Verkehrswesen nach 1945
Nach der Beseitigung der Kriegsschäden machte man sich in Karlsruhe Mitte der 1950er-Jahren Gedanken um ein zeitgemäßes Verkehrsliniensystem. Da mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder immer mehr Autos auf die Straßen drängten und Karlsruhe mit seinem Motorisierungsgrad an fünfter Stelle unter den deutschen Großstädten lag, richteten sich die Planungen damals auf die Schaffung einer autogerechten Stadt. In diesem Zusammenhang war der Ausbau von Zubringerstraße vorgesehen, die auf ein System stadtnaher Tangenten mit Verteilerfunktion stoßen sollten. Innerhalb der Tangenten sollte ein Straßenviereck um den Innenstadtbereich gelegt werden. Diese Planungen wurden weitgehend umgesetzt und fanden 1988 mit der Eröffnung des letzten Teilstücks der Südtangente ihren vorläufigen Abschluss.
Bis 1970 stand die Entwicklung des Karlsruher Nahverkehrs weitgehend im Schatten des Autoverkehrs. Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem effizienteren Nahverkehr war 1957 die Übernahme der sogenannten Albtalbahn durch die Stadt. Durch den Anschluss dieser von Pendlern sehr stark frequentierten Strecke wurde die durchgehende Fahrt in die Karlsruher Innenstadt möglich. Die Fahrgastzahlen fielen aber trotz dieser Verbesserung des Netzes und einiger zwischenzeitlich erfolgter Streckenerweiterungen insgesamt bis 1970 auf das Niveau von 1950 zurück.
Eine Attraktivitätssteigerung des Nahverkehrs schien inzwischen auch vor dem Hintergrund des stetig wachsenden und zunehmend umweltbelastenden Autoverkehrs geboten. Dies sollte durch einen weiteren Ausbau des Streckennetzes erreicht werden, wobei die umsteigefreie Fahrt vom Umland in die Innenstadt fortan im Zentrum aller Überlegungen stand. So entwickelte sich die Idee einer Verknüpfung des innerstädtischen Straßenbahnnetzes mit dem Regionalverkehr auf den Bahngleisen. Die Voraussetzungen hierfür konnten bis 1986 mit der Entwicklung der Zweisystem-Straßenbahnen geschaffen werden, die sowohl auf den Straßenbahngleisen als auch auf Bundesbahngleisen fahren können.
Auf dieser Basis kam es in der Folge zu einem weiten Ausgreifen des Karlsruher Nahverkehrs in die Region, was eine erhebliche Steigerung der Fahrgastzahlen nach sich zog. Bis 2014 konnte das Stadtbahnnetz so auf 663,4 Kilometer ausgeweitet werden, womit es sogar den Umfang der S-Bahn-Systeme vieler großer Ballungszentren übertrifft. Der Erfolg des „Karlsruher Modells“ wird auch in den Fahrgastzahlen deutlich, die derzeit bei ca. 177 Millionen im Jahr liegen. Das Nahverkehrssystem der Fächerstadt hat inzwischen weltweit Vorbildcharakter erlangt und wird vielfach nachgeahmt.
Nachteilig wirkte sich dieses Konzept allerdings in der Karlsruher Innenstadt aus, wo der nun außerordentlich dichte Straßenbahnverkehr die Funktion der Kaiserstraße als Fußgängerzone beeinträchtigte und zugleich die Unfallgefahr erhöhte. Um dem entgegenzuwirken wurde die erstmals 1971 erörterte Idee einer Untertunnelung der Innenstadt 1992 erneut aufgegriffen, scheiterte aber 1996 zunächst an einem Bürgerentscheid. Ein weiterer Vorstoß hatte im Jahr 2002 Erfolg und Anfang 2010 begannen so die Bauarbeiten für die „Kombilösung“, durch die der Straßenbahnverkehr in der Innenstadt bis 2018 unter die Erde verlegt werden soll.