Wirtschaftsstandort und Technologiezentrum
Bei Kriegsende waren von 2.816 Karlsruher Industriebetrieben 1.020 vollkommen zerstört und 695 zu 30–80 % beschädigt. Die wirtschaftlichen Aussichten schienen für Karlsruhe besonders durch die Demontagen und die hemmende Wirkung der nahe der Stadt verlaufenden Grenzen der Besatzungszonen zunächst sehr ungünstig. Auch der Verlust der Hauptstadtfunktion im Oktober 1945 ließ negative wirtschaftliche Auswirkungen befürchten. Ende der 1940er-Jahre zeigten sich jedoch schon erste Zeichen eines Aufschwungs. Sie hingen zum einen mit der Ansiedlung und Neugründung von Betrieben sowie der Rückkehr ausgelagerter Firmen zusammen. Zum anderen wurden sie durch die Westbindung der Bundesrepublik begünstigt, die der Stadt aufgrund ihrer Lage einen verkehrstechnischen Standortvorteil brachte.
Unter den in der Nachkriegszeit neu in Karlsruhe angesiedelten Betrieben waren beispielsweise Siemens, L’Oreal, Michelin, die Heinkel-Werke, die aus Leipzig zugezogene Arzneimittelfabrik Dr. Wilmar Schwabe sowie die Gablonzer Schmuckindustrie, die mit den Vertriebenen nach Karlsruhe kam. Bis 1965 konnte Karlsruhe ungefähr 300 neue Firmen aufweisen. Der größte wirtschaftliche Erfolg dieser Zeit war die Niederlassung von zwei Ölraffinerien nahe dem Rheinhafen Anfang der 1960er-Jahre. Bereits 1959 war eine Pipeline von Marseille aus fertig gestellt worden. Dies begünstigte auch die Entwicklung des Rheinhafens, der bis 1968 zum fünftgrößten Binnenhafen Deutschlands und zugleich größten europäischen Ölhafen im Binnenland geworden war.
Zu dieser Zeit gewann der Groß- und Einzelhandel für die Karlsruher Wirtschaft stark an Bedeutung. So gab es in der Stadt mit Hertie, Karstadt und Schneider gleich drei Kaufhäuser und zudem die vom Karlsruher Möbelhändler Karl Mann gegründeten Einkaufszentren Mann Mobilia und Wertkauf. Ausgehend von einem alteingesessenen Karlsruher Drogeriegeschäft begann damals auch die Entwicklung des Filialunternehmens „dm Drogerie Märkte“. Seine Bedeutung als Wirtschaftsstandort konnte Karlsruhe in der Folge weiter steigern, wobei die mit der Mineralölverarbeitung in Zusammenhang stehenden Industrien bis heute eine zentrale Rolle einnehmen.
Daneben hat der Dienstleistungssektor erheblich an Bedeutung gewonnen, während die metallverarbeitende Industrie ihre einst dominierende Stellung einbüßte. Bereits 1968 hatte Junker & Ruh die Pforten schließen müssen und bis in die 1990er-Jahre verschwanden weitere Firmen wie die Nähmaschinenfabriken Singer, ehemals Haid & Neu, und Pfaff, ehemals Gritzner, sowie die Badische Maschinenfabrik Durlach. Seit den 1980er-Jahren hat sich Karlsruhe dann zu einem bedeutenden Technologiestandort und Zentrum der IT-Wirtschaft entwickelt. Mitentscheidend hierfür war die Existenz mehrerer hochkarätiger technischer Forschungseinrichtungen in der Stadt.
Um die dadurch gegebenen Möglichkeiten des Forschungstransfers zu unterstützen gründete die Stadt 1984 mit der „Technologiefabrik“ ein Zentrum zur Existenzgründung. Mit der Errichtung des „Technologieparks“ wurden den jungen Firmen zudem Unterbringungsmöglichkeiten angeboten, die weiterhin den engen Kontakt zu den Forschungseinrichtungen ermöglichen. Die Gründung der „TechnologieRegion Karlsruhe“, bei der sich erstmals in Europa Städte und Landkreise zusammenschlossen, um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten, trug dann weiter dazu bei, die Entwicklung Karlsruhes zum Technologiezentrum voranzutreiben.