Simulation von Bewegung
Eisen war der zentrale Werkstoff der Industrialisierung. Auch in der Spielzeugherstellung fand es seine Verwendung: Neben Metallbaukästen, Dampfmaschinen und Modelleisenbahnen wurden auch Tänzer und andere Figuren hergestellt. Und – was im aufkommenden Zeitalter des schnellen technischen Fortschritts und der Geschwindigkeit von großer Bedeutung war – sie konnten mechanisch in Bewegung gesetzt werden.
Durch einen Schnuraufzug wird im Rock der hier gezeigten Ballerina ein Schwungrad in Gang gesetzt. Dadurch dreht sie sich auf dem Podest.
Diese Antriebsmodelle besitzen heute einen hohen Sammlerwert. Denn schnell ersetzten leistungsfähigere Elektromotoren die ursprüngliche Mechanik, und heute ermöglicht hochspezialisierte Computertechnik, Bewegung zu simulieren.
Inzwischen glaube er, daß auch dieser letzte Bruch von Geist […] aus den Marionetten entfernt werden, daß ihr Tanz gänzlich ins Reich mechanischer Kräfte hinübergespielt, und vermittelst einer Kurbel […] hervorgebracht werden könne.H. v. Kleist: Über das Marionettentheater, S. 9
Der „Alabama Coon Jigger“ als mechanisch angetriebene Tanzfigur (um 1910) repräsentiert die Begeisterung für die schnelle, künstlich erzeugte Bewegung sowie für die amerikanischen Tanzstile, die im Deutschland der Zwischenkriegsjahre große Beliebtheit genossen und viele Nachahmer fanden („to jig” wird mit „wild tanzen” oder „herumhüpfen” übersetzt).
Der Name „Coon“, im Amerikanischen eine abschätzige Bezeichnung für die schwarzen Sklaven, zeugt allerdings auch vom rassistischen Hintergrund dieser Art von Tanzfiguren, geboren aus dem Geist des Kolonialismus der Jahrhundertwende.
Und der Vorteil, den diese Puppe vor lebendigen Tänzern voraus haben würde?
Der Vorteil? Zuvörderst ein negativer […], nämlich dieser, daß sie sich niemals zierte.H. v. Kleist: Über das Marionettentheater, S. 10