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Lebensweg eines Forschers

Ausbildung

Geboren wurde Konrad Theodor Preuss 1869 in Preußisch Eylau bei Königsberg. Nach dem Abitur am Realgymnasium auf der Burg zu Königsberg (1887) und einer kurzen Berufstätigkeit als Kaufmann studierte er an der Universität in Königsberg Geografie und Geschichte. Er promovierte 1894 über die Begräbnisarten der Amerikaner und Nordostasiaten, um anschließend nach Berlin zu gehen, wo er im Wintersemester 1894/95 Geografie und Völkerkunde an der Friedrich-Wilhelms-Universität belegte.

Museumsarbeit

Preuss begann seine Museumslaufbahn im März 1895 am Berlin Museum für Völkerkunde als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter (Assistent), zunächst in der afrikanisch-ozeanischen Abteilung, später in der Amerika-Abteilung.

Nach der Neustrukturierung der ethnologischen Sammlungen 1903 wurde Eduard Seler (1849-1922), der Begründer der deutschen Mexikanistik, Direktor der Amerika-Sammlung. Unter seinem Einfluss widmete sich Preuss Forschungen zur Archäologie und Geschichte mexikanischer Kulturen.

Nach der Rückkehr von seiner Forschungsreise nach Mexiko wurde Preuss 1908 Nachfolger Eduard Selers als Kustos der Amerikaabteilung. Es folgte die ausgedehnte Kolumbienreise (1913-1919) und 1920 die Berufung zum Abteilungsdirektor der nord- und mittelamerikanischen Sammlungen.

Forschungsreisen

Die erste größere Forschungsreise führte Preuss 1905 bis 1907 nach Mexiko in die Sierra Madre Occidental, wo er Sprachstudien bei den Cora, Huichol und den nahuasprachigen Mexicano betrieb. Sein Ziel war, die materielle Kultur und das geistige Leben dieser Völker zu erfassen. Dazu hielt er sich monatelang bei den indigenen Gruppen auf und beschäftigte sich eingehend mit ihren Sprachen und Gebräuchen. Die Mythen und Gesänge, die Preuss bei den Huichol aufgenommen hat, sind bevor sie veröffentlicht werden konnten, im 2. Weltkrieg verloren gegangen.

Mit Kolumbien wählte Preuss bewusst ein Forschungsfeld, das sein älterer Kollege und Vorgänger am Berliner Völkerkundemuseum Eduard Seler nicht bearbeitet hatte. Er reiste 1913 an den Oberlauf des Rio Magdalena, wo er bei San Agustín archäologische Grabungen durchführte. Anschließend lebte er längere Zeit bei den Uitoto im Amazonasgebiet und den Kágaba in der Sierra Nevada de Santa Marta an der Karibikküste.

Wissenschaftliche Arbeit

Preuss gehörte zu den bekannten deutschen Ethnologen seiner Zeit. Er hinterließ ein umfangreiches wissenschaftliches Oeuvre. Mit Kollegen im In- und Ausland pflegte er einen regen Austausch. Neben seiner Arbeit am Berliner Museum für Völkerkunde hielt er zunächst auch Vorlesungen in der Religionswissenschaftlichen Gesellschaft und gemeinsam mit dem Afrikanisten Prof. Diederich Westermann im Ethnologischen Kolloquium. Seit 1912 lehrte er als Professor an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität.

Die späten Jahre

Nach seiner Pensionierung 1934 setzte Preuss seine wissenschaftliche Tätigkeit fort. Er gab ein „Lehrbuch der Völkerkunde“ (1937) heraus und begann, sich wieder verstärkt mit mexikanistischen Themen zu beschäftigen, mit mexikanischen Bilderhandschriften (Historia Tolteca Chichimeca) und der Ausarbeitung der Ergebnisse seiner ersten Forschungsreise nach Mexiko (1905-1907); 1932 erscheint eine Grammatik und 1934 ein Wörterbuch der indigenen Sprache Cora. Außerdem arbeitete Preuss zu dieser Zeit wieder an den Texten der Huichol, konnte seine Ergebnisse aber vor Beginn des 2. Weltkrieges nicht mehr veröffentlichen; sie gingen unwiederbringlich verloren.

Die späten Jahre waren auch geprägt durch einen lange schwelenden Streit zwischen Konrad Theodor Preuss und seinem Kollegen Walter Lehmann. Dieser aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehende, nur vordergründig wissenschaftliche Konflikt zog weite Kreise innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft.

Durch den Direktor des Museums für Völkerkunde und Begründer der Mexikanistik Eduard Seler erfuhr Walter Lehmann eine persönliche Unterstützung, die Konrad Theodor Preuss versagt blieb. Nach dem Tod Selers steigerte sich das Zerwürfnis dieser beiden Amerikanisten bis zum Plagiatsvorwurf von Preuss gegenüber Lehmann. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten traten beide Wissenschaftler im April 1933 in die NSDAP ein und führen ihre Fehde mit neuen politischen Verbündeten fort.

Eine virtuelle Ausstellung der Deutschen Digitalen Bibliothek

kuratiert vom
Ethnologischen Museum, Berlin

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