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Bilder der Überlegenheit

Die Überhöhung des Eigenen ist die hässliche Schwester der Abwertung des Anderen. Und doch maßen die kriegführenden Staaten der Verbreitung von Filmbildern, die ihr jeweils eigenes Vorgehen in ein günstiges Licht stellen sollten, anfangs nur wenig Gewicht bei. Erst das verlustreiche Scheitern der Versuche von 1916, durch Großoffensiven eine Entscheidung zu erzwingen, veranlasste die Propaganda-Strategen zu einem systematischeren Gebrauch des Mediums Film als Ressource zur Mobilisierung und Meinungslenkung. Den ersten Markstein dieser Entwicklung setzte das britische Kriegsministerium, als es 1916 erstmals Filmaufnahmen von Kampfhandlungen an der Westfront zuließ. Aus den Aufnahmen entstand – unter Beimischung nachgestellter Szenen – in Gestalt von The Battle of the Somme der erste dokumentarische Langfilm der Geschichte, der in seiner bis dahin ungekannten und mithin spektakulären Direktheit ein Millionenpublikum bewegte.

Auch als Reaktion auf diesen propagandistischen Erfolg rief die deutsche Oberste Heeresleitung 1917 mit dem Bild- und Filmamt (Bufa) eine eigene Film-Propagandabehörde ins Leben, während das französische Heer seine Fotografie- und Filmabteilungen zur Section photographique et cinématographique des armées (SPCA) zusammenschloss. Die Filmproduktion solcher Einrichtungen zielte vorrangig darauf ab, das militärische Vorgehen als planerisch kontrolliert, die politische Führung als verantwortungsbewusst, den Kriegseinsatz als moralisch legitim und die Rüstungstechnologie als überlegen darzustellen.

Weniger offenkundige Ziele bestanden mitunter darin, der Verbreitung von Gerüchten entgegenzuwirken oder – beispielsweise durch Bilder von zerstörtem Kriegsgerät des Feindes – Zweifel an der Möglichkeit eines Sieges zu zerstreuen. Filmbilder neuartiger Flugzeuge und moderner Großkampfschiffe – in der Anfangszeit des Kriegs aus Geheimhaltungsgründen kaum gezeigt – sollten als visuelle Attraktionen auch diejenigen in die Kinos locken, die der wiederkehrenden Bilder von marschierenden Soldatenkolonnen überdrüssig waren. Zugleich belebten sie populäre Mythen etwa über die heldenhaften Jagdflieger oder die ruhmreiche Flotte. Eine kohärente Erzählung über die eigene Rolle im Krieg gibt vor allem die offizielle britische Filmproduktion zu erkennen: Indem sie das eigene, „anständige“ Vorgehen mit einer Unehrenhaftigkeit der deutschen Kriegführung kontrastieren, inszenieren britische Filme den Kriegseinsatz Großbritanniens als Verteidigung der Zivilisation gegen die Barbarei – und nicht etwa als den Versuch des Niederringens einer rivalisierenden Großmacht.

 

Eine virtuelle Ausstellung der Deutschen Digitalen Bibliothek

kuratiert vom
Deutschen Filminstitut

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