Beschädigte Körper und fürsorgende Vaterländer
Für die propagandistische Eigendarstellung der kriegführenden Staaten bedeutete die Frage des Umgangs mit den Millionen Toten und Verletzten, die der Weltkrieg hervorbrachte, eine besondere Herausforderung. Einerseits suchten Propaganda-Strategen die Entstehung und Verbreitung von Aufnahmen zu verhindern, die Kriegstote oder Schwerstverwundete zeigen, um abträglichen Effekten für die Kampfmoral vorzubeugen. Andererseits barg ein vollständiger Verzicht auf Bilder von Kriegsleid die Gefahr, dass dieser als gezielte Verheimlichung wahrgenommen würde und dadurch – vor allem im deutschen Fall – Gerüchte über Geheimlazarette, in denen Schwerstverstümmelte versteckt gehalten würden, neue Nahrung fänden.
Eine Lösung dieses Dilemmas wurde vielfach darin gesehen, Filmaufnahmen von Verletzten zwar zu zeigen, dies aber stets nur in Formen, die einen propagandistischen Nutzen versprachen. So zeigten Aufnahmen aus Lazaretten fast nur Leichtverwundete, oft in malerischen Umgebungen und stets in den Händen fachkundiger Ärzte und fürsorglicher Krankenschwestern. Wenn Schwerverletzte gezeigt wurden – etwa Arm- oder Beinamputierte –, dann beim erfolgreichen Ausüben sportlicher Übungen oder volkswirtschaftlich nützlicher Tätigkeiten. Selbst sie, so die Botschaft, ließen sich mit den Mitteln der modernen Orthopädie und plastischen Chirurgie zumindest soweit wiederherstellen, dass sie leistungs- und erwerbsfähige Mitglieder der Gesellschaft bleiben würden.
Während Filme dieser Art während des Kriegs in größerer Zahl entstanden, bekam das Filmpublikum Kriegstote dagegen nur sehr selten zu sehen. Die Allgegenwärtigkeit des Todes an der Front fand sich gewöhnlich nur indirekt auf der Leinwand wieder, etwa in Bildern von Soldatengräbern. Im Kino vollständig abwesend blieben überdies die Millionen Opfer der Infektionskrankheiten, die sich in den Schützengräben rasant verbreiteten.