Residenzstädtisches Leben in der Frühzeit
Die soziale Zusammensetzung der in der neuen badischen Residenz lebenden Menschen war in der Frühphase der Stadtentwicklung noch erheblichen Schwankungen unterworfen. So hatten sich anfangs primär Bauhandwerker und Hilfsarbeiter niedergelassen, von denen aber viele nach dem Abschluss der Bauarbeiten weiterzogen. Die Privilegien von 1715 boten insbesondere den Gewerbetreibenden sehr günstige Lebensbedingungen in Karlsruhe, so dass die Stadtgesellschaft zunächst von Handwerkern, Händlern und Wirten dominiert wurde.
Bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts war dann auch die Hofgesellschaft zunehmend in die Stadt hineingewachsen und insbesondere die hohe und mittlere Beamtenschaft hatte sich durch den Bau oder Erwerb von Häusern als Teil der städtischen Gesellschaft etabliert. Die Sozialstruktur des „Dörfle“ war anfänglich weitgehend durch Tagelöhner und Bauleute geprägt. Mit der Verlegung des Hofstaates nach Karlsruhe und der verstärkten Präsenz von Militär im Verlauf der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zogen dann viele Hofangestellte, Knechte, Fuhrleute und Soldaten ins „Dörfle“.
Auffällig ist zudem die hohe Zahl alter Menschen, insbesondere Witwen, die sich hier niederließen. Da das „Dörfle“ keinen Gemeindestatus hatte, unterstanden seine Bewohner zunächst direkt dem Markgrafen und viele von ihnen waren diesem als Hintersassen zu Frondiensten verpflichtet. Die Entwicklung der Siedlung machte aber mit der Zeit die Schaffung von Verwaltungsstrukturen notwendig und 1795 erhielt „Klein-Karlsruhe“ den Dorfgemeindestatus. Die über die Jahre immer enger werdende bauliche und gesellschaftliche Verflechtung der jungen Dorfgemeinde mit der Residenzstadt führte schließlich im Herbst 1812 zur Eingemeindung des „Dörfle“.
Dessen besondere gewachsene Strukturen änderten sich dadurch aber kaum und es entwickelte sich zu einem Stadtteil mit einem ganz eigenen Charakter. Im 18. Jahrhundert war das Leben in Karlsruhe noch ganz wesentlich vom markgräflichen Hof bestimmt, ohne den die Stadt zu dieser Zeit nicht lebensfähig gewesen wäre. So bildete er das gesellschaftliche Zentrum der Stadt und sicherte zudem das wirtschaftliche Auskommen der meisten Karlsruher. Auch die städtische Verwaltung war damals noch Befehlsempfänger des Fürsten.
1717 hatte dieser sein Einverständnis zur Wahl eines Bürgermeisters gegeben und Johannes Sembach, den Wirt des Gasthofs Waldhorn, als solchen bestätigt. Ein aus vier Gerichts- und zwei Ratsleuten bestehender Gemeinderat wurde im September 1718 gewählt. Da es noch kein Rathaus gab, fanden die Gemeindratssitzungen zunächst im Waldhorn statt. Die Stadtprivilegien von 1722 räumten dem Stadtrat die Ausübung der niedern Gerichtsbarkeit und der Polizeistrafgewalt ein. Der Rat durfte zudem die unteren Gemeindedienste, wie z. B. die Ämter des Nachtwächters, des Fleischbeschauers oder des Almosenpflegers, selbständig besetzen.
Letzterer war für das Einsammeln und Verwalten von Spenden und deren Verteilung an Bedürftige zuständig, von denen die meisten im Dörfle zu finden waren. Gegen Ende des Jahrhunderts versuchte man der deutlich wachsenden Armut durch staatliche Maßnahmen Herr zu werden und es entstanden vermehrt soziale Institutionen wie das Spinnhaus, die Suppenanstalt oder das Hospital. Aus dem Hospital ging später das städtische Krankenhaus hervor. Die staatlichen Maßnahmen wurden nun auch zunehmend durch bürgerliches Engagement unterstützt, das sich beispielsweise in der Schaffung von Stiftungen äußerte.