Ästhetiken der Etappe
Wie dreht man interessante Nachrichtenfilme über Krieg, wenn man ganz überwiegend nur fernab der eigentlichen Kämpfe aufnehmen kann? Im Ersten Weltkrieg lautete die Antwort mancher Filmschaffender: Indem man fernab der eigentlichen Kämpfe in visuell attraktiven Landschaften dreht und dort den Kriegsbezug etwa durch Soldatenmärsche oder Materialtransporte herstellt. Denn wenn sich aus den abgebildeten Vorgängen selbst kaum Schauwert generieren lässt, so die Formel, dann muss er aus der Form der Abbildung generiert werden. Immerhin eröffnete die Abwesenheit von Kampfhandlungen die Möglichkeit, besonders ansprechende Bilder zu komponieren.
Die Bildkomposition – also die Rahmung bzw. Kadrierung der Einstellungen, die räumliche Anordnung der Bildobjekte oder das Erzielen von Tiefeneffekten durch das Staffeln von Ebenen – spielte für Kamera-Operateure eine zentrale Rolle. Schließlich standen ihnen in Anbetracht des damaligen Stands der Filmtechnik andere, heute gängige Gestaltungsmittel (wie der Ton, das künstliche Ausleuchten, die Kamerafahrt oder das Freistellen von Bildobjekten mittels einer Verringerung der Tiefenschärfe) nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung. Manche Aktualitätenfilme und Wochenschauen aus dem Weltkrieg weisen vor diesem Hintergrund durchaus eindrucksvolle Bilder auf, die über zeitgenössische Konventionen der Bildkomposition wie auch über Strategien der filmischen Nachrichtenpräsentation Auskunft geben. Prägnante Beispiele bilden neben den hier präsentierten Ausschnitten auch zwei Filme, die das niederländische Filminstitut EYE digitalisiert hat:
- Dans les ajoncs du Vardar (FR 1916)
- Expeditie in de Alpen (AT 1915, 4 Min.)