Im Fokus: Henny Porten
Zeitgleich mit dem propagandistischen Einsatz amerikanischer Filmgrößen wie Chaplin oder Fairbanks stellte sich erstmals auch ein deutscher Filmstar in den Dienst des Kriegseinsatzes: Henny Porten, in den frühen 1910er Jahren als erste deutsche Schauspielerin zu Star-Ruhm gelangt, warb 1917 in Hann, Hein und Henny für die Zeichnung der siebten deutschen Kriegsanleihe.
Bis zum Kriegsausbruch hatte Porten (1890–1960) etwa 60 Hauptrollen in Spielfilmen des Berliner Produzenten Oskar Messter übernommen, meist in kurzen Dramen. In ihren häufigen Verkörperungen mütterlich-fürsorglicher Frauenfiguren, die Schicksalsschlägen mit selbstloser Aufopferung begegnen, entwarf sie ein filmisches Ideal weiblicher Tugenden, mit dem sie im Kaiserreich ein breites Publikum für sich einnahm.
Kurz vor Kriegsbeginn stand Porten in zwei Messter-Produktionen vor der Kamera, die den landläufigen Glauben an eine deutsch-französische „Erbfeindschaft“ irritierten, indem sie Momente der Versöhnung aufscheinen ließen: In Der Feind im Land (1913) spielte Porten die patriotische Französin Marianne, die im Deutsch-Französischen Krieg von 1870 bis 1871 auf die Rache an einem preußischen Soldaten verzichtet, der ihren Mann getötet hat. In Bergnacht (1913/1914) übernahm sie die Rolle der Bauerntochter Monika, die im Tiroler Volksaufstand von 1809 einen verwundeten französischen Offizier vor der Lynchjustiz aufgebrachter Bauern rettet. Die Regie führte in beiden Filmen Portens Ehemann Curt Stark, der auch als Schauspieler für Messter tätig war.
Ihre Rollen in Der Feind im Land und Bergnacht brachten Porten seitens der politischen Rechten den Vorwurf ein, antideutsche Propaganda zu betreiben. Nach Kriegsausbruch wurde die Aufführung von Der Feind im Land in Deutschland verboten. Während der Kriegsjahre drehte Porten zahlreiche unverfängliche Unterhaltungsfilme; anders als vor 1914 nahm sie nun auch vermehrt komödiantische Rollen an. Ihre Popularität nahm in dieser Zeit noch einmal erheblich zu, gerade auch im deutschen Militär: Frontsoldaten schrieben ihr körbeweise Briefe, Urlauber brachten ihr Geschenke, und einige Feldkinos firmierten unter dem Namen „Henny-Porten-Kino“. Mancher Schwerstverwundete nannte als letzten Wunsch ein Porten-Autogramm oder vererbte der Schauspielerin sein Eisernes Kreuz. Zu den Opfern des Kriegs zählte indes auch Portens Partner: Curt Stark fiel im Oktober 1916 in Siebenbürgen.
Die Popularität Portens innerhalb des deutschen Militärs greift Hann, Hein und Henny auf zwei Ebenen auf. Einerseits nutzt der Film den Ruhm der Schauspielerin für seine propagandistische Absicht. Zugleich macht er die Begeisterung deutscher Soldaten für Porten selbst zum Thema, indem er eine Begegnung der Schauspielerin mit von ihr eingenommenen U-Bootfahrern zeigt. Der Film gibt daher nicht nur über Formen der Filmpropaganda für die Kriegsfinanzierung Auskunft, sondern auch über die Bedeutung des Filmstars in der Alltagskultur von Soldaten.