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Kawanabe Kyôsai und Erwin Baelz

Einblick in die Japansammlung des Stadtmuseums Hornmoldhaus

Stadtmuseum Hornmoldhaus

Kawanabe Kyôsai und Erwin Baelz

„Der größte jetzt lebende japanische Maler“ – So bezeichnete der in Bietigheim geborene Arzt Erwin von Baelz (1849-1913) seinen Zeitgenossen Kawanabe Kyôsai (1831-1889). Baelz hatte den Künstler 1879 bei einer öffentlichen Malvorführung erstmals persönlich getroffen. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits einige Jahre in Japan verbracht hatte, räumte Baelz selber ein, dass er bisher keinen Zugang zur japanischen Malerei gefunden habe.  Dies änderte sich nach dem Zusammentreffen mit Kyôsai. Baelz wurde zu einem begeisterten Sammler seiner Werke sowie zu seinem behandelnden Arzt und begleitete den Künstler in seinen letzten Stunden. Die Wertschätzung des deutschen Arztes für Kyôsai spiegelt sich auch in der umfangreichen Sammlung japanischer Kunstwerke wieder, die er während seines 29-jährigen Aufenthalts in Japan zusammentrug und die sich heute teilweise im Hornmoldhaus befinden. Kyôsai ist in der Baelz‘schen Sammlung der am häufigsten vertretene Maler.

Kyôsai und Baelz erlebten Japan in einer Zeit des Umbruchs. Die Edo-Zeit, in der das Tokugawa-Shôgunat über das Land herrschte, neigte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jh. dem Ende zu und wurde gewaltsam von einer neuen Regierung unter Kaiser Meiji (jp. Meiji-Tennô) abgelöst, die die Umstrukturierung Japans von einem Feudalstaat zu einem Industriestaat radikal vorantrieb. Dazu wurde nicht nur die Ständegesellschaft, an deren Spitze die Samurai standen, abgeschafft, sondern auch erstmals seit 250 Jahren neue Beziehungen zum Ausland geknüpft. Baelz, der von der Meiji-Regierung angeworben wurde, um an der Medizinschule Iggakō in Tokio zu unterrichten, erlangte durch seine Bemühungen, Japanisch zu lernen und die Kultur seines Gastlandes zu verstehen schnell das Vertrauen seiner Studenten und Patienten. Schließlich wurde er sogar Leibarzt des kränklichen Kronprinzen Yoshihito, dem späteren Taishô-Tennô. Sein Wirken legte den Grundstein für die enge Verbundenheit zwischen seinem Geburtsort Bietigheim und Japan. Ergänzend zu der Sonderausstellung „Kawanabe Kyôsai (1831-1889) - Japanischer Künstler zwischen den Zeiten", in der Bilder des privaten Sammlers Günter Beck ausgestellt werden, präsentiert das Hornmoldhaus in dieser digitalen Ausstellung die Werke Kyôsais aus der Baelz‘schen Sammlung, die nicht nur einen Einblick in das einmalige Œuvre des japanischen Malers gewähren, sondern auch Baelz‘ Vorliebe für Kyôsais Kunst beleuchten.



Traditionelle Motive

Kyôsai wurde am 18. Mai 1831  als Kawanabe Shûzaburô geboren und wuchs in Edo, dem heutigen Tokio auf. Bereits im Alter von sieben Jahren begann er eine Ausbildung bei dem Holzschnittmeister Utagawa Kuniyoshi, die er bald an der Kanô-Schule, deren Künstler sich auf die traditionelle chinesische Malerei beriefen und direkt vom Shôgunat protegiert wurden, fortsetzte. Beide Stile prägten sein späteres Werk maßgeblich. Während seiner Ausbildungszeit eignete er sich durch das Kopieren von Vorlagenbüchern (jp. Funpon) ein umfangreiches Repertoire an klassischen Motiven der japanischen Kunst an, auf die er später zurückgreifen konnte. Dazu zählen auch seine berühmten Bilder von Raben und Krähen.





Urashima Tarô

Kawanabe Kyôsai, 1881

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Kawanabe Kyôsai - 1881 - Farbe auf Seide - 104,6 x 35,5 cm

Urashima Tarô

Die Geschichte um den Fischer Urashima Tarô ist eines der bekanntesten japanischen Volksmärchen. Als Urashima Tarô eines Tages eine Schildkröte rettet, wird er als Belohnung zu einem Palast unter der Meeresoberfläche gebracht. Dort trifft der Fischer auf Prinzessin Otohime, die Tochter des Meeresdrachenkaisers. Nachdem Urashima Tarô drei Tage mit der Prinzessin im Palast verbracht hat, möchte er jedoch zurück in sein Dorf, um nach seiner Mutter zu sehen. Otohime gibt ihm ein Kästchen mit, dass er unter keinen Umständen öffnen soll und eine riesige Schildkröte bringt ihn zurück an Land. Dort angekommen erfährt Urashima Tarô, dass während seiner Abwesenheit 300 Jahre vergangen sind. In seiner Trauer öffnet er das Kästchen, aus dem ein weißer Rauch entweicht, der ihn schlagartig altern lässt. Trotz dieses unglücklichen Endes entwickelte sich der auf einer Schildkröte reitende Urashima Tarô in der japanischen Kunst zu einem beliebten Symbol für ein langes Leben, das häufig als Motiv für Glückwunschbilder zu Geburtstagen oder Jubiläen Verwendung fand. In diesem Kontext ist mit Sicherheit auch Kyôsais Rollbild zu verstehen. Er stellt Urashima Tarô bei dessen Rückkehr aus dem Meerespalast dar. Der Held ist, wie für einen japanischen Fischer üblich, in eine Bambusweste gekleidet und hat eine Angel über die Schulter gelegt. Er scheint zurück zu dem Meerespalast zu blicken, der im Hintergrund vor einer Berglandschaft zu erkennen ist. Für die Architektur des Palastes orientierte Kyôsai sich an chinesischen Bauwerken, die in der japanischen Kunst oft als Vorbild für mythische Orten dienen.





Knabe auf einem Ochsen

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe auf Seide - 115 x 35 cm


Knabe auf einem Ochsen

Dieses Rollbild zeigt einen Hütejungen, der bäuchlings und rückwärts gewandt auf dem Rücken eines Ochsen durch eine vom Mond beschienene Berglandschaft reitet. Das Motiv stammt aus der chinesischen Kunst der Song-Zeit (960-1279), wo es, analog zur Bukolik der europäischen Kunst, als Inbegriff eines idyllischen und unkorrumpierten Lebens galt und zum allegorischen Sinnbild einer stabilen, friedlichen und prosperierenden Herrschaft wurde. Kyôsai, der selbst in einer politischen und gesellschaftlichen Umbruchszeit lebte, war das Motiv vermutlich durch seine Ausbildung an der Kanô-Schule bekannt und verarbeitete es in einem weiteren Werk, das sich jedoch in Privatbesitz befindet.



Krähe auf einer Weide

Kawanabe Kyôsai, nach 1881

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Kawanabe Kyôsai - nach 1881 - Tusche auf Papier - 137,2 x 62,5 cm

Krähe auf einer Weide

Krähenbilder sind Teil des klassischen Repertoires der japanischen Kunst und galten als ausgesprochen beliebtes Motiv. Auch Kyôsai widmete sich diesem Thema in zahlreichen Werken. Bei der „Zweiten nationalen Industrieausstellung“ der japanischen Regierung gewann Kyôsai 1881 für eines seiner Krähenbilder den höchsten Preis. Es ist die einzige Anerkennung, die Kyôsai, der wegen seiner politisch-satirischen Kunst öfters mit dem Gesetz in Konflikt geriet und sogar verhaftet worden war, von öffentlicher Seite zuteil wurde. Durch die Ehrung stieg die Nachfrage westlicher Japanreisender und Kunstliebhaber an Kyôsais Krähenbildern so rasant an, dass er schließlich sogar mit „Bankoku tobu" (dt. In alle Länder fliegen) ein neues Siegel für sich wählte. Auch Erwin von Baelz besaß mehrere Krähenbilder Kyôsais, von denen sich eines heute im Besitz des Stadtmuseums Hornmoldhaus befindet. Die aufgeplusterte Krähe sitzt in dieser Darstellung nach rechtsgewandt zwischen zwei Armen eines fast kahlen, knorrigen Astes, der sich der Länge nach über die Hängerolle windet. Im Hintergrund ist zwischen Nebelschwaden der winterliche Vollmond zu erkennen. Das Bietigheimer Bild besitzt damit eine der komplextesten Kompositionen von Kyôsais Krähen.





Neun Stadien einer Leiche

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe auf Seide - 92,4 x 32 cm


Neun Stadien einer Leiche

Die Vergänglichkeit alles irdischen Seins ist eine der Grundlehren des buddhistischen Glaubens und wurde seit der Kamakura-Zeit (1185-1333) in der bildenden Kunst anhand des Verfallprozesses einer menschlichen Leiche verdeutlicht. Klassischerweise wird dabei in neun Bildern die Verwesung eines Leichnams dargestellt, bis im letzten Bild nur noch ein Skelett übrigbleibt. Auf dieser Hängerolle hat Kyōsai den Verfall des menschlichen Körpers jedoch auf zwei Stadien reduziert, die von unten nach oben zu lesen sind. Der Leichnam, dessen Geschlecht nicht mehr eindeutig erkennbar ist, liegt am Ufer eines kleinen Wasserlaufes. Im ersten Stadium, das dem klassischen vierten der neun Verfallsstadien entspricht, ist der Körper von Gasen aufgebläht und verfärbt. Darüber ist das eigentlich vorletzte Stadium des Zyklus zu sehen. Krähen und Raben picken das Fleisch von den Knochen, während weitere Vögel über dem Leichnam kreisen. Die grünen tatami (Reisstrohmatten) im unteren Viertel des Bildes könnten symbolisch für die Welt der Lebenden stehen oder als Anspielung auf das erste der neun Verfallstadien dienen, in dem der Körper traditionell auf einer Reisstrohmatte liegt. Kyôsai, der selber gläubiger Buddhist war, verarbeitete die vollständigen "Neun Verfallsstadien einer Leiche" auch in einer Querrolle, wie ein Fragment aus dem Kawanabe-Museum bezeugt. Für den Arzt Erwin von Baelz war sicherlich nicht nur der buddhistische Hintergrund des Bildes interessant, sondern vor allem die Anatomie des Körpers und der dargestellte biologische Prozess, sodass er es für seine Sammlung erwarb.

Kurioses im Alltag

Nach dem Ende seiner Ausbildung 1849 verließ Kyôsai die Kanô-Schule und etablierte sich in den 1850er und 1860er Jahren als selbstständiger Maler, Illustrator und Grafiker. Wahrscheinlich nahm er in diesen Jahren auch den Künstlernamen Kyôsai an und verlegte sich auf die Produktion von Karikaturen (jp. Giga) und humoristischen Bildern (jp. Kyoga). Kyôsai erwies sich dabei als äußerst geschickter Beobachter der menschlichen Natur und des Besonderen im Alltäglichen. Die spannungsgeladene Zeit zwischen der erzwungenen Öffnung Japans, dem Machtverlust des Tokugawa-Shôgunats und der Meiji-Restauration prägte ebenfalls seine Kunst. Mit manchen Werken karikierte er sowohl das Shôgunat als auch die neue Regierung unter Kaiser Meiji. 1870 wurde Kyôsai sogar bei einem Treffen von Malern und Künstlern festgenommen und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Seine Bekanntheit nahm dadurch eher noch zu und festigte sein Image als unkonventioneller und rebellischer Exzentriker, das er ebenfalls durch die Wahl seiner Künstlernamen, wie „shuchu gaki“ (dt. Betrunkener Malteufel) kultivierte. 





Häuslicher Streit

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe und Tusche auf Papier - 54,5 x 98 cm


Häuslicher Streit

Kyôsai siedelte seinen „Häuslichen Streit“ nicht hinter verschlossen Türen, sondern in aller Öffentlichkeit an, denn Schauplatz des Geschehens ist offenbar ein Gasthaus. Zwei Frauen stürzen sich auf ihre Männer, zerren an ihnen und werfen sie zu Boden. Die Männer, die gerade noch mit Essen und Trinken beschäftigt waren, wie die umgeschmissenen Schalen auf dem Boden andeuten, haben erschrocken ihre Münder aufgerissen. Die dunklen Kimono der Frauen und Männer, die sie als Angehörige des einfachen Volkes ausweisen, sind in dem wilden Treiben bereits teilweise verrutscht. Ein männlicher Unterhalter und eine Bedienstete ergreifen voller Panik in entgegengesetzte Richtungen die Flucht. Der Grund für diesen Gewaltausbruch ist unklar. Möglicherweise waren die Frauen wenig begeistert davon, dass ihre Männer das hart verdiente Geld im Gasthaus verprassten, während sie zu Hause bleiben mussten. Sicher ist aber, dass der einzige Profiteur dieser Auseinandersetzung ein kleiner Hund ist, der in dem Chaos einen Fisch ergattern konnte, den er nun aus dem rechten Bildrand trägt. Kyôsai parodiert hier das japanische Sprichwort „Wenn Eheleute streiten, hat selbst der Hund nichts zu fressen“.



Bordellbesuch der Blinden
(Leporelloalbum)

Kawanabe Kyôsai, 1860

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Tusche und Farbe auf Papier - Je 26,8 x 38 cm

Bordellbesuch der Blinden (Leporelloalbum)

Das Blatt ist das zweite einer 12-teiligen Bilderserie, die auf humoristische Art den chaotischen Bordellbesuch einer Gruppe Blinder schildert. Zu sehen ist der Anführer der Blinden, der es sich von mehreren Damen unterhalten lässt. Eine Frau im blauen Kimono bringt auf einem Tablet Schalen mit herbei, während eine andere, in einen grünen Kimono gekleidete Frau sich an den Mann schmiegt. In ihrer rechten Hand hält sie eine Pfeife. Hinter dem Paar sind zwei Shamisen-Spielerinnen in Gelb und Rosa zu sehen, die für die musikalische Unterhaltung sorgen. Ein Stellschirm trennt das Geschehen von einem jüngeren Blinden, der sich auf dem Boden an die Akteure heranschleicht. Bilder mit erotischen Themen werden Shunga genannt und waren seit dem 17. Jh. ein fester Bestandteil der Volkskultur. Das Format des Leporelloalbums, spricht dafür, dass es ich um eine Auftragsarbeit handelt, die für den privaten Gebrauch bestimmt war.





Europäer und Chinesen tanzen zum Shamisen-Spiel einer Japanerin

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Leichte Tusche und Tinte auf Papier - 34,2 x 57,5 cm


Europäer und Chinesen tanzen zum Shamisen-Spiel einer Japanerin

Zwei Männer, anhand ihrer Kleidung als Chinese und „Westler“, also Europäer oder Amerikaner, gekennzeichnet, strecken ihre Arme und Beine in ausholenden Bewegungen von sich. Rechts von ihnen ist eine in traditioneller Haltung und Kleidung dargestellte Shamisen-Spielerin zu sehen, die grotesken Posen der beiden anderen Figuren als Tanz kennzeichnet. Kyôsai beweist hier einmal mehr seinen Sinn für Humor, denn hier tanzen die Europäer nach der Musik der Japaner und nicht andersherum, obwohl das Ziel der Meiji-Restauration schließlich war, Japan in ein modernes Land nach westlichem Vorbild umzustrukturieren. Auch Erwin von Baelz blieb diese Ironie nicht verborgen, denn er bezeichnete das Bild in seinem Tagebuch als „derbe Karikatur, wie sie dieser Künstler liebte“.



Polizist unter den Beinen von Skeletten hindurchkriechend

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Tusche auf Papier - 51,4 x 36,7 cm

Polizist unter den Beinen von Skeletten hindurchkriechend

Zu sehen ist ein Mann, der durch seine schwarze Uniform, die weiße Kopfbedeckung und den Schlagstock in seiner rechten Hand als Polizist der Meiji-Regierung gekennzeichnet ist und unter den gespreizten Beinen zweier hintereinanderstehender Skelette hindurchkriecht. Das vordere Skelett scheint einen triumphalen Laut aus seinem geöffneten Kiefer auszustoßen. Kyôsai parodiert hier eine Erzählung aus dem Leben des berühmten chinesischen Generals Han Xin, der Ende des 3. Jh. v.Chr. lebte. Als Junge sei dieser von einer Bande Raufbolde bedroht worden und wissend, dass er nicht gewinnen konnte, beugte er sich der Übermacht, indem er demütig zwischen den gespreizten Beinen seiner Gegner hindurchkroch. Das Bild entstand vermutlich kurz nachdem Kyôsai auf einem Künstlertreffen von Polizeikräften der Meiji-Regierung verhaftet wurde und ist seine Art der Revanche gegen die staatliche Autorität.





Bildnis eines Freundes (Für Ginsei)

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Tusche auf Papier - 130 x 62,2 cm


Bildnis eines Freundes (Für Ginsei)

Kyôsais‘ „Bildnis eines Freundes“ zeigt einen auf dem Boden sitzenden Mann mit Brille. Sein rechtes Bein ist unterschlagen, während sein linkes angewinkelt aufgestellt ist. Sein Gewand, ein Yukata, ist verrutscht und gibt den Blick auf seinen Schritt frei. In der Rechten hält er ein kleines Schnitzmesser mit dem er einen quadratischen Gegenstand in seiner linken Hand bearbeitet, auf den er konzentriert, aber auch mit einem zufriedenen Lächeln, blickt. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Sakeschale, denn vor ihm auf dem Boden stehen zwar ein Teller und eine Sakeflasche, aber kein Trinkgefäß. Die genaue Identität des als „Ginsei“ benannten Freundes ist nicht bekannt, aber die Szene strahlt eine vertraute und harmonische Atmosphäre aus, sodass es sich mit Sicherheit um einen engen Freund des Künstlers handelt. Möglicherweise entstand das Bild bei einem feuchtfröhlichen Abend. Zumindest die Sakeflasche und Kyôsais‘ verschmierte Signatur sprechen dafür.



Vorbereitung zu einer Festprozession

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe auf Seide - 115,6 x 37 cm

Vorbereitung zu einer Festprozession

Neben traditionellen Motiven und skurrilen Karikaturen widmete Kyôsai sich auch Themen aus der Lebenswelt der Japaner. So wie in dieser Hängerolle, die die Vorbereitungen für eine Shintô-Prozession bei einem ländlichen Schreinfest zum Thema hat. Neben einem eingezäunten Baum ist ein Schreindiener in weißer und blauer Kleidung zu sehen. Seinen schwarzen Hut hat er abgesetzt und auf Zehenspitzen stehend bindet er einem älteren Mann, der vor ihm auf hohen Sandalen steht, eine rote Tengu-Maske mit langer Nase um. Der Alte hat einen mit Blumen geschmückten Stab bei sich. Im Vordergrund ist ein weiterer Schreindiener zu sehen, der seine Sandalen festschnürt. An einer solchen Festprozession nehmen für gewöhnlich sehr viele Menschen teil, zumal die shintoistischen Schreinfeste seit der Edo-Zeit eher Volksfesten als religiösen Feiern gleichen. Kyôsai hat sich hier jedoch auf drei Figuren beschränkt und verortet das Geschehen durch den eingezäunten Baum in einen Tempel- oder Schreinbezirk. Diese sind häufig von immergrünen Bäumen, wie Sakaki (dt. Speerstrauch) umgeben, die im Shintoismus als heilig gelten.





Die seltsame Geschichte der mit dem Strom Treibenden

Kawanabe Kyôsai, 1879

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Kawanabe Kyôsai - 1879 - Farbe auf Seide - 61,6 x 90,2 cm


Die seltsame Geschichte der mit dem Strom Treibenden

„Die seltsame Geschichte der mit dem Strom Treibenden“ diente als Vorlage für dieses Bild. Das Kabuki-Stück handelt von einem japanischen Fischer und seinem Sohn, die vor der Küste ihres Heimatlandes Schiffbruch erleiden und getrennt werden. Nach zahlreichen Abenteuern in verschiedenen Ländern finden sie wieder zusammen.

Kyôsai, der selber begeisterter Schauspieler war, stellt hier die 2. Szene aus dem 2. Akt dar: Fischersohn Shimizu no Mihozô wird gemeinsam mit Kiyomi Wakaba, der Schwägerin des japanischen Konsuls in San Francisco, auf dem Weg nach New York in der Steppe von einem indigenen Amerikaner überfallen. Diesen gestaltete Kyôsai nach der Figur eines Weltenwächters, genannt Ni-ô, die aus der traditionellen japanischen Kunst stammen. Der für indigene Amerikaner ungewöhnliche, buschige Vollbart und die Keule sind ebenfalls der Vorlage geschuldet. Allein an dem mit Federn geschmückten Kopf ist der Dargestellte als Indigener gekennzeichnet.

Die westlichen Elemente in Handlung und Umsetzung waren für das japanische Publikum allerdings derart ungewohnt, dass das Stück nur einmal aufgeführt wurde.

Götter und Heilige

Obwohl Kyôsai in der Öffentlichkeit sein Image als Trinker mit derben Humor pflegte, war er privat strenggläubiger Buddhist und fertigte jeden Tag ein buddhistsiches Andachtsbild an. Figuren der buddhistischen und der chinesischen Mythologie waren ihm Dank seiner klassischen Kanô-Ausbildung gut vertraut. Besonders gerne stellte er jedoch auch  volkstümliche Glücksgottheiten wie Okame, Hotei, Ebisu und Daikoku dar.

Erwin von Baelz war mit der Japanerin und gläubigen Buddhistin Hana verheiratet, deren religiöses Leben er aktiv unterstützen und bereichern wollte. Es ist daher gut möglich, dass Baelz die Bilder von Göttern und Heiligen für Hana erwarb.





Zwei Schüler des Buddha (Rakan)

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe auf Papier - 138,1 x 41,1 cm

Zwei Schüler des Buddha (Rakan)

In diesem Bild stellt Kyôsai die Erleuchteten Kanaka Bharadvaja (jap. Kadakka Batsuridaja) und Panthaka (jap. Handaka) einander gegenüber. Beide gehören zu den sechzehn Arhat (jap. Rakan), den wichtigsten Schülern Gautama Buddhas, der als Begründer des Buddhismus gilt. In der unteren Bildhälfte ist der stehende Kanaka zu sehen. Mit seinem losen Gewand, dem Armreif und den Ohrringen entspricht er ganz der japanischen Ikonografie eines indischen Mönchs. Sein bärtiges Haupt ist von einem Heiligenschein umgeben und in seiner Linken hält er eine Almosenschale. Vor ihm kniet eine kleine Gestalt, die aufgrund ihrer Kleidung und der zerzausten Haare als Dämon identifiziert werden kann. Er hat die Hände flehend erhoben, doch Kanaka beachtet ihn gar nicht. Stattdessen hat er seinen Blick wie auch seine rechte Hand auf Panthaka gerichtet, der auf einem Felsen sitzt und so die obere Bildhälfte einnimmt. Panthaka ist in ein weißes Gewand gekleidet, das auch sein von einem Heiligenschein umgebenes Haupt bedeckt. Er ist halb vom Betrachter abgewandt, aber in seinen Händen sind die schwarzen Perlen einer Gebetskette zu erkennen. Seine Aufmerksamkeit gilt einem Drachen, der vor ihm in der Luft schwebt. Die in sich ruhende Gestalt Panthakas bildet so einen Kontrast zu der irdischen Wildheit Kanakas.





Der chinesische Unsterbliche Huang Chuping verwandelt Steine in Ziegen

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe und Tusche auf Papier - 68,3 x 30 cm


Der chinesische Unsterbliche Huang Chuping verwandelt Steine in Ziegen

Im Zentrum dieses Bildes steht ein Mann in geflickter Kleidung mit einem ungepflegten Bart und langen, hochgebundenen Haaren. Sein linkes Bein ist angewinkelt und an seinem entblößten Oberkörper treten Falten und Sehnen deutlich hervor. Verkniffen blickt er auf den Boden vor sich, wo er auch mit einem Stock hindeutet, den er in seiner rechten Hand hält. Dort liegen kleine Steine, die sich anscheinend durch die Berührung des Stocks in Ziegen verwandeln. Diese Metamorphose ist ein eindeutiger Hinweis auf die Identität des Mannes. Es handelt sich um den Ziegenhirten Huang Chuping, einen legendären chinesischen Unsterblichen. Dieser wurde, nachdem er mit seiner Herde in die Berge ausgezogen war, angeblich von seinem Bruder dabei entdeckt, wie er umgeben von Steinen auf einem Hang schlief. Zornig weckte er Huang Chuping, da er annahm die Tiere seien, während sein Bruder schlief, davongelaufen. Huang Chuping verwandelte daraufhin die Steine mit Hilfe eines Stockes zurück in Ziegen. Auffällig an Kyôsais Bearbeitung des Themas ist, dass Huang Chuping im Vergleich zu den sich verwandelnden Ziegen überdimensional groß ist. Die unstimmigen Proportionen zwischen den einzelnen Figuren lassen vermuten, dass für die einzelnen Bildelemente verschiedene Vorlagen genutzt wurden.



Der Glücksgott Hotei durchwatet einen Fluss

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Leichte Farbe und Tusche auf Papier - 137,3 x 62,4 cm

Der Glücksgott Hotei durchwatet einen Fluss

Ein mit einer schwarzen Mönchskutte bekleideter Mann und ein Junge in einer roten Jacke, die beide dem Betrachter ihre Kehrseite zugewandt haben, waten Seite an Seite durch einen Fluss. Die Säume ihrer Kleider sind dabei bis über die Knie hochgekrempelt. Der Mann trägt auf seinem Rücken einen riesigen weißen Sack, der ihn, wie auch seine Bekleidung als einen der Sieben Glücksgötter, nämlich Hotei, ausweist. In seinem irdischen Leben soll Hotei ein wandernder Zen-Mönch des 10. Jh. gewesen sein, der aufgrund seines naiven Gemüts die Erleuchtung erlangte. Bald nach seinem Tod rankten sich Legenden um ihn, in denen es unter anderem heißt, dass er in einem großen Sack alle möglichen Besitzer und Schätze hortete. Darstellungen von Hotei sind fester Bestandteil des Repertoires der Kanô-Schule, die auch Kyôsai während seiner Ausbildung erlernte.



Künstlerbilder

In der Baelz'schen Sammlung befinden sich auch drei Künstlerbilder Kyôsais. Diese ehren nicht nur seine Vorgänger, sondern sind auch jeweils mit einer ganz persönlichen Note des Malers versehen.





Der Bildhauer Hidari Jingorô meißelt einen Kopf des Höllenkönigs Enma

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe und Tusche auf Seide - 115 x 35,3 cm


Der Bildhauer Hidari Jingorô meißelt einen Kopf des Höllenkönigs Enma

Dieses Künstlerbild zeigt den Bildhauer Hidari Jingorô, der einen monumentalen Kopf des Unterweltsherrschers Enma anfertigt. Der greise Künstler selbst hat auf dem riesigen Haupt, das er mit Hilfe einer Leiter erklommen hat, Platz genommen und bearbeitet dieses mit Hammer und Meißel. Im Vordergrund schnitzt ein Lehrling einen Holzklotz zurecht, während im Hintergrund die Umrisse einer weiteren Monumentalskulptur zu sehen sind. Ob es sich bei dem Künstler um eine historische oder legendäre Gestalt handelt, ist nicht sicher geklärt. Hidari Jingorô werden jedenfalls mehrere kleinere Zierschnitzereien aus Holz zugeschrieben. Darunter befindet sich auch die berühmte schlafende Katze des Nikkô Tôshô-gû, einem Schrein für Ieyasu, dem Begründer des Tokugawa-Shôgunats. Rundplastische Arbeiten des Bildhauers, wie der hier gezeigte Kopf, sind allerdings eher in Legenden fassbar. So heißt es, dass Jingorô einst eine Frauenskulptur schuf, die so schön war, dass er sich in sie verliebte und sie zum Leben erwachte. Die Brille, mit der Kyôsai den Künstler darstellt, ist jedoch ein Anachronismus, zu dem Kyôsai vermutlich durch seine eigene altersbedingte Sehschwäche inspiriert wurde.



Der Wettstreit zwischen dem Baumeister Hida no Takumi und dem Maler Kudara no Kawanari

Kawanabe Kyôsai , nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Leichte Farbe und Tusche auf Seide - 94,5 x 32,6 cm

Der Wettstreit zwischen dem Baumeister Hida no Takumi und dem Maler Kudara no Kawanari

Die Erzählung um den Wettstreit zwischen dem Maler Kudara no Kawanari (782-853), der als einer der Stammväter der japanischen Malerei gilt, und dem Baumeister Hida no Takumi stammt aus der im frühen 12. Jh. entstandenen Geschichtensammlung Konjaku monogatari. Demnach habe Hida no Takumi  Kawanari gebeten, ein neues Gebäude auf seinem Anwesen mit Wandmalereien auszuschmücken. Das Bauwerk war jedoch absichtlich so konstruiert, dass sich jede Tür, sobald jemand davor trat, schloss und stattdessen eine andere Tür geöffnet wurde. Kawanari konnte daher nicht in das Gebäude gelangen, um den Auftrag auszuführen. Er rächte sich an dem Baumeister, indem er ein Gemälde eines Leichnams anfertigte, der so echt aussah, dass Hida no Takumi bei seinem Anblick meinte, den Verwesungsgeruch riechen zu können und in Panik verfiel.

Kyôsai stellt diesen Triumph der Malerei über die Baukunst in zwei Episoden dar. Im oberen Drittel seines Bildes ist Hida no Takumi in Begleitung eines Schülers zu sehen. Mit einem Stab weist er auf das in der Erzählung beschriebene Bauwerk, auf dessen offenem Umgang die kleine Figur von Kawanari zu erkennen ist. Die zwei unteren Drittel zeigen die Rache Kawanaris. Der Maler lugt in einen Fächer kichernd hinter seinem Gemälde hervor, vor dem Hida no Takumi erschrocken zurückweicht. Welcher Anblick ihn so in Schrecken versetzt, überlässt Kyôsai dabei der Fantasie des Betrachters, indem er nur einen Ausschnitt des Gemäldes zeigt.





Kose no Kanaoka malt ein Pferd

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Farbe auf Seide - 112,6 x 33,6 cm


Kose no Kanaoka malt ein Pferd

Dieses Künstlerbild Kyôsais ehrt den Maler Kose no Kanaoka, der in der zweiten Hälfte des 9. Jh. tätig war und gemeinsam mit Kudara no Kawanari als Begründer der japanischen Malerei gilt. Kyôsai stellt Kanaoka als älteren Mann in Hinteransicht dar. Er sitzt vor einem Werk, das er gerade fertiggestellt zu haben scheint und betrachtet dieses, den Pinsel immer noch in seiner rechten Hand haltend. Neben ihm rührt ein jüngerer Mann, vermutlich sein Lehrling, Farbe in einem kleinen Gefäß an. Das Bild des Meisters zeigt ein mit schwarzen Tuschestrichen gemaltes Pferd in schnellem Galopp. Dieses Motiv ist ein Verweis auf die Identität des Malers, denn Kose no Kanaoka war besonders für seine Pferdebilder bekannt, von denen es in verschiedenen Anekdoten heißt, sie seien lebendig geworden. So konnte ein von Kanaoka gemaltes Pferd angeblich nur daran gehindert werden, aus dem Bild zu traben, indem er noch einen Pflock zum Anbinden dazu malte. Das Werk, welches Kyôsai Kanaoka auf dieser Hängerolle hat malen lassen, scheint aufgrund seines Formats als Votivbild für einen Shintô-Schrein oder Tempel gedacht zu sein. Solche auf Holz gemalten Votivbilder zeigten oftmals weiße Pferde als Motiv, wie auch ihre japanische Bezeichnung ema (dt. Pferdebilder) eindrücklich zeigt.

Der Tod und das Mädchen

Ein Thema, das Kyôsai mehrfach verarbeitete, ist das einer schönen, jungen Frau, die auf verschiedene Arten von dem Tod umworben wird. Im Zentrum steht dabei auch wieder die unvermeidbare Vergänglichkeit der irdischen Schönheit. Das Motiv wird Kyôsai bereits während seiner Ausbildung bei Kuniyoshi in Gestalt der Höllenkurtisane Jigoku Daiyu begegnet sein, deren Geschichte sehr oft in japanischen Holzschnitten verarbeitet wurde. 





Ikkyû und die Höllenkurtisane Jigoku Dayu

Kawanabe Kyôsai, nach 1881

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Kawanabe Kyôsai - nach 1881 - Farbe und Tusche auf Papier - 131,5 x 60,4 cm

Ikkyû und die Höllenkurtisane Jigoku Dayu

Der Zen-Mönch Ikkyû und die Kurtisane Jigoku Dayu sind eines der beliebtesten Paare auf japanischen Holzschnitten. Kyôsai selbst malte einige Bilder, die die Kurtisane zum Thema hatten. Während Ikkyû jedoch tatsächlich eine historische Person war und von 1394 bis 1481 lebte, ist Jigoku Dayu, deren Name übersetzt „Höllenkurtisane“ bedeutet, eine legendäre Figur. Der Sage nach verhalf Ikkyû der jungen Frau zur Erleuchtung, indem er ihr die Vergänglichkeit des Lebens bewusst machte. Auch dieser Stellschirm mit zwei Paneelen ist bestimmt von den Themen Tod und Vergänglichkeit. So trägt Jigoku Dayu ein Obergewand mit einer Darstellung des Höllenkönigs Enma auf ihrem Ärmel, als Verweis auf die Bedeutung ihres Namens. Der Schirm, mit dem ein Diener sie vor der Sonne schützt, ziert in blasser Tusche eine einstöckige Grabmal-Pagode. Ikkyû hingegen trägt einen auf einem Bambusstab befestigten Totenschädel vor sich her. Dieses Motiv stammt eigentlich nicht aus der Legende um die Begegnung des Mönchs mit der Kurtisane, sondern einer anderen Erzählung aus seinem Leben. Vermutlich wurde es von Kyôsai aus kompositorischen Gründen gewählt. Die beiden Figurengruppen auf den Paneelen bewegen sich so in gespiegelter Form aufeinander zu.





Schöne von Skeletten umringt

Kawanabe Kyôsai, nach 1871

Aus der Sammlung von

Stadtmuseum Hornmoldhaus

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Quelle

Stadtmuseum Hornmoldhaus

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 - Tusche und leichte Farbe auf Papier - 99,3 x 30,4 cm


Schöne von Skeletten umringt

Im Zentrum dieses Rollbildes steht eine Geisha, die von vier Skeletten umringt wird. Kyôsai hebt sie durch die dezenten roten und blauen Farbakzente ihres Kimonos vom ansonsten in Grautönen gehaltenen Rest des Bildes ab und lenkt den Blick des Betrachters so auf ihre Gestalt. Erschrocken hat sie die Hände, die in den Ärmeln ihres Gewandes versteckt sind, vor ihr Gesicht geschlagen. Der Grund für ihr Entsetzen sind die sie umzingelnden Skelette, die scheinbar grölend an ihrem Kimono zerren. Zwei der Skelette sind kriechend auf dem Boden dargestellt, während ein drittes einen modischen, schwarzen Zylinder trägt und ihren Ärmel packt. Das vierte Skelett scheint die junge Frau zu verhöhnen, indem es einen aus Knochen bestehenden Fächer hochhält. Im Hintergrund ist vor einer nebelverhangenen Landschaft mit Bäumen eine Prozession aus Skeletten zu sehen, die an einem Grabstein in Pagodenform vorbeizieht, geführt von einem Skelett, das eine Laterne mit der Aufschrift „sakimawari“ (dt. „Der Tod wartet auf dich“) emporhält. Ihm folgen zwei Skelette, die Standarten tragen, und eine ebenfalls von Gerippen transportierte Sänfte. Der Zug erinnert an die feierliche Reisegesellschaft eines Daimyô. Passenderweise tragen die Skelette das traditionelle Schwertpaar, genannt Daishô, bei sich, das sie als Angehörige der Kriegerkaste auszeichnet. Die Prozession aus Samurai-Skeletten steht sinnbildlich für den Niedergang der feudalen Strukturen und damit auch der Daimyô- und Samuraikultur nach dem Ende des Tokugawa-Shôgunats in der Meiji-Restauration. Kyôsai kommentiert in diesem Werk jedoch nicht nur geschickt die zeitgenössischen gesellschaftlichen Veränderungen, sondern erweist sich auch als fähiger Kenner der Anatomie des menschlichen Skeletts. Ein Aspekt, der vielleicht auch den Arzt Erwin von Baelz besonders angesprochen hat.



Schöne zwischen zwei Skeletten

Kawanabe Kyôsai, nach 1871?

Aus der Sammlung von

Stadtmuseum Hornmoldhaus

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Quelle

Stadtmuseum Hornmoldhaus

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Kawanabe Kyôsai - nach 1871 ? - Farbe und Tusche auf Papier - 86,7 x 162,2 cm

Schöne zwischen zwei Skeletten

Eine Geisha ist zwischen zwei Skeletten, die sie bedrängen, regelrecht gefangen. In gekrümmter Körperhaltung versucht sie vergeblich, den Gerippen zu entkommen. Ein Skelett beugt sich von hinten über sie und zieht mit seiner linken Hand an dem Ärmel der Geisha, während es in seiner rechten eine westliche Laterne hält. Das zweite Skelett hockt vor ihr auf dem Boden und verhindert die Flucht der jungen Frau. Das Werk ähnelt Kyôsais „Schöner von Skeletten umringt“. Neben demselben Motiv ist auffällig, dass in beiden Werken die Geisha durch ihren farbigen, rot-blauen Kimono hervorgehoben wird. Außerdem sind die Skelette in beiden Bildern mit westlichen Attributen, nämlich einem Zylinder und einer westlichen Laterne ausgestattet. Tatsächlich könnte es sich bei der „Schönen zwischen zwei Skeletten“ um eine Studie für die „Schöne von Skeletten umringt“ handeln. Dafür spricht auch die Ausführung der Skelette, die mit ungenauen und groben Pinselstrichen gezeichnet wurden, obwohl Kyôsai ja gerade in der Darstellung der menschlichen Anatomie ein echter Meister war.



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Team

Leitung und Konzeption: Dr. Catharina Raible

Texte: Carina Rosenlehner und Alexander Hofmann

Fotografien: Tilman Lothspeich

Erstellt mit :
DDB Studio
Ein Service von:
DDB Studio

Diese Ausstellung wurde am 23.05.2022 veröffentlicht.



Impressum

Die virtuelle Ausstellung Kawanabe Kyôsai und Erwin Baelz wird veröffentlicht von:

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74321 Bietigheim-Bissingen


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Inhaltlich verantwortlich:

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Kurator*innen:

Dr. Catharina Raible (Museumsleitung)

 

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