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Aufstieg des Bürgertums

 

Um die Wende zum 19. Jahrhundert begann sich auch in Karlsruhe ein selbstbewusstes Bürgertum zu formieren, das zunehmend gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Einfluss gewann. Es handelte sich dabei um zu Wohlstand gelangte Unternehmer, Händler, Bankiers und landesherrliche Beamte, die durch ihr kulturelles und soziales Engagement die Entstehung einer vom Hof losgelösten eigenständigen bürgerlichen Kultur beförderten. Eine zentrale Rolle spielte in diesem Zusammenhang das entstehende Vereinswesen.

So sollte sich der 1784 als Lesegesellschaft entstandene Museumsverein mit der Zeit zu einem Ort bürgerlicher Repräsentation und einem Zentrum gesellschaftlichen Lebens in der Stadt entwickeln. Seit 1814 besaß der Verein für die von ihm veranstalteten Feste, Bälle, Ausstellungen und Konzerte ein eigenes Gesellschaftshaus. Die im Museumsverein versammelte bürgerliche Oberschicht tat sich auch durch ihre Aktivitäten im Sozialbereich hervor, und unterstützte beispielsweise Fürsorgeeinrichtungen durch wohltätige Stiftungen. Hier wurde auch der Kaufmann Christian Griesbach (1772–1838) aktiv, der von 1809 bis 1816 als Bürgermeister an der Spitze der städtischen Verwaltung stand. Eine von ihm gegründete wohltätige Stiftung bot die Basis für den Bau und den Betrieb des 1833 am Mühlburger Tor eröffneten Pfründnerhauses, das der Pflege alter und gebrechlicher Personen diente.

Im Jahr 1806 zog Griesbach an den unter der Leitung Friedrich Weinbrenners (1766–1826) neu entstehenden Marktplatz. Bis Ende der 1820er-Jahre entwickelte sich hier ein neues bürgerliches Stadtzentrum, dessen repräsentative bauliche Gestaltung die gewachsene Bedeutung des Bürgertums widerspiegelte. Einen Meilenstein auf dem Weg zur bürgerlichen Selbstbestimmung bildete die 1818 verabschiedete Badische Verfassung, konstituierte sie doch erstmals ein bürgerliches Mitspracherecht bei der Gesetzgebung. Von dieser Möglichkeit machte auch Christian Griesbach Gebrauch, der sich als Abgeordneter der zweiten Kammer des Badischen Landtages für mehr bürgerliche Freiheitsrechte einsetzte.

 

 

In diesem Zusammenhang konnte mit dem 1831 verabschiedeten Gemeindegesetz ein Signal gesetzt werden, das die staatliche Bevormundung der Gemeindegremien abschaffte und diesen mehr Kompetenzen in der kommunalen Finanzverwaltung zusprach. Der auch im Bereich der Politik und staatlichen Verwaltung zunehmende Einfluss des Bürgertums wird an der Tatsache deutlich, dass mit Karl Friedrich Nebenius (1784–1857) ein bürgerlicher Minister maßgeblich an der Ausarbeitung des Textes für die Verfassung von 1818 beteiligt war. Gemeinsam mit seinem Schwager, dem Pfarrerssohn Ludwig Georg Winter (1778–1838), der von 1833 bis 1838 als Staatsminister den badischen Regierungsgeschäften vorstand, prägte er die badische Politik dieser Zeit, die den liberalen Ruf des Landes weiter festigte.

 

 

 

Die technische, kulturelle und bauliche Entwicklung der badischen Residenz im 19. Jahrhundert wurde dann entscheidend von den Vertretern des Bürgertums bestimmt. Hier sei beispielhaft auf die Architekten Friedrich Weinbrenner, Heinrich Hübsch (1795–1863) und Josef Durm (1837–1919), die Ingenieure Johann Gottfried Tulla (1770–1828) und Robert Gerwig (1820–1885) sowie den Intendanten des Hoftheaters Eduard Devrient (1801–1877) und die Hofkapellmeister Hermann Levi (1839–1900) und Felix Mottl (1856–1911) verwiesen.

 

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