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Die Bibliothek der verbrannten Bücher

Sammlung Georg P. Salzmann in der Universitätsbibliothek Augsburg

Universitätsbibliothek Augsburg


Namen der Autorinnen und Autoren, deren Werke in der Bibliothek der verbrannten Bücher vertreten sind

Grafik (Wortwolke)

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Autorinnen und Autoren, deren Werke in der Bibliothek der verbrannten Bücher vertreten sind


Treten Sie ein!

Jahrzehntelang sammelte Georg P. Salzmann (1929-2013) jene deutschsprachige Literatur in Erstausgaben, die in der Zeit des Nationalsozialismus verboten war und 1933 in deutschen Städten öffentlich verbrannt wurde. Hunderte Regalmeter mit Romanen, Gedichten und Theaterstücken - geschrieben von Jüdinnen und Juden, politisch Andersdenkenden und vielen weiteren, die in den Augen der neuen Machthaber keine Daseinsberechtigung mehr hatten. In dieser einzigartigen, einst privaten Büchersammlung ist somit ein großer Teil jener Autorinnen und Autoren dokumentiert, die auf den Schwarzen Listen der Nazis standen, die ins Exil flüchten mussten, teilweise inhaftiert und ermordet wurden. Als beeindruckende Schau deutscher Literatur des 20. Jahrhunderts ist die Sammlung jedoch kein museales Denkmal. Sie lädt vielmehr dazu ein, die zusammengetragenen Texte und Kontexte, die literarischen Schätze und Schicksale dieser Epoche zu entdecken. Treten Sie ein und lernen Sie die Bibliothek der verbrannten Bücher kennen!

01

Die Sammlung



Privatsammler Georg P. Salzmann in seinem Bücherarchiv im Keller seines Wohnhauses in Gräfelfing (2009)

2009, Gräfelfing bei München

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Universität Augsburg, Fotograf: Wolf Heider-Sawall

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Eine Lebensaufgabe

Mehr als drei Jahrzehnte sammelte Georg Salzmann Erstausgaben der 1933 verbrannten literarischen Werke, suchte unermüdlich nach ihnen, fand und kaufte sie in Antiquariaten und auf Flohmärkten. Sammeln und Vermitteln gegen das Vergessen wurde ihm zur Lebensaufgabe. Unzählige Male empfing Salzmann in seinem Wohnhaus in Gräfelfing bei München ganze Schulklassen, führte sie durch sein Archiv im Keller. Er hielt zahlreiche Vorträge, beteiligte sich an Lesungen und Gesprächen in ganz Deutschland, er verlieh Buchausgaben für Ausstellungen und verschenkte Exemplare an interessierte Schülerinnen und Schüler.



Karl-Preusker-Medaille (2007)

Medaille, 2007, Berlin

Aus der Sammlung von

Nachlass Georg P. Salzmann (Privatbesitz)

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
Die Karl-Preusker-Medaille gilt als eine der höchsten Auszeichnungen im deutschen Bibliothekswesen. Sie wird seit 1996 an Personen und Institutionen verliehen, die sich um das Bibliotheks- und Informationswesen in besonderer Weise verdient gemacht haben. Bis 2009 wurde sie von der Deutschen Literaturkonferenz e.V. vergeben, seitdem verleiht sie jedes Jahr am 24. Oktober der Verband Bibliothek & Information Deutschland.

Auszeichnung

Im Jahr 2007 erhielt Georg Salzmann die Karl-Preusker-Medaille „für sein mit unermüdlicher Leidenschaft und großem persönlichen Engagement verfolgtes Ziel, die ,verbrannten Bücher‘ und deren Autorinnen und Autoren wieder ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen“.



Küche des Büchersammlers Georg P. Salzmann in seinem Wohnhaus in Gräfelfing (2009)

2009, Gräfelfing bei München

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Universität Augsburg, Fotograf: Wolf Heider-Sawall

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Mehr als 12.000 Bände

Als die Universität Augsburg die Privatsammlung am 24. Juli 2009 mit Unterstützung öffentlicher und privater Geldgeber ankaufte, hatte sich die Bibliothek in Salzmanns Wohnhaus bereits auf alle Zimmer ausgedehnt - überall, auf den Fluren und Möbeln stapelten sich die Bücher.



Wohnzimmer des Büchersammlers Georg P. Salzmann in seinem Wohnhaus in Gräfelfing (2009)

2009, Gräfelfing bei München

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Universität Augsburg, Fotograf: Wolf Heider-Sawall

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Wohnzimmer des Sammlers 2009 kurz vor dem Verkauf der Sammlung


Leseraum der Sammlung Salzmann

2021, Augsburg

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
In diesem Raum können Benutzer*innen die Bücher der Sammlung lesen und mit ihnen arbeiten.

Ein öffentlicher Ort

An der Universitätsbibliothek Augsburg ist die Sammlung heute ein öffentlicher Ort. In einem eigenen Leseraum der Teilbibliothek Geisteswissenschaften stehen rund 8.350 Bände nach Autorennamen geordnet und für alle Interessierten frei zugänglich in den Regalen.* Es sind überwiegend die Erstausgaben der verfemten Literatur –  nicht nur Bücher, sondern auch Zeitschriftenhefte, die Erstdrucke von Lyrik und Kurzprosa enthalten. Beim Stöbern entlang der Regale findet man ebenfalls spätere Auflagen und Werkausgaben sowie Sekundärliteratur aus Salzmanns Besitz, vor allem Studien zu den Bücherverbrennungen und zur Exilliteratur sowie Forschungsbeiträge zu einzelnen Autorinnen und Autoren. Einen ausführlichen Gang entlang der Regale bietet der Beitrag von Gerhard Stumpf in unserem online frei verfügbaren Sammelband „Die Bibliothek der verbrannten Bücher“. Ein Teil der seltenen Erstausgaben ist zudem im Netz zugänglich in unserer digitalen Sammlung Georg P. Salzmann.

* Rund 700 Titel in den Regalen wurden seit 2010 als Lückenergänzungen antiquarisch zugekauft oder der Universitätsbibliothek Augsburg geschenkt. Sie sind im Exlibris handschriftlich und im Online-Katalog durch ein Kürzel markiert.



Leseraum der Sammlung Salzmann

2021, Augsburg

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
In diesem Raum können Benutzer*innen die Bücher der Sammlung lesen und mit ihnen arbeiten.
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Blick in den Sonderleseraum mit Arbeitsplätzen


Leseraum der Sammlung Salzmann

2021, Augsburg

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
In diesem Raum können Benutzer*innen die Bücher der Sammlung lesen und mit ihnen arbeiten.
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Blick in den Sonderleseraum mit Arbeitsplätzen


Besonders schützenswerte Bände der Salzmann-Sammlung im Magazin der Universitätsbibliothek Augsburg

2021, Augsburg

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Schutzraum Magazin

Rund 630 Bände lagern heute separat in unserem Sondermagazin: Diese Bände benötigen aufgrund unikaler Merkmale, großer Seltenheit oder wegen ihres schlechten Erhaltungszustands besonderen Schutz. Ein stabiles Raumklima, Dunkelheit und säurefreie Mappen sorgen dafür, dass auch die sehr raren oder fragilen Exemplare der Nachwelt lange erhalten bleiben. Die im Magazin aufbewahrten Titel können online bestellt und im Handschriftenlesesaal eingesehen werden.

Ein weiterer Standort im Magazin ist den zahlreichen, vom Sammler angeschafften Mehrfachexemplaren der ersten und frühen Textausgaben vorbehalten. Sie können nach Online-Bestellung für mehrere Wochen nach Hause entliehen werden.



Textausgaben von Franz Werfel

2021, Augsburg

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Warum die Erstausgaben?

Diese Bücher haben eine ganz besondere Aura, ein Schicksal, eine Geschichte, die ich spüren kann. Manchmal stehen Widmungen oder Randbemerkungen der früheren Besitzer drin. Außerdem habe ich immer wieder das Gefühl, dem Autor ganz nahe zu sein, wenn ich seine Erstausgabe in der Hand halte - die er selber noch betreut hat, die unter seinen Händen entstanden ist. Und genau dieses Buch ist dann von irgendjemand[em] vor dem Scheiterhaufen gerettet worden. Diese Aura kann keine Taschenbuchausgabe von heute haben. Außerdem waren Bücher damals, in den 20er Jahren, oft sehr viel schöner, handwerklich, vom Druck, von der Bindung, vom Schutzumschlag - wahre Delikatessen. So etwas zu finden ist, wie wenn man einen Schatz hebt, den man längst verloren glaubt. Georg Salzmann, in: Fernsehfilm „Schatzsuche“ (1990)




Franz Werfel: Die vierzig Tage des Musa Dagh. 2 Bände. Berlin [und andere]: Zsolnay 1933

Druckschrift, 1933, Berlin [und andere]

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Franz Werfel: Die vierzig Tage des Musa Dagh (1933) - hier eines der Mehrfachexemplare, das online bestell- und ausleihbar ist

Zum Beispiel ... konfisziert

Armenische Widerstandskämpfer verschanzen sich 40 Tage auf dem Berg Musa Dagh. Schlecht ausgestattet, aber erbittert wehren sie sich gegen Vertreibung und Völkermord durch die Türken im Ersten Weltkrieg. – Davon erzählt der zweibändige Roman Die vierzig Tage des Musa Dagh (1933). Der Österreicher Franz Werfel schrieb ein Jahr lang an dem so bewegenden wie existenziellen Stoff, nachdem er 1930 auf einer Syrienreise unmittelbar mit Flüchtlingsnot und -hunger konfrontiert worden war. Überraschend konnte das zweibändige Epos im November 1933 in Deutschland noch ausgeliefert werden, ehe es die Nazis drei Monate später doch konfiszierten. Zu deutlich nahm der Roman die sich anbahnenden Untaten der faschistischen Machthaber in Deutschland vorweg. Im Mai 1933 schloss man Werfel – geächtet als Pazifist – schließlich aus der Preußischen Akademie der Künste aus, wenige Tage später brannten seine Bücher auf den landesweiten Scheiterhaufen.*

Dennoch wurde Die vierzig Tage des Musa Dagh ein internationaler Erfolg, übersetzt in mehr als 30 Sprachen. Für Georg Salzmann ist der Roman ganz persönlich eines der lesenswertesten und wichtigsten Bücher seiner Bibliothek gewesen.

* Vgl. Axel Stähler: Schreiben gegen die Katastrophe. Oskar Baums Das Volk des harten Schlafs (1937) und Franz Werfels Die vierzig Tage des Musa Dagh (1933). In: ZfdPh 124, 2 (2005), S. 204-226, hier S. 217. DOI: 10.37307/j.1868-7806.2005.02.04





Stefan Zweig: Schachnovelle. Buenos Aires: Verlag Pigmalión 1942

Druckschrift, 1942, Buenos Aires

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
Nummerierte Erstausgabe, Exemplar Nummer 107
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Stefan Zweig: Schachnovelle (1942), Erstausgabe im nummerierten Liebhaberdruck

Zum Beispiel ... nummeriert

Unter bewegenden Umständen vollendet, aber vom Autor selbst nicht mehr bis zum Druck begleitet, wurde Stefan Zweigs heute wohl bekanntestes Prosawerk Schachnovelle. Salzmanns Exemplar ist Nummer 107 von nur 250 bzw. 300 Stück der deutschen Erstausgabe. Sie wurde in Buenos Aires bei Pigmalión verlegt und am 7. Dezember 1942 gedruckt - ein Dreivierteljahr nach Zweigs Selbstmord im Exil.* Den Einbanddeckel ziert eine Vignette, gestaltet vermutlich von Clément Moreau oder dem als Carybé bekannten Illustrator. Die seltene Erstausgabe ist auch digital verfügbar

* Für einen Überblick zur komplexen Überlieferungs- und Druckgeschichte der Typoskripte und Verlagsausgaben siehe „Ein Reichtum, den kein Maß bestimmen kann (2021), S. 320f.





Berthold Viertel: Fürchte dich nicht! Neue Gedichte. New York: Barthold Fles Verlag 1941

Druckschrift, 1941, New York

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Berthold Viertel: Fürchte dich nicht! Neue Gedichte (1941)

Zum Beispiel ... unikal

Dieser gut erhaltene, 1941 bei Barthold Fles in New York verlegte Gedichtband Fürchte dich nicht! Neue Gedichte ist Berthold Viertels erste Veröffentlichung im US-amerikanischen Exil seit 1939. Salzmanns Exemplar ist auf dem Innentitel persönlich vom Autor signiert.





Berthold Viertel: Fürchte dich nicht! Neue Gedichte. New York: Barthold Fles Verlag 1941

Druckschrift, 1941, New York

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Titelseite mit Autogramm des Autors Berthold Viertel


Berthold Viertel: Fürchte dich nicht! Neue Gedichte. New York: Barthold Fles Verlag 1941

Druckschrift, 1941, New York

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Widmungstext: „Für meinen lieben Rudi, herzlichst Eleonora, Weihnachten 1941“

Widmung

Das Exemplar aus Salzmanns Sammlung ist auch angesichts einer weiteren handschriftlichen Einschreibung unikal: Das Vorsatzblatt trägt eine persönliche Widmung aus dem Jahr der Erstausgabe. Berthold Viertels Gedichte aus dem Exil waren einst das Weihnachtsgeschenk für einen geschätzten Freund oder geliebten Partner.





Stefan Heym: Nazis in U.S.A. An expose of Hitler's aims and agents in the U.S.A. New York: American Committee for Anti-Nazi Literature 1938.

Druckschrift, 1938, New York, USA

Aus der Sammlung von

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Stefan Heym: Nazis in U.S.A. (1938) - 2021 zugekaufte seltene Erstausgabe, zum Schutz in säurefreier Mappe im Magazin lagernd

Zum Beispiel ... sehr selten

Der politisch einflussreiche Nachkriegsschriftsteller der DDR, Stefan Heym (eigentlich Helmut Flieg), emigrierte 1933 zunächst nach Prag und 1935 in die USA, wo er als Journalist und Schriftsteller arbeiten konnte. Seit 1937 war er in New York Chefredakteur der antifaschistischen Wochenzeitung Deutsches Volksecho, in der er sich unter anderem mit Nazi-Umtrieben unter Deutschen in den USA auseinandersetzte. Im Dezember 1938 brachte das American Committee for Anti-Nazi Literature Heyms 45-seitige Broschüre Nazis in U.S.A. heraus. Die Verbreitungswege und der ephemere Charakter des schmalen Hefts erklären, warum heute nur sehr wenige Exemplare der Erstausgabe in deutschen Bibliotheken erhalten sind. Stefan Heym war übrigens ein Freund des Sammlers und versah ihm mehrere Buchausgaben mit Widmungen





Franz Rosenzweig: Der Stern der Erlösung. Frankfurt am Main: Kauffmann 1921

Druckschrift, 1921, Frankfurt am Main

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Franz Rosenzweig: Der Stern der Erlösung (1921) – Exemplar mit Brandspuren an Einband und Buchblock

Zum Beispiel ... beschädigt

Dieses Buch trägt deutliche alte Brandspuren am Bucheinband. Es handelt sich um die Erstausgabe von Stern der Erlösung (1921), verfasst von dem jüdischen Historiker und Religionsphilosphen Franz Rosenzweig. Ob der Band bereits 1933 in einem der NS-Scheiterhaufen lag, bei der Reichsprogromnacht 1938 aus einer jüdischen Bildungseinrichtung gerettet wurde oder im späteren Kriegsgeschehen Schaden nahm, lässt sich heute nicht mehr feststellen.*

* Wir danken Dr. Jens Soentgen für dieses Buchgeschenk (2021). Er hatte das buchstäblich verbrannte Werk seinerseits in einem Heilbronner Antiquariat entdeckt und erworben.







Textausgaben von Stefan Zweig

2021, Augsburg

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Das Gesamtwerk von Stefan Zweig im Leseraum

Zum Beispiel ... lückenlos Stefan Zweig

Für rund 30 verfemte Autorinnen und Autoren ist es Georg Salzmann gelungen, das Gesamtwerk vollständig in Erst- und Originalausgaben zusammenzutragen, bei vielen weiteren ist mit einigen Lücken ein großer Teil vorhanden, darunter auch spätere Ausgaben. Zur Gruppe der lückenlos Vorhandenen zählt der österreichische Autor Stefan Zweig. In der Familie Salzmann wurde Zweig vertraut nurmehr „der Stef“ genannt, denn unbestritten war er persönlicher Liebling und Held des Sammlers. In Umfang wie Qualität bildet die Zweig-Abteilung im Leseraum daher einen deutlichen Höhepunkt. Hier sind mit Ausnahme der 1939 gehaltenen Grabrede auf Sigmund Freud auf sieben Regalmetern sämtliche Originalausgaben zu finden 425 Bände, neben Büchern auch Aufsätze und Reden, ebenso zahlreiche von Zweig verfasste Übersetzungen, spätere Buchausgaben und eine ganze Reihe Sekundärliteratur, die Georg Salzmann zu seinem Lieblingsautor studiert hatte.





Textausgaben von Stefan Zweig

2021, Augsburg

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Rastloses Schreiben

1881 in Wien als Kind wohlhabender jüdischer Eltern geboren, fand Stefan Zweig nach eigenen Aussagen früh zur Literatur. Neben seinem Studium der Philosophie, Psychologie und Literaturgeschichte publizierte er bereits seit 1900 rege: Bis zum Ersten Weltkrieg entstanden Gedicht- und Prosabände, Theaterstücke, Erzählungen, zwei Biografien sowie – dank seiner Fremdsprachkenntnisse – Übersetzungen und Editionen, etwa von Emile Verhaeren und Charles Baudelaire. Diese rastlose literarische Produktion, eine Vielfalt an Textsorten, die Beschäftigung mit Literatur in mehreren Sprachen und der Aufbau eines umfangreichen Netzwerks für diese Arbeiten wurden zu Merkmalen von Stefan Zweigs lebenslanger Tätigkeit als Publizist. Als Erzähler gestaltete Zweig besonders virtuos gescheiterte und innerlich zerrissene Figuren.



Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit. Leipzig: Insel-Verlag 1927

Druckschrift, 1927, Leipzig

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Zweigs Idee von Europa

Während des Ersten Weltkriegs formulierte Zweig in dem Theaterstück Jeremias (1917) erstmals seinen Pazifismus und seinen moralischen Anspruch, als Autorität jenseits parteipolitisch geprägter Ereignisse zu stehen. Seit 1919 unternahm er, ständig schreibend, ausgedehnte Reisen zur internationalen Kontaktpflege, trat als Redner auf und tourte für Lesungen aus seiner Prosa. In der Weimarer Republik bekannte er sich zum Völkerbund und trat bei Vorträgen vehement für die Idee eines vereinten Europas ein, dessen Länder gemeinsame kulturelle Wurzeln haben. In dieser Zeit, in der er längst zu den meistgelesenen deutschsprachigen Autorinnen und Autoren zählte, entstand aus Zeitungsbeiträgen sein erfolgreichstes Buch Sternstunden der Menschheit (1927). Diese Sammlung historischer Miniaturen wurde vielfach aufgelegt und übersetzt.



Stefan Zweig: Zwei Romane

Druckschrift, 1934; 1936, Wien; Wien [und andere]

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Kurzbeschreibung
- Stefan Zweig: Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam. Wien: Reichner 1934
- Stefan Zweig: Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen die Gewalt. Wien [und andere]: Reichner 1936

Humanismus

Zweig war einer der hellsichtigen frühen Kritiker von Nationalismus, Militarismus und des aufkommenden Nationalsozialismus. In seinem Brief vom 15. April 1933 an den befreundeten Grafiker Frans Masereel formuliert er klar das drohende Ausmaß der geplanten Bücherverbrennungen.* Zweigs eigene Bücher wurden am 10. Mai 1933 in Deutschland und fünf Jahre später auch in Salzburg verbrannt. 1934 floh Zweig nach einer polizeilichen Hausdurchsuchung nach England. In diesen Jahren des ersten Exils fand Zweig zu einem kämpferischen Humanismus, der sich in seinen Biografien Erasmus von Rotterdam (1934) und Castellio gegen Calvin (1936) widerspiegelt.

* „Vielleicht hast Du das gestrige Dekret der deutschen Studentenschaft gelesen, die auffordert, aus allen Privatbibliotheken alle ,undeutschen‘ Bücher verbrennen zu lassen [...]. Du lachst wahrscheinlich wenn Du dies liest, aber die Haßpsychose in Deutschland ist so, daß dies buchstäblich wahr ist und in der deutschen Studentenschaft als Befehl verkündet wird. Was sonst geschieht, spottet jeder Beschreibung, jede Art von Recht, Freizügigkeit ist in Deutschland aufgehoben, und es wird nur ganz kurze Zeit dauern, und wir haben in Österreich das gleiche Schicksal.“ (Briefauszug, zitiert nach: Stefan Zweig: Briefe an Freunde (1978), S. 226f.



Stefan Zweig: Schachnovelle. Buenos Aires: Verlag Pigmalión 1942

Druckschrift, 1942, Buenos Aires

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
Nummerierte Erstausgabe, Exemplar No. 107

Exil und Schmerz

Als nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen der Überfall auf Großbritannien drohte, floh Zweig gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Lotte Altmann im Juni 1941 per Schiff nach New York, dann weiter nach Brasilien. Im September bezog das Paar ein kleines Haus im Kurort Petrópolis, wo Zweig sein Erinnerungsbuch Die Welt von gestern fertigstellte.

Im Exil in Brasilien entstand in den letzten Lebenswochen die berühmte, 2021 neu verfilmte Schachnovelle. Zweig macht darin indirekt das eigene Emigrantenschicksal zum Thema. Der Verlust seiner alten Heimat Europa schmerzte ihn tief, zugleich schwand seine Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende und Rückkehr. Er wurde depressiv, regelte im Februar 1942 letzte wichtige Angelegenheiten. Zweig schrieb einen Abschiedsbrief und nahm sich gemeinsam mit Lotte in der Nacht vom 22. zum 23. Februar 1942 durch Gift das Leben.



Die Bibliothek der verbrannten Bücher repräsentiert im Lernforum des NS-Dokumentationszentrums München

2018, München

Aus der Sammlung von

NS-Dokumentationszentrum München

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Foto: Connolly Weber Photography

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Leihgaben im NS-Dokumentationszentrum

Seit der Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums München am 1. Mai 2015 sind rund 100 Erstausgaben und ausgewählte Schutzumschläge der verb(r)annten Werke im dortigen Lernforum ausgestellt. Möglich wurde die Dauerleihgabe, weil Georg Salzmann viele Titel mehrfach erworben hatte. Das Lernforum im Untergeschoss des NS-Dokuzentrums ermöglicht es Besucherinnen und Besuchern, die Themen und Einzelaspekte der Münchner Dauerausstellung zu vertiefen.

02

Der Sammler Georg P. Salzmann



Privatsammler Georg P. Salzmann in seinem Wohnhaus in Gräfelfing (2009)

2009, Gräfelfing bei München

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Quelle

Foto: Universität Augsburg, Fotograf: Wolf Heider-Sawall

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Georg P. Salzmann in seinem Wohnhaus in Gräfelfing (2009)

Die eigene Vergangenheit

Georg Paul Salzmann (1929-2013) war gerade vier Jahre alt, als am 10. Mai 1933 in 22 deutschen Universitätsstädten die Bücher brannten. Er wurde in der Hitlerjugend sozialisiert, sein Vater – Nationalsozialist der ersten Stunde – erschoss sich im Mai 1945. Wenig später wurde Salzmann von einem amerikanischen Soldaten in das befreite Konzentrationslager Buchenwald geführt und begegnete dort Häftlingen, die überlebt hatten. Dieses Erlebnis veränderte die nationalsozialistisch geprägte Weltsicht des damals 17-Jährigen grundlegend.  1951 entdeckte Salzmann in Weimar erstmals Literatur, die aus der eigenen Familie, aus der Schule und der Öffentlichkeit des NS-Staates verbannt worden war, zum Beispiel Lion Feuchtwangers Roman Der jüdische Krieg (1932), der ihn tief bewegte. In den folgenden Jahren las er viel, ebenso wie seine Ehefrau Margot. Das intensive Sammeln der verbotenen und verbrannten Literatur begann aber erst Jahrzehnte später ...





Aus der Mappe zum Autor Ernst Weiß

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Vortragsskripten Georg Salzmanns zu Ernst Weiß

Am Anfang ... Ernst Weiß

In Bremen wurde Georg Salzmann 1976 gebeten, einen Vortrag vor Literaturfreunden über den jüdischen Autor und ausgebildeten Arzt Ernst Weiß zu halten. Im Buchhandel fand man damals kaum etwas von oder über Weiß, der doch von Freunden und Unterstützern wie Franz Kafka und Stefan Zweig früh für seine psychologisch eindringliche Erzählkunst gelobt wurde und in den 1920er Jahren Bucherfolge feierte. Salzmann begann in Antiquariaten im In- und Ausland nach Material zu suchen. Das Thema und die Recherche fesselten ihn. Wie auch Walter Mehring, Alice Berend, Leo Perutz oder Irmgard Keun zählt Ernst Weiß zur Gruppe derer, die nach den Bücherverbrennungen 1933, nach Flucht und Exil nie mehr richtig Fuß fassen konnten und in der Nachkriegszeit in Vergessenheit gerieten. Aus Verzweiflung nahm sich Ernst Weiß am 15. Juni 1940 beim Einmarsch der deutschen Truppen in Paris das Leben. Konnte es den Nazis also womöglich gelingen, gewaltsam eine ganze Schriftstellergeneration aus dem kulturellen Gedächtnis zu löschen? Diese Vorstellung ließ den Finanzkaufmann Salzmann nicht mehr los. Er beschloss weiterzumachen und nach den Originalausgaben vieler weiterer verb(r)annter Autorinnen und Autoren zu suchen. Er wollte sie möglichst vollständig zusammentragen, sie für die Nachwelt sichern und den Leserinnen und Lesern zugänglich machen. Ein tollkühnes Vorhaben, das schließlich zur Lebensaufgabe geriet. Der Roman Der Kampf  (1916) des Österreichers Ernst Weiß wurde zum Gründungswerk seines privaten Dokumentations- und Forschungsarchivs „Deutsche Literatur auf dem Scheiterhaufen. Georg P. Salzmann“





Fernsehfilm „Schatzsuche“ in der BR-Dokumentationsreihe „Lebenslinien“ (1990)

Film, 1990

Aus der Sammlung von

Bayerischer Rundfunk

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Bayerischer Rundfunk / Dr. Renate Stegmüller-Koplin (Regie). Mit freundlicher Genehmigung aller Rechteinhaber*innen können Sie den Film exklusiv im Rahmen dieser Online-Ausstellung ansehen.

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Kurzbeschreibung
Der Film begleitet den damals 61-jährigen Sammler Georg Salzmann auf seiner rastlosen Suche nach verbrannten Büchern, ebenso bei seiner Auseinandersetzung mit Kindheit und Jugend zur NS-Zeit.
Fernsehfilm „Schatzsuche“ (1990) über Georg Salzmann und seine Büchersammlung, Quelle: Bayerischer Rundfunk

03

Die Bücherverbrennungen 1933



NS-Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz

10.05.1933, Berlin

Aus der Sammlung von

United States Holocaust Memorial Museum

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Quelle: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of National Archives and Records Administration, College Park

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10. Mai 1933 – „undeutsche“ Literatur auf dem Scheiterhaufen

„Ich übergebe der Flamme die Schriften von ...“ – nun folgten die Namen von 15 Autoren, stellvertretend für über 140 Personen, deren Werke am 10. Mai 1933 von den Nationalsozialisten in 22 deutschen Hochschulstädten öffentlich verbrannt wurden. Ihre Namen fanden sich auf den sogenannten Schwarzen Listen des 29-jährigen Berliner Bibliothekars Dr. Wolfgang Herrmann. Seine Listen bildeten die Grundlage für die „Aktion wider den undeutschen Geist“ der nationalsozialistischen Deutschen Studentenschaft. Am 12. April mit der Verbreitung des Flugsblatts 12 Thesen wider den undeutschen Geist eingeläutet, gipfelte sie in den reichsweiten Bücherverbrennungen vom 10. Mai 1933. Im gesamten Monat Mai fanden 41 Verbrennungen statt im Rahmen der Studenten-Aktion.* Bis zum Jahresende sollten noch viele weitere folgen.

* Werner Treß veröffentlichte 2008-2010 grundlegende Forschungsarbeiten zu den Hintergründen, Akteuren und Phasen der NS-Bücherverbrennungen 1933. Das 2013 von Jan Schenck initiierte Projekt Online-Atlas Verbrannte Orte hat seitdem weitere lokale Verbrennungen in Deutschland nachweisen können, diese Orte geografisch verzeichnet und fotografisch in ihrem Erscheinen über 80 Jahre nach den Aktionen dokumentiert. 



Studenten und SA-Mitglieder mit „undeutscher“ Literatur, bestimmt für die öffentliche Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz

10.05.1933, Berlin (Opernplatz)

Aus der Sammlung von

United States Holocaust Memorial Museum

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Quelle: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of National Archives and Records Administration, College Park

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Wider den undeutschen Geist

Die „Aktion wider den undeutschen Geist“ der Deutschen Studentenschaft ist heute weitgehend bekannt. Unser Bild von den NS-Bücherverbrennungen 1933 ist insbesondere geprägt von der Verbrennung am 10. Mai auf dem Berliner Opernplatz, dem heutigen Bebelplatz. Medial stark begleitet trat dort Reichspropagandaminister Joseph Goebbels auf und verlas die folgenden neun Feuersprüche:

  1. Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Marx und Kautsky.
  2. Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner.
  3. Gegen Gesinnungslumperei und politischen Verrat, für Hingabe an Volk und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Friedrich Wilhelm Foerster.
  4. Gegen seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens, für den Adel der menschlichen Seele! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Sigmund Freud.
  5. Gegen Verfälschung unserer Geschichte und Herabwürdigung ihrer großen Gestalten, für Ehrfurcht vor unserer Vergangenheit!
    Ich übergebe der Flamme die Schriften von Emil Ludwig und Werner Hegemann.
  6. Gegen volksfremden Journalismus demokratisch-jüdischer Prägung, für verantwortungsbewusste Mitarbeit am Werk des nationalen Aufbaus! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Theodor Wolff und Georg Bernhard.
  7. Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkriegs, für Erziehung des Volkes im Geist der Wehrhaftigkeit! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Erich Maria Remarque.
  8. Gegen dünkelhafte Verhunzung der deutschen Sprache, für Pflege des kostbarsten Gutes unseres Volkes! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Alfred Kerr.
  9. Gegen Frechheit und Anmaßung, für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist! Verschlinge, Flamme, auch die Schriften von Tucholsky und Ossietzky!


Wolfgang Herrmann: Schwarze Liste der „Schönen Literatur“, publiziert am 16. Mai 1933 im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (S. 356-358, unter dem Titel: Prinzipielles zur Säuberung der deutschen Büchereien)

Druckschrift, 16.05.1933

Aus der Sammlung von

Börsenverein für den Deutschen Buchhandel / Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)

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Quelle

Börsenverein für den Deutschen Buchhandel / SLUB Dresden

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Kurzbeschreibung
Die Liste (S. 157) nennt vier Anthologien und namentlich 130 Autorinnen und Autoren. Der Berliner Bibliothekar Dr. Wolfgang Herrmann leitete seine Liste „Schöne Literatur“ gemeinsam mit einer zweiten Liste „Politik und Staatswissenschaften“ Anfang Mai 1933 an die Deutsche Studentenschaft weiter, welche sie als Grundlage für die Plünderungen von Bibliotheken, Leihbüchereien und wissenschaftlichen Einrichtungen in der Aktion „Wider den undeutschen Geist“ nutzten sollte. Direkt nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hatte Herrmann damit begonnen, eine erste „Schwarze Liste“ derjenigen Bücher zu erstellen, die aus Buchhandel und Büchereien zu entfernen wären. Mehrere Zeitungen und Zeitschriften druckten die Liste bereits Anfang Mai ab, ehe sie das Börsenblatt nachträglich als offizielle Aussonderungsliste für Preußen publik machte.
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Wolfgang Herrmann: Schwarze Liste der „Schönen Literatur“ (16. Mai 1933)

Schwarze Listen

Die Parolen zeigen, wen die nationalsozialistische Ideologie zum Feind erklärt hatte. Der Hass richtete sich gegen Jüdinnen und Juden und all jene, die andere politische und gesellschaftliche Auffassungen vertraten. So gab es Schwarze Listen nicht nur für das Sachgebiet Schöne Literatur, sondern ebenso für  Philosophie, Politik und Staatswissenschaft, Geschichte und Kunst. Wenige Tage nach den Bücherverbrennungen, am 16. Mai 1933, wurde Wolfgang Herrmanns Liste „Schöne Literatur“ nachträglich als erste offizielle Aussonderungsliste für Preußen im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel veröffentlicht. Sie führte neben vier Anthologien die Namen von 130 deutschsprachigen Autorinnen und Autoren. Hinter den Schwarzen Listen, die in den folgenden Jahren der NS-Herrschaft beständig und systematisch erweitert wurden, stand die Idee, einen nationalistischen deutschen Kanon zu schaffen als „Konsens einer sich stramm zur Nation bekennenden Einheit ohne soziale Gegensätze, Widersprüche und Probleme, deren Thematisierung den Nazis als ,zersetzend‘ galt“.*

* Moses Mendelsohn Zentrum: Erstellung ,schwarzer Listen‘ durch Berliner Volksbibliothekare.





Animation aus dem Onlineatlas „Verbrannte Orte“

Animation, hergestellt 2021, betrifft inhaltlich das Jahr 1933

Aus der Sammlung von

Verbrannte Orte e.V.

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Verbrannte Orte e.V.

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Kurzbeschreibung
Der Online-Atlas macht durch aktuelle Fotografien die heute oftmals vergessenen Orte der NS-Bücherverbrennungen 1933 sichtbar. Interaktive Panoramen ermöglichen ein individuelles Entdecken der historisch belegten Orte. Verlinkte Hintergrundtexte und historische Materialien laden die Betrachterinnen und Betrachter zu einer Spurensuche ein. Über die Suche in den Karten und Stadtplänen können so über 160 „verbrannte Orte“ lokalisiert werden.

Das ganze Jahr über

Welche Signalwirkung die „Aktion wider den undeutschen Geist“ hatte, zeigen nicht nur die Reaktionen im Ausland, sondern auch die vielen Bücherverbrennungen, die nach dem Mai 1933 in Deutschland folgten. Bis November kam es zu 79 weiteren Bücherverbrennungen, oftmals als einzelne Aktionen in einem engeren lokalen Umfeld. Aber auch überregionale Aktionen wie die „Kampfwoche gegen Schmutz- und Schundliterarur“ zählen hierzu. Sie fand im Juni 1933 in Baden-Württemberg statt und gipfelte in einigen zeitgleichen Bücherverbrennungen im Rahmen von Sonnenwendfeiern.

Zeitlich vor Mai 1933 kam es in einer ersten Nazi-Terrorwelle ebenfalls zu Verbrennungen: 37 „wilde“ Bücherverbrennungen zwischen März und Mai 1933 sind mittlerweile dokumentiert.  Die meisten von ihnen gingen aus Plünderungen von Gewerkschaftshäusern, Parteibüros, Buchhandlungen und Redaktionen durch SA-Mitglieder hervor. Doch schon in dieser frühen Phase gab es auch organisierte Aktionen, so zum Beispiel am 11. April 1933 in Düsseldorf, wo die Hitlerjugend in einer großen Inszenierung unerwünschte Literatur vor dem Planetarium verbrannte. Drei weitere Verbrennungen lassen sich keiner Phase zuordnen, da das Datum unbekannt ist.

Am Jahresende 1933 hatten schließlich über 160 nationalsozialistisch begründete Bücherverbrennungen landesweit stattgefunden.*

* Vgl. Online-Atlas Verbrannte Orte (Stand: 15. März 2022).



Wolfram Kastner (Hg.): Wie Gras über die Geschichte wächst. Erinnerungszeichen zu den Bücherverbrennungen. München: A1 Verlag 1996.

Druckschrift, 1996, München

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Zum Beispiel ... München

Auch in München fand am 10. Mai 1933 kurz vor Mitternacht auf dem zentralen Königsplatz eine von Studierenden organisierte Bücherverbrennung statt, an der zehntausende Schaulustige und Sympathisierende teilnahmen. Ein Fackelzug leitete das zerstörerische Spektakel ein. Bereits am 6. Mai hatte an der gleichen Stelle die Münchner Hitlerjugend eine erste, kleinere Bücherverbrennung veranstaltet.*

Damit am Königsplatz nicht schleichend Gras über die Geschichte wächst, brennt der Künstler Wolfram P. Kastner seit 1995 jedes Jahr am 10. Mai eine Brandspur in diesen historischen Ort, begleitet von einer öffentlichen Lesung aus einst verbrannten Werken. Seit 2021 erinnert außerdem das in den Boden eingelassene Mahnmal The Blacklist / Die Schwarze Liste des Künstlers Arnold Dreyblatt an die Bücherverbrennungen. Die Werktitel von  insgesamt 310 im NS-Staat geächteten Autorinnen und Autoren fließen hier spiralförmig und nahtlos ineinander.

* Vgl. NS-Dokumentationszentrum München: Bücherverbrennung am Königsplatz.



Neubrandenburg im Online-Atlas „Verbrannte Orte“

Screenshot, 2022

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Jan Schenck / Verbrannte Orte e.V.

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Jan Schenck / Verbrannte Orte e.V.

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Kurzbeschreibung
Der Online-Atlas macht durch aktuelle Fotografien die heute oftmals vergessenen Orte der NS-Bücherverbrennungen 1933 sichtbar. Interaktive Panoramen ermöglichen ein individuelles Entdecken der historisch belegten Orte. Verlinkte Hintergrundtexte und historische Materialien laden die Betrachterinnen und Betrachter zu einer Spurensuche ein. Über die Suche in den Karten und Stadtplänen können so über 160 „verbrannte Orte“ lokalisiert werden.

Verbrannte Orte

In vielen Hochschulstädten hat in den letzten Jahren eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den NS-Bücherverbrennungen stattgefunden. Mahnmale erinnern an Verbrennungsorte, Ausstellungen klären über Hintergründe und Beteiligte auf, Gedenktage und öffentliche Lesungen aktualisieren das Geschehene. Dennoch gibt es an zahlreichen „verbrannten Orten“ keine dauerhaft sichtbare Erinnerung. Dadurch sind viele der über 160 Verbrennungen im gesamten Jahr 1933 der Allgemeinheit und den heutigen Anwohnerinnen und Anwohnern kaum bekannt. Seit 2014 setzt der interaktive Online-Atlas Verbrannte Orte“ ein Zeichen und macht diese unsichtbaren Orte wieder sichtbar. Auch die gleichnamige Online-Ausstellung spürt der Frage nach, wie die Plätze und Orte der Bücherverbrennungen heute aussehen. Fachlich unterstützt durch das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek entstanden 2020 außerdem gemeinsam mit der Anne-Frank-Shoah-Bibliothek Materialien für Schulen, die auf den Seiten des Vereins Verbrannte Orte e.V. frei zugänglich sind.*

* Eine Spurensuche: Bildung und Vermittlung zum Thema „Bücherverbrennungen 1933“. 

04

Exil und Exilliteratur



Literatur zu Exilliteratur

2021, Augsburg

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Exil zur NS-Zeit

Als 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht kamen, flohen viele Menschen ins Exil. Die Gesetze der neuen Machthaber bedrohten insbesondere Jüdinnen und Juden. Sie wurden zu Angehörigen einer „fremden Rasse“ erklärt und sollten vernichtet werden. Auch Menschen mit anderen politischen Auffassungen oder solche, die einfach nur nicht dazu bereit waren, den neuen Verordnungen Folge zu leisten, gerieten plötzlich in Lebensgefahr. Sie mussten das Land verlassen, viele ließen Angehörige und nahe Freunde ebenso wie ihren Besitz zurück.



Exilforschung. Ein Internationales Jahrbuch. Berlin und Boston: De Gruyter 1983-

Druckschrift, 1983-, Berlin und Boston

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Kurzbeschreibung
Jährlich erscheinende monografische Reihe

Exil und Exilliteratur

Wer ins Exil geht, muss sein Land verlassen. Anders als die Emigration ist das Exil nicht frei gewählt, oft auch nicht das Aufnahmeland. Viele haben keine Gelegenheit, sich auf das Exil vorzubereiten, müssen erst die neue Sprache lernen und sich mit den Sitten des fremden Landes vertraut machen. Unter diesen schwierigen Bedingungen versuchen sie, Arbeit zu finden, um sich und ihre Angehörigen ernähren zu können. In der Exilliteratur stehen daher leidvolle Erfahrungen zumeist im Vordergrund – obgleich Exil doch eigentlich ein großes Glück ist und Rettung bedeutet.



Bettina Bannasch und Gerhild Rochus (Hrsg.): Handbuch der deutschsprachigen Exilliteratur. Berlin und Boston: De Gruyter 2013

Druckschrift, 2013, Berlin und Boston

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Exilliteratur

Unter Exilliteratur versteht man im deutschsprachigen Raum in der Regel Werke, die in der Zeit des Nationalsozialismus außerhalb Deutschlands verfasst wurden. Viele dieser Texte beschreiben Erfahrungen von Ausgrenzung und Entrechtung, Vertreibung und Flucht, Fremdheit und Neuanfang. Oft haben die Autorinnen und Autoren diese Erfahrungen selbst gemacht. Aber auch erfundene Texte, die das Exil zum Thema haben, zählen zur Exilliteratur, und ebenso Texte über frühere und andere Exile als jene der NS-Zeit.*

* Siehe Bettina Bannasch/Gerhild Rochus: Handbuch der deutschsprachigen Exilliteratur. Von Heinrich Heine bis Herta Müller. Berlin [u.a.]: De Gruyter 2013. Dieses Handbuch ist aus einem Projekt an der Universität Augsburg hervorgegangen. Am Beginn stand eine Ringvorlesung, zu der externe Expertinnen und Experten der Exilforschung eingeladen wurden. Die Handbuchbeiträge wurden überwiegend von fortgeschrittenen Studierenden, Lehrenden und Forschenden der Universität Augsburg verfasst.



Exilforschung. Ein Internationales Jahrbuch. Berlin und Boston: De Gruyter 1983-

Druckschrift, 1983-, Berlin und Boston

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Kurzbeschreibung
Jährlich erscheinende monografische Reihe

Exil und Zwangsmigration im 19. Jahrhundert und in der Gegenwart

Im 19. Jahrhundert waren deutsche Autorinnen und Autoren, die kritisch über die Zustände in ihrem Land berichteten, von scharfen Zensurbestimmungen betroffen. Sie wurden in ihrer Arbeit eingeschränkt, einige von ihnen wurden verfolgt. Viele verließen daher das Land und suchten Zuflucht in europäischen Nachbarländern. Ein großer Teil floh in die USA.

In der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ist das Thema Exil wieder ganz aktuell. Hier wird von Menschen erzählt, die im Exil in Deutschland leben. Zumeist kamen sie zusammen mit ihren Eltern als Kinder und Jugendliche an und sind mit der deutschen Sprache aufgewachsen. Ihre literarischen Erinnerungen und Erfindungen zeichnen sie daher in dieser Sprache auf.



Vernissage zur Exil-Ausstellung „Man kann ja nicht aus der Welt fallen…“ Deutsche Autoren im Exil in den USA (1933-1945), vom 16. Mai - 28. Juni 2013 in der Universitätsbibliothek Augsburg

15.05.2013, Augsburg

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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US-Exil-Ausstellung (2013) in der Universitätsbibliothek Augsburg

US-Exil im 20. Jahrhundert

War im 19. Jahrhundert die Zensur prägend für das Exil, verbindet man im 20. Jahrhundert oft speziell die NS-Zeit damit. Auch an der Universität Augsburg bildet dieses engere Exil-Verständnis einen Schwerpunkt – nicht zuletzt aufgrund der 2009 erworbenen Bibliothek der verbrannten Bücher. Im Mai 2013 eröffnete beispielsweise die Ausstellung Man kann ja nicht aus der Welt fallen ...“ Deutsche Autoren im Exil in den USA (1933-1945), die zahlreiche während des Exils in den USA erschienene Erstausgaben aus der Salzmann-Sammlung präsentierte. Anhand einzelner Lebenslinien etwa von Vicky Baum, Oskar Maria Graf und Bertolt Brecht konnten typische Fluchtwege deutscher Exilantinnen und Exilanten zur NS-Zeit und ihre oft schwierigen Lebens- und Arbeitsbedingungen im US-Exil dargestellt werden. Die Text- und Bildtafeln wurden im Rahmen einer Lehrkooperation überwiegend von Masterstudierenden der Universität Augsburg erstellt. Parallel zur Ausstellung fand unter der Leitung von Prof. Dr. Hubert Zapf, Lehrstuhl für Amerikanistik, die internationale Fachtagung Censorship & Exile statt.





Namen der Autorinnen und Autoren, deren Werke in der Bibliothek der verbrannten Bücher vertreten sind

Grafik (Wortwolke)

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Autorinnen und Autoren, deren Werke in der Bibliothek der verbrannten Bücher vertreten sind

Die Verb(r)annten

Die hier Genannten sind keine Einheit. Es gibt (oder, wenn wir von den Toten sprechen, es gab) sehr konservative Männer und Frauen unter ihnen, streitbare Liberale, Pazifisten, Kommunisten, Sozialisten, und sehr viele, die Mehrheit vermutlich, die sich Zeit ihres Lebens jeder parteiischen politischen Äußerung ferngehalten haben. Sie sind Lyriker, Dramatiker, Essayisten, Romanciers, Philosophen. Da sind solche, die noch der Schule des Naturalismus verhaftet waren oder sind, andere, deren Namen berühmt geworden sind in der Zeit des wegsuchenden Expressionismus. Es gibt unter ihnen zeitnahe und zeitferne Denker, aber auch Verfasser erfolgreicher Unterhaltungsliteratur - sie alle repräsentieren den ganzen dehnbaren Umkreis des Begriffes Literatur, [...]. Alfred Kantorowicz: Am 10. Mai 1933 ... In: Verboten und verbrannt. Deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt. Hg. von Richard Drews und Alfred Kantorowicz. Berlin: Ullstein 1947, S. 9.




Judith Kerr: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Ravensburg: Maier 1978

Druckschrift, 1978, Ravensburg

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

In ihrem 1971 erschienen Roman Als Hitler das rosa Kaninchen stahl beschreibt Judith  Kerr die Erfahrung des Exils zur NS-Zeit aus der Perspektive eines neunjährigen Mädchens. Anna ist jung, aber sie versteht schon eine ganze Menge. Sie weiß, dass ihr Vater, ein berühmter Journalist, Artikel gegen die Nationalsozialisten geschrieben hat und nun verhaftet werden soll. Sie hat auch verstanden, dass nicht nur sein Leben, sondern die ganze Familie in Gefahr ist. Plötzlich ist es von existentieller Bedeutung, dass sie Juden sind, auch wenn das bisher niemanden interessiert hat – nicht einmal sie selbst. Annas geliebtes Kuscheltier, ein rosa Kaninchen, wird zum Inbegriff für all das, was sie bei der überstürzten Flucht aus Deutschland hinter sich zurücklassen muss. Im Roman versinnbildlicht es Annas Zuhause, eine Villa in Berlin, und ihre unbeschwerte Kindheit, die auf einmal zu Ende ist.

Annas Geschichte – immer noch aktuell

Bei allem Schmerz über diesen Verlust erlebt die literarische Figur Anna das Exil aber auch als etwas Aufregendes: Die Länder, die sie auf ihrer Flucht kennenlernt, sind neu für sie. Über die Schweiz und Paris flieht die Familie nach London. Annas Vater teilt ihre Bereitschaft, sich auf neue Länder und Menschen einzulassen. Dabei ist es für ihn besonders schwer. Denn wer interessiert sich in einem Land, in dem Englisch gesprochen wird, für die Zeitungsartikel eines deutschen Journalisten und Schriftstellers? Doch gelingt es der Familie schließlich, in England heimisch zu werden.

Die Geschichte von Anna – und auch die ihrer Erfinderin Judith Kerr, von deren eigener Lebensgeschichte viel in den Roman eingegangen ist – ist eine Geschichte mit Happy End. Das Buch ist inzwischen mehr als 50 Jahre alt. Es ist seit seinem Erscheinen immer wieder neu aufgelegt worden, weil es auch heute noch lesenswert ist für alle, die sich mit der Frage beschäftigen, was Exil eigentlich im konkreten Alltag bedeutet. 2019 wurde der Roman verfilmt.





Textausgaben von Stefan Heym

2021, Augsburg

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Nach dem Exil

Nachdem die Deutschen 1945 von den Alliierten besiegt worden waren, wurde es wieder möglich, aus dem Exil zurückzukehren. Für viele Exilierte kam das jedoch nicht in Frage. Ihr Schmerz darüber saß zu tief, damals aus dem Land gejagt worden zu sein – und zwar nicht nur von „Herrn Hitler“, sondern von Freunden, die plötzlich keine mehr sein wollten, und von Nachbarn, die zu Denunzianten, Mitläufern und Tätern geworden waren. Vielen hatten Verwandte und Freunde verloren, die von den Nationalsozialisten ermordet worden waren.

Andere jedoch kamen zurück. Nach dem Krieg war es vor allem die DDR, die sich um Exilrückkehrer bemühte. Mit ihrer Unterstützung sollte ein neues und besseres Deutschland aufgebaut werden. Andere gingen in die BRD. Sie machten es sich zur Aufgabe, mit den Menschen, die zur Zeit des Nationalsozialismus im Land geblieben waren, in ein Gespräch zu treten. In dieses Gespräch brachten sie ihre eigenen Erfahrungen ein.

Trauma und Nachexil

Viele Menschen, die im Exil überlebt hatten, waren traumatisiert. Sie hatten Angehörige und enge Freunde verloren, oft waren sie selbst nur knapp der Vernichtung entkommen. So wie Nelly Sachs, die sich im Mai 1940 kurz vor der Deportation noch nach Schweden retten konnte. Die Gedichte aus ihrem im Exil entstandenen Band In den Wohnungen des Todes (1947) umkreisen sprachlich das eigene Trauma, die Schrecken von Krieg und Völkermord. 

Wir Geretteten
Bitten euch:
Zeigt uns langsam eure Sonne.
Führt uns von Stern zu Stern im Schritt.
Laßt uns das Leben leise wieder lernen.
Es könnte sonst eines Vogels Lied,
Das Füllen des Eimers am Brunnen
Unseren schlecht versiegelten Schmerz aufbrechen lassen
Und uns wegschäumen Auszug aus Nelly Sachs: Chor der Geretteten (1947)


(Un)mögliche Rückkehr

Der österreichische Schriftsteller und Widerstandskämpfer Jean Améry beschreibt in seinem Aufsatz Wieviel Heimat braucht ein Mensch? eindrucksvoll und bewegend, dass man zwar in das Land zurückkommen kann, aus dem man einst ins Exil getrieben wurde, dass sich aber Geschichte nicht ungeschehen machen lässt. Die Menschen sind dieselben geblieben, die Nachbarn von damals wären auch die Nachbarn von heute.

Wer das Exil kennt, hat manche Lebensantworten erlernt, und noch mehr Lebensfragen. Zu den Antworten gehört die zunächst triviale Erkenntnis, dass es keine Rückkehr gibt, weil niemals der Wiedereintritt in einen Raum auch ein Wiedergewinn der verlorenen Zeit ist. Jean Améry: Wieviel Heimat braucht der Mensch? In: Jenseits von Schuld und Sühne (1977), hier S. 75.

Jean Améry, der Haft und Folter überlebt hatte, ist an dieser Einsicht zerbrochen. Lange nachdem der Krieg vorbei war, nahm er sich das Leben.





Hilde Domin: Ziehende Landschaft

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Hilde Domin: Ziehende Landschaft, zitiert nach Hilde Domin: Gesammelte Gedichte, 3. Aufl. (1991), S. 13.

Perspektivwechsel

Literatur kann den Blick auf das Exil öffnen und den Dingen eine neue Wendung geben. An dem Gedicht Ziehende Landschaft der Autorin Hilde Domin lässt sich das beispielhaft zeigen.* Hier spricht kein Ich, das in der Fremdheit des Exils einsam und verloren ist. Es ist aufgehoben in dem „Wir“ einer größeren Gemeinschaft, die all jene verbindet, die die Erfahrung des Exils gemacht haben. Durch einen Wechsel der Perspektive wird aus Passivität und Trauer im Gedicht Aktivität und Befähigung. Und noch einen Perspektivwechsel schlägt der Text vor: Aus den Fluchtstationen in fremden Ländern wird das poetische Bild einer vorüberziehenden Landschaft. Das Gedicht nennt keine konkreten Jahreszahlen. Es will etwas Allgemeingültiges über die Exilerfahrung aussagen. Die gefundenen Worte leiten dazu an, gewohnte Denkweisen und Wahrnehmungsmuster umzuwenden und die Dinge neu zu betrachten.


* Hilde Domin, eigentlich Hilde Palm, verbrachte die Jahre des NS-Exils in der Dominikanischen Republik und kehrte 1954 zurück. In dankbarer Erinnerung an den Schutz im Exil gab sie sich als Künstlerin den Namen „Domin“.



05

Irmgard Keun – Bücher vom „Glanz“-Sein, trotz „kleinem Leben“



Detailaufnahme: Irmgard Keun und weitere Autorinnen und Autoren mit Anfangsbuchstaben „K“ auf Wolfgang Herrmanns Schwarzer Liste der „Schönen Literatur“, veröffentlicht am 16. Mai 1933 im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (S. 357)

Druckschrift, 16.05.1933

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Börsenverein für den Deutschen Buchhandel / Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)

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Börsenverein für den Deutschen Buchhandel / SLUB Dresden

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Kurzbeschreibung
Die Liste nennt vier Anthologien und namentlich 130 Autorinnen und Autoren. Der Berliner Bibliothekar Dr. Wolfgang Herrmann leitete seine Liste „Schöne Literatur“ gemeinsam mit einer zweiten Liste „Politik und Staatswissenschaften“ Anfang Mai 1933 an die Deutsche Studentenschaft weiter, welche sie als Grundlage für die Plünderungen von Bibliotheken, Leihbüchereien und wissenschaftlichen Einrichtungen in der Aktion „Wider den undeutschen Geist“ nutzten sollte. Direkt nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hatte Herrmann damit begonnen, eine erste „Schwarze Liste“ derjenigen Bücher zu erstellen, die aus Buchhandel und Büchereien zu entfernen wären. Mehrere Zeitungen und Zeitschriften druckten die Liste bereits Anfang Mai ab, ehe sie das Börsenblatt nachträglich als offizielle Aussonderungsliste für Preußen publik machte.

Zum Beispiel ... Irmgard Keun

Als junge Bestsellerautorin der ausgehenden Weimarer Republik, deren Werke 1933 auf die Schwarze Liste gesetzt wurden, und als Autorin des Exils steht Irmgard Keun exemplarisch für die Bibliothek der verbrannten Bücher. Insgesamt 52 Bände von und über Keun finden sich in den Regalen des Leseraums. Die ersten und frühen Ausgaben ihrer Werke, einige Übersetzungen und Forschungsliteratur reihen sich in der alphabetischen Aufstellung ein zwischen den Ausgaben anderer Verfemter wie Erich Kästner, Alfred Kerr, Hermann Kesten und Egon Erwin Kisch. Sie ist eine unter vielen.

Die von Salzmann gesammelten Keun-Ausgaben zeigen in den erzählten Geschichten, durch ihre Publikationsorte und Erscheinungsformen sowie durch die Spuren früherer Besitzer ganz eigene, individuelle Geschichten einer 1933 „verbrannten Autorin“. Irmgard Keun kehrte aus dem Exil zwar nach Deutschland zurück, fand jedoch keine Lebensfreude mehr. Ende der 1970er Jahre wurde sie in hohem Alter von Literaturbetrieb und -wissenschaft glücklicherweise wiederentdeckt und gewürdigt.



Irmgard Keun: Gilgi, eine von uns. Roman. Berlin: Universitas 1931

Druckschrift, 1931, Berlin

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Durchbruch und Erfolg

Ihr Debüt als Schriftstellerin gab Irmgard Keun nach einer Stenotypistinnen-Lehre und einer gescheiterten Schauspielkarriere 1931 mit dem Roman Gilgi, eine von uns. Das Buch geriet zum Bestseller und wurde 1932 verfilmt.

Worum geht es? Die mädchenhafte Protagonistin Gilgi bricht aus den bürgerlichen Zwängen in die Bohème aus. Autobiografisch, gegenwartsbezogen, alltagsnah und humorvoll greift das Buch die gesellschaftlichen Umbrüche und Unsicherheiten der ausgehenden Weimarer Zeit auf. Neue Frauen- und Mädchenbilder werden dabei auf scheinbar einfache, naive, jedoch gänzlich kunstvolle Weise genauso verhandelt wie Film, Reklame und Mode als neue Formen der Populärkultur.



Irmgard Keun: Gilgi, eine von uns. Roman. Berlin: Universitas 1931

Druckschrift, 1931, Berlin

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
Vorsatzblatt mit handschriftlicher Widmung (Bleistift): „Zur frdl. Erinnerung an Mariechen. Mai 1932"
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Widmung

„Zur freundlichen Erinnerung an Mariechen. Mai 1932“. Diese persönliche Widmung findet sich auf dem Vorsatzblatt unseres Exemplars der Gilgi-Erstausgabe . Wem und zu welchem Anlass hat Mariechen das Buch geschenkt? Dies wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. 





Irmgard Keun: Das kunstseidene Mädchen. Berlin: Universitas 1932

Druckschrift, 1932, Berlin

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Vom Wunsch, ein Glanz zu sein

Auch Keuns zweiter Roman Das kunstseidene Mädchen (1932) erschien im Berliner Universitas Verlag. Noch stärker als in Gilgi experimentierte die Autorin hier mit neuen Erzähl- und Darstellungsformen. Das Buch berichtet in Tradition des Schelmenromans vom Wunsch, ein „Glanz“ zu sein, zu schreiben „wie Film“ und zu lesen „wie Kino“. Heldin Doris ist hier ganz und gar Produkt ihrer Zeit. Der Roman besiegelte nicht nur in seiner Entstehungszeit den großen Erfolg der Autorin Keun. Das kunstseidene Mädchen reiht sich in die Meilensteine der deutschsprachigen Literaturgeschichte ein.



Irmgard Keun: Das Werk. 3 Bände. Göttingen: Wallstein 2017

Druckschrift, 2017, umfasst Keuns Texte der Jahre 1931 bis 1962, Göttingen

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
Dreibändige Werkausgabe:
- Band 1: Texte aus der Weimarer Republik 1931-1933
- Band 2: Texte aus NS-Deutschland - Texte aus dem Exil 1933-1940
- Band 3: Texte aus der Nachkriegszeit und der Bundesrepublik 1946-1962

Exil in den Niederlanden

Keuns literarischer Aufstieg wurde 1933 jäh von den politischen Entwicklungen abgebrochen. Ihre Bücher wurden als zersetzende und undeutsche „Asphaltliteratur“ verunglimpft und ihr Name im Frühjahr 1933 auf die Schwarzen Listen gesetzt. Nachdem die Reichsschrifttumskammer 1936 Keuns Aufnahmeantrag endgültig abgelehnt hatte, blieb ihr wie vielen anderen Schriftstellerinnen und Schriftstellern nur das Exil. Sie ging zunächst nach Ostende in Belgien, dann weiter nach Amsterdam. Mit dem dort angesiedelten deutschsprachigen Exilverlag Allert de Lange hatte sie noch in Deutschland einen Vertrag über ihre nächsten beiden Romane schließen können.



Irmgard Keun: Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften. Amsterdam: Allert de Lange 1936

Druckschrift, 1936, Amsterdam

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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„Kindergeschichten“

Obwohl 1936 im Exil veröffentlicht, entstand Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften noch zu großen Teilen in NS-Deutschland. Unterschwellig und pointiert spielt der Jugendroman auf die Zeit an: Es geht es um die (kindliche) Absage an Autoritäten, Geschlechterkonventionen und militärische Aufrüstung – und um Solidarität mit den Schwachen.

Das Exemplar unserer Sammlung trägt deutliche Gebrauchsspuren am Leineneinband, hat Flecken auf den Seiten. Es wurde gelesen.



Irmgard Keun: Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften. Amsterdam: Allert de Lange 1936

Druckschrift, 1936, Amsterdam

Aus der Sammlung von

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Illustrationen

Die elf „Kindergeschichten“ des Bandes sind illustriert mit Tuschezeichnungen von Paul Urban (1901-1937). Er illustrierte unter anderem auch Werke von Joseph Roth, Egon Erwin Kisch und Ruth Rewald.





Irmgard Keun: Romane im Exil

Druckschrift, 1937-1938, Amsterdam

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Kurzbeschreibung
- Irmgard Keun: Kind aller Länder. Amsterdam: Querido-Verlag 1938
- Irmgard Keun: D-Zug dritter Klasse Amsterdam: Querido-Verlag 1938
- Irmgard Keun: Nach Mitternacht. Amsterdam: Querido-Verlag 1937
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Produktive Zeit

Keuns Exilzeit wurde eine überaus produktive literarische Schaffensphase. Auch Nach Mitternacht (1937), D-Zug dritter Klasse (1938) und Kind aller Länder (1938) sind in den Erstausgaben in der Sammlung dokumentiert. Die Werke berichten vom Leben im Exil und von ausgedehnten Reisen durch Europa, die Keun während ihrer Beziehung mit Joseph Roth unternahm. Sie zeigen das breite literarische Spektrum der Autorin auf.

Ich kann’s ja noch garnicht glauben, dass ich nun nicht mehr im Nazi-Land bin und wirklich frei schreiben, sprechen, atmen kann. Irmgard Keun am 5. Mai 1936 an Arnold Strauss, zitiert nach: Das Werk, Band 2 (2017), S. 745.




Irmgard Keun: Kind aller Länder. Amsterdam: Querido 1938

Druckschrift, 1938, Amsterdam

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Querido-Verlag

Neben Allert de Lange bot der Querido-Verlag (1933-1940) in Amsterdam zahlreichen aus Deutschland emigrierten Autorinnen und Autoren publizistisch Zuflucht. Er stand bis zu seiner Auflösung 1940 an der Spitze der europäischen Exilverlage. So erschienen Keuns Romane seit 1937 bei Querido unter der Leitung von Fritz H. Landshoff. Unser Online-Katalog zeigt, dass viele weitere Autorinnen und Autoren aus der Sammlung Georg Salzmann wie etwa Vicky Baum, Hermann Kesten, Alfred Döblin und Arnold Zweig ihre Werke hier veröffentlicht haben.





Das Magazin 3, 11 (1956)

Zeitschriftenheft, 1956, Berlin

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Nachkriegsjahre in Deutschland

Eingeholt von den Nazis floh Keun 1940 zurück nach Deutschland, wo sie bis 1945 in ihrem ihr „grau und trostlos und schauerlich“* gewordenen Heimatland als Autorin verstummen musste. Nach Kriegsende erschienen zwar noch ein Band mit Gedichten und Liedern aus dem Exil und mit Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen (1950) auch ein letzter Roman. An ihren Erfolg der Vorkriegszeit konnte Keun, die nun wieder in Köln lebte, allerdings nie wieder anknüpfen. Geplagt von Depressionen, Schreibkrisen, ihrer Vergangenheit und den veränderten Zeitumständen arbeitete sie nun vor allen Dingen als Rundfunkautorin und für Zeitschriften. Im Keun-Bestand der Sammlung findet sich etwas versteckt in einer grauen Schutzmappe zum Beispiel ein knallbuntes, bereits brüchig gewordenes Heft: Nummer 11 vom November 1956 der Zeitschrift Das Magazin ...

* Irmgard Keun in NWDR-Sendung vom 31. Mai 1946, zitiert nach: Das Werk, Band 3 (2017), S. 600.



Das Magazin 3, 11 (1956)

Zeitschriftenheft, 1956, Berlin

Aus der Sammlung von

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Inhaltsverzeichnis des Heftes 11 (1956) von „Das Magazin“ – Irmgard Keuns Beitrag darin auf Seite 16


Irmgard Keun: Löwenlauf und Tigertritt. 1956

1956, Berlin

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Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Löwenlauf und Tigertritt

Keuns kurze, satirische Erzählung Löwenlauf und Tigertritt führt die Schwierigkeiten des „kleinen Mannes“ mit der deutschen Bürokratie und der Namensfindung für ungeborene Kinder vor. In der dreibändigen Werkausgabe (2017) ist ihr Erscheinungsdatum mit 1958 angegeben. Georg Salzmanns Sammlung belegt jedoch, dass die Erzählung bereits 1956 in der Publikumszeitschrift Das Magazin gedruckt wurde - neben Reklame für Dresdner Seife und internationaler Kurzprosa wie etwa Jack Londons Aloha Oé und Gottfried August Bürgers Collin und Juliette.



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Projekte, Veranstaltungen und Kooperationen



Öffentliche Lesung „Augsburg liest!“ (2009)

13.11.2009, Augsburg

Aus der Sammlung von

Universitätsbibliothek Augsburg

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Foto: Zentrale Fotostelle der Universität Augsburg

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Kurzbeschreibung
Veranstaltung im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche „Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek“

Lehren, lernen, forschen

Junge Menschen lagen dem Sammler Georg Salzmann ganz besonders am Herzen. Als Zeitzeuge des Nationalsozialismus engagierte er sich jahrelang für Schülerinnen und Schüler bei Führungen und Vorträgen, Lesungen in Schulen und offenen Gesprächen. Sein Engagement in Bildung und Vermittlung gilt es bewusst fortzuführen. Die Bibliothek der verbrannten Bücher bietet durch die Fülle der dokumentierten Werke und Lebenswege viele ganz praktische Zugänge zu einem eindringlichen Kapitel deutscher Literatur- und Zeitgeschichte. Es ist ein Kapitel, das bis heute nachwirkt und von dem nur noch wenige Zeitzeugen berichten können. Die hier versammelten Bücher aber bleiben.

Ihre Ideen und Projekte

Sie möchten ein praxisorientiertes oder wissenschaftspropädeutisches Schulprojekt in Kooperation mit uns umsetzen, wie beispielsweise „Verbrannt, aber nicht vergessen“ (2010-2011) oder Phönix aus der Asche (2012-2014)? Sie planen ein Seminar mit Studierenden zu einem verwandten Thema, aus dem eine eigene (virtuelle) Ausstellung hervorgehen könnte? Dann sprechen Sie uns gerne an! Die Universitätsbibliothek Augsburg freut sich auf Ihre Ideen für künftige Lehr-Lern-Kooperationen, Projekte, Lesungen und Ausstellungen.



Eda Aslan/Nurgül Dursun: What Was Left (2022)

Video, März 2022, Augsburg

Aus der Sammlung von

Künstlerinnen-Duo Eda Aslan und Nurgül Dursun, in Kooperation mit der Universitätsbibliothek Augsburg

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Video: Eda Aslan und Nurgül Dursun

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Kurzbeschreibung
Das Teaser-Video „What Was Left“ gibt Einblicke in die Arbeit der Künstlerinnen Eda Aslan and Nurgül Dursun in der Bibliothek der verbrannten Bücher im ersten Halbjahr 2022. Seite für Seite spüren sie in Augsburg den Lese- und Gebrauchsspuren in den gesammelten Büchern nach, zum Beispiel Anstreichungen, Kommentaren, Widmungen oder vergessenen Objekten. Diese Spuren begreifen sie als Teil des Gedächtnisses der Bücher, scannen sie und überführen sie später in ein eigenes Buch.

Zum Beispiel ... „What Was Left“

Die Hamburger Künstlerinnen Eda Aslan und Nurgül Dursun beschäftigen sich 2022 in ihrem Projekt „What Was Left“ mit der Bibliothek der verbrannten Bücher. Seite für Seite suchen sie nach hinterbliebenen Lese- und Gebrauchsspuren in den Büchern. Sie finden unzählige Anstreichungen, Kommentare, Widmunge und Objekte, die vergessen wurden.
Aslan und Dursun dokumentieren sämtliche Spuren digital, um sie in ein eigenes Buch zu überführen, zu re-archivieren. Ein Jahr später geht ihr  kunstvoll gestaltetes Buch What Was Left selbst in die Sammlung ein. Im Rahmen der Ausstellung Bücher. Namen. Orte. 1933 werden zahlreiche Fundstücke früherer Leserinnen und Leser der Salzmann-Bände ausgestellt.





Porträts der Autorinnen Karin Michaëlis (1872-1950), Gertrud Kolmar (1894-1943) und Adrienne Thomas (1897-1980)

Fotografien

Aus der Sammlung von

Foto K. Michaëlis: The National Library of Denmark and Copenhagen University Library; Fotograf: Julie Laurberg (1856-1925);
Foto G. Kolmar: Leo Baeck Institute, Center for Jewish History
Foto A. Thomas: Wikimedia Commons

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Foto K. Michaëlis: Institution: The National Library of Denmark and Copenhagen University Library; Fotograf: Julie Laurberg (1856-1925); Foto G. Kolmar: Leo Baeck Institute, Center for Jewish History (via Europeana)

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Drei Autorinnen von 63: Karin Michaëlis, Gertrud Kolmar und Adrienne Thomas

Zum Beispiel ... Projektseminar

Im Wintersemester 2022/23 beginnt für Literaturstudierende der Universität Augsburg ein besonderes Projekt. Ein Seminar an der Philologisch-Historischen Fakultät rückt speziell die Autorinnen aus der Salzmann-Sammlung ins Licht. Gemeinsam lesen und recherchieren, forschen und reisen, schreiben und gestalten die Studierenden. Ihr Ziel: drei damals verbotene Autorinnen in einer eigenen Online-Ausstellung zu präsentieren. Im Juni 2023 kann die Schau feierlich eröffnen: aktuell, poetisch, selbstbestimmt: Wir lesen: Karin Michaëlis, Gertrud Kolmar und Adrienne Thomas.



Eine virtuelle Ausstellung von

Die Universitätsbibliothek Augsburg dankt herzlich all jenen, die diese virtuelle Ausstellung durch eigene Ideen, Textbeiträge und redaktionelle Mitarbeit ermöglicht haben. Besonderer Dank gilt der Tochter des Sammlers, Petra Sommer, für den vertrauensvollen Austausch mit der Kuratorin. Der Regisseurin Dr. Renate Stegmüller-Koplin und dem Bayerischen Rundfunk ist ausdrücklich zu danken für die Bereitstellung der Fernsehdokumentation „Schatzsuche“. Unmöglich wäre die Ausstellung schließlich gewesen ohne die fotografische Inszenierung der gesammelten Bücher durch Peter Neidlinger und Anatoli Oskin aus der Zentralen Fotostelle der Universität Augsburg.

Team

Beiträgerinnen und Beiträger:

Prof. Dr. Bettina Bannasch (Universität Augsburg)
Dr. Theresia Dingelmaier (Universität Augsburg) 
Dr. Ulrich Hohoff (ehem. Leiter der Universitätsbibliothek Augsburg)
Jan Schenck (Verbrannte Orte e.V.)
Dr. Andrea Voß (Universitätsbibliothek Augsburg)

Konzeptionell und redaktionell im Rahmen ihres Bibliotheksstudiums mitgewirkt haben außerdem Michael Becht, Tamara Kirn und Stefanie Schmid.

Erstellt mit :
DDB Studio
Ein Service von:
DDB Studio

Diese Ausstellung wurde am 16.06.2023 veröffentlicht.



Impressum

Die virtuelle Ausstellung Die Bibliothek der verbrannten Bücher wird veröffentlicht von:

Universität Augsburg
Universitätsstraße 2
86159 Augsburg
gesetzlich vertreten durch die Präsidentin

Telefon: +49 821 598-5100
Fax: +49 821 598-5116
E-Mail:  praesidentin@praesidium.uni-augsburg.de

Inhaltlich verantwortlich:
Constance Dittrich
Direktorin der Universitätsbibliothek Augsburg
Universitätsstraße 22
86159 Augsburg
dir@bibliothek.uni-augsburg.de

Kurator*innen:
Dr. Andrea Voß

 

Rechtliche Hinweise:
Die Deutsche Digitale Bibliothek verlinkt die virtuelle Ausstellung auf ihrer Internetseite https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/virtuelle-ausstellungen. Dabei wurde auf die Vertrauenswürdigkeit der Institution, welche die Ausstellung veröffentlich hat sowie die Fehlerfreiheit und Rechtmäßigkeit der virtuellen Ausstellung besonders geachtet. Der auf dieser Internetseite vorhandene Link vermittelt lediglich den Zugang zur virtuellen Ausstellung. Die Deutsche Digitale Bibliothek übernimmt keine Verantwortung für die Inhalte der virtuellen Ausstellung und distanziert sich ausdrücklich von allen Inhalten der virtuellen Ausstellung, die möglicherweise straf- oder haftungsrechtlich relevant sind oder gegen die guten Sitten verstoßen. 

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Konzeption:
Nicole Lücking, Deutsche Digitale Bibliothek
Stephan Bartholmei, Deutsche Digitale Bibliothek
Dr. Michael Müller, Culture to Go GbR

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Technische Umsetzung:
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Hosting und Betrieb:  
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