Markgraf Karl Wilhelm und die Gründung Karlsruhes
1709 trat Karl Willhelm (1679–1738) die Nachfolge seines Vaters Friedrich Magnus (1647–1709) als Markgraf von Baden-Durlach an. Als Landesherr war er durchaus erfolgreich. So gelang es ihm, die Staatsfinanzen zu sanieren und eine zuverlässige Verwaltung aufzubauen. Bei seinen Zeitgenossen war Karl Wilhelm aber eher durch seine zahlreichen Liebschaften bekannt, die er meist aus dem Kreise der fürstlichen Sängerinnen und Tänzerinnen wählte. Oper und Theater gehörten zu den Leidenschaften des Markgrafen, im Ostflügel des Schlosses hatte er sich daher eine Spielstätte einrichten lassen. Mit großer Begeisterung widmete sich Karl Wilhelm auch der Botanik, wobei seine Liebe insbesondere der Tulpenzucht galt.
Wie und wann der Markgraf zu der Entscheidung gelangte, sich eine neue Residenz errichten zu lassen, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Von zentraler Bedeutung für den Entschluss dürfte aber die Tatsache gewesen sein, dass die geographischen und baulichen Bedingungen in der Residenzstadt Durlach den Planungen des Markgrafen zu einem barocken Ausbau im Wege standen. Der weiter westlich in der trockenen Ebene gelegene Hardtwald bot dagegen beste Bedingungen für den Bau einer Planstadt. Am 17. Juni 1715 erfolgte so die feierliche Grundsteinlegung für den Bau des Schlossturms und Mitte 1718 fand der im Vorjahr begonnene Umzug von Hof und Verwaltung nach Karlsruhe seinen Abschluss.
Dass den Plänen Karl Wilhelms zur Gründung einer neuen Residenz Erfolg beschieden war, hing wesentlich mit den weitreichenden Vergünstigungen zusammen, die den Ansiedlungswilligen in den Privilegien von 1715 zugebilligt wurden. Die darin eingeräumten Freiheiten gingen über die bei anderen Stadtgründungen dieser Zeit gewährten Vergünstigungen hinaus. Wer sich in Karlsruhe niederließ, war beispielsweise von fast allen Steuern sowie von Leibeigenschaft und Frondiensten befreit. Für den Bau eines Hauses, der zunächst Voraussetzung für den Erwerb des Karlsruher Bürgerrechts war, stellte der Markgraf einen Bauplatz sowie Holz und Sand zur Verfügung. Die in den Privilegien außerdem erstmals für eine Residenzstadt gewährte Religionsfreiheit stand am Anfang einer Reihe fortschrittlicher Impulse auf rechtlichem Gebiet, die zukünftig von Karlsruhe ausgehen sollten.
Die Privilegien zogen nicht nur Siedler aus der Umgebung an, es kamen in den ersten Jahren auch zahlreiche Menschen aus weiter entfernten Gebieten. So stammten die bis 1720 in die neue badische Residenz gezogenen Bürger zu über 80 % aus Orten, die mehr als 50 Kilometer entfernt lagen, das Herkunftsgebiet etwa der Hälfte von ihnen lag gar über 100 Kilometer entfernt. Immerhin 18 % kamen von außerhalb des Reichs in Karl Wilhelms Stadt, die meisten aus dem Elsass und der Schweizer Eidgenossenschaft. Die erfolgreiche Gründung der neuen badischen Residenz basierte also grundlegend auf Migranten, die auch später immer wieder eine wichtige Rolle für die Entwicklung Karlsruhes spielen sollten.