, Wortwahl und Umfang erheblich.

Sieben Studierende der FU Berlin ›übersetzten‹ ausgewählte Briefe Hoffmanns für eine Medienstation der Ausstellung in multimediale Chat-Nachrichten.
Hier zum kompletten Chat

02

Die Verbindung der Künste



Ausstellungsraum Berlin 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2022, Berlin

Aus der Sammlung von

alexandermeyer.org

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Foto: alexandermeyer.org

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Kurzbeschreibung
Ausstellungsansicht; Gestaltung: TheGreenEyl

Transmediale Inspiration

Ganz im Sinne des romantischen Kunstideals überschritt Hoffmann die Grenzen der Künste. Als Komponist vertonte Hoffmann Texte anderer Autoren. Als Musikkritiker begeisterte er sich für die Werke Ludwig van Beethovens und prägte den Begriff der Romantischen Musik. Als Schriftsteller inspirierten ihn Gemälde und Ausstellungsbesuche.

Von ihm selbst liegen zahlreiche Zeichnungen und Karikaturen vor. Am Bamberger Theater war er unter anderem als Musikdirektor tätig. 1816 brachte er in Berlin seine romantische Oper Undine auf die Bühne, ein Universalkunstwerk, das zum Erfolg wurde.



E.T.A. Hoffmann: Das Kreuz an der Ostsee

Autograph, 1805

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Zu Friedrich Ludwig Zacharias Werners Trauerspiel komponierte Hoffmann zwischen März und Mai 1805 die Musik

Vertonungen und frühe Kompositionen

Schon mit seinen frühen kompositorischen Arbeiten zielte Hoffmann auf die Verbindung der Künste.

Für das Singspiel Die Maske (1799) verfasste er das Libretto, komponierte die Musik und gestaltete die Einbände für Partitur und Textbuch. Schon hier zeigt sich Hoffmanns romantische Auffassung der Musik.

Außerdem vertonte er Texte anderer Autoren, etwa Johann Wolfgang von Goethes Singspiel Scherz, List und Rache. und F. L. Zacharias Werners Trauerspiel Das Kreuz an der Ostsee.



E.T.A. Hoffmann: Die Maske: ein Singspiel in drei Akten. Umschlag zum Textbuch

Autograph, 1799, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Quelle

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Den Umschlag des Textbuches gestaltete Hoffmann selber
Die_Maske_Umschlag_komprimiert.jpg

Das Gesamtkunstwerk 'Die Maske'

„Ich mag mich nicht nennen, indem mein Nahme nicht anders als durch eine gelungene musikalische Composition der Welt bekannt werden soll,“

schrieb E.T.A. Hoffmann 1813 – während er schon die Veröffentlichung seiner Fantasiestücke vorbereitete – an seinen Verleger Carl Friedrich Kunz. Er wollte also eigentlich als Komponist erfolgreich sein. Was ihm letztlich mit der Undine gelang, hatte er lange vorbereitet. Sein frühes Singspiel Die Maske (1799) wurde zwar nie aufgeführt, zeigt aber bereits Hoffmanns kreativen Umgang mit den musikalischen Gattungen und seine Mehrfachbegabung. Landschaft und Emotionen werden hier bereits romantisch verstanden, das Geschehen erscheint als der realen Welt entrückt.





E.T.A. Hoffmann: Die Maske: ein Singspiel in drei Akten. Textbuch

Autograph, 1799, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Maske_Akt1_komprimiert.jpg


E.T.A. Hoffmann: Die Maske: ein Singspiel in drei Akten. Overtüre aus dem I. Akt

Autograph, 1799, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Maske_Overtüre.jpg


Jean Paul: Brief an Johann Wolfgang von Goethe

Juni 1801, Weimar

Aus der Sammlung von

Klassik Stiftung Weimar

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Klassik Stiftung Weimar, Bestand Goethe und Schiller Archiv, 28/745

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Brief_JeanPaul_Goethe7590_5.jpg

Musik für Goethe

Goethes Singspiel Scherz, List und Rache wurde mit Hoffmanns Musik 1801 und 1802 mehrfach aufgeführt. Jean Paul empfahl Goethe die Partitur in einem Brief, eine Antwort Goethes ist jedoch nicht überliefert. 

Ew. Hochwohlgeboren erhalten hier die Operette „List, Scherz und „Rache“, die mir ein musikalischer Künstler in Berlin für Sie mit der Bitte um Ihre Nachsicht, um Ihr Urtheil und um eine Probe durch Aufführung mitgegeben. Einige Verkürzungen wird Ihre Kunst den Schranken der seinigen vergeben. Reichard und andere Kenner gaben ihm durch ihr Urtheil den Muth, das Ihrige zu wünschen. — Für mich hat sein Kunstwerk noch den Nebenwerth, daß ich Ihre Entscheidung darüber persönlich abzuholen die Freude haben werde. —
J. P. F. Richter

Brief an Goethe, Juni 1801; aus: Jean Paul – Sämtliche Briefe digital




E.T.A. Hoffmann: Dirna. Ein indisches Melodram in drei Akten

1812, Bamberg

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Msc.Add. 12. Foto: Gerald Raab

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'Dirna' - Musik für Julius von Soden

Hoffmanns Oper Dirna ist eng mit seiner Zeit am Bamberger Theater verbunden. Das Libretto stammt von Julius von Soden, der Hoffmann 1808 ans Theater geholt hatte. Soden beauftragte Hoffmann bei dieser Gelegenheit mit der Komposition der Oper. Die Aufführung wurde in Bamberg zum Erfolg und der Komponist Hoffmann, dessen Beziehung zur Stadt Bamberg nicht immer die leichteste gewesen war, erhielt ausdrücklichen Applaus des Publikums. 



Aurora. Eine große Oper in 3 Ackten. 1. Ackt

1812-1813, Bamberg

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Msc.Var.1t(1. Foto: Gerald Raab

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Kurzbeschreibung
1 Partitur (173 Seiten, 1 ungezählte Seite mit Notenzeilen), eigenhändig (Papier) : Porträt (eingeklebter Stich E.T.A. Hoffmanns auf der Verso-Seite des vorderen fliegenden Blattes: 1 Blatt, Papier, 22,5 x 15,6 cm, "W. Hensel del. Passini sc.") ; 25,2 x 34,9 cm

'Aurora' - Musik für Franz von Holbein

Als Nachfolger Julius von Sodens kam 1810 auf Betreiben Hoffmanns Franz von Holbein als Direktor an das Bamberger Theater. Hoffmann war unter ihm zunächst eine Art Assistent. Als Holbein ab 1811 zusätzlich das Würzburger Theater führte, leitete Hoffmann das Bamberger Haus bis Anfang 1812 im Prinzip selbstständig. In dieser Zeit komponierte er die Oper Aurora nach dem Libretto Holbeins. Doch erst im November 1933 kam sie in einer revidierten Fassung in Bamberg zur Uraufführung.



Ausstellungsraum Frankfurt am Main, Vitrine 'Vertonungen', 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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Quelle

© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Literaturempfehlungen

Görner, Rüdiger: „Singen nach unsichtbaren Noten.“ Hoffmanns Erzählen aus dem Geist der Musik. In: Hoffmann-Jb. 26 (2018), S. 102–115. Link zum K10plus

Knöferl, Eva: Der Dichter und der Komponist. In: Christine Lubkoll und Harald Neumeyer (Hg.): E.T.A. Hoffmann-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart, Weimar 2015, S. 89–91. Link zum K10plus

Schlager, Karlheinz: Kirchenmusik in romantischer Sicht. Zeugnisse des Musikjournalisten und des Komponisten E.T.A. Hoffmann. Regensburg 1993. Link zum K10plus

Steinecke, Hartmut: Der faustische Verführer. Bilder Don Juans in der deutschen Literatur von E.T.A. Hoffmann bis Max Frisch. In: Herbert Zeman (Hg.): Wege zu Mozart: Don Giovanni. Wien 1987, S. 145–152. Link zum K10plus

Alles war vergessen und ich horchte nur entzückt auf die Töne, die wie aus einer andern Welt niedersteigend mich tröstend umfingen.

E.T.A Hoffmann: Kreisleriana 1-6, 1810-1814





BEETHOVEN Symphony No 5 - Eschenbach

Aus der Sammlung von

Göteborgs Symfoniker

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Göteborgs Symfoniker

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Romantische Musik

Hoffmanns Weg zur Literatur führte über die Musik. Zunächst schrieb er vor allem Musikkritiken. 1810 entwickelte er in seiner Rezension der 5. Symphonie Beethovens den Begriff der romantischen Musik. Ihre Eigenart zeige sich insbesondere in der Instrumentalmusik, die beim Zuhörer Empfindungen wecke und die Fantasie direkt anrege. Beethoven bedankte sich bei Hoffmann 1820 brieflich für die Besprechung seiner Werke.



Ludwig van Beethoven: Brief an E.T.A. Hoffmann vom 23. März 1820

Autograph, 23.03.1820, Wien

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Quelle

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Transkription: Brief von Beethoven an Hoffmann vom 23. März 1820

Euer Wohlgeboren! Ich ergreife die Gelegenheit durch Hr. Neberich, mich einem So geistreichen Manne, wie sie sind, zu nähern- Auch über meine wenigkeit haben sie geschrieben, auch unser schwache Hr. Starke zeigte mir in Seinem Stammbuche einige Zeilen von ihnen über mich, Sie nehmen also, wie ich glauben muß, einigen Antheil an mir; Erlauben Sie mir zu sagen, daß diese von einem mit so ausgezeichneten Eigenschaften begabten Manne ihres gleichen, mir sehr wohl thut. Ich wünsche ihnen alles Schöne u. Gute und bin
Euer wohlgebohren
Mit Hochachtung

ergebenster
Beethoven



Ludwig van Beethoven: Symphony no. 5 in Cm, Op. 67 - II. Andante con moto

Aus der Sammlung von

Musopen

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European Archive

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Kurzbeschreibung
Das Bild zeigt eine Seite aus der Rezension Hoffmanns in der Allgemeinen Musikalischen Zeitschrift.
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb10527960?page=361
v2_bsb10527960_00361_full_full_0_default.jpg


Ausschnitt: Rezension der 5. Symphonie Beethovens

Die Musik schliesst dem Menschen ein unbekanntes Reich auf; eine Welt, die nichts gemein hat mit der äussern Sinnenwelt, die ihn umgiebt, und in der er alle durch Begriffe bestimmbaren Gefühle zurücklässt, um sich dem Unaussprechlichen hinzugeben. […] So öffnet uns auch Beethovens Instrumental-Musik das Reich des Ungeheueren und Unermesslichen. Glühende Strahlen schiessen durch dieses Reiches tiefe Nacht, und wir werden Riesenschatten gewahr, die auf- und abwogen, enger und enger uns einschliessen, und alles in uns vernichten, nur nicht den Schmerz der unendlichen Sehnsucht, in welcher jede Lust, die, schnell in jauchzenden Tönen emporgestiegen, hinsinkt und untergeht, und nur in diesem Schmerz, der, Liebe, Hoffnung, Freude in sich verzehrend, aber nicht zerstörend, unsre Brust mit einem vollstimmigen Zusammenklange aller Leidenschaften zersprengen will, leben wir fort und sind entzückte Geisterseher. […] Beethovens Musik bewegt die Hebel des Schauers, der Furcht, des Entsetzens, des Schmerzes, und erweckt jene unendliche Sehnsucht, die das Wesen der Romantik ist. […] Er trennt sein Ich von dem innern Reich der Töne und gebietet darüber als unumschränkter Herr. Wie ästhetische Meßkünstler im Shakspeare oft über gänzlichen Mangel wahrer Einheit und inneren Zusammenhanges geklagt haben, und nur dem tiefern Blick ein schöner Baum, Knospen und Blätter, Blüten und Früchte aus einem Keim treibend, erwächst: so entfaltet auch nur ein sehr tiefes Eingehen in die innere Struktur Beethovenscher Musik die hohe Besonnenheit des Meisters, welche von dem wahren Genie unzertrennlich ist und von dem anhaltenden Studium der Kunst genährt wird. Tief im Gemüthe trägt Beethoven die Romantik der Musik, die er mit hoher Genialität und Besonnenheit in seinen Werken ausspricht. Lebhafter hat Rec. dies nie gefühlt, als bey der vorliegenden Symphonie, die in einem bis zum Ende fortsteigenden Climax jene Romantik Beethovens mehr, als irgend ein anderes seiner Werke entfaltet, und den Zuhörer unwiderstehlich fortreisst in das wundervolle Geisterreich des Unendlichen. –

In: Allgemeine musikalische Zeitung 12 (1810), Nr. 40, Sp. 630–642 u. Nr. 41, Sp. 652–659. (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)



Karl Friedrich Schinkel: Undine. Oper von E.T.A. Hoffmann. Entwurf der 10. Dekoration. Kühleborns Wasserpalast

Bühnenbild, 1815/1816

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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bpk / Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

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Die Zauberoper 'Undine'

Nach der gleichnamigen Erzählung von Friedrich de la Motte Fouqué komponierte Hoffmann die »ZauberOper in drey Aufzügen« Undine. Fouqués Kunstmärchen war 1811 in seiner Zeitschrift Jahreszeiten und in einer Buchausgabe erschienen. Für die von Hoffmann geplante Oper Undine erarbeitete Fouqué auf dieser Grundlage das Libretto. Das Interesse des Publikums an der etwa dreistündigen Oper, die am 3. August 1816 anlässlich des Geburtstagsfestes von Friedrich Wilhelm III. uraufgeführt wurde, war groß. Der Komponist Carl Maria von Weber urteilte: „Das ganze Werk ist eines der geistvollsten, dass uns die neuere Zeit geschenkt hat.“



E.T.A. Hoffmann: Undine. A 70. Partitur

Autograph, 1813-1814

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Quelle

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Undine_Partitur_PPN860343472_00000005_komprimiert.jpg


E.T.A. Hoffmann, Friedrich de la Motte Fouqué: Undine. Handschriftliches Textbuch. Erster Aufzug

Autograph, 1816

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Quelle

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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UndineDirig1_00000005.jpg


Karl Friedrich Schinkel: Undine. Oper von E.T.A. Hoffmann. Entwurf der 3. Dekoration. Marktplatz mit Brunnen

Bühnenbild, 1815/1816

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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Quelle

bpk / Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

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Der größte Erfolg

Undine wurde zu Hoffmanns größtem Erfolg als Komponist. Nach ihrer Uraufführung 1816 wurde sie im alten Berliner Schauspielhaus 14 Mal gezeigt. Hoffmanns Oper gilt mit ihrer schaurig-romantischen Darstellung der Welt um den Wassergeist Undine und ihren Vater Kühleborn als erste romantische Oper. Zum Erfolg des Universalkunstwerks trugen auch die Bühnenbilder nach Entwürfen Karl Friedrich Schinkels bei.



Karl Friedrich Schinkel: Undine. Oper von E.T.A. Hoffmann. Entwurf der 9. Dekoration. Burg Ringstetten

Bühnenbild, 1815/1816

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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Quelle

bpk / Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

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Literaturempfehlungen

Allroggen, Gerhard: E.T.A. Hoffmanns Kompositionen. Ein chronologisch-thematisches Verzeichnis seiner musikalischen Werke mit Einführung. Regensburg 1970. Link zum K10plus

Hoffmann, E.T.A.: Undine. Zauberoper in drei Akten. Klavierauszug von Hans Pfitzner. Leipzig 1906. Link zum K10plus

Pfitzner, Hans: E.T.A. Hoffmanns Undine. In: Ders.: Vom musikalischen Drama. Gesammelte Aufsätze. München und Leipzig 1915, S. 66–89.  Link zum K10plus



Sinfonieorchester der Universität Mozarteum Salzburg, Masterclass Maxim Vengerov - Wolfgang Amadeus Mozart, Don Giovanni, KV 527 - Ouvertüre

01.02.2022

Aus der Sammlung von

Universität Mozarteum Salzburg

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Universität Mozarteum Salzburg

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Musikalische Erzählungen

Die Musik war auch regelmäßig Thema in Hoffmanns Erzählungen. Immer wieder spielen Komponisten oder auch ganz konkrete Werke eine Rolle.

E.T.A. Hoffmann: Don Juan (1813)

Textausschnitt

»Ew. Exzellenz wissen vielleicht noch nicht, daß dieses Hotel mit dem Theater verbunden ist. Diese Tapetentür führt auf einen kleinen Korridor, von dem Sie unmittelbar in Nr. 23 treten: das ist die Fremdenloge. […] Wenn's Ew. Exzellenz gefällig ist – wir führen heute den ›Don Juan‹ von dem berühmten Herrn Mozart aus Wien auf. […]« Der erste Akt hatte mich entzückt, aber nach dem wunderbaren Ereignis wirkte jetzt die Musik auf eine ganz andere, seltsame Weise. Es war, als ginge eine lang verheißene Erfüllung der schönsten Träume aus einer andern Welt wirklich in das Leben ein; als würden die geheimsten Ahnungen der entzückten Seele in Tönen festgebannt und müßten sich zur wunderbarsten Erkenntnis seltsamlich gestalten. – In Donna Annas Szene fühlte ich mich von einem sanften, warmen Hauch, der über mich hinwegglitt, in trunkener Wollust erbeben; unwillkürlich schlossen sich meine Augen, und ein glühender Kuß schien auf meinen Lippen zu brennen: aber der Kuß war ein wie von ewig dürstender Sehnsucht lang ausgehaltener Ton.

 



Christoph Willibald Gluck: Iphigenie En Tauride - 1. Akt

Aus der Sammlung von

Musopen

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Quelle

European Archive

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Kurzbeschreibung
Das Bild zeigt eine Illustration 'Ritter Glucks' von Rudolf Grossmann, in: E.T.A. Hoffmann: Ritter Gluck. Eine Erinnerung aus dem Jahre 1809. München: Piper 1920. Illustriert von Rudolf Grossmann. SBB-PK Sign. 26 ZZ 137.
http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001DAC600000000
PPN864006101_00000046_Gluck_Zuschnitt.jpg


E.T.A. Hoffmann: Ritter Gluck (1809)

Textausschnitt (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)

Er kehrte zurück, und kaum hatte er sich gesetzt, als man die Ouvertüre der Iphigenia in Aulis zu spielen anfing. Mit halbgeschlossenen Augen, die verschränkten Arme auf den Tisch gestützt, hörte er das Andante an; den linken Fuß leise bewegend, bezeichnete er das Eintreten der Stimmen: jetzt erhob er den Kopf — schnell warf er den Blick umher — die linke Hand, mit auseinandergespreizten Fingern, ruhte auf dem Tische, als greife er einen Akkord auf dem Flügel, die rechte Hand hob er in die Höhe: es war ein Kapellmeister, der dem Orchester das Eintreten des andern Tempo's angibt — die rechte Hand fällt und das Allegro beginnt! — Eine brennende Röte fliegt über die blassen Wangen; die Augenbraunen fahren zusammen auf der gerunzelten Stirn, eine innere Wut entflammt den wilden Blick mit einem Feuer, das mehr und mehr das Lächeln wegzehrt, das noch um den halbgeöffneten Mund schwebte.



Johann Sebastian Bach: Goldberg Variations, BWV 988 - 31 - Variatio 30 a 1 Clav. Quodlibet

Performer: Kimiko Ishizaka

Aus der Sammlung von

Musopen

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Quelle

Kimiko Ishizaka

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Kurzbeschreibung
Das Bild zeigt eine Seite der 'Kreisleriana', aus: E.T.A. Hoffmanns Werke ; Teil 1: Phantasiestücke in Callots Manier. Berlin : Deutsches Verlagshaus Bong, 1912. SBB-PK Sign. Yw 9079/9-1.
http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00022BBA00010406

PPN1024270270_00000406_Kreisleriana.jpg


E.T.A. Hoffmann: Johannes Kreislers, des Kapellmeisters, musikalische Leiden (1810-14)

Textausschnitt

Ich versetzte ganz trocken, die Phantasie sei mir heute rein ausgegangen; und indem wir so darüber sprechen, hat ein Teufel in der Gestalt eines Elegants mit zwei Westen im Nebenzimmer unter meinem Hut die Bachschen Variationen ausgewittert; der denkt, es sind so Variatiönchen: nel cor mi non più sento — Ah vous dirai je maman etc. und will haben, ich soll darauf losspielen. Ich weigere mich: da fallen sie alle über mich her. Nun so hört zu und berstet vor Langweile, denk' ich, und arbeite drauf los. Bei Nro. 3. entfernten sich mehrere Damen, verfolgt von Titusköpfen. Die Röderleins, weil der Lehrer spielte, hielten nicht ohne Qual aus bis Nro. 12. Nro. 15. schlug den Zweiwesten-Mann in die Flucht. Aus ganz übertriebener Höflichkeit blieb der Baron bis Nro. 30. und trank bloß viel Punsch aus, den Gottlieb für mich auf den Flügel stellte. Ich hätte glücklich geendet, aber diese Nro. 30, das Thema riß mich unaufhaltsam fort. Die Quartblätter dehnten sich plötzlich aus zu einem Riesenfolio, wo tausend Imitationen und Ausführungen jenes Thema's geschrieben standen, die ich abspielen mußte.



Giovanni Palestrina: Missa Papae Marcelli

Aus der Sammlung von

Musopen

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Quelle

European Archive

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Kurzbeschreibung
Das Bild zeigt die Titelseite von : E.T.A. Hoffmann: Die Serapions-Brüder. Gesammelte Erzählungen und Mährchen. Berlin: G. Reimer 1819. SBB-PK Sign. 26 ZZ 211 / Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0
Serapionsbrueder__26ZZ211.jpg


E.T.A. Hoffmann: Serapionsbrüder (1819-21)

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Ausgesöhnt mit der Kunst wurde der Papst Marcellus der zweite, der im Begriff stand alle Musik aus den Kirchen zu verbannen, so aber dem Kultus den herrlichsten Glanz zu rauben, als der hohe Meister Palestrina, ihm die heiligen Wunder der Tonkunst in ihrem eigentümlichsten Wesen erschloß. Auf immer wurde nun die Musik der eigentlichste Kultus der katholischen Kirche und so war damals die tiefste Erkenntnis jenes innern Wesens der Tonkunst in dem frommen Gemüt der Meister aufgegangen und in wahrhaftiger heiliger Begeisterung strömten aus ihrem Innern ihre unsterblichen unnachahmlichen Gesänge. Du weißt Theodor, daß die sechsstimmige Messe, die Palestrina damals (es war ja wohl im Jahr 1555?) komponierte um dem erzürnten Papst wahre Musik hören zu lassen, unter dem Namen Missa Papae Marcelli sehr bekannt geworden ist. Mit Palestrina hob unstreitig die herrlichste Periode der Kirchenmusik, mithin der Musik überhaupt an, die sich beinahe zweihundert Jahre bei immer zunehmendem Reichtum in ihrer frommen Würde und Kraft erhielt, wiewohl nicht zu leugnen ist, daß schon in dem ersten Jahrhundert nach Palestrina jene hohe unnachahmliche Einfachheit und Würde sich in eine gewisse Eleganz verlor, um die sich die Komponisten bemühten. Welch ein Meister ist Palestrina!



E.T.A. Hoffmann: Entwurf einer Bühnendekoration zum Schauspiel 'Käthchen von Heilbronn' von Heinrich von Kleist

1811, Bamberg

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, 22/ETA.K, Art.f.23-ga. Foto: Gerald Raab

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Theater

Auch das Theater faszinierte Hoffmann. Nach Bamberg kam er, weil ihm eine Anstellung am dortigen Theater die Chance bot, seine musikalische Begabung zum Beruf zu machen. Zunächst war er Musikdirektor, später auch Bühnenbildner. 

Für die Inszenierung von Heinrich von Kleists Stück Das Käthchen von Heilbronn entwarf er 1811 das Bühnenbild des brennenden Schloß Thurneck. Hoffmann war bei dieser sehr aufwendigen Szene auch als Bühnenarbeiter und Maschinist tätig. Das ausgeführte Bühnenbild und die dazugehörigen Dekorationsmalereien sind nicht erhalten.



E.T.A. Hoffmann: Sammlung grotesker Gestalten nach Darstellungen auf dem K. National-Theater in Berlin. Nro. 2. Der Schneider aus dem Ballette: Die Lustbarkeiten im Wirthsgarten

1808, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, I R 66. Foto: Gerald Raab

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Sammlung_grotesker_Gestalten_Der_Schneider_aus_Lustbarkeiten_im_Wirthsgarten_Abb.48 Kat.85_IR66.jpg


'Sammlung grotesker Gestalten'

Nach Aufführungen im Berliner Nationaltheater zeichnete Hoffmann die dort aufgetretenen Schauspieler in ihren Rollen. Daraus entstand die Sammlung grotesker Gestalten (1808). In seinen schriftlichen Erläuterungen dazu betont er sein Interesse an einem „fantastischen Reich, wo der Scherz regiert, und wo der Ernst selbst zur komischen Maske wird“. Das Theater war für ihn offenbar ein Ort, der einen Zugang zu diesem Reich eröffnet, wie es ja auch seine Erzählungen immer wieder tun. Die abgebildeten Gestalten zeigen den Schauspieler Carl Wilhelm Ferdinand Unzelmann, den Tänzer Beske, sowie den Sänger Gottfried Christian Kaselitz in ihren jeweiligen Rollen. In den Zeichnungen verbindet Hoffmann erneut das Fantastische mit der Realität.



E.T.A. Hoffmann: Sammlung grotesker Gestalten nach Darstellungen auf dem K. National-Theater in Berlin. Nro. 3. Doktor Bartholo, aus dem Singspiel: Figaro’s Hochzeit

1808, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, I R 64. Foto: Gerald Raab

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Sammlung_grotesker_Gestalten_Doktor_Bartholo_ausSingspielFigarosHochzeitAbb.49 Kat.86_IR64.jpg


E.T.A. Hoffmann: Sammlung grotesker Gestalten nach Darstellungen auf dem K. National-Theater in Berlin. Nro. 1. Pasquin aus dem Singspiel Michel Angelo

1808, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, I R 67. Foto: Gerald Raab

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Sammlung_grotesker_Gestalten_Pasquin_aus_Singspiel_Michel_AngeloAbb.47 Kat.84_IR67.jpg


Das neue Theatergebäude in Bamberg. 1808 von Ferdinand von Hohenhausen errichtet

1831, Bamberg

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, 22/JH.H.Bamb.o.5. Foto: Gerald Raab

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Kurzbeschreibung
In der Theaterrose (rechts im Bild) verbrachte Hoffmann viele Abende

'Don Juan'

Das Bamberger Theater verfügte über eine Fremdenloge, die von der benachbarten Gaststätte aus erreichbar war. Das Gebäude inspirierte Hoffmann zur Erzählung Don Juan (1813), die als literarisierter Kommentar zu Mozarts Oper gelesen werden kann

E.T.A. Hoffmann: Don Juan (1813)

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Ein durchdringendes Läuten, der gellende Ruf: Das Theater fängt an! weckte mich aus dem sanften Schlaf, in den ich versunken war; Bässe brummen durcheinander — ein Paukenschlag — Trompetenstöße — ein klares A, von der Hoboe ausgehalten — Violinen stimmen ein: ich reibe mir die Augen. Sollte der allezeit geschäftige Satan mich im Rausche — ? Nein! ich befinde mich in dem Zimmer des Hôtels, wo ich gestern Abend halb gerädert abgestiegen. Gerade über meiner Nase hängt die stattliche Troddel der Klingelschnur; ich ziehe sie heftig an, der Kellner erscheint.

»Aber was, um’s Himmels willen, soll die konfuse Musik da neben mir bedeuten? gibt es denn ein Konzert hier im Hause?« 

»Ew. Exzellenz — (Ich hatte Mittags an der Table d’Hôte Champagner getrunken!) Ew. Exzellenz wissen vielleicht noch nicht, daß dieses Hôtel mit dem Theater verbunden ist. Diese Tapetentür führt auf einen kleinen Korridor, von dem Sie unmittelbar in Nro. 23 treten: das ist die Fremdenloge.« 

»Was? — Theater? — Fremdenloge?« 

»Ja, die kleine Fremdenloge zu zwei, höchstens drei Personen — nur so für vornehme Herren, ganz grün tapeziert, mit Gitterfenstern, dicht beim Theater! Wenn’s Ew. Exzellenz gefällig ist — wir führen heute den Don Juan von dem berühmten Herrn Mozart aus Wien auf. Das Legegeld, einen Taler acht Groschen, stellen wir in Rechnung.« 

Das Letzte sagte er schon die Logentür aufdrückend, so rasch war ich bei dem Worte Don Juan, durch die Tapetentür in den Korridor geschritten. Das Haus war, für den mittelmäßigen Ort, geräumig, geschmackvoll dekoriert und brillant erleuchtet. Logen und Parterre waren gedrängt voll. Die ersten Akkorde der Ouvertüre überzeugten mich, daß ein ganz vortreffliches Orchester, sollten die Sänger auch nur im mindesten etwas leisten, mir den herrlichsten Genuß des Meisterwerks verschaffen würde. — In dem Andante ergriffen mich die Schauer des furchtbaren, unterirdischen regno all pianto; grausenerregende Ahnungen des Entsetzlichen erfüllten mein Gemüt. Wie ein jauchzender Frevel klang mir die jubelnde Fanfare im siebenten Takte des Allegro; ich sah aus tiefer Nacht feurige Dämonen ihre glühenden Krallen ausstrecken — nach dem Leben froher Menschen, die auf des bodenlosen Abgrunds dünner Decke lustig tanzten. Der Konflikt der menschlichen Natur mit den unbekannten, gräßlichen Mächten, die ihn, sein Verderben erlauernd, umfangen, trat klar vor meines Geistes Augen. Endlich beruhigt sich der Sturm; der Vorhang fliegt auf. Frostig und unmutvoll in seinen Mantel gehüllt, schreitet Leporello in finstrer Nacht vor dem Pavillon einher: Notte e giorno faticar. — Also italienisch? — Hier am deutschen Orte italienisch? Ah che piacere! ich werde alle Rezitative, alles so hören, wie es der große Meister in seinem Gemüt empfing und dachte! Da stürzt Don Juan heraus; hinter ihm Donna Anna, bei dem Mantel den Frevler festhaltend. Welches Ansehn! Sie könnte höher, schlanker gewachsen, majestätischer im Gange sein: aber welch ein Kopf! — Augen, aus denen Liebe, Zorn, Haß, Verzweiflung, wie aus Einem Brennpunkt eine Strahlenpyramide blitzender Funken werfen, die, wie griechisches Feuer, unauslöschlich das Innerste durchbrennen! des dunklen Haares aufgelöste Flechten wallen in Wellenringeln den Nacken hinab. Das weiße Nachtkleid enthüllt verräterisch nie gefahrlos belauschte Reize. Von der entsetzlichen Tat umkrallt, zuckt das Herz in gewaltsamen Schlägen. — Und nun — welche Stimme! Non sperar se non m’uccidi. — Durch den Sturm der Instrumente leuchten, wie glühende Blitze, die aus ätherischem Metall gegossenen Töne! — Vergebens sucht sich Don Juan loszureißen. — Will er es denn? Warum stößt er nicht mit kräftiger Faust das Weib zurück, und entflieht? macht ihn die böse Tat kraftlos, oder ist es der Kampf von Haß und Liebe im Innern, der ihm Mut und Stärke raubt? — Der alte Papa hat seine Torheit, im Finstern den kräftigen Gegner anzufallen, mit dem Leben gebüßt; Don Juan und Leporello treten im rezitierenden Gespräch weiter vor ins Proszenium. Don Juan wickelt sich aus dem Mantel, und steht da, in rotem, gerissenen Sammet mit silberner Stickerei, prächtig gekleidet. Eine kräftige, herrliche Gestalt: das Gesicht ist männlich schön; eine erhabene Nase, durchbohrende Augen, weich geformte Lippen; das sonderbare Spiel eines Stirnmuskels über den Augenbraunen bringt sekundenlang etwas vom Mephistopheles in die Physiognomie, das, ohne dem Gesicht die Schönheit zu rauben, einen unwillkürlichen Schauer erregt. Es ist, als könne er die magische Kunst der Klapperschlange üben; es ist, als könnten die Weiber, von ihm angeblickt, nicht mehr von ihm lassen, und müßten, von der unheimlichen Gewalt gepackt, selbst ihr Verderben vollenden. — Lang und dürr, in rot- und weißgestreifter Weste, kleinem roten Mantel, weißem Hut mit roter Feder, trippelt Leporello um ihn her. Die Züge seines Gesichts mischen sich seltsam zu dem Ausdruck von Gutherzigkeit, Schelmerei, Lüsternheit und ironisierender Frechheit; zum graulichen Kopf und Bart kontrastieren sonderbar die schwarzen Augenbrauen. Man merkt es, der alte Bursche verdient Don Juans helfender Diener zu sein. — Glücklich sind sie über die Mauer geflüchtet. — Fackeln — Donna Anna und Don Ottavio erscheinen: ein zierliches, geputztes, gelecktes Männlein, von ein und zwanzig Jahren höchstens. Als Anna’s Bräutigam wohnte er, da man ihn so schnell herbeirufen konnte, wahrscheinlich im Hause; auf den ersten Lärm, den er gewiß hörte, hätte er herbeieilen und vielleicht den Vater retten können: er mußte sich aber erst putzen und mochte überhaupt Nachts nicht gern sich herauswagen. — »Ma qual mai s’offre, o dei, spettacolo funesto agli occhi miei!« Mehr als Verzweiflung über den grausamsten Frevel liegt in den entsetzlichen, herzzerschneidenden Tönen dieses Rezitativs und Duetts. Don Juans gewaltsames Attentat, das ihm Verderben nur drohte, dem Vater aber den Tod gab, ist es nicht allein, was diese Töne der beängsteten Brust entreißt: nur ein verderblicher, tötender Kampf im Innern kann sie hervorbringen. — 

Eben schalt die lange, hagere Donna Elvira mit sichtlichen Spuren großer, aber verblühter Schönheit den Verräter, Don Juan: Tu nido d’inganni, und der mitleidige Leporello bemerkte ganz klug: parla come un libro stampato, als ich Jemand neben oder hinter mir zu bemerken glaubte. Leicht konnte man die Logentür leise geöffnet haben, und hineingeschlüpft sein — das fuhr mir wie ein Stich durch’s Herz. Ich war so glücklich, mich allein in der Loge zu befinden, um ganz ungestört das so vollkommen dargestellte Meisterwerk mit allen Empfindungsfasern, wie mit Polypenarmen, zu umklammern und in mein Selbst hineinzuziehen! ein einziges Wort, das obendrein albern sein konnte, hätte mich auf eine schmerzhafte Weise herausgerissen aus dem herrlichen Moment der poetisch-musikalischen Exaltation! Ich beschloß, von meinem Nachbar gar keine Notiz zu nehmen, sondern, ganz in die Darstellung vertieft, jedes Wort, jeden Blick abzuschneiden. Den Kopf in die Hand gestützt, dem Nachbar den Rücken wendend, schauete ich hinaus. — Der Gang der Darstellung entsprach dem vortrefflichen Anfange. Die kleine, lüsterne, verliebte Zerlina tröstete mit gar lieblichen Tönen und Weisen den gutmütigen Tölpel Masetto. Don Juan sprach sein inneres, zerrissenes Wesen, den Hohn über die Menschlein um ihn her, nur aufgestellt zu seiner Lust, in ihr mättliches Tun und Treiben verderbend einzugreifen, in der wilden Arie: Fin ch’han dal vino — ganz unverhohlen aus. Gewaltiger als bisher zuckte hier der Stirnmuskel. — Die Masken erschienen. Ihr Terzett ist ein Gebet, das in rein glänzenden Strahlen zum Himmel steigt. — Nun fliegt der Mittelvorhang auf. Da geht es lustig her; Becher erklingen, in fröhlichem Gewühl wälzen sich die Bauern und allerlei Masken umher, die Don Juans Fest herbeigelockt hat. — Jetzt kommen die drei zur Rache Verschwornen. Alles wird feierlicher, bis der Tanz angeht. Zerlina wird gerettet, und in dem gewaltig donnernden Finale tritt mutig Don Juan mit gezogenem Schwert seinen Feinden entgegen. Er schlägt dem Bräutigam den stählernen Galanterie-Degen aus der Hand, und bahnt sich durch das gemeine Gesindel, das er, wie der tapfere Roland die Armee des Tyrannen Cymort, durcheinander wirft, daß alles gar possierlich über einander purzelt, den Weg ins Freie. — 

Schon oft glaubte ich dicht hinter mir einen zarten, warmen Hauch gefühlt, das Knistern eines seidenen Gewandes gehört zu haben: das ließ mich wohl die Gegenwart eines Frauenzimmers ahnen, aber ganz versunken in die poetische Welt, die mir die Oper aufschloß, achtete ich nicht darauf. Jetzt, da der Vorhang gefallen war, schauete ich nach meiner Nachbarin. — Nein — keine Worte drücken mein Erstaunen aus: Donna Anna, ganz in dem Kostüme, wie ich sie eben auf dem Theater gesehen, stand hinter mir, und richtete auf mich den durchdringenden Blick ihres seelenvollen Auges. — 



Jacques Callot: Balli di Sfessania. Taglia Cantoni – Fracasso

um 1621/22

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin. Foto: Dietmar Katz

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'Balli di Sfessania'

Zu seinem 44. Geburtstag im Jahr 1820 erhielt Hoffmann von seinem Freund Johann Ferdinand Koreff die Balli di Sfessania, ein Heft mit Kupferstichen Jacques Callots. Die Blätter stellen Szenen der italienischen Commedia dell’Arte dar. Die Zeichnungen Callots weckten Hoffmanns Phantasie und er erfand eine Erzählung rund um die von Callot dargestellten Gestalten: Prinzessin Brambilla (1821).



E.T.A. Hoffmann, Carl Friedrich Thiele: Prinzessin Brambilla. Ein Capriccio nach Jakob Callot

1821, Breslau

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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PrinzessinBrambillaPPN1012173259_00000239_Zuschnitt_komprimiert.jpg


'Prinzessin Brambilla'

Die Erzählung dreht sich um zwei Liebende im römischen Karneval und zeichnet sich durch überlagernde Ebenen und einen verschlungenen Erzählablauf aus. Zur Illustration der Erstausgabe bat Hoffmann den Kupferstecher Carl Friedrich Thiele um acht Nachstiche der Callot-Zeichnungen, die der Erzählung beigegeben wurden.



Ausstellungsraum Frankfurt am Main, Vitrine 'Theater', 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

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Freies Deutsches Hochstift

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© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Literaturempfehlungen

Dengler-Schreiber, Karin: So ein Theater. Geschichten aus 200 und einem Jahr Bamberger Stadttheater. Bamberg 2003. Link zum K10plus

Dewenter, Bastian: Von Enthusiasten, Theaterdirektoren und Scharlatanen. Der Theaterdiskurs in E.T.A. Hoffmanns Erzählungen. Heidelberg 2017. Link zum K10plus

Köppler, Rudolf: E.T.A. Hoffmann am Bamberger Theater. Ein Beitrag zur Kenntnis seiner Persönlichkeit, seiner Werke und der Theatergeschichte Bambergs. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg, 81 (1929), S. 1–133. Link zum K10plus

Leist, Friedrich: Geschichte des Theaters in Bamberg bis zum Jahre 1862. 2., vollständig umgearbeitete Auflage. Bamberg 1893. Link zum K10plus

Petzel, Jörg: E.T.A. Hoffmanns theatralische Sendung. Seine Beziehungen zu den Schauspielern Iffland, Holbein, Leo und Devrient, in: Hoffmann-Jb. 17 (2009), S. 124–136. Link zum K10plus

Wagner, Caroline: Kleists Käthchen von Heilbronn in Bamberg. Zur Erinnerung an die deutsche Erstaufführung am 1. September 1811. In: Hoffmann-Jb. 20 (2012), S. 74–82. Link zum K10plus



Ausstellungsraum Berlin 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022' Vernissage

Fotografie, 2022, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Foto: Hagen Immel / Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Ausstellungsansicht; Gestaltung: TheGreenEyl

Bildende Kunst und Literatur

Hoffmann ließ sich auch von der bildenden Kunst zu literarischen Werken inspirieren. Vor allem in Berlin besuchte er viele Ausstellungen. Ein beliebter Ausstellungsort war die Akademie der Künste. Zu Hoffmanns Zeit lag sie Unter den Linden, am Ort der heutigen Staatsbibliothek. Dort sah Hoffmann Gemälde, deren Arrangements und Szenen er dann in Erzählungen entfaltete. So entdeckte er dort auch Johann Erdmann Hummels Gesellschaft in einer italienischen Locanda - möglicherweise ja genau an der Stelle, wo es vor spiegelndem Hintergrund in der Berliner Schau 2022 die Besucher:innen empfing...



Johann Erdmann Hummel: Die Fermate (Gesellschaft in einer italienischen Lokanda)

um 1814

Aus der Sammlung von

Bayerische Staatsgemäldesammlungen München – Neue Pinakothek

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Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München

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'Gesellschaft in einer italienischen Locanda'

Nach Johann Erdmann Hummels Gemälde Gesellschaft in einer italienischen Locanda (um 1814) entstand Hoffmanns Erzählung Die Fermate (1815).

Der Maler Johann Erdmann Hummel wurde 1769 in Kassel geboren. Nach dem Studium der Architektur und der Malerei lebte er in Italien bis er an den Berliner Hof berufen wurde. 1809 erhielt er einen Lehrstuhl an der Berliner Akademie. Seine die Erinnerung an die Antike behandelnde Malerei dreht sich immer wieder um Fragen der Optik und der Perspektive. Das Gemälde Gesellschaft in einer italienischen Locanda beruht auf Studien während des Italienaufenthalts Hummels.

E.T.A. Hoffmann: Die Fermate (1816)

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Hummels heitres lebenskräftiges Bild, die Gesellschaft in einer italiänischen Lokanda, ist bekannt worden durch die Berliner Kunstausstellung im Herbst 1814, auf der es sich befand, Aug‘ und Gemüt gar vieler erlustigend. — Eine üppig verwachsene Laube — ein mit Wein und Früchten besetzter Tisch — an demselben zwei italiänische Frauen einander gegenübersitzend — die eine singt, die andere spielt Chitarra — zwischen beiden hinterwärts stehend ein Abbate, der den Musikdirektor macht. Mit aufgehobener Battuta paßt er auf den Moment, wenn Signora die Kadenz, in der sie mit himmelwärts gerichtetem Blick begriffen, endigen wird im langen Trillo, dann schlägt er nieder und die Chitarristin greift keck den Dominanten Akkord. — Der Abbate ist voll Bewunderung — voll seligen Genusses — und dabei ängstlich gespannt. — Nicht um der Welt Willen möchte er den richtigen Niederschlag verpassen. Kaum wagt er zu atmen. Jedem Bienchen, jedem Mücklein möchte er Maul und Flügel verbinden, damit nichts sumse. Um so mehr ist ihm der geschäftige Wirt fatal, der den bestellten Wein gerade jetzt im wichtigsten höchsten Moment herbeiträgt. — Aussicht in einen Laubgang, den glänzende Streiflichter durchbrechen. — Dort hält ein Reiter, aus der Lokanda wird ihm ein frischer Trunk auf’s Pferd gereicht. — 

Vor diesem Bilde standen die beiden Freunde Eduard und Theodor. »Je mehr ich, sprach Eduard, diese zwar etwas ältliche aber wahrhaft virtuosisch begeisterte Sängerin in ihren bunten Kleidern anschaue, jemehr ich mich an dem ernsten echt römischen Profil, an dem schönen Körperbau der Chitarrspielerin ergötze, jemehr mich der höchst vortreffliche Abbate belustigt, desto freier und stärker tritt mir das Ganze ins wirkliche rege Leben. — Es ist offenbar karrikiert im höhern Sinn, aber voll Heiterkeit und Anmut! — Ich möchte nur gleich hineinsteigen in die Laube, und eine von den allerliebsten Korbflaschen öffnen, die mich dort vom Tische herab anlächeln. — Wahrhaftig, mir ist es, als spüre ich schon etwas von dem süßen Duft des edlen Weins. — Nein, diese Anregung darf nicht verhauchen in der kalten nüchternen Luft, die uns hier umweht. — Dem herrlichen Bilde, der Kunst, dem heitere Italia, wo hoch die Lebenslust aufglüht, zu Ehren, laß uns hingehen und eine Flasche italiänischen Weins ausstechen.« — 

Theodor hatte, während Eduard dies in abgebrochenen Sätzen sprach, schweigend und tief in sich gekehrt da gestanden. »Ja, das laß uns tun!« fuhr er jetzt auf, wie aus einem Traum erwachend, aber kaum loskommen konnte er von dem Bilde, und als er, dem Freunde mechanisch folgend, sich schon an der Tür befand, warf er noch sehnsüchtige Blicke zurück, nach den Sängerinnen und nach dem Abbate. Eduard’s Vorschlag ließ sich leicht ausführen. Sie gingen quer über die Straße, und bald stand in dem blauen Stübchen bei Sala Tarone eine Korbflasche, ganz denen in der Weinlaube ähnlich, vor ihnen. »Es scheint mir aber«, sprach Eduard, nachdem schon einige Gläser geleert waren, und Theodor noch immer still und in sich gekehrt blieb, »es scheint mir aber, als habe dich das Bild auf ganz besondere und gar nicht so lustige Weise angeregt, als mich?« »Ich kann versichern«, erwiderte Theodor, »daß auch ich alles Heitere und Anmutige des lebendigen Bildes in vollem Maße genossen, aber ganz wunderbar ist es doch, daß das Bild getreu eine Szene aus meinem Leben mit völliger Portraitähnlichkeit der handelnden Personen darstellt. Du wirst mir aber zugestehen, daß auch heitere Erinnerungen dann den Geist gar seltsam zu erschüttern vermögen, wenn sie auf solche ganz unerwartete ungewöhnliche Weise plötzlich wie durch einen Zauberschlag geweckt, hervorspringen. Dies ist jetzt mein Fall.« »Aus deinem Leben«, fiel Eduard ganz verwundert ein, »eine Szene aus deinem Leben soll das Bild darstellen? Für gut getroffene Portraits habe ich die Sängerinnen und den Abbate gleich gehalten, aber daß sie dir im Leben vorgekommen sein sollten? Nun so erzähle nur gleich wie das Alles zusammenhängt, wir bleiben allein, niemand kommt um diese Zeit her.« »Ich möchte das wohl tun«, sprach Theodor, »aber leider muß ich sehr weit ausholen — von meiner Jugendzeit her.« »Erzähle nur getrost«, erwiderte Eduard, »ich weiß so noch nicht viel von deinen Jugendjahren. Dauert es lange, so folgt nichts schlimmeres daraus, als daß wir eine Flasche mehr ausstechen, als wir uns vorgenommen; das nimmt aber kein Mensch übel, weder wir, noch Herr Tarone.«



Carl Wilhelm Kolbe der Jüngere, Johann Samuel Otto: Doge und Dogaresse

1829

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin. Foto: Dietmar Katz

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'Doge und Dogaresse'

Nach dem Gemälde Doge und Dogaresse von Carl Wilhelm Kolbe d.J. entstand Hoffmanns gleichnamige Erzählung (1818).
Kolbe wurde 1781 in Berlin geboren und war ein Neffe des Kupferstechers Carl Wilhelm Kolbe der Ältere. Er studierte an der Akademie in Berlin. Einer seiner Lehrer war Daniel Chodowiecki. 

E.T.A. Hoffmann: Doge und Dogaresse (1818)

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Mit diesem Namen war in dem Katalog der Kunstwerke, die die Akademie der Künste zu Berlin im September 1816 ausstellte, ein Bild bezeichnet, das der wackre tüchtige C. Kolbe, Mitglied der Akademie, gemalt hatte und das mit besonderem Zauber jeden anzog, so daß der Platz davor selten leer blieb. Ein Doge in reichen prächtigen Kleidern schreitet, die eben so reich geschmückte Dogaresse an der Seite, auf einer Balustrade hervor, er ein Greis mit grauem Bart, sonderbar gemischte Züge, die bald auf Kraft, bald auf Schwäche, bald auf Stolz und Übermut, bald auf Gutmütigkeit deuten, im braunroten Gesicht; sie ein junges Weib, sehnsüchtige Trauer, träumerisches Verlangen im Blick, in der ganzen Haltung. Hinter ihnen eine ältliche Frau und ein Mann, der einen aufgespannten Sonnenschirm hält. Seitwärts an der Balustrade stößt ein junger Mensch in ein muschelförmig gewundenes Horn und vor derselben im Meer liegt eine reich verzierte mit der venetianischen Flagge geschmückte Gondel, auf der zwei Ruderer befindlich. Im Hintergrunde breitet sich das mit hundert und aber hundert Segeln bedeckte Meer aus, und man erblickt die Türme und Paläste des prächtigen Venedig, das aus den Fluten emporsteigt. Links unterscheidet man San Marco, rechts mehr im Vorgrunde San Giorgio Maggiore. In dem goldnen Rahmen des Bildes sind die Worte eingeschnitzt: 

Ah senza amare
Andare sul mare
Col sposo del mare
Non puo consolare. 

Ach! gebricht der Liebe Leben,
Kann auf hohem Meer zu schweben
Mit dem Gatten selbst des Meeres
Doch nicht Trost dem Herzen geben. 

Vor diesem Bilde entstand eines Tages ein unnützer Streit darüber, ob der Künstler durch das Bild nur ein Bild, das heißt, die durch die Verse hinlänglich angedeutete augenblickliche Situation eines alten abgelebten Mannes, der mit aller Pracht und Herrlichkeit nicht die Wünsche eines sehnsuchtsvollen Herzens zu befriedigen vermag, oder eine wirkliche geschichtliche Begebenheit habe darstellen wollen. Des Geschwätzes müde verließ einer nach dem andern den Platz, so daß zuletzt nur noch zwei der edlen Malerkunst gar holde Freunde übrig blieben. »Ich weiß nicht, fing der eine an, wie man sich selbst allen Genuß verderben mag mit dem ewigen Deuteln und Deuteln. Außerdem, daß ich ja genau zu ahnen glaube, was es mit diesem Dogen, mit dieser Dogaressa für eine Bewandtnis hat im Leben, so ergreift mich auch auf ganz besondere Weise der Schimmer des Reichtums und der Macht, der über das Ganze verbreitet ist. Sieh‘ diese Flagge mit dem geflügelten Löwen, wie sie der Welt gebietend in den Lüften flattert — O herrliches Venedig!« Er fing an Turandots Rätsel von dem adriatischen Löwen herzusagen: Dimmi, qual sia quella terribil fera etc. Kaum hatte er geendet, als eine wohltönende Männerstimme mit Calafs-Auflösung einfiel. Tu quadrupede fera etc. Von den Freunden unbemerkt hatte sich hinter ihnen ein Mann hingestellt von hohem edlen Ansehn, den grauen Mantel malerisch über die Schulter geworfen, das Bild mit funkelnden Augen betrachtend. — Man geriet ins Gespräch und der Fremde sagte mit beinahe feierlichem Tone: Es ist ein eignes Geheimnis, daß in dem Gemüt des Künstlers oft ein Bild aufgeht, dessen Gestalten, zuvor unkennbare körperlose im leeren Luftraum treibende Nebel, eben in dem Gemüte des Künstlers erst sich zum Leben zu formen und ihre Heimat zu finden scheinen. Und plötzlich verknüpft sich das Bild mit der Vergangenheit oder auch wohl mit der Zukunft, und stellt nur dar, was wirklich geschah oder geschehen wird. Kolbe mag vielleicht selbst noch nicht wissen, daß er auf dem Bilde dort, niemanden anders darstellte, als den Dogen Marino Falieri und seine Gattin Annunziata. 



Carl Wilhelm Kolbe der Jüngere, Ludwig Heine: Böttchersche Werkstatt

undatiert

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin. Foto: Dietmar Katz

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'Böttchersche Werkstatt'

Ebenfalls nach einem Gemälde Kolbes, Böttchersche Werkstatt (undatiert), entstand die Erzählung Meister Martin der Küfner und seine Gesellen (1818).

Das Gemälde galt lange als verschollen, bis es in den Vereinigten Staaten ausfindig gemacht wurde. Seitdem ist auch klar, dass der Kupferstich von H. Schmidt, der dem Text bei seiner Veröffentlichung beigegeben wurde, nicht das ursprüngliche Bild zeigt, sondern eine Fassung, die bereits im Hinblick auf den Inhalt von Hoffmanns Text bearbeitet wurde. Dem Bild Kolbes entspricht die Stelle in Hoffmanns Text, an der der Kunde Holzschuer die drei Gesellen am Fass für den Bischof arbeiten sieht.



E.T.A. Hoffmann: Meister Martin, der Küfner und seine Gesellen. Manuskript

Manuskript, 1817/18, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Msc.Add.22. Foto: Gerald Raab

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'Meister Martin, der Küfner und seine Gesellen'

Ende 1817 und Anfang 1818 entstand E.T.A. Hoffmanns Erzählung Meister Martin. Die Erstfassung, die im Herbst 1818 im Taschenbuch zum geselligen Vergnügen auf das Jahr 1819 veröffentlicht wurde, weißt im Untertitel explizit Kolbes Gemälde als Vorlage aus. Mit leichten Veränderungen erschien die Erzählung dann 1819 auch in der Erzählsammlung Die Serapions-Brüder.   

E.T.A. Hoffmann: Meister Martin, der Küfner und seine Gesellen (1818)

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Das gab eine lustige Wirtschaft so daß man kaum den alten Herrn Johannes Holzschuer bemerkte, der zur Werkstatt hineintrat. Meister Martin schritt ihm entgegen, und fragte höflich nach seinem Begehren. Ei, erwiderte Holzschuer, ich wollte einmal meinen lieben Friedrich wiederschauen, der dort so wacker arbeitet. Aber dann lieber Meister Martin, tut in meinem Weinkeller ein tüchtiges Faß Not, um dessen Fertigung ich Euch bitten wollte. — Seht nur, dort wird ja eben solch ein Faß errichtet, wie ich es brauche, das könnt Ihr mir ja überlassen, Ihr dürft mir nur den Preis sagen. Reinhold der ermüdet einige Minuten in der Werkstatt geruht hatte, und nun wieder zum Gerüst heraufsteigen wollte, hörte Holzschuers Worte und sprach, den Kopf nach ihm wendend: ei lieber Herr Holzschuer, die Lust nach unserm Fäßlein laßt Euch nur vergehen, das arbeiten wir für den hochwürdigen Herrn Bischof von Bamberg! — Meister Martin die Ärme über den Rücken zusammen geschlagen, den linken Fuß vorgesetzt, den Kopf in den Nacken geworfen, blinzelte nach dem Faß hin und sprach dann mit stolzem Ton: mein lieber Meister, schon an dem ausgesuchten Holz, an der Sauberkeit der Arbeit hättet Ihr bemerken können, daß solch ein Meisterstück nur dem fürstlichen Keller ziemt. Mein Geselle Reinhold hat richtig gesprochen, nach solchem Werk laßt Euch die Lust vergehn, wenn die Weinlese vorüber, werd‘ ich Euch ein tüchtiges schlichtes Fäßlein fertigen lassen, wie es sich für Euern Keller schickt. Der alte Holzschuer, aufgebracht über Meister Martins Stolz, meinte dagegen, daß seine Goldstücke gerade so viel wögen, als die des Bischofs von Bamberg, und daß er anderswo auch wohl für sein bares Geld gute Arbeit zu bekommen hoffe. Meister Martin, überwallt von Zorn, hielt mühsam an sich, er durfte den alten, vom Rat, von allen Bürgern hochverehrten Herrn Holzschuer wohl nicht beleidigen. Aber in dem Augenblick schlug Conrad immer gewaltiger mit dem Schlägel zu, daß alles dröhnte und krachte, da sprudelte Meister Martin den innern Zorn aus und schrie mit heftiger Stimme: Conrad — du Tölpel, was schlägst du so blind und toll zu, willst du mir das Faß zerschlagen? Ho, ho, rief Conrad, indem er mit trotzigem Blick ⟨sich⟩ umschaute, nach dem Meister! ho, ho du komisches Meisterlein, warum denn nicht?  Und damit schlug er so entsetzlich auf das Faß los, daß klirrend der stärkste Band des Fasses sprang und den Reinhold hinabwarf vom schmalen Brette des Gerüstes, während man am hohlen Nachklange wohl vernahm, daß auch eine Daube gesprungen sein müßte. Übermannt von Zorn und Wut sprang Meister Martin hinzu, riß dem Valentin den Stab, an dem er schabte, aus der Hand und versetzte, lautschreiend: Verfluchter Hund! dem Conrad einen tüchtigen Schlag über den Rücken. So wie Conrad den Schlag fühlte, drehte er sich rasch um und stand da einen Augenblick wie sinnlos, dann aber flammten die Augen vor wilder Wut, er knirschte mit den Zähnen, er heulte: geschlagen? Dann war er mit einem Sprunge herab vom Gerüst, hatte schnell das auf dem Boden liegende Lenkbeil ergriffen und führte einen gewaltigen Schlag gegen den Meister, der ihm den Kopf gespalten haben würde, hätte Friedrich nicht den Meister bei Seite gerissen, so daß das Beil nur den Arm streifte, aus dem aber das Blut sogleich hinausströmte. Martin, dick und unbeholfen wie er war, verlor das Gleichgewicht und stürzte über die Fügbank, wo eben der Lehrbursche arbeitete, nieder zur Erde. Alles warf sich nun dem wütenden Conrad entgegen, der das blutige Lenkbeil in den Lüften schwang und mit entsetzlicher Stimme heulte und kreischte: zur Hölle muß er fahren — zur Hölle! Mit Riesenkraft schleuderte er alle von sich, er holte aus zum zweiten Schlage, der ohne Zweifel dem armen Meister, der auf dem Boden keuchte und stöhnte, das Garaus gemacht haben würde, da erschien aber, vor Schrecken bleich wie der Tod, Rosa in der Türe der Werkstatt. So wie Conrad Rosa gewahrte, blieb er mit dem hochgeschwungnen Beil stehen, wie zur toten Bildsäule erstarrt. Dann warf er das Beil weit von sich, schlug die beiden Hände zusammen vor der Brust, rief mit einer Stimme, die jedem durch das Innerste drang: o du gerechter Gott im Himmel, was habe ich denn getan und ⟨stürzte⟩ aus der Werkstatt heraus ins Freie. Niemand gedachte ihn zu verfolgen.



Die königliche Akademie der Künste und Wissenschaften Unter den Linden

um 1820

Aus der Sammlung von

bpk-Bildagentur

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bpk / Dietmar Katz

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Literaturempfehlungen

Dieterle, Bernard: Erzählte Bilder. Zum narrativen Umgang mit Gemälden. Marburg 1988. Link zum K10plus

Holländer, Hans: Schein und Widerschein. Über die Schachbilder von Johann Erdmann Hummel, in: Jahrbuch der Berliner Museen 43, S. 205–235. Link zum K10plus

Türk, Klaus: E.T.A. Hoffmann: „Meister Martin der Küfner und seine Gesellen“. Kolbe-Gemälde wiedergefunden. In: E.T.A. Hoffmann Jahrbuch. Band 11. 2003, S. 134–137. Link zum K10plus

03

Schreiben und Publizieren



Vitrine in der Ausstellung 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022' in Frankfurt am Main

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Wie Hoffmanns Texte entstehen

Den Publikationsprozess seiner Werke begleitete E.T.A. Hoffmann oft sehr eng. Er war in die Gestaltung der Einbände involviert, entwarf Umschlagzeichnungen und wählte Kupferstecher aus. Auch lassen sich anhand des Vergleiches von Manuskriptentwürfen und späterer Publikationsfassung erhellende Einblicke in den Entstehungsprozess der Werke und Hoffmanns Arbeitsweise gewinnen.

Die Texte entstehen in einem Umfeld von Gleichgesinnten und Freunden. Gelegentlich arbeitet Hoffmann mit ihnen an gemeinsamen Textsammlungen und wagt den Versuch eines kollaborativ verfassten Romans.

Mehrfach geraten Hoffmanns Texte in den Fokus der Zensurbehörden: Seine genaue Beobachtungsgabe und seine Fähigkeit zur spitzen Formulierung führen zu Konflikten mit den Autoritäten.



E.T.A. Hoffmann: Die Doppeltgänger ; Aus den Feierstunden besonders abgedruckt

1825, Brünn

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Gemeinschaftswerk

Mit den Berliner Freunden Adelbert von Chamisso, Friedrich de la Motte Fouqué und Karl Wilhelm Salice-Contessa nahm Hoffmann sich zu Beginn des Jahres 1815 ein gemeinsames Roman-Projekt vor. Das später als Roman des Freiherrn von Vieren betitelte Werk wurde allerdings nicht vollendet: Mit der Zeit wurden gemeinsame Treffen zur Abstimmung über die einzelnen Textstücke immer schwieriger und im Juli 1815 brach Chamisso zu einer mehrjährigen Weltumseglung auf. Hoffmann überarbeitete seinen Beitrag 1821 zur eigenständigen Erzählung Die Doppeltgänger. Sie wurde posthum 1825 veröffentlicht.



E.T.A. Hoffmann, Adelbert von Chamisso, Karl Wilhelm Salice-Contessa, Friedrich de la Motte Fouqué: Der Roman des Freiherrn von Vieren. Manuskript

Manuskript, 1815

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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'Der Roman des Freiherrn von Vieren'

Der Fragment gebliebene Roman des Freiherrn von Vieren setzt sich mit dem Bild des Künstlers als für sich allein stehendes Genie auseinander. Die Großstadterfahrung Hoffmanns und seiner Mitstreiter spiegelt sich in ihrem Schreibexperiment wie auch sonst in ihrem Hang zum gemeinschaftlichen Arbeiten wider. Der Roman selbst kann als Plädoyer für Ambivalenz, Offenheit und Unabgeschlossenheit gelesen werden.

Abends Chamisso, Hitzig und Comtessa bei mir — Die Erzählung vorgelesen — Entschluß des Romans en quatre — sehr gemütliche Stim.g —

E.T.A. Hoffmann: Tagebucheintrag, 13. Januar 1815





E.T.A. Hoffmann: Brief an Friedrich de la Motte-Fouqué vom 14. Mai 1815

Autograph, 1815, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Autogr. H 39. Foto: Gerald Raab

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Transkription: Brief an Friedrich de la Motte Fouqué vom 14. Mai 1815

[...] Aus allen Gründen dieses VieltunSollens bitte ich Sie Hr. Baron es mit dem ZeitblüthenMann so zu machen, daß er zufrieden ist, wenn ich ihm Monatlich einen Beitrag über irgend eine Erscheinung am Berliner KunstHimmel oder sonst liefre, mich aber mit den polizeilichen Nachrichten pp verschone. - Mit Hitzig habe ich verabredet nach Potsdam zu gehen, wenn Sie Herr Baron! da sind! - Leider kann ich nur höchstens einen Tag von B[erlin] abwesend sein ohne förmlich Urlaub zu nehmen, welches ich um so weniger tun wollte als ich vielleicht mich bald beurlaube - pour jamais! - Wahrscheinlich kommt Chamisso und Contessa mit nach Potsdam, und wir können Ihnen Hr. Baron einige Kapitel des Romans vom Hrn. Freiherrn von Vieren vortragen, in dem es ganz erschrecklich hergeht - Chamisso hat einen alten Mann mit sieben Stichen ermordet, und ich habe jetzt den verteufelten Kriminalprozeß am Halse! - Wie herzlich sehne ich mich Sie Herr Baron, zu sehen! -  
Berlin
D. 14 Mai 1815. 

Der Ihrigste
J[ohannes] K[reisler]

Zum kompletten Brief



Illustration: Einsiedler Serapion

1855, Paris

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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'Die Serapions-Brüder'

1819 bis 1821 erschienen die vier Bände von Hoffmanns ausführlichster Erzählsammlung Die Serapions-Brüder. Gesammelte Erzählungen und Märchen. Die 28 Erzählungen waren meist schon u.a. in Taschenbüchern erschienen. Nur wenige Texte, wie der Einsiedler Serapion, wurden extra für diese Sammlung verfasst.

Der Titel verweist auf reale Zusammenkünfte Hoffmanns mit Freunden wie Chamisso, Salice-Contessa und Julius Eduard Hitzig. In den Jahren 1814 und 1815 traf man sich im 'Seraphinen-Orden', später wurde der Kreis am Tag des Heiligen Serapion (14.11.1818) unter dem Namen „Serapionsbrüder“ wiederbelebt.

Auch die Konstruktion der Sammlung knüpft an diese Treffen an: Hoffmann band die Erzählungen in ein Rahmengespräch zwischen sechs Freunden ein. Das Gespräch verleiht der Sammlung eine thematische Linie und beurteilt die Erzählungen hinsichtlich eines ästhetischen Ideals, das die Freunde entwickelt hatten: das Serapiontische Prinzip.   

E.T.A. Hoffmann: Die Serapions-Brüder (1819-21)

Textausschnitt (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)

»Stelle man sich auch an wie man wolle, nicht wegzuleugnen, nicht wegzubannen ist die bittre Überzeugung, daß nimmer — nimmer wiederkehrt, was einmal da gewesen. Eitles Mühen, sich entgegenzustemmen der unbezwinglichen Macht der Zeit, die fort und fort schafft in ewigem Zerstören. Nur die Schattenbilder des in tiefe Nacht versunkenen Lebens bleiben zurück, und walten in unserm Innern, und necken und höhnen uns oft, wie spukhafte Träume. Aber Toren! wähnen wir, das, was unser Gedanke, unser eignes Ich worden, noch außer uns auf der Erde zu finden, blühend in unvergänglicher Jugendfrische. — Die Geliebte, die wir verlassen, der Freund von dem wir uns trennen mußten, verloren sind beide für uns auf immer! — Die, die wir vielleicht nach Jahren wiedersehen, sind nicht mehr dieselben, von denen wir schieden, und sie finden ja auch uns nicht mehr wieder!« 

So sprach Lothar, indem er heftig vom Stuhl aufsprang, dicht an den Kamin hinanschritt und die Arme übereinander geschlagen mit finsterm Blick in das lustig knisternde Feuer hineinstarrte. 

Wenigstens, begann jetzt Theodor, wenigstens lieber Freund Lothar, bewährst du dich insofern ganz als denselben, von dem ich vor zwölf Jahren schied, als du noch ebenso wie damals geneigt bist, nur im mindesten schmerzlich berührt, dich allem Unmut rücksichtslos hinzugeben. Wahr ist es, und ich, Ottmar und Cyprian, wir alle fühlen es gewiß eben so lebhaft als du, daß unser erstes Beisammensein nach langer Trennung gar nicht so erfreulich ist, als wir es uns wohl gedacht haben mochten. Wälze die Schuld auf mich, der ich aus einer unserer unendlichen Gassen in die andere lief, der ich nicht abließ, bis ich euch heute Abend hier vor meinem Kamin zusammengebracht hatte. Gescheuter wäre es vielleicht gewesen, hätt‘ ich unser Wiedersehn dem günstigen Zufall überlassen, aber unerträglich war mir der Gedanke, daß wir, die wir Jahre lang durch herzliche Liebe, durch ein gleiches schönes Streben in Kunst und Wissenschaft innig verbunden zusammenlebten, die nur der wilde Orkan, wie er daher brauste in der verhängnisvollen Zeit die wir durchlebt, auseinander schleudern konnte, daß wir, sage ich, auch nur einen Tag in demselben Hafen geankert haben sollten, ohne uns mit leiblichen Augen zu schauen, wie wir es unterdessen mit geistigen getan. Und nun sitzen wir schon ein Paar Stunden zusammen und quälen uns mörderlich ab mit dem Enthusiasmus unserer frischblühenden Freundschaft. Und keiner hat bis zu diesem Augenblick etwas Gescheutes zu Markte gebracht, sondern fades langweiliges Zeug geschwatzt zum Bewundern. Und woher kommt das Alles anders, als daß wir insgesamt recht kindische Kinder sind, daß wir glaubten, es werde nun gleich wieder fortgehen in derselben Melodie, die wir vor zwölf Jahren abbrachen. Lothar sollte uns vielleicht wieder zum Erstenmale Tiecks Zerbino vorlesen, und ausgelassene, jauchzende, jubelnde Lust uns alle erfassen. Oder Cyprian müßte vielleicht irgend ein fantastisches Gedicht oder wohl gar eine ganze überschwengliche Oper mitgebracht haben, und ich sie zur Stelle komponieren, und auf demselben lendenlahmen Pianoforte wie vor zwölf Jahren losdonnern, daß alles an dem armen lebenssatten Instrumente knackt und ächzt. Oder Ottmar müßte erzählen von irgend einer herrlichen Rarität, die er aufgespürt, von einem auserlesenen Wein, von einem absonderlichen Hasenfuß etc., und uns alle in Feuer und Flamme setzen, und uns aufregen zu allerlei sehr seltsamen Anschlägen, wie wir beides zu genießen und zu verarbeiten gedächten, auserlesenen Wein und absonderlichen Hasenfuß. Und da das Alles nun nicht geschehen ist, schmollen wir insgeheim auf einander, und jeder denkt vom Andern: ei, wie ist der Gute so ganz und gar nicht mehr derselbe, daß der sich so ändern könnte, nimmermehr hätt‘ ich das gedacht! — Ja freilich sind wir alle nicht mehr dieselben! Daß wir zwölf Jahre älter worden, daß sich wohl mit jedem Jahr immer mehr und mehr Erde an uns ansetzt, die uns hinabzieht aus der luftigen Region, bis wir am Ende unter die Erde kommen, das will ich gar nicht in Anschlag bringen. Aber wen von uns hat indessen nicht der wilde Strudel von Ereignis zu Ereignis, ja von Tat zu Tat fortgerissen? Konnte denn alles Schrecken, alles Entsetzen, alles Ungeheure der Zeit an uns vorübergehen ohne uns gewaltig zu erfassen, ohne tief in unser Inneres hinein seine blutige Spur einzugraben? — Darüber erbleichten die Bilder des früheren Lebens, und fruchtlos bleibt nun das Mühen, sie wieder aufzufrischen! — Mag es aber auch sein, daß manches, was uns damals im Leben ja an und in uns selbst als hoch und herrlich erschien, jetzt merklich den blendenden Glanz verloren, da unsere Augen durch stärkeres Licht verwöhnt, die innere Gesinnung, aus der unsere Liebe entsproßte, ist doch wohl geblieben. Ich meine, ein Jeder glaubt doch wohl noch vom Andern, daß er was erkleckliches tauge, und inniger Freundschaft wert sei. Laßt uns also die alte Zeit und alle alte Ansprüche aus ihr her vergessen, und von jener Gesinnung ausgehend, versuchen, wie sich ein neues Band unter uns verknüpft.

Dem Himmel sei gedankt, unterbrach hier Ottmar den Freund, dem Himmel sei gedankt, daß Lothar es nicht mehr aushalten konnte in unserm närrischen verzwickten Wesen, und daß du, Theodor, gleich das schadenfrohe Teufelchen festpackst, das uns alle neckt und quält. Mir wollt‘ es die Kehle zuschnüren, dies gezwungene, fatale Freudigtun, und ich fing gerade an mich ganz entsetzlich zu ärgern, als Lothar losfuhr. Aber nun Theodor gerade heraus gesagt hat, woran es liegt, fühle ich mich euch Allen um vieles näher gerückt, und es ist mir so als wolle die alte Gemütlichkeit mit der wir uns sonst zusammenfanden, alle unnütze Zweifel wegbannend, wieder die Oberhand gewinnen. Theodor hat Recht, mag denn die Zeit auch vieles umgestaltet haben, fest steht doch in unserm Innern der Glaube an uns selbst. Und hiermit erkläre ich die Präliminarien unsers neuen Bundes feierlichst für abgeschlossen, und setze fest, daß wir uns jede Woche an einem bestimmten Tage zusammenfinden wollen, denn sonst verlaufen wir uns in der großen Stadt hierhin, dorthin, und werden auseinander getrieben noch ärger als bisher. 



E.T.A. Hoffmann: Karikierende Darstellung: Adelbert v. Chamisso auf seiner Weltreise: Schlemihl segelt zum Nordpol und wird von demselben freundlich empfangen

Aus der Sammlung von

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

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Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin. Foto: Volker-H. Schneider

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Literaturempfehlungen

Chamisso, Adelbert von, E.T.A. Hoffmann, Friedrich de La Motte Fouqué und Karl Wilhelm Salice-Contessa: Der Roman des Freiherrn von Vieren. Mit Anmerkungen und einem Nachwort hg. von Markus Bernauer. München 2018. Link zum K10plus

Goethe, Johann Wolfgang (1789): Prometheus. In: Johann Wolfgang von Goethe Werke. Hamburger Ausgabe. Hg. von Erich Trunz, 14. durchges. Aufl. München 1989, Bd. 1, S. 44–46. Link zum K10plus

Martus, Steffen: Werkpolitik. Zur Literaturgeschichte kritischer Kommunikation vom 17. bis ins 20. Jahrhundert. Berlin und New York 2007. Link zum K10plus

Rogge, Helmuth: Geschichte und Bedeutung des Doppelromans der Berliner Romantik. In: Ders. (Hg.): Der Doppelroman der Berliner Romantik. Leipzig 1926, 2 Bde., Bd. 2, S. 249–341. Link zum K10plus

Steinecke, Hartmut: E.T.A. Hoffmann und Goethe: Parodie oder Hommage? In: Hoffmann-Jb. 17 (2009), S. 48–61. Link zum K10plus



Lea Schneider, Tillmann Severin: „aus den dicken Blättern da kuckten allerlei Gestalten heraus“: E.T.A. Hoffmann als Nature Writer

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin

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Lea Schneider, Tillmann Severin

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Schreibperformance

Schreiben gilt oft als einsame Tätigkeit. E.T.A. Hoffmann aber hat auch zusammen mit Freunden geschrieben. Die Schriftsteller*innen Lea Schneider und Tillmann Severin zeigten – indem sie live gemeinsam schrieben – wie aus einer Zusammenarbeit im Sinne Hoffmanns ein Text entstehen kann. Dabei wurde sichtbar, dass Hoffmanns 200 Jahre altes Werk noch lebendiger wird, wenn man es nicht als unantastbaren Klassiker betrachtet, sondern es weiterspinnt.

Das Ergebnis der Performance können Sie sich hier anhören: Lea Schneider und Tillmann Severin lesen ihren gemeinsamen Essay vor!



Schreibperformance

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin

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Staatsbibliothek zu Berlin

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E.T.A. Hoffmanns Schreibwelten – Literaturintervention im Museum

Die Schreibperformance fand am 3.9. und 10.9. im Raum zur Rezeption in der Berliner Ausstellung statt. Interessierte konnten den Entstehungsprozess live vor Ort oder online mitverfolgen.

Als Ausgangspunkt für die Schreibperformance diente eine Passage aus dem zweiten Kapitel von E.T.A. Hoffmanns Erzählung Die Brautwahl. Sie spielt im Berliner Tiergarten.



Schreibperformance

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin

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Staatsbibliothek zu Berlin

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"aus den dicken Blüttern da kuckten allerlei Gestalten heraus": E.T.A. Hoffmann als Nature Writer

So betiteln Lea Schneider und Tillmann Severin ihre von Hoffmann inspirierte Tiergarten-Erzählung. Zur Einstimmung haben sie einen Spaziergang durch den Tiergarten gemacht und die Atmosphäre des Parks in Fotografien eingefangen.



Schreibperformance

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin

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Staatsbibliothek zu Berlin

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Zum Nachlesen!

Das Ergebnis der Schreibperformance sowie die Ausgangspassage aus E.T.A. Hoffmanns Die Brautwahl können Sie hier lesen:

http://etahoffmann.staatsbibliothek-berlin.de/wp-content/uploads/Schreibperformance_Schneider-Severin_Hoffmann-als-Nature-Writer.pdf



Illustration zu E.T.A. Hoffmanns 'Die Irrungen', in: Berlinischer Taschenkalender 1822

1821, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Vom Manuskript zur Buchausgabe

An der Erzählung Die Irrungen lässt sich die Entwicklung der literarischen Arbeiten Hoffmanns nachvollziehen: In der Manuskriptfassung hieß sie noch Die Täuschungen. 1821 erschien sie dann mit neuem Titel im Berlinischen Taschenkalender. Ein Jahr später erschien dort die Fortsetzung Die Geheimnisse und eine verspätet eingetroffene Illustration zu den Irrungen. Hoffmann war häufig eng in die Vorbereitung der Buchausgaben seiner Erzählungen eingebunden und begleitete die Publikationsprozesse.



E.T.A. Hoffmann: Die Täuschungen. Manuskriptentwurf

Manuskript, 1820, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Autogr. H 65. Foto: Gerald Raab

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Manuskript-Transkription: 'Die Täuschungen'

DIE TÄUSCHUNGEN
Eine Erzählung von E.T.A. Hoffmann.

Erste Kupfertafel. Szene. Auf dem Pariser Platz dicht vor den Säulen des Brandenburger Tores. Ein kleiner alter etwas verwachsener krummbeinigter Mann führt eine große schlanke Dame am Arm. Er hat einen unverhältnismäßig großen Kopf, krummgebogene Nase, große hervorstehende Augen, dicke schwarze Augenbrauen, blickt schmunzelnd vor sich hin. Er ist altmodisch gekleidet, trägt einen Blumenstrauß im Knopfloch, dreieckigten Hut auf dem Kopf, langen steifen Haarzopf der sich auf der Erde nachschlängelt, hohes spanisches Rohr mit vielen Troddeln in der Hand. Die Dame ist nach der letzten Mode gekleidet und verschleiert. Ihre Figur ist voller Anmut und Grazie. 

Zur Seite erblickt man einen jungen hübschen Menschen, nett und anständig modern gekleidet, der in das Anschaun der Dame versunken stehen geblieben. Das Paar nimmt von ihm keine Notiz. 

Ob noch einige Spaziergänger als Nebenfiguren anzubringen, wird dem Herrn Zeichner gänzlich überlassen. Es wäre aber hübsch, wenn es geschähe. 

Zweite Kupfertafel. Szene Ein reich und geschmackvoll möbliertes Zimmer. Im Hintergrunde oder zur Seite ein reiches Gardinen Bett, vor dem Bett der junge hübsche Mensch der die Gardine aufgezogen und voll Entsetzen zurückprallt, da ihn aus dem Bette das Gesicht jenes alten verwachsenen Mannes anstarrt, der eine sehr zierliche Damenspitzenhaube auf dem Kopfe trägt. — Auf einer Stange sitzt ein stattlicher Papagei der eben zu sprechen oder schreien scheint. In einem großen Stehspiegel erblickt man den Reflex einer schönen Dame — es ist die, welche in No 1. der Alte führte, jedoch unverschleiert. — Sie droht dem jungen Menschen. 

Den weiteren Charakter der Personen überlasse ich ganz dem Herrn Zeichner, da ich mich bei der Ausführung der entworfenen Erzählung darnach richten kann. 

Hoffm



E.T.A. Hoffmann: Titelvignette zu Friedrich de la Motte Fouqués 'Die kleinen Leute'

1816, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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'Kinder-Mährchen'

Der vielfach begabte Hoffmann arbeitete an vielen Stellen an der Publikation seiner Werke mit. Insbesondere durch seine zeichnerische Begabung war er auch in die Illustration der Werke und die Gestaltung der Umschläge involviert. Orientierte er sich – etwa im Falle des Meister Floh – teilweise auch an bestehenden Grafiken, so ist in den meisten Fällen sein eigener künstlerischer Einfluss eindeutig. Insbesondere ein Blick in die Ausgabe der Kinder-Mährchen (1816), die Märchen Hoffmanns, Salice-Contessas und Fouqués vereint, vermittelt einen Eindruck von Hoffmanns Fähigkeiten als Illustrator.  



E.T.A. Hoffmann: Titelvignette zu 'Das Gastmahl'

1816, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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E.T.A. Hoffmann: Titelvignette zu 'Nußknacker und Mausekönig'

1816, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Brief an Friedrich de La Motte Fouqué vom 29. Oktober 1816

29. Oktober 1816, Berlin

Aus der Sammlung von

Bayerische Staatsbibliothek

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Bayerische Staatsbibliothek

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Transkription: Brief an Friedrich de La Motte Fouqué vom 29. Oktober 1816

Mit unserem Märchenbuch hat sich manches zugetragen das den ersten Plan ändert. Fürs erste will Dunker zu jedem einen illuminierten Kupferstich machen und das Werkchen erst zu Ostern erscheinen lassen! Habeat sibi! — unerachtet der Mann in seinen eignen Eingeweiden wühlt da er zu Weihnachten große Geschäfte damit gemacht hätte! — 

Dann aber ist er in großer Verlegenheit wegen der Bogenzahl! — Nach meiner Idee sollte das ganze 18 Bogen nach beikommenden Probedruck werden; nun beträgt aber Puppedenzke nur 2½ und Contessa⟨s⟩ Gastmahl das ich auch schon erhalten nur 4 Bogen, mein Märchen müßte ich daher zu der ungemessenen Länge von 12 Bogen dehnen welches gar nicht angeht. Die Zahl drei zu überschreiten scheint mir nicht tunlich, ich schlage daher vor, daß Dunker uns Bogenweis honorieren soll und zwar schlage ich dann Ihr Manuskript zu drei Louisd’or p Bogen an, das meinige und Contessas aber nur zwei Louisd’or, so wird die TripleAllianz zufrieden gestellt denk‘ ich, und mag denn das Büchelchen auch nur 14 – 15 Bogen betragen. Das Honorar würde ich dann nach Ablieferung meines Manuskrpts das seiner Vollendung naht, zahlen lassen. — Wollen Sie dagegen, liebster Baron noch ein kleines Märlein anfertigen so ist’s auch sehr schön, mir scheint es aber besser es überhaupt bei dreien bewenden zu lassen. 

Antworten Sie gütigst sehr bald mit Beilegung des Probedrucks und behalten Sie in freundschaftlichstem Andenken 

Berlin
D. 29 8br 16 

Ihren treu ergebenen
Hoffm 

aus: Hoffmann, E.T.A: Sämtliche Werke in sechs Bänden. Hg. von Hartmut Steinecke und Wulf Segebrecht. Band 6 Späte Prosa/Briefe/Tagebücher und Aufzeichnungen/Juristische Schriften. Werke 1814–1822. Frankfurt a. M. 2004, S. 102f. (zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann Portals)



E.T.A. Hoffmann: Brief an Friedrich de La Motte-Fouqué vom 17. Dezember 1816

Autograph, 17. Dezember 1816, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Autogr. H 54. Foto: Gerald Raab

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Transkription: Brief an Friedrich de la Motte Fouqué vom 17. Dezember 1816

In diesem Augenblick erhalte ich von Reimer vier Exemplare der Märchen und schicke Ihnen, Verehrtester Baron! augenblicklich zwei davon! — Das Honorar will Reimer bis zu Neujahr berichtigen! — Die Steinstiche sind elend und die Illumination miserabel! Nächstens schicke ich Ihnen meine OriginalZeichnungen legitimationis causa. 

Berlin
D. 17 Dezber 1816 

der Ihrigste
Hff 

(zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann-Portals)



Ausstellungsraum Berlin 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022', Vitrine 'Vom Manuskript zur Buchausgabe'

Fotografie, 2022, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Foto: Anka Bardeleben-Zennström/ Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Die rechts unten gezeigten Kupferplatten zeigen zwei von drei Teilen einer frühen Titelillustration zur Erzählung ‚Klein Zaches genannt Zinnober‘ aus dem Verlag Reimer. Sie wurden später geteilt, um die Rückseite für drei kleinere Illustrationen von Daniel Chodowiecki nachzunutzen.

Literaturempfehlungen

Dorsch, Nikolaus: Julius Eduard Hitzig. Literarisches Patriarchat und bürgerliche Karriere. Eine dokumentarische Biographie zwischen Literatur, Buchhandel und Gericht der Jahre 1780–1815, Frankfurt am Main 1994. Link zum K10plus

Kleßmann, Eckart: E.T.A. Hoffmann. In: Genie und Geld. Vom Auskommen deutscher Schriftsteller. Hg. von Karl Corino, Nördlingen 1987, S. 208–217. Link zum K10plus

Reimer, Doris: Passion & Kalkül. Der Verleger Georg Andreas Reimer (1776–1842). Berlin 1999. Link zum K10plus



Darstellung eines Mannes mittleren Alters (vielleicht Clemens Brentano) in ganzer Figur, an einem Tische sitzend

zwischen 1816 und 1818, [Berlin]

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, EvS.G H 1. Foto: Gerald Raab

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Brentano - Versteckter Werkdialog

Obwohl Hoffmann schon 1805 Brentanos Singspiel Die Lustigen Musikanten vertont hatte, lernten beide einander erst zehn Jahre später persönlich kennen. Sie lebten zu diesem Zeitpunkt – ab November 1814 – nur wenige Straßen voneinander entfernt in Berlin. Nachdem Brentano den vierten Band der Fantasiestücke (1815) gelesen hatte, trat er in Kontakt zu Hoffmann, der rund eineinhalb Jahre andauerte. Die treibende Kraft bei diesem Austausch scheint Brentano gewesen zu sein: Er las Hoffmann aus seinen im Entstehen begriffenen Märchen vor, erzählte ihm von dem Frankfurter Johann Bernhard Crespel und bezog ihn in diverse Publikationsprojekte mit ein. So wollte er Hoffmann für Publikationspläne gewinnen, die er gemeinsam mit Achim von Arnim verfolgte. Hoffmann griff in einigen seiner Texte Anregungen Brentanos auf, so dass ein versteckter Werkdialog entstand. Beide erkannten einander als Geistesverwandte.



Clemens Brentano: Die Lustigen Musikanten. Frankfurt a.M.: Bernhard Körner 1803

1803, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum

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Clemens Brentano: Unabgeschickter Brief an E.T.A. Hoffmann. Vorderseite

Handschrift, [Januar 1816]

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum

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Nicht abgesandter Brief

Im Januar 1816 setzte Brentano zu einer langen Epistel an Hoffmann an, in der er seine Bewunderung für dessen schriftstellerisches Talent erkennen ließ, zugleich aber auch sein wachsendes Unbehagen gegenüber einer "Poesie, die sich selbst spiegelt, und nicht Gott", zum Ausdruck brachte. Dieses niemals abgeschickte Schreiben ist in der Reihe von Brentanos Bekenntnisbriefen auch deshalb einzigartig, weil er hier unumwunden ausspricht, dass er in Hoffmann eine Art "Spiegelbild" seiner selbst zu erblicken meint. Die damit gegebene Doppelgänger-Konstellation macht es ihm aber auch besonders schwer, dem Gegenüber verständlich zu machen, dass sich seine eigene Ästhetik zu ändern begonnen hat. Der Brief mutet an wie eine Ansprache an sein eigenes, früheres Ich. Gleichwohl erscheint Brentano die Vorstellung reizvoll, mit Hoffmann in einen Werkdialog einzutreten. Er schlägt ihm vor, den Schluss der Sylvesternacht-Erzählung zu verändern, und spielt sogar mit dem Gedanken, dies selbst zu tun:  "ich möchte schier ihr Werk ausführen", vertraut er dem Papier an.



Clemens Brentano: Unabgeschickter Brief an E.T.A. Hoffmann. Rückseite

Handschrift, [Januar 1816]

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum

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Ausstellungsraum Frankfurt am Main, 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Hoffmanns Frankfurter Verleger Friedrich Wilmans

Der seit 1802 in Frankfurt ansässige Friedrich Wilmans ist einer der bedeutendsten Verleger romantischer Texte, der vor allem in der Frühzeit Werke der jungen Generation druckte. 



Peter Cornelius: Porträt Georg Friedrich Wilmans

um 1810

Aus der Sammlung von

Historisches Museum Frankfurt am Main

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Historisches Museum Frankfurt am Main. Foto: Horst Ziegenfusz

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Ausstellungsraum Frankfurt am Main, Vitrine 'Friedrich Wilmans', 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Fotografie, 2023, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Freies Deutsches Hochstift

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© Freies Deutsches Hochstift, Foto: Alexander Paul Englert

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Wilmans' junge Romantiker:innen

Bei Wilmans erschienen Werke von Clemens Brentano, Ludwig Tieck, Friedrich Schlegel, Dorothea Veit, Sophie Mereau/Brentano, Karoline von Günderrode, Sophie Bernhardi und Caroline de la Motte Fouqué. Allerdings brach diese Tradition ab, als 1806 drei der genannten Autor:innen starben. 



Taschenbuch für das Jahr 1819. Der Liebe und Freundschaft gewidmet. Frankfurt a.M.: Gebrüder Wilmans

1818

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Freies Deutsches Hochstift

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Hoffmann im Taschenbuch - Der Liebe und Freundschaft gewidmet

Romantische Texte blieben aber auch nach 1806 im Taschenbuch […]. Der Liebe und Freundschaft gewidmet präsent, einer der langlebigsten Almanachpublikationen ihrer Zeit. Hoffmann beteiligte sich daran mit den Erzählungen Doge und DogaresseDas Fräulein von Scuderi und Datura fastuosa

Nachdem Wilmans signalisierte, dass er gern ein eigenständiges Werk von Hoffmann herausbringen würde, kündigte dieser 1821 ein "humoristisches" "Märchen" an. Da die Handlung von Meister Floh in Frankfurt spielt, lag es im Interesse des Autors, diesen Text bei einem namhaften Frankfurter Verleger zu veröffentlichen.



E.T.A. Hoffmann: Brief an Friedrich und Heinrich Wilmans, 25. August 1821

Autograph, 25. August 1821, Berlin

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, Autogr. H 76. Foto: Gerald Raab

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Transkription: Brief an Friedrich und Heinrich Wilmans vom 25. August 1821

Berlin den 25 August 1821.

Nochmals bitte ich Ew. WohlGeboren recht dringend das Verspäten meiner Erzählung gütigst verzeihen zu wollen, wenigstens hoffe und wünsche ich, daß sie einigen Beifall finden mag. Was das in Rede stehende Büchelchen betrifft, so habe ich vor einiger Zeit ein Märchen begonnen, das den Titel: Meister Floh führen und durchaus humoristisch wie ungefähr: Klein Zaches gehalten sein wird. Dies Märchen (ungefähr im Umfange von 15 Druckbogen, nach dem Format und Druck des Katers Murr) würde ich in weniger Zeit vollenden, so daß, da keinesweges Kupfer sondern nur ein Umschlag, den ich selbst zeichnen würde nach der Art des Umschlages zum Kater, den ich auch gezeichnet, dazu nötig, das kleine Buch wohl als WeihnachtsGeschenk erscheinen könnte. Zwar habe ich das Werkchen schon halb und halb einem andern Verleger versprochen, wollen aber Ew. WohlGeboren den Verlag übernehmen, so würde ich es für meine Pflicht halten Ihnen denselben zu überlassen um meinen begangenen Fehler wieder gut zu machen.

In diesem Fall würde ich ganz ergebenst bitten mir zu schreiben, bis zu welchem bestimmten Termin Zeichnung und Manuskript in Ihren Händen sein muß oder ob zum Fertigwerden des Buchs die Zeit bis Weihnachten überhaupt zu kurz ist und das Buch erst zur Ostermesse geliefert werden kann. Rücksichts des Honorars erlaube ich mir ganz gehorsamst zu bemerken, daß sämtliche Verleger für deren Taschenbücher ich schreibe (Herr Sauerländer wird Ihnen dieses auch sagen können) mir Acht Friedrichsdor für den Druckbogen und zwar gleich nach dem Empfang des Manuskripts, die Verleger der Werke in gewöhnlichem Format (Kater Murr, Brambilla) mir aber Vier Friedrichsd'or auf gleiche Weise zahlen. - Endlich darf ich nicht verschweigen, daß es ein hiesiger Verleger ist, der seine Hände ausstreckt nach dem Meister Floh und der mir einen Vorschuß von 20 Frdor zugesagt hat. Eine gleiche Gunst würde ich mir auch von Ew. WohlGeboren und die Erlaubnis erbitten müssen der Kürze halber die gedachte Summe mittelst einer Tratte des hiesigen Benikeschen Handelshauses entnehmen zu dürfen - Wegen richtiger Lieferung des Manuskripts würde ich jetzt um so mehr mein sichres Wort geben können, als das mein ganzes Arbeitssystem zerstörende Geschäft nehmlich die lmmediatKommission wegen dämagogischer Umtriebe bei der ich angestellt war, aufgehört hat.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Ew. WohlGeboren
ganz ergebenster
E. T. A. Hoffmann.

(zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann-Portals)



Eberhardt Brucks: Federzeichnung zu E.T.A. Hoffmanns 'Das Fräulein von Scuderi'

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Der erste deutschsprachige Krimi

Mit Das Fräulein von Scuderi verfasst E.T.A. Hoffmann eine  Kriminalerzählung, die in die unheimlichen Abgründe der menschlichen Seele führt. Sie beschreibt eine Mordserie im Paris des 17. Jahrhunderts.

Die Erzählung ist von Hoffmanns Beschäftigung mit der Psychologie und seiner Tätigkeit als Jurist geprägt und wird häufig als erster deutschsprachiger Kriminalroman angesehen.



Taschenbuch für das Jahr 1820. Der Liebe und Freundschaft gewidmet. Frontdeckel

1819, Frankfurt am Main

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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'Das Fräulein von Scuderi' im Taschenbuch

Das Fräulein von Scuderi erschien 1819 zunächst im Taschenbuch für das Jahr 1820. Der Liebe und Freundschaft gewidmet.

Hoffmann publizierte viele Erzählungen zunächst in solchen 'Taschenbüchern'. Die Herausgeber dieser jährlich erscheinenden Publikationen schätzten die Beiträge Hoffmanns, der sich mit den Fantasiestücken einen Namen bei der Leser:innenschaft gemacht hatte und äußerst populär war. Die meisten der auf diese Weise zuerst erschienenen Erzählungen nahm Hoffmann später noch in andere Werke auf – vor allem in die Erzählsammlung Serapions-Brüder.



E.T.A. Hoffmann: Unautorisierter Nachdruck von 'Das Fräulein von Scuderi' in: 'Der Sammler'. Heft 129

1819, Wien

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Wien

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Universitätsbibliothek Wien

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Unerlaubt nachgedruckt!

Das Fräulein von Scuderi wurde in Windeseile zum Bestseller: Die Wiener Zeitschrift Der Sammler veröffentlichte nur wenige Wochen nach der Erstausgabe einen nicht autorisierten Nachdruck. 

E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi (1819)

Textauschnitt (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)

Von meiner Mutter erzählte man mir eine wunderliche Geschichte. Als die mit mir im ersten Monat schwanger ging, schaute sie mit andern Weibern einem glänzenden Hoffest zu, das in Trianon gegeben wurde. Da fiel ihr Blick auf einen Cavalier in spanischer Kleidung mit einer blitzenden Juwelenkette um den Hals, von der sie die Augen gar nicht mehr abwenden konnte. Ihr ganzes Wesen war Begierde nach den funkelnden Steinen, die ihr ein überirdisches Gut dünkten. Derselbe Cavalier hatte vor mehreren Jahren, als meine Mutter noch nicht verheiratet, ihrer Tugend nachgestellt, war aber mit Abscheu zurückgewiesen worden. Meine Mutter erkannte ihn wieder, aber jetzt war es ihr, als sei er im Glanz der strahlenden Diamanten ein Wesen höherer Art, der Inbegriff aller Schönheit. Der Cavalier bemerkte die sehnsuchtsvollen, feurigen Blicke meiner Mutter. Er glaubte jetzt glücklicher zu sein als vormals. Er wußte sich ihr zu nähern, noch mehr, sie von ihren Bekannten fort an einen einsamen Ort zu locken. Dort schloß er sie brünstig in seine Arme, meine Mutter faßte nach der schönen Kette, aber in demselben Augenblick sank er nieder und riß meine Mutter mit sich zu Boden. Sei es, daß ihn der Schlag plötzlich getroffen, oder aus einer andern Ursache; genug, er war tot. Vergebens war das Mühen meiner Mutter, sich den im Todeskrampf erstarrten Armen des Leichnams zu entwinden. Die hohlen Augen, deren Sehkraft erloschen, auf sie gerichtet, wälzte der Tote sich mit ihr auf dem Boden. Ihr gellendes Hülfsgeschrei drang endlich bis zu in der Ferne Vorübergehenden, die herbeieilten und sie retteten aus den Armen des grausigen Liebhabers. Das Entsetzen warf meine Mutter auf ein schweres Krankenlager. Man gab sie, mich verloren, doch sie gesundete und die Entbindung war glücklicher, als man je hatte hoffen können. Aber die Schrecken jenes fürchterlichen Augenblicks hatten mich getroffen. Mein böser Stern war aufgegangen und hatte den Funken hinabgeschossen, der in mir eine der seltsamsten und verderblichsten Leidenschaften entzündet. Schon in der frühesten Kindheit gingen mir glänzende Diamanten, goldenes Geschmeide über Alles. Man hielt das für gewöhnliche kindische Neigung. Aber es zeigte sich anders, denn als Knabe stahl ich Gold und Juwelen, wo ich sie habhaft werden konnte. Wie der geübteste Kenner unterschied ich aus Instinkt unechtes Geschmeide von echtem. Nur dieses lockte mich, unechtes so wie geprägtes Gold ließ ich unbeachtet liegen. Den grausamsten Züchtigungen des Vaters mußte die angeborne Begierde weichen. Um nur mit Gold und edlen Steinen handtieren zu können, wandte ich mich zur Goldschmidts-Profession. Ich arbeitete mit Leidenschaft und wurde bald der erste Meister dieser Art. Nun begann eine Periode, in der der angeborne Trieb, so lange niedergedrückt, mit Gewalt empordrang und mit Macht wuchs, Alles um sich her wegzehrend. So wie ich ein Geschmeide gefertigt und abgeliefert, fiel ich in eine Unruhe, in eine Trostlosigkeit, die mir Schlaf, Gesundheit — Lebensmut raubte. — Wie ein Gespenst stand Tag und Nacht die Person, für die ich gearbeitet, mir vor Augen, geschmückt mit meinem Geschmeide, und eine Stimme raunte mir in die Ohren: Es ist ja dein — es ist ja dein — nimm es doch — was sollen die Diamanten dem Toten! — Da legt‘ ich mich endlich auf Diebeskünste. Ich hatte Zutritt in den Häusern der Großen, ich nützte schnell jede Gelegenheit, kein Schloß widerstand meinem Geschick und bald war der Schmuck, den ich gearbeitet, wieder in meinen Händen. — Aber nun vertrieb selbst das nicht meine Unruhe. Jene unheimliche Stimme ließ sich dennoch vernehmen und höhnte mich und rief: Ho ho, dein Geschmeide trägt ein Toter! — Selbst wußte ich nicht, wie es kam, daß ich einen unaussprechlichen Haß auf die warf, denen ich Schmuck gefertigt. Ja! im tiefsten Innern regte sich eine Mordlust gegen sie, vor der ich selbst erbebte. — In dieser Zeit kaufte ich dieses Haus. Ich war mit dem Besitzer Handels einig geworden, hier in diesem Gemach saßen wir erfreut über das geschlossene Geschäft beisammen, und tranken eine Flasche Wein. Es war Nacht worden, ich wollte aufbrechen, da sprach mein Verkäufer: Hört, Meister René, ehe Ihr fortgeht, muß ich Euch mit einem Geheimnis dieses Hauses bekannt machen. Darauf schloß er jenen in die Mauer eingeführten Schrank auf, schob die Hinterwand fort, trat in ein kleines Gemach, bückte sich nieder, hob eine Falltür auf. Eine steile, schmale Treppe stiegen wir hinab, kamen an ein schmales Pförtchen, das er aufschloß, traten hinaus in den freien Hof. Nun schritt der alte Herr, mein Verkäufer, hinan an die Mauer, schob an einem nur wenig hervorragenden Eisen, und alsbald drehte sich ein Stück Mauer los, so daß ein Mensch bequem durch die Öffnung schlüpfen und auf die Straße gelangen konnte. Du magst einmal das Kunststück sehen, Olivier, das wahrscheinlich schlaue Mönche des Klosters, welches ehemals hier lag, fertigen ließen, um heimlich aus- und einschlüpfen zu können. Es ist ein Stück Holz, nur von außen gemörtelt und getüncht, in das von außenher eine Bildsäule, auch nur von Holz, doch ganz wie Stein, eingefügt ist, welches sich mit samt der Bildsäule auf verborgenen Angeln dreht. — Dunkle Gedanken stiegen in mir auf, als ich diese Einrichtung sah, es war mir, als sei vorgearbeitet solchen Taten, die mir selbst noch Geheimnis blieben.  Eben hatt‘ ich einem Herrn vom Hofe einen reichen Schmuck abgeliefert, der, ich weiß es, einer Operntänzerin bestimmt war. Die Todesfolter blieb nicht aus — das Gespenst hing sich an meine Schritte — der lispelnde Satan an mein Ohr! — Ich zog ein in das Haus. In blutigem Angstschweiß gebadet, wälzte ich mich schlaflos auf dem Lager! Ich seh‘ im Geiste den Menschen zu der Tänzerin schleichen mit meinem Schmuck. Voller Wut springe ich auf — werfe den Mantel um — steige herab die geheime Treppe — fort durch die Mauer nach der Straße Nicaise. — Er kommt, ich falle über ihn her, er schreit auf, doch von hinten festgepackt stoße ich ihm den Dolch ins Herz — der Schmuck ist mein! — Dies getan fühlte ich eine Ruhe, eine Zufriedenheit in meiner Seele, wie sonst niemals. Das Gespenst war verschwunden, die Stimme des Satans schwieg. Nun wußte ich, was mein böser Stern wollte, ich mußt‘ ihm nachgeben oder untergehen! 

Zu einer digitalisierten Ausgabe



Taschenbuch für das Jahr 1820. Der Liebe und Freundschaft gewidmet. Rückdeckel

1819, Frankfurt am Main

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Literaturempfehlungen

Bergengruen, Maximilian: Ehebrecher, Verbrecher und Liebende in E.T.A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi. In: Roland Borgards, Christiane Holm und Günter Oesterle (Hg.): Monster. Zur ästhetischen Verfassung eines Grenzbewohners. Würzburg 2009, S. 219–237. Link zum K10plus

Eder, Antonia: „Welch dunkles Verhältnis der Dinge.“ Indizienlese zwischen preußischer Restauration und französischem Idealabsolutismus in E.T.A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi. In: Marion George und Véronique Liard (Hg.): Spiegelungen – Brechungen. Berlin 2011, S. 263–286. Link zum K10plus

Herwig, Henriette: Das Fräulein von Scuderi. Zum Verhältnis von Gattungspoetik, Medizingeschichte und Rechtshistorie in Hoffmanns Erzählung. In: Günter Sasse (Hg.): E.T.A. Hoffmann. Romane und Erzählungen. Stuttgart 2004, S. 199–211. Link zum K10plus

Hesse, Bernd: Die Kriminalerzählung Das Fräulein von Scuderi als Spiegel des Richteramts E.T.A. Hoffmanns. In: Neue Juristische Wochenschrift 61/11 (2008), S. 698–704. Link zum K10plus

Neumann, Gerhardt: „Ach die Angst! Die Angst!“ Diskursordnung und Erzählakt in E.T.A. Hoffmanns Fräulein von Scuderi. In: Roland Borgards und Johannes F. Lehmann (Hg.): Diskrete Gebote. Geschichten der Macht um 1800. Würzburg 2002, S. 185–205. Link zum K10plus

Neumeyer, Harald: Serielles Töten in E.T.A. Hoffmanns Das Fräulein von Scuderi. In: Agnes Bidmon und Claudia Emmert (Hg.): töten. Ein Diskurs. Heidelberg 2012, S. 244–252. Link zum K10plus



E.T.A. Hoffmann: Karikatur: Hoffmann selbst im Kampf mit der Bürokratie

1821, Berlin

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Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
Provenienz: Von Hoffmann in einer Sitzung des Kriminalsenats auf einen Aktendeckel gezeichnet und beim Weggehen Julius Eduard Hitzig zugesteckt; von diesem nach Hoffmanns Tode an Wilhelm Dorow geschenkt.

Hoffmann im Fokus der Zensurbehörde

Seine Erfahrungen als preußischer Jurist und die Konflikte um den Fall des Turnvaters Jahn verarbeitete Hoffmann auch künstlerisch: in einer Zeichnung, die ihn im Kampf mit der Bürokratie zeigt, und in der Erzählung Meister Floh



Autograph des 'Meister Floh'

1822, Berlin

Aus der Sammlung von

Geheimes Staatsarchiv - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
enthalten in: Ermittlung gegen Kammergerichtsrat Ernst Theodor Amadeus Hoffmann zu Berlin und die von ihm herausgegebene Schrift 'Meister Floh'. Akte der Ministerialuntersuchungskommission

'Meister Floh'

Schon vor der Veröffentlichung des Meister Floh kam es zum Skandal. Die Behörden ermittelten gegen Hoffmann: Er hatte im Text aus internen Akten zitiert und angeblich den Direktor des Polizeiministeriums Karl Albert von Kamptz lächerlich gemacht. Es kam zu einem Verfahren, das Hoffmann zum Verhängnis geworden wäre. Er starb jedoch, bevor es zu einem Abschluss gebracht werden konnte. 



Autograph des 'Meister Floh'

1822, Berlin

Aus der Sammlung von

Geheimes Staatsarchiv - Preußischer Kulturbesitz

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Kurzbeschreibung
enthalten in: Ermittlung gegen Kammergerichtsrat Ernst Theodor Amadeus Hoffmann zu Berlin und die von ihm herausgegebene Schrift 'Meister Floh'. Akte der Ministerialuntersuchungskommission

Zensierte Textstellen erhalten

Die Erzählung Meister Floh erschien 1822 nur zensiert. In den Akten des Geheimen Staatsarchivs haben sich jedoch die zensierten Passagen erhalten. So können wir heute nachlesen, welche Texte in der Erstveröffentlichung als zu brisant weggelassen wurde.

E.T.A. Hoffmann: Meister Floh (1822)

Textausschnitt (zum Volltext auf projekt-gutenberg.org)

Da erschien aber vor dem Rat ein seltsamer Mensch, sowohl seiner Kleidung als seinem ganzen Wesen nach, welcher sagte er sei Geheimer Hofrat und nenne Sich Knarrpanti. Darauf zog er ein Papier mit einem großen Siegel aus der Tasche und überreichte es mit einer höflichen Verbeugung und einer Miene die deutlich aussprach, wie sehr der Rat durch die hohe Würde, die er, der Geheime Hofrat Knarrpanti bekleide und durch den wichtigen Auftrag, den er erhalten, überrascht sein, und welcher Respekt ihm nun erwiesen werden würde.

Knarrpanti war ein sehr wichtiger Mann, ein sogenanntes Factotum an dem Hofe eines kleinen Fürsten auf dessen Namen sich der Herausgeber nicht besinnen kann und von dem nur zu sagen ist, daß es ihm beständig an Geld fehlte und daß von allen StaatsEinrichtungen, die er aus der Geschichte kannte, ihm keine besser gefiel, als die Geheime Staatslnquisition wie sie ehmals in Venedig statt fand. Diesem Fürsten war wirklich vor einiger Zeit eine von seinen Prinzessinnen abhanden gekommen, man wußte nicht recht, wie? Als nun dem Knarrpanti, der sich gerade in Frankfurth befand um wo möglich einiges Geld für seinen Herrn aufzuborgen, das Gerücht von der entführten vornehmen Dame zu Ohren kam, schrieb er sogleich an den Fürsten, daß es seinen Bemühungen gelungen, der verlornen Prinzessin auf die Spur zu kommen. Darauf erhielt er sofort den Auftrag den Räuber zu verfolgen und alles anzuwenden die Prinzessin aufzufinden und sich ihrer zu bemächtigen, koste es was es wolle. Diesem Auftrage war ein höfliches Schreiben an den Rat beigelegt, worin derselbe ersucht wurde, dem Geheimen Hofrat Knarrpanti in seinen Nachforschungen möglichst beizustehen und auf seinen Antrag den Räuber zu verhaften und ihm den Prozeß zu machen. Dies Schreiben war aber jenes Papier welches Knarrpanti dem Rat in der Audienz überreichte und von dem er sich solch große Wirkung versprach.

Der Rat erwiderte, das Gerücht von einer vornehmen Dame die entführt sein solle, sei als grundlos widerlegt, dagegen vollkommen ermittelt, daß überhaupt niemand entführt worden, es könne daher von Ausmittlung eines Entführers nicht die Rede sein und werde der Herr Geheime Hofrat Knarrpanti, aller weiteren Nachforschungen entübrigt wohl keines Beistandes bedürfen.

Knarrpanti hörte dies alles mit einem selbstzufriedenen Lächeln an und versicherte daß es seiner ungemeinen Sagazitätnbereits gelungen den Täter zu erforschen. — Auf die Erinnerung, daß doch eine Tat begangen sein müsse, wenn es einen Täter geben solle, meinte Knarrpanti, daß, sei erst der Verbrecher ausgemittelt, sich das begangene Verbrechen von selbst finde⟨.⟩ Nur ein oberflächlicher leichtsinniger Richter sei, wenn auch selbst die Hauptanklage wegen Verstocktheit des Angeklagten nicht festzustellen nicht im Stande dies und das hineinzuinquirieren, welches dem Angeklagten doch irgend einen kleinen Makel anhänge und die Haft rechtfertige⟨.⟩ Er müsse schon jetzt dringend auf die schleunige Verhaftung des Entführers seiner Prinzessin antragen, und dieser Entführer sei niemand anders, als Herr Peregrinus Tyß, der ihm schon Iängst als höchst verdächtig bekannt und dessen Papiere er sofort in Beschlag zu nehmen bitte. Der Rat erstaunte über die kecke Anklage eines stillen unbescholtenen Bürgers und wies Knarrpantis Antrag mit vielem Geräusch zurück.

Knarrpanti kam nicht im mindesten aus der Fassung, sondern versicherte mit einer gewissen widerlichen Anmaßung, die ihm überhaupt eigen, daß, verlange man von ihm zuvor den Nachweis seiner Anklage, er diesen sehr leicht führen könne. Durch zwei Zeugen wolle er nehmlich dartun, daß Herr Peregrinus Tyß in der WeihnachtsNacht mit Gewalt ein schön geputztes Mädchen in sein Haus geschleppt habe. 

Mehr, um die Absurdität dieser Behauptung völlig darzutun, als um auf die Sache wirklich einzugehen, beschloß der Rat die beiden vorgeschlagenen Zeugen vernehmen zu lassen. Beide, ein Nachbar des Herrn Peregrinus Tyß, der in jener verhängnisvollen Weihnachtsnacht zufällig eben in sein Haus treten wollen, so wie der Wächter hatten aber aus der Ferne den ganzen Auftritt, als Peregrinus die geheimnisvolle Schöne herbeitrug, beobachtet und bekundeten einstimmig, daß Herr Tyß allerdings eine geputzte Dame in sein Haus gebracht. Beide wollten denn auch bemerkt haben, daß die Dame sich sehr gesträubt und jämmerlich lamentiert. Auf die Frage, warum sie denn dem bedrängten Frauenzimmer nicht zu Hülfe geeilt, erwiderten sie, solches sei ihnen nicht eingefallen.

Die Aussage dieser Zeugen setzte den Rat in nicht geringe Verlegenheit, da Herr Peregrinus sich wirklich des Vergehens schuldig gemacht zu haben schien, dessen man ihn anklagte. Knarrpanti sprach wie ein Cicero und bewies, wie der Umstand, daß man jetzt keine Dame vermisse, gar nichts entscheide, da die Dame sich ja wieder aus Peregrinus Hause gerettet haben und nun aus purer Scham den ganzen Vorfall verschweigen könne. Wer die Dame sei, so wie was Herr Tyß noch sonst in gefährlichen Liebesumtrieben begonnen, das würde sich gewiß aus des Verbrechers Papieren ergeben, und er nahm die Gerechtigkeitsliebe des Rats in Anspruch, nach der gewiß keine fluchwürdige Tat ungeahndet bleiben dürfe. Der Rat beschloß fürs erste, dem Gesuch des würdigen Geheimen Hofrats nachzugeben, und so geschah es, daß des armen Herrn Peregrinus Tyß schnelle Verhaftung, so wie die Beschlagnahme seiner Papiere erfolgte.— 

Zu einer digitalisierten Ausgabe



Ermittlung gegen Kammergerichtsrat Ernst Theodor Amadeus Hoffmann zu Berlin und die von ihm herausgegebene Schrift 'Meister Floh'. Akte der Ministerialuntersuchungskommission

1822, Berlin

Aus der Sammlung von

Geheimes Staatsarchiv - Preußischer Kulturbesitz

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Geheimes Staatsarchiv - Preußischer Kulturbesitz

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Literaturempfehlungen

Chon-Choe, Min Suk: E.T.A. Hoffmanns Märchen Meister Floh. Frankfurt a. M., Bern und New York 1986. Link zum K10plus

Kremer, Detlef: Meister Floh (1822). In: Ders. (Hg.): E.T.A. Hoffmann. Leben – Werk – Wirkung. Berlin und Boston 2012, S. 387–394. Link zum K10plus

04

Orte



Außenausstellung im Stadtraum 'Unheimlich Fantastisch - E.T.A. Hoffmann 2022'

Berlin, 2022

Aus der Sammlung von

Kooperative für Darstellungspolitik

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Kooperative für Darstellungspolitik

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Kurzbeschreibung
Gestaltung: Kooperative für Darstellungspolitik

Bamberg – Berlin – Frankfurt

E.T.A. Hoffmanns Vielfältigkeit und Ruhelosigkeit prägten sein Leben. In Königsberg geboren, machte er Station unter anderem in Warschau, Posen, Dresden und Leipzig. Für seine künstlerische Entwicklung war sein Aufenthalt in Bamberg, wo er am Theater arbeitete, von großer Wichtigkeit. Der längste von drei Berlin-Aufenthalten war zugleich seine produktivste Lebensphase.

Die Ausstellung „Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022“ wurde an drei besonderen Orten gezeigt: Die Stationen Bamberg und Berlin markieren die zwei zentralen Wohn- und Wirkungsorte Hoffmanns. In Frankfurt am Main wird der Blick auf die Topographie der Erzählung Meister Floh, die in Frankfurt spielt, obwohl Hoffmann die Stadt wohl nie besucht hatte.

Parallel zur Berliner Ausstellung (17.08.02.11.2022) war im Stadtraum eine Außenausstellung zu sehen, die zehn besondere Hoffmann-Orte durch große Zitattafeln mit Infotexten und Bildmaterial sichtbar machte. Konzept,  Gestaltung und Umsetzung übernahm die Kooperative für Darstellungspolitik.

Zu den Stationen



E.T.A. Hoffmann: Der Kunzische Riss

1815, Berlin

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Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, L.g.o.390(1. Foto: Gerald Raab

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Leben in der werdenden Großstadt Berlin

E.T.A. Hoffmann zog es während seines bewegten Lebens immer wieder nach Berlin. Vor allem seine wohl erfolgreichsten Jahre, von 1814 bis zu seinem Tod 1822, verbrachte er hier. Er genoss die Vorzüge der lebendigen Stadt und besuchte Ausstellungen, Theateraufführungen und Konzerte.

Ab 1815 wohnte er am Gendarmenmarkt. Unmittelbar gegenüber seiner Wohnung stand das Nationaltheater, das er regelmäßig besuchte. Hoffmann wurde Zeuge, wie das Theatergebäude 1817 niederbrannte.

Seine eigene Perspektive auf den quirligen Marktplatz verewigte Hoffmann in seiner späten Erzählung Des Vetters Eckfenster sowie in einer halb realen, halb fiktiven Gendarmenmarkt-Skizze, dem Kunzischen Riss.

Wollen Sie mich nicht dann in Berlin besuchen? – Sie finden mich in einer klein[en] aber netten Wohnung und könn[en] bei mir sehr guten Chambertin trinken! – Ist das Wetter heiß, so liefert Giannoroli Eispunsch und Varinas-Knaster können Sie auch rauchen! – Lauter gute Dinge!

E.T.A. Hoffmann: Brief an Carl Friedrich Kunz, 24. Mai 1815





E.T.A. Hoffmann: Karikierende Ereignis-Darstellung: Der Brand des Schauspielhauses auf dem Gendarmenmarkt

[25. November 1817], [Berlin]

Aus der Sammlung von

Staatsbibliothek Bamberg

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Staatsbibliothek Bamberg, EvS.G H 2/1. Foto: Gerald Raab

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Abb.154Kat.203_EvS.GH 2-1_Theaterbrand.jpg


Brand des Schauspielhauses

Brief an Adolph Wagner vom 25. November 1817

Ich könnte Ihnen erzählen, daß ich bei dem Brande des Theaters von dem ich nur 15 bis 20 Schritt entfernt wohne, in die augenscheinlichste Gefahr geriet da das Dach meiner Wohnung bereits brannte, noch mehr! — daß der Credit des Staats wankte, da, als die Perückenkammer in Flammen stand und fünftausend Perücken aufflogen, Unzelmanns Perücke aus dem Dorfbarbier mit einem langen Zopf, wie ein bedrohliches feuriges Meteor über dem Bankgebäude schwebte — doch das wird Ihnen alles der Zauberer mündlich erzählen und hinzu fügen, daß beide gerettet sind, ich und der Staat. Ich durch die Kraft von drei Schlauchspritzen wovon der einen ich eine böse Wunde mit einer seidenen Schürze meiner Frau verband, der Staat durch einen kouragösen Gardejäger auf der Taubenstraße, der als mehrere Spritzen vergeblich nach der ad altiora steigenden Perücke gerichtet wurden, besagtes Ungetüm durch einen wohlgezielten Büchsenschuß herabschoß. Zum Tode getroffen, zischend und brausend sank es nieder in den Pißwinkel des Schonertschen Weinhauses — Hierauf stiegen sofort die Staatspapiere! — Ist das nicht Stoff zum Epos?

(Link zum Brief-Verzeichnis des Hoffmann-Portals)